Lexikon des Agrarraums

Kurt G. Baldenhofer

Zuckerrohrplantage in Australien

Erdsystem

Engl. earth system; Konzept, das die Erde als einheitliches System mit interagierenden Bestandteilen versteht und die Atmosphäre, Hydrosphäre, Biosphäre, Geosphäre und Anthroposphäre umfasst.

Keines der fünf Subsysteme oder Sphären unseres Planeten kann isoliert betrachtet werden. Die Subsysteme beeinflussen sich durch den Austausch von Energie und Materie gegenseitig, und Rückkopplungen zwischen ihnen sorgen dafür, dass das Erdsystem über Jahrtausende hinweg stabil bleibt. Manche Subsysteme haben jedoch mehrere stabile Zustände, und eine ausreichend große Störung eines Teils kann das System insgesamt in einen neuen selbststabilisierenden Zustand bringen, wenn ein sogenannter Kipppunkt überschritten wurde. Mit dem Eintreten der Menschheit als neue Einflussgröße im Erdsystem droht nun mehreren Teilsystemen der Erde die Überschreitung ihrer Kipppunkte.

Der Begriff “System Erde” bezieht sich auf die wechselwirkenden physikalischen, chemischen und biologischen Prozesse. Das System schließt auch die natürlichen Kreisläufe ein, die des Kohlenstoffs, des Wassers, Stickstoffs, Phosphors, Schwefel und anderen.

Auch die Prozesse im Erdinneren gehören dazu. Natürlich ist auch das Leben in allen Formen ein wesentlicher Bestandteil des Erdsystems. Leben beeinflusst die genannten und weitere Kreisläufe sowie Prozesse. Zum System Erde gehört auch die menschliche Gesellschaft, unsere sozialen und ökonomischen Systeme sind darin eingebettet. In vielerlei Hinsicht sind die menschlichen Systeme wesentliche Motoren bei Veränderungen des Systems Erde.

Der Begriff Globaler Wandel bezieht sich auf erdweite Änderungen im System Erde. Davon betroffen sind: Atmosphärische Zirkulation, Meereszirkulation, Klima, die genannten und weitere Kreisläufe, Meereis- und Meeresspiegelveränderungen, Nahrungsnetze, Biodiversität, Umweltverschmutzung, Gesundheit, Fischbestände und weiteres.

Zu den zivilisationsbedingten Motoren des globalen Wandels gehören Bevölkerung, Wirtschaft, Rohstoffverbrauch, Energie, Erschließungsmaßnahmen, Transport, Kommunikation, Landnutzung und -bedeckung, Urbanisierung, Globalisierung.

Das Erdsystem und seine Wechselwirkungen

Das Erdsystem ist durch verschiedene zentrale Elemente gekennzeichnet (Abb. unten). Bei diesen Mechanismen handelt es sich um Regulierungen und Rückkopplungen – im Grunde eine komplexe Kette aus Ursachen und Wirkungen.

Kompartimente des Erdsystems vom Erdkern bis zur oberen Atmosphäre und dem Strahlungsgürtel. Die Pfeile zeigen den Transfer von Masse, Wärme und Strahlung oder Kräfte zwischen den Kompartimenten. Pfeile in beide Richtungen bedeuten, dass die Kompartimente durch Rückkopplungen miteinander verbunden sind. Pfeile, die nur in eine Richtung führen, stehen für externe Antriebe, die auf das Kompartiment einwirken, d. h. die Eigenschaften des Systems reagieren auf den Einfluss, ohne dass die Einflussquelle selbst beeinflusst wird.

Das Erdsystem umfasst dabei ein gewaltiges Spektrum von Zeitskalen: von Milliarden Jahren für den Erdmantel bis hin zu Jahren oder weniger für Gase in der Atmosphäre. Antriebe durch menschliche Aktivitäten sind auf der rechten Seite dargestellt. Die moderne Systemtheorie besagt, dass das menschliche Verhalten durch Rückkopplungen mit dem Erdsystem beeinflusst wird. Diese Wechselwirkung ist in der folgenden Grafik dargestellt.

Das Erdsystem und seine Wechselwirkungen
Das Erdsystem und seine Wechselwirkungen

Quelle: Erdsystemwissenschaft (Leopoldina)

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