Schuldknechtschaft
Schuldknechtschaft (engl. bonded labor) bezeichnet eine Situation, in der eine Person gezwungen ist, für einen Gläubiger zu arbeiten, um eigene oder geerbte Schulden abzuarbeiten. Dabei verliert die betroffene Person oft wesentliche persönliche Rechte und Freiheiten und ist in ihrer Bewegungsfreiheit eingeschränkt.
Schuldknechtschaft war bereits in der Antike ein verbreitetes Mittel, um Geldschulden einzutreiben. Bei den Griechen, Römern, Germanen und in Gallien konnte ein zahlungsunfähiger Schuldner in die Abhängigkeit seines Gläubigers geraten. In vielen Fällen bedeutete das, dass der Schuldner (oder ein Familienmitglied) beim Gläubiger arbeiten musste, bis die Schulden getilgt waren. In extremen Fällen konnte der Schuldner sogar als Sklave verkauft oder wie Eigentum behandelt werden.
Schuldknechtschaft in der Landwirtschaft
Historische Perspektive
- Feudalistische Agrarsysteme: In vielen feudalistischen Gesellschaften waren Bauern oft an das Land gebunden, das sie bewirtschafteten. Sie mussten einen Teil ihrer Ernte an den Grundbesitzer abgeben und waren oft in Schulden gefangen, die sie durch ihre Arbeit nicht abtragen konnten.
- Plantagenwirtschaft: Während der Kolonialzeit, insbesondere in den amerikanischen Südstaaten, wurden viele Arbeiter, darunter auch ehemalige Sklaven, in ein System der Schuldknechtschaft gedrängt. Sie mussten für Plantagenbesitzer arbeiten, um Schulden abzuzahlen, die oft durch überhöhte Preise für Lebensnotwendigkeiten und unfaire Verträge entstanden waren.
- Agrarische Reformen: In vielen Ländern gab es nach dem Ende der Sklaverei und während agrarischer Reformen Versuche, Schuldknechtschaft abzuschaffen. Dennoch blieben viele Landwirte in einem Kreislauf von Schulden und Abhängigkeit gefangen.
Moderne Perspektive
Obwohl Schuldknechtschaft in den meisten Ländern heute verboten ist, existiert sie in verschiedenen Formen weiterhin, besonders in ärmeren Regionen und im Kontext von Arbeitsmigration und globalen Lieferketten. Auf Indien, Nepal und Pakistan entfallen über 85 Prozent der geschätzten 20 Millionen Schuldknechte, weltweit.
Typische Beispiele sind Landarbeiter, die sich verschulden, um Saatgut oder Lebensunterhalt zu finanzieren, und dann durch ungünstige Bedingungen oder Betrug in dauerhafter Abhängigkeit gehalten werden.
- Mikrokredite und Schuldenfalle: In einigen Entwicklungsländern nehmen Landwirte Mikrokredite auf, um ihre Betriebe zu finanzieren. Wenn sie jedoch nicht in der Lage sind, diese Kredite zurückzuzahlen, können sie in eine Schuldknechtschaft geraten, die sie an Geldverleiher oder Agrarunternehmen bindet.
- Zwangsarbeit: In einigen Regionen der Welt gibt es Berichte über moderne Formen der Schuldknechtschaft, bei denen Arbeiter in der Landwirtschaft unter extremen Bedingungen arbeiten müssen, um Schulden abzuzahlen. Diese Praktiken sind oft mit Menschenhandel und Ausbeutung verbunden.
- Agrarische Lieferketten: Die Komplexität globaler Agrarlieferketten kann dazu führen, dass Landwirte in Schuldenfallen geraten, insbesondere wenn sie unter Druck stehen, bestimmte Mengen oder Qualitäten zu produzieren, um Verträge zu erfüllen.
Weitere Informationen:
- Schuldknechtschaft - Factsheet (Südwind-Institut 2019)
- Modern Slavery in Pakistan (DAI 2019)