Lexikon des Agrarraums

Kurt G. Baldenhofer

Zuckerrohrplantage in Australien

Agrarpolitik

Die Agrarpolitik ist ein Bereich der Wirtschafts- und Gesellschaftspolitik, der schwerpunktmäßig auf die Agrarwirtschaft und die mit ihr verbundenen Wirtschaftsbereiche und Bevölkerungsgruppen sowie die Gestaltung des ländlichen Raumes ausgerichtet ist.

Bereiche der Agrarpolitik sind die Agrarmarkt- und Agrarpreispolitik, die Agrarstrukturpolitik, die Agrarsozialpolitik sowie die Agrarumweltpolitik.

Ihre Ziele umfassen die Verbesserung der Lebensverhältnisse im ländlichen Raum, die Teilnahme der in der Landwirtschaft Tätigen an der allgemeinen Einkommens- und Wohlstandsentwicklung, die Versorgung der Bevölkerung mit qualitativ hochwertigen Nahrungsmitteln zu angemessenen Preisen, die Herbeiführung eines Marktgleichgewichts sowie die Erhaltung der natürlichen Produktionsgrundlagen einschließlich der Pflege von Natur und Landschaft. Träger der Agrarpolitik sind der Staat, supranationale Institutionen (EU), internationale Organisationen (FAO) und die landwirtschaftlichen Berufsverbände (in Deutschland der Deutsche Bauernverband).

Die Agrarpolitik umfasst die Gesamtheit der den Zielvorstellungen einer Gesellschaft entsprechenden Maßnahmen von Staat, Verbänden (z.B. Bauernverbände, Verbraucherverbände), Körperschaften des öffentlichen Rechts (z.B. Landwirtschaftskammern, Einfuhr- und Vorratsstellen) und internationalen Institutionen zur Beeinflussung von Ordnung, Struktur und Prozessen in der Landwirtschaft. Demnach spiegelt sich in der Agrarpolitik auch die jeweils herrschende Wirtschaftsordnung: Ein liberales wirtschaftspolitisches System (Markt- oder Wettbewerbswirtschaft) vertraut auf den Markt und die Leistungsfähigkeit einer agraren Selbstordnung. In gebundenen Wirtschaftsordnungen (gelenkte, gesteuerte, staatsgeplante Wirtschaft) liegt eine interventionistische Agrarpolitik vor, die unmittelbar und teilweise dirigistisch in Produktion und Marktgeschehen eingreift. Zum Kennzeichen der vergesellschafteten Zwangswirtschaft gehören die ausschließlich zentralistische Planung und die staatlich kontrollierte Durchführung, wobei alle privatwirtschaftlichen Kräfte ohne Wirkung bleiben.

Aus wirtschaftlicher Perspektive gilt die Agrarpolitik als Teilgebiet der Agrarökonomik, dessen Erkenntnisgegenstand das politische Handeln im Agrarbereich ist. Zu den Aufgaben der wissenschaftlichen Agrarpolitik gehört es, agrarpolitisches Handeln zu beschreiben, zu erklären und dessen Wirkungen zu untersuchen. Wissenschaftstheoretisch basiert die Agrarpolitik auf verschiedenen Gebieten der Wirtschaftstheorie und der Wirtschaftspolitik. Starke Verflechtungen gibt es besonders zur Mikroökonomik und zur Wohlfahrtsökonomik, zur sektoralen Strukturpolitik sowie zur Handelspolitik und zur Entwicklungspolitik.

Agrarpolitik wird auch eingeordnet als Teilgebiet der Wirtschafts- und Sozialwissenschaften des Landbaus und damit der Agrarwissenschaften. Wissenschaftstheoretisch basiert die Agrarpolitik auf verschiedenen Gebieten der Wirtschaftstheorie und der Wirtschaftspolitik. Starke Verflechtungen gibt es besonders zur Mikroökonomik und zur Wohlfahrtsökonomik, zur sektoralen Strukturpolitik sowie zur Handelspolitik, zur Entwicklungspolitik sowie zur Regionalpolitik.

Gewöhnlich werden drei Zielbereiche für die Agrarpolitik hervorgehoben:

Bei der Effizienz geht es um eine optimale intra- und intersektorale Ressourcenallokation. Bei der Verteilungsgerechtigkeit geht es um die Sicherung eines angemessenen Einkommens für die Landwirtschaft, darüber hinaus aber um die Armutsbekämpfung im ländlichen Raum und um Ernährungssicherung. Nachhaltigkeit beschäftigt sich mit Umwelteffekten der Landwirtschaft und mit anderen nichtmarktfähigen Leistungen der Landwirtschaft wie z.B. ihr Beitrag zur ländlichen Entwicklung, zum Tierschutz und zur Lebensmittelsicherheit und -qualität.
(Multifunktionalität der Landwirtschaft)

Vielfach ist die Agrarpolitik so komplex geworden, daß sowohl liberale wie gelenkte und dirigistische Elemente unmittelbar nebeneinanderstehen, so dass kaum noch zu erkennen ist, welches wirtschaftspolitische Grundmodell zugrundeliegt. Die EU-Staaten bieten hierfür ein gutes Beispiel.

Die Prägekraft von Agrarpolitiken ist häufig stärker als die natürlichen, ökonomischen und sozialen Faktoren. Die Großstrukturen kollektivistischer Agrarsysteme oder die steuernde Wirkung der Gemeinsamen Agrarpolitik sind hier ebenso zu nennen wie die Auswirkungen von Agrarkolonisationen (römische Zenturiatsfluren in der Poebene und im Maghreb, mittelalterliche Waldhufensiedlungen in europäischen Mittelgebirgen, Township-System der USA).

Die Agrarpolitiken stehen global äußerst unterschiedlichen Problemfeldern gegenüber. Während viele Industriestaaten große Agrarüberschüsse erwirtschaften, leidet ein Großteil der Entwicklungsländer mit ihrem ungelösten Entstehungs-, Verteilungs- und Verwendungsproblem unter chronischer Lebensmittelknappheit. Beide Ländergruppen sehen sich jeweils spezifischen Umweltwirkungen ihres Wirtschaftens ausgesetzt.

Fragwürdige Agrarpolitik macht die Landnutzung in vielen Staaten zunehmend unwirtschaftlich. Die Landnutzung ist teilweise zu einer Subventionswirtschaft geworden. Unsere Landnutzer, wie auch jene der Dritten Welt, sind oft gezwungen, Nahrungsmittel und organische Rohstoffe zu Preisen zu liefern, die weit unter ihrem Wert liegen. Diese billige Bereitstellung und auch Heranlieferung von Nahrungsmitteln und Rohstoffen ist nur möglich, weil neben den sozialen auch die ökologischen Erfordernisse bei Erzeugung und Transport der von uns genutzten Güter weltweit ignoriert werden.

Gesundheit in der Agrarpolitik

Gesundheit in der Agrarpolitik

Die neue Gemeinsame Agrarpolitik, die 2021 in Kraft tritt, könnte erstmals auch Gesundheit als Ziel beinhalten – eine gewaltige Herausforderung 25 Jahre, nachdem die Mitgliedsländer sich verpflichteten, Gesundheit in allen EU-Politikbereichen als Querschnittsthema zu verankern und damit das Gesundheitsniveau der Bürgerinnen und Bürger deutlich zu verbessern. Damit EU-Programme das Wohlbefinden der Bevölkerung aber tatsächlich verbessern, müssten unbedingt Akteurinnen und Akteure des Gesundheitswesens in die Gestaltung der EU-Agrarpolitik einbezogen werden.

Quelle: Agraratlas 2019, CC BY 4.0

(s. a. Agrarpolitik in Deutschland, externe Effekte)

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