Lexikon des Agrarraums

Kurt G. Baldenhofer

Zuckerrohrplantage in Australien

Algenkultur

Auch Algenkultivierung; eine Form der Aquakultur zur Zucht von Algen. Die meisten Algen, die gezielt kultiviert werden, fallen in die Kategorie der Mikroalgen (auch als Phytoplankton, Mikrophyten oder planktische Algen bezeichnet). Makroalgen, allgemein als Seetang bekannt, haben ebenfalls viele kommerzielle und industrielle Verwendungszwecke, aber aufgrund ihrer Größe und der besonderen Anforderungen an die Umgebung, in der sie wachsen müssen, eignen sie sich nicht so leicht für die Kultivierung. Dies könnte sich jedoch mit dem Aufkommen neuerer Algenkultivatoren ändern.

Verwendung

Makroalgen finden weltweit vor allem Verwendung als Lebensmittel. Bekannte Vertreter sind zum Beispiel die Rotalge Nori, die für die Sushi-Zubereitung genutzt wird, und die Braunalge Wakame als Zutat für die japanische Misosuppe.

Mikroalgen werden vor allem als Nahrungsergänzungsmittel verwendet, wie Omega-3-Fettsäuren (als Algenöl). Aber auch in der Lebensmittelindustrie kommen sie zum Einsatz, zum Beispiel als Binde- oder Verdickungsmittel und als natürliche Farbstoffe. Darüber hinaus gibt es noch eine Reihe anderer Anwendungsbereiche wie Kosmetik, Arzneimittel oder proteinreiche Futtermittel. Auch für die Biokraftstoff- oder Kunststoffherstellung bieten Mikroalgen großes Potenzial. In diesen Bereichen wird noch intensiv geforscht. Algenkulturen können auch zur Bekämpfung von Umweltverschmutzung und zur natürlichen Kohlenstoffbindung eingesetzt werden. Denn die schnellwachsenden Algen binden in gleicher Zeit, mehr CO2 als Landpflanzen.

Algen gelten als sehr gesund. Sie enthalten viele Kohlenhydrate, vor allem Ballaststoffe, und nur wenig Fett. Einige Algen liefern essentielle Fettsäuren, Mineralstoffe (vor allem Jod) und verschiedene für uns Menschen wichtige Vitamine, unter anderem Vitamin C und B12.

In der Diskussion um eine Reduzierung des Fleischkonsums werden Algen zudem häufig als Proteinquelle der Zukunft gehandelt. Manche Algen, zum Beispiel Spirulina und Chlorella, haben Proteingehalte von bis zu 60 Prozent und damit dreimal so viel wie Rindfleisch.

Erzeugung von Algen weltweit, Europa und Deutschland

Zwischen 1950 und 2019 ist die Produktion von Algen weltweit von rund einer halben Millionen Tonnen auf knapp 36 Millionen Tonnen angestiegen. Dabei handelt es sich fast ausschließlich um Makroalgen. Der Anteil der Mikroalgen liegt weltweit bei gerade mal 0,16 Prozent.

Nur drei Prozent der weltweit gehandelten Algen werden wild gesammelt, 97 Prozent stammen aus Aquakulturen. Über 85 Prozent davon werden in China (20 Millionen Tonnen) und Indonesien (10 Millionen Tonnen) erzeugt, geringere Anteile auch in Süd-Korea (1,8 Millionen Tonnen) und auf den Philippinen (1,5 Millionen Tonnen).

Europa hat mit gerade mal 290.000 Tonnen einen Anteil von weniger als einem Prozent an der weltweit erzeugten Algenmenge. Die mengenmäßig größten Erzeuger sind Norwegen, Frankreich und Irland, wo zusammen etwa zwei Drittel der europäischen Algen produziert werden. In diesen Ländern werden überwiegend Makroalgen erzeugt. Entgegen des weltweiten Trends werden in Europa etwa zwei Drittel der Makroalgen aus Wildbeständen geerntet und nur ein Drittel aus Aquakultur.

Hierzulande spielt die Erzeugung von Makroalgen keine Rolle. In Deutschland gibt es aber inzwischen eine Reihe von Unternehmen, die sich auf die Produktion von Mikroalgen spezialisiert haben. Mit 14 Unternehmen liegt Deutschland in Europa nach Spanien auf Platz zwei.

Verfahren

Makroalgen werden weltweit zu 97 Prozent in Aquakultursystem auf See oder in künstlichen Tanks an Land erzeugt. Die Erzeugung auf See dominiert, weil sie in der Regel die günstigste Form der Erzeugung ist. Sie findet meist in Küstennähe statt, seltener auch off-shore. Die Kultivierung in künstlichen Tanks ist aufwändiger und teurer, kann dafür aber besser kontrolliert und standardisiert werden. In solchen Anlagen werden daher höherpreisige Algen kultiviert.

Mikroalgen werden in künstlichen Anlagen – in sogenannten Photobioreaktoren – kultiviert. Sie vermehren sich durch Zellteilung und brauchen dafür – wie Pflanzen – Kohlendioxid aus der Luft, Sonnenlicht, Nährstoffe und Wasser. Die Kultivierung läuft dabei immer nach einem ähnlichen Schema ab: Eine Starterkultur der Alge wird in eine wässrige Nährlösung gegeben, die durch Pumpen ständig im Fluss gehalten und durchmischt wird. Dies sorgt dafür, dass alle Algen genügend Licht bekommen und nicht an den Wandungen des Reaktors ansetzen.

Quelle: BZL

Der seit Jahren anhaltende Strukturwandel in der Landwirtschaft hat dazu geführt, dass zahlreiche landwirtschaftliche Betriebe nach Alternativen zur herkömmlichen Erzeugung suchen. Die Algenkultivierung ist eine solche Alternative mit einer derzeit steigenden Nachfrage. Einige Betriebe, die meisten davon in Norddeutschland, haben diesen Trend erkannt und sind auf den Zug aufgesprungen. Sie haben sich – teilweise neben der bestehenden Landwirtschaft – einen Betriebszweig "Mikroalgenkultivierung" aufgebaut, um den deutschen Markt mit heimischer Ware zu beliefern.

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