Lexikon des Agrarraums

Kurt G. Baldenhofer

Zuckerrohrplantage in Australien

artesischer Brunnen

Ein 'artesischer Brunnen' ist ein Brunnen in artesisch gespanntem Grundwasser, aus dem das Wasser, zumindest zeitweise, selbständig (frei) ausläuft, da der höchste Entnahmepunkt tiefer als der (Druck-) Wasserspiegel liegt oder ein entsprechender Lagerstättendruck herrscht.

Voraussetzung für einen artesischen Brunnen ist gespanntes Grundwasser. Solches ist vorhanden, wenn eine wasserführende Gesteinsschicht (ein Grundwasserleiter) durch eine wasserundurchlässige Gesteinsschicht nach oben abgedichtet wird und gleichzeitig die großräumige geologische Struktur des Grundwasserleiters den Aufbau von hydrostatischem Druck ermöglicht (zum Beispiel in einer schüsselförmigen Senke oder zwischen schräg abfallenden Gesteinsschichten). Bohrt oder gräbt man einen Grundwasserleiter mit gespanntem Grundwasser an, steigt das Grundwasser nach dem Prinzip der kommunizierenden Röhren im Bohrloch bzw. im Schacht maximal bis zur Höhe der freien (ungespannten) Grundwasseroberfläche in der wasserführenden Schicht. Liegt dieses Niveau höher als die Erdoberfläche am Brunnen, spritzt das Grundwasser unter Druck aus dem Untergrund nach oben. Artesische Brunnen sind daher nur in Landschaftssenken möglich.

Brunnen auf Thermal- und Mineralwasser sind manchmal artesisch, während solche auf Grundwässer weitgespannter Sedimentbecken (z.B. der Sahara) häufig artesisch sind. Brunnen in gespannten Grundwasserleitern ohne freien Übertageaustritt werden auch als subartesische Brunnen bezeichnet.

Artesische Brunnen gibt es seit langem in den unterschiedlichsten Ländern. Benannt sind sie nach der Landschaft Artesien (frz.: Artois) im Norden Frankreichs, wo sie seit 1126 von Kartäusermönchen angelegt wurden.

In Deutschland gibt es unter anderem in Dresden einen artesischen Brunnen. Auch in der Grube Messel (nahe Darmstadt) befindet sich ein solcher, der allerdings nur im Rahmen einer Führung zu sehen ist. Sein Wasser ist eisen- und schwefelhaltig und hat Trinkwasserqualität. In Heilbronn machten sich die örtlichen Papierfabriken die artesischen Brunnen in frühindustrieller Zeit für gewerbliche Zwecke zu Nutze. Seit 1899 wurden artesische Brunnen in der Stadt Bad Düben erbohrt, welche bis zum Jahre 1974 die Trinkwasserversorgung der Stadt übernahmen.

Von großer landwirtschaftlicher Bedeutung (Viehhaltung) ist das tief unter dem australischen Outback liegende größte Süßwasservorkommen der Welt, das Great Artesian Basin (Großes artesisches Becken). Das riesige Grundwasserreservoir erstreckt sich mit einer maximalen Länge von 2.400 km und einer maximalen Breite von 1.800 km über eine Fläche von mehr als 1,7 Millionen km², fast ein Viertel der gesamten Fläche des Kontinents. An vielen Stellen tritt das Wasser artesisch aus, d. h. es dringt von allein an die Oberfläche aufgrund eines hohen Wasserdruckes im Untergrund, an anderen Stellen wird es mit Hilfe von Pumpen gefördert.

Es wurden auch künstliche Oasen auf der Grundlage artesischer Brunnen z. B. im südlichen Algerien geschaffen. Sie dienen u. a. dem Dattelanbau.

Ein artesischer Brunnen ist im Gegensatz zu einer artesischen Quelle immer künstlich, da er durch eine Bohrung oder durch einen Schacht angelegt wurde.

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