Lexikon des Agrarraums

Kurt G. Baldenhofer

Zuckerrohrplantage in Australien

Agrarterminmarkt

Der Terminmarkt ist der ökonomische Ort, an dem Angebot und Nachfrage nach Termingeschäften aufeinandertreffen. Bei Transaktionen am Terminmarkt erfolgt die Leistungserbringung nicht sofort, sondern zu einem späteren (vorher vereinbarten) Zeitpunkt.

Neben den physischen Märkten für Agrarrohstoffe haben in den letzten Jahren die Terminmärkte erheblich an Bedeutung gewonnen. So orientiert sich die Preisfindung auf den physischen Märkten bei wichtigen Produkten (z. B. Getreide und Raps) immer stärker an den Echtzeitkursen der Notierungen an den Warenterminbörsen. Darüber hinaus werden außerhalb der Börsen, im sogenannten „over the counter-Handel“ (OTC-Derivate), vor allem nicht standardisierte Termingeschäfte getätigt.

Den Agrarterminmärkten kommt angesichts zunehmender Preisvolatilität eine wichtige Funktion zur Risikoabsicherung zu. Für Landwirte, Agrarhändler oder die Ernährungsindustrie ist die Absicherung von Preisrisiken auf den heimischen und internationalen Märkten von großer Bedeutung. Für diese Unternehmen sind funktionierende Terminmärkte unverzichtbar.

Wie funktioniert Preisabsicherung an Agrarterminmärkten?

In Zeiten höherer Preisschwankungen müssen Landwirte, Agrarhändler und Ernährungsindustrie Lösungen für den Umgang mit erhöhter Unsicherheit über künftige Einnahmen und Ausgaben finden. Ein Landwirt, der im Herbst sein Getreide aussät, benötigt beispielsweise beim Verkauf der Ernte im darauffolgenden Jahr einen bestimmten Mindestumsatz, um seine Kosten decken zu können. Terminmärkte bieten die Möglichkeit, Verkaufs- und Einkaufspreise in der Zukunft zu fixieren, indem die Ware virtuell vor dem physischen Geschäft gehandelt wird. So könnte der Landwirt beispielsweise seine Ware bereits vor der Ernte in Form eines Agrarterminkontrakts über die Börse zu einem Preis verkaufen, mit dem er seine Kosten decken kann. Er wäre so gegen einen plötzlichen Preisverfall abgesichert. Wenn dann nach der Ernte die physische Lieferung ansteht, kauft er in der Regel den Agrarterminkontrakt zurück. Falls der Preis am physischen Markt gefallen ist, wird er dann sein Getreide physisch zum niedrigen Preis verkaufen und mit dem Erlös unter Umständen nicht seine Kosten decken können. Durch das Börsengeschäft macht er aber einen Gewinn, denn er hat zunächst den Kontrakt zu einem hohen Preis verkauft und kauft ihn dann zu einem niedrigen Preis zurück. Durch diese Börsengewinne können die Verluste eines Preisverfalls im physischen Geschäft ausgeglichen werden.

Funktionierende Agrarterminmärkte sind sowohl für Verbraucher als auch für Produzenten immer wichtiger geworden. Sie verringern tendenziell das Ausmaß von Preisschwankungen und geben Signale über die Erwartungen künftiger Preisentwicklungen. Eine wesentliche Antriebskraft für funktionsfähige Warenterminmärkte ist die Spekulation. Ohne Finanzinvestoren und ihre spekulative Erwartung in künftige Marktentwicklungen würden Warenterminmärkte nicht funktionieren, da die für das Zustandekommen von Kontrakten notwendige Liquidität fehlen würde. Kritisch ist jedoch jede Form von Verschleierung, Intransparenz und exzessiver Spekulation auf Warenterminmärkten, bei der das Interesse an der physisch gehandelten Ware in den Hintergrund tritt. Exzessive Spekulation und Intransparenz beschleunigen Preisentwicklungen und können kurz- bis mittelfristig zu extremer Preisvolatilität mit entsprechend negativen Folgen für die Erzeuger oder Verarbeiter der physischen Ware führen.

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