Lexikon des Agrarraums

Kurt G. Baldenhofer

Zuckerrohrplantage in Australien

Hähnchenmast

Bezeichnung für die Systeme zur Erzeugung von Hähnchenfleisch. Wesentliche Kennzeichen der modernen und intensiven Masthähnchenhaltung sind die ganzjährige Stallhaltung, die Anwendung spezifischer Futtermischungen (Alleinfutter), die veterinärmedizinische Betreuung und Medikamentierung des Futters sowie Impfungen. Ein weiteres Kennzeichen ist die Trennung aller Produktionsstufen (Brüterei, Zuchtlinien-, Eltern-, Vermehrungs- und Endproduktionsbetriebe).

Die Mast von Hähnchen erfolgt in Bodenhaltung auf Einstreu mit ausschließlich unkupierten Tieren, das heißt der Schnabel der Hühner bzw. Hähne wird nicht gekürzt. Bei den Stallformen werden sowohl massive geschlossene Ställe mit Zwangslüftung als auch offene Naturställe mit natürlicher Lüftung genutzt.

Seit dem Jahr 2000 werden Hähnchen in Deutschland auch in Auslauf- oder Freilandhaltung gemästet – entweder in Kombination mit angebautem Außenklimabereich und Auslauffläche oder nur mit einem Grünauslauf. Im Wesentlichen sind derzeit drei Hauptmastverfahren üblich, die durch eine unterschiedliche Mastdauer und entsprechende Mastendgewichte gekennzeichnet sind:

Hauptmastverfahren bei der Hähnchenmast
Hauptmastverfahren bei der Hähnchenmast

Quelle: Thünen

In den USA mit ihrer weltweit größten Broiler-Industrie sind Offenställe verbreitet, die keinen befestigten Boden haben und deren Seiten nur durch automatisch geregelte Jalousien begrenzt sind. Diese auch „Naturstall“ oder „Lousianastall“ genannte Form hat somit eine freie Lüftung im Gegensatz zum geschlossenen Massivstall mit Zwangslüftung. Die Stallbreite ist dadurch auf 11 Meter begrenzt, die Länge beträgt 80–100 Meter. In diesen Lousianaställen wird vor dem Einstallen der Tiere eine Einstreuschicht in Höhe von circa 35 cm aufgebracht, die nach Mastende nur teilweise entfernt wird (feuchte Einstreu und Staub). Nach ca. einem Jahr (sieben bis acht Durchgängen) kann dann die ganze Schicht entfernt und der Stall nass gereinigt und desinfiziert werden. Die Einstreu bildet eine Mistmatratze, die den Boden erwärmt und hilft, Heizkosten zu sparen. In warmen Sommermonaten wird gekühlt.

Im mitteleuropäischen Klimaraum ist der Boden in der Regel befestigt (Beton), oft in Kombination mit einem geschlossenen und im Winter beheizten Massivstall. Nach 32–38 Tagen erreichen die Hähnchen ein Endgewicht von 1,5–2 kg. Nach dem Ausstallen der Tiere wird der Stall entmistet, mit Hochdruckreinigern gesäubert und anschließend desinfiziert. Als Einstreu dient eine 0,5–1 cm dicke Schicht aus Stroh oder Hobelspänen.

Ökologische Hähnchenmast

Der Markt für Biogeflügelfleisch ist bislang eine Nische, die nur etwa ein Prozent der gesamten deutschen Geflügelfleischproduktion ausmacht. Die Nachfrage nach Ökogeflügel nimmt jedoch zu: 2016 kauften die Deutschen über zwölf Prozent mehr Biogeflügel als noch im Jahr zuvor. Ökomasthähnchen haben mit 1,3 Millionen Tieren den größten Anteil am ökologischen Mastgeflügel.

Für die Aufzucht und Mast werden im Ökolandbau zwei Verfahren angewendet. Im Ein-Stall-Verfahren werden die Tiere vom ersten Tag bis zum Ausstallen im selben Stall gehalten. Im Zwei-Stall-Verfahren werden die Küken bis zum 28. oder längstens 42. Lebenstag im Aufzuchtstall gehalten und anschließend in den Maststall umgesetzt. Neben der Mast in festen Ställen gibt es noch die Haltung in Mobilställen.

Ökohähnchen haben einen höheren Futterbedarf als konventionelle Tiere. Die Futterverwertung liegt hier bei eins zu 2,4. Zum Vergleich: Im konventionellen Bereich liegt die Futterverwertung bei eins zu 1,67.

Organisationsstruktur

Die Organisationsstruktur der deutschen Geflügelwirtschaft weicht nicht von der in anderen EU-Staaten ab. Wie in anderen Bereichen der Landwirtschaft hat auch in der Mastgeflügelhaltung in den vergangenen Jahren ein starker Strukturwandel stattgefunden. Dies lässt sich am deutlichsten bei der Masthühnerhaltung beobachten: Die Anzahl der Betriebe ging zwischen 1999 und 2016 um rund 28 Prozent zurück, während sich die Gesamtzahl der Masthühner im gleichen Zeitraum um 90 Prozent erhöhte.

Außerdem gab es erhebliche Veränderungen bei den Bestandsgrößen. Die Anzahl Betriebe mit weniger als 10.000 Masthähnchen hat sich zwischen 1999 und 2016 stark reduziert. Deutlich zugenommen haben dagegen die großen Betriebe mit mehr als 50.000 Tieren. Obwohl solch große Betriebe nur einen Anteil von 20 Prozent an der Gesamtbetriebszahl haben, werden dort fast 80 Prozent aller Masthühner gehalten. In Betrieben mit weniger als 10.000 Mastplätzen leben gerade einmal ein Prozent aller Masthühner. Wenige agrarindustrielle Unternehmen bestimmen den Markt (Windhorst 1998).

Die bäuerlichen Hähnchenmäster sind teilweise in Erzeugergemeinschaften zusammengeschlossen, teilweise arbeiten sie auf der Basis von Einzelverträgen. Immer wirtschaften sie jedoch in einem engen Verbund mit Futtermittelwerk, Brüterei, Schlachterei und Zerlegebetrieb.

Der Schwerpunkt der deutschen Hühnermast liegt in Niedersachsen. Dort leben mit 61 Millionen Tieren knapp zwei Drittel aller deutschen Masthühner (2016). Die regionale Konzentration der bodenunabhängigen Geflügelhaltung ist besonders stark ausgeprägt. Im südlichen Weser-Ems-Gebiet wurden 2010 fast 50 Prozent aller Masthühner gemästet (20 Prozent allein im Landkreis Emsland).

Niedersachsen ist auch das Bundesland mit den meisten Betrieben: Über 1.000 Masthähnchenbetriebe gibt es dort. Das Land mit den größten Beständen ist dagegen Sachsen-Anhalt mit durchschnittlich 143.000 Masthähnchen. Die kleinsten Hähnchenmastbetriebe gibt es in Rheinland-Pfalz: Die mittlere Bestandsgröße liegt dort bei 409 Tieren.

Hähnchen - m/w?

In der Alltagssprache werden häufig die Begriffe "Hähnchenmast" oder "Brathähnchen" verwendet. Dies ist nicht ganz treffend, denn gemästet werden sowohl männliche als auch weibliche Tiere. In der Fachwelt werden zur Mast verwendete Hühner als Broiler bezeichnet – abgeleitet von dem englischen Verb "to broil", zu deutsch "braten" oder "grillen".

Bei Broilern handelt es sich zum großen Teil um so genannte Hybride, das heißt Tiere, die aus gezielten Kreuzungen hervorgehen. Im Gegensatz zur Zucht von Legehybriden für die Eierproduktion, für die verständlicherweise nur die weiblichen Tiere genutzt werden können, sind bei den Masthybriden Tiere beiderlei Geschlechts zur Mast geeignet. Männliche wie weibliche Tiere sind nach etwa fünf bis sechs Wochen schlachtreif. In der ökologischen Broilermast dauert es etwa doppelt so lang.

Im Handel dürfen männliche wie weibliche Broiler entsprechend den EU-Vermarktungsnormen für Geflügelfleisch als "Hähnchen" vermarktet werden.

(s. a. Geflügel, Geflügelhaltung, Tierhaltung)

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