Lexikon des Agrarraums

Kurt G. Baldenhofer

Zuckerrohrplantage in Australien

Malthus

Thomas Robert Malthus (1766-1834) war ein britischer Geistlicher, Nationalökonom und Sozialphilosoph, der mit seiner Streitschrift "Essay on the Principle of Population, as it Affects the Future Development of Society", 1798 in London publiziert, auf die Konsequenzen einer ungebremsten Bevölkerungszunahme aufmerksam machen wollte. Zwei Annahmen bilden im Wesentlichen die Grundlage für seine Aussagen:

1) Der Nahrungsspielraum begrenzt die Einwohnerzahl in einem Raum.

2) Nach seinem Bevölkerungsgesetz erhöht sich die Einwohnerzahl eines Raumes ohne Geburtenbeschränkung in geometrischer Progression (2, 4, 8, 16 usw.), während sich die Menge der Unterhaltsmittel, die in diesem Gebiet produziert werden, nur entsprechend einer arithmetischen Folge (2, 4, 6, 8 usw.) steigern lässt.

Malthus zog hieraus den Schluss, dass sich unvermeidlich zu einem bestimmten Zeitpunkt die Einwohner nicht mehr aus ihrem Lebensraum ernähren könnten. Die Menschheit enteile quasi ihrer eigenen Lebensgrundlagen. Die dann überschrittene Tragfähigkeit bewirkt eine Begrenzung der Bevölkerungsgröße durch "positive checks", z.B. eine zunehmende Sterblichkeit als Folge fortschreitender Verelendung der Menschen (Hungersnot). Um diesen Bevölkerungsdruck mit seiner wirtschaftlichen und sozialen Krisensituation zu unterbinden, schlug Malthus "preventive checks" wie die Erhöhung des Heiratsalters oder die Geburtenbeschränkung vor. Sie sollten das Bevölkerungswachstum verringern und die Einwohnerzahl allmählich der Tragfähigkeit annähern.

Malthus gilt als Begründer der modernen Bevölkerungswissenschaft. Unumstritten war und ist er nicht. Charles Darwin ließ sich von ihm in seiner Evolutionslehre inspirieren, Charles Dickens sah in Malthus den Hartherzigen, den Feind der Armen und nahm ihn zum Vorbild für seine literarische Figur Ebenezer Scrooge. Kollegen des Fachs wie David Ricardo warfen ihm unwissenschaftliches Vorgehen vor. Karl Marx und Friedrich Engels kritisierten ihn heftig, ihrer Ansicht nach könne die Zahl der Menschen an sich nie ein Problem sein, es komme stets auf die sozio-ökonomische Lage und auf die Produktivkräfte an.

Die geschichtliche Entwicklung hat gezeigt, dass sich die beiden Grundannahmen von Malthus verändert haben: Es zeigt sich in fortgeschrittenen Ländern, dass das Bevölkerungswachstum mit steigendem Wohlstand zurückgeht. Tatsächlich muss aber Bevölkerungswachstum nicht zwingend zu Verarmung führen, sondern kann den Wohlstand fördern, nämlich dann, wenn es produktivitätssteigernde technologische und organisatorische Innovationen stimuliert. Außerdem sind durch die wissenschaftlich-technische Entwicklung die Mittel zum Unterhalt der Bevölkerung exponentiell gewachsen – auch in der Nahrungsmittelproduktion. Allerdings ist deren Verteilung aufgrund sozialer Ungleichheit nach wie vor ein unbefriedigend gelöstes Problem.

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