Lexikon des Agrarraums

Kurt G. Baldenhofer

Zuckerrohrplantage in Australien

A

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Abbaubarkeit

Der Grad des biologisch (durch natürlich vorkommende Enzyme) erreichbaren Abbaus einer natürlichen oder künstlichen Substanz in anorganische Grundstoffe, wie Kohlendioxid, Wasser, Ammoniak und Phosphat bei völliger Mineralisation oder zumindest in andere Verbindungen (Metabolite). Der Begriff wurde ursprünglich in der Abwassertechnik verwendet und bezog sich nur auf die Abbaubarkeit in Kläranlagen; er wird jetzt aber auch in ökologischen und ökotoxikologischen Testverfahren verwendet. In der Landwirtschaft hat er Bedeutung bezüglich des Verhaltens ausgebrachter Agrarchemikalien.

Abdrift

Unerwünschtes Verwehen von Pflanzenschutzflüssigkeit bei der Spritzapplikation z.B. in Obst- oder Hopfenkulturen oder bei der Applikation von Beizmitteln bei der Aussaat. Die Stärke der Abdrift ist abhängig von der Tröpfchengröße der Spritzlösung und von der Windstärke.

Die Abdrift beträgt bei herkömmlichen Gebläsespritzen in Niederstamm-Apfelkulturen 20 Prozent der ausgebrachten Agrarchemikalie, im Sommer 10-15 Prozent. Neuartige Tunnelspritzgeräte vermögen die Abdrift bis auf 1,5 Prozent zu reduzieren. Der hohe Preis soll sich durch die Einsparung an Pflanzenschutzmitteln allmählich bezahlt machen. Eine Umschichtung von Subventionen mit negativen externen Effekten zugunsten dieser Technik erscheint sinnvoll, um deren Akzeptanz rasch zu erhöhen.

Abdrift ist ein Hauptargument, warum die klassische und die ökologische Landwirtschaft nicht nebeneinander existieren können.

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Abferkeln

Syn. ferkeln; Bezeichnung für den Geburtsvorgang bei Schweinen. Eine Sau wirft nach drei Monaten drei Wochen und drei Tagen 10 bis 14 Ferkel je Wurf von denen meist nur 9 aufgezogen werden können (d.h. die ersten 21 Tage überleben). Eine Sau wirft im Durchschnitt 2,2 Mal im Jahr d.h. sie bringt pro Jahr etwa 20 lebende Nachkommen zur Welt. Das Abferkelabteil ist im Sauenstall der Bereich in dem die Sauen ihre Jungen werfen. Jedes Abferkelabteil besteht aus mehreren Abferkelbuchten. Sie sind dreigeteilt in einen Aufenthaltsbereich für das Muttertier mit Ferkelschutzgitter ein beheiztes Ferkelnest und einen weiteren Bereich für die Ferkel. Nach der Geburt bleibt die Sau mit ihren Ferkeln rund vier Wochen im Abferkelabteil.

abiotische Umweltfaktoren

Alle Umweltfaktoren, an denen Lebewesen nicht erkennbar beteiligt sind. Zu den abiotischen (griech. „nichtlebend“) Faktoren, die auf Organismen einwirken, gehören physikalische und chemische Faktoren der unbelebten Umwelt wie u. a. Klima, Atmosphäre, Wasser, Temperatur, Licht, Strömung, Beschaffenheit des Bodens, Nährsalzkonzentration und andere chemische Stoffe. Liegen diese Faktoren außerhalb der von der Pflanze tolerierten Norm, können sie Stress auslösen. So kann abiotischer Stress für Pflanzen zum Beispiel bei Trockenheit, Hitze oder Kälte entstehen.

(s. a. biotische Umweltfaktoren)

Abkalben

Geburt eines Kalbes nach ca. 9 Monaten Trächtigkeit der Kuh. Die erste Kalbung findet bei Rindern mit ca. 27 Monaten statt. Es folgen dann ungefähr 1 Kalb pro Jahr, in ca. 2 % der Geburten auch Zwillinge. Ein Kalb wiegt etwa 35-45 Kilogramm bei der Geburt. Bei einer Geburt mit 'normaler' Lage des Kalbes kommen zuerst die Vorderbeine zum Vorschein dann der Kopf der Rumpf und zum Schluss die Hinterbeine. Tragende Milchkühe bleiben bis kurz vor der Geburt ihres Kalbes in einem gesonderten Stallabteil. Die meist mit Stroh eingestreute Einzelbox ermöglicht den Tieren alle arttypischen Bewegungen beim Aufstehen und Niederlegen.

Ablegebetrieb

Betriebsform in der Hühnerhaltung, bei der die Produktion von Eiern im Mittelpunkt steht. Moderne Haltungsformen in vollautomatischen Käfigen oder Batterien haben sich durchgesetzt. Die Belegung der Käfige mit Junghennen aus den Aufzuchtbetrieben erfolgt im Rein-Raus-Verfahren. Sortier- und Verpackungsstellen sind dem Betrieb angeschlossen.

Abmelkwirtschaft

Viehhaltung zur Milcherzeugung, bei der keine eigene Aufzucht der Rinder erfolgt. Bei Nachlassen der Milchleistung werden die Kühe verkauft, um nach Anmästung geschlachtet zu werden.

Abrufautomat

Elektronisch gesteuerter Futterautomat zur genauen Zuteilung von Kraftfutter, mit dessen Hilfe die Tiere sich die ihnen zustehende Tagesration in beliebig vielen Portionen holen können. Für das nötige Identifizierungssystem bestehen zwei Bauarten: den Transponder mit einer Frequenz für die Stromversorgung zur Inbetriebnahme und einer Frequenz für die Tiernummer als Antwortsender sowie den Responder mit nur einer Frequenz für Stromversorgung und Tiernummer. Über einen zentralen Rechner, der die Tiere anhand des Transponders erkennt, wird ihnen täglich eine bestimmte Menge Kraftfutter (Ration) zugeteilt.

Abrufautomaten bieten eine optimierte tierindividuelle und ernährungsphysiologisch günstige Kraftfuttergabe. Sie werden vor allem bei Kühen, ansatzweise auch bei der Gruppenhaltung von Sauen und in der Pferdefütterung eingesetzt.

Abruffütterung

Auch Transponderfütterung genannte Methode der Tierfütterung in der Landwirtschaft, welche die individuelle Einzeltierfütterung verbessert. Die Abruffütterung kommt sowohl in der Schweinehaltung als auch in der Rinder- und Pferdehaltung zum Einsatz.

Zur Abruf-Fütterung steht den Tieren ein Futterautomat zur Verfügung, der elektronisch gesteuert wird. Die Tiere tragen ein elektronisches Erkennungsgerät, einen Transponder. Über einen zentralen Rechner, der die Tiere anhand des Transponders erkennt, wird ihnen täglich eine bestimmte Menge Kraftfutter (Ration) zugeteilt. Die Ration kann von den Tieren in beliebig vielen Portionen über den ganzen Tag verteilt abgerufen werden. Jede verzehrte Teilmenge wird durch den Rechner registriert. Mehr als die vorgesehene Tagesration gibt der Computer nicht frei.

Absatzorganisation

Der organisierte Weg von Agrarprodukten vom Erzeuger zum Verbraucher. Aufgrund des ständigen Wandels der nachgeordneten Bereiche (Lebensmittelhandel, Ernährungshandwerk, -industrie, -handel) ist eine ständige Anpassung der Absatzorganisation erforderlich. Anpassungen erfolgen beispielsweise über Genossenschaften und Erzeugergemeinschaften zur Stärkung der Marktposition und über das Konzept der Vertragslandwirtschaft.

Agrarprodukte können grundsätzlich an Endverbraucher, Großverbraucher im Bereich der Gemeinschaftsverpflegung, die Ernährungsindustrie, den Sammel-, Aufbereitungs- und Versandhandel, den Lebensmitteleinzelhandel bzw. das Ernährungshandwerk und in Ausnahmen an staatliche Interventionsstellen verkauft werden.
Bei den Absatzwegen unterscheidet man zwischen

Landwirte beschreiten häufig beide Absatzwege gleichzeitig. Entscheidend für die Wahl des Distributionsweges sind im wesentlichen die Preise, die Vermarktungskosten und die Konsumreife der Produkte.

(s. a. Vermarktung, Vertriebssysteme)

Absatzorganisation
Absatzorganisation

Abschleppen

In der Landwirtschaft handelt es sich beim Abschleppen um eine mechanische Maßnahme, um kleinere Unebenheiten des Grünlandes (Erdauswurf durch Maulwürfe und Wühlmäuse) einzuebnen und Mistreste der Düngung aus dem Frühjahr, um den Erdbesatz im Futter zu verkleinern. Diese Reinigung führt zu einer besseren Qualität bei der Silageherstellung und vermeidet Fehlgärungen. Durch eine angemessene Geschwindigkeit wird die Grasnarbe nicht verletzt. Sobald ein Eingriff in die obere Bodenschicht erfolgt, spricht man vom Striegeln.

In dem durch die Tiere aufgewühlten Boden keimen mit Vorliebe Pflanzen wie Ampfer oder Löwenzahn. Diese Pflanzen sind auf Wiesen und Weiden unerwünscht, da sie auf Dauer wertvolle Futtergräser verdrängen. Außerdem stirbt das Gras an den überdeckten Stellen ab.

Ein weiterer Vorteil des Abschleppens liegt darin, der Verunkrautung vorzubeugen. Auch auf Wiesen und Weiden gibt es Unkräuter, das heißt also unerwünschte Pflanzen wie Ampfer, Brennnessel oder Kriechender Hahnenfuß. Diese wachsen besonders stark am Rande von kotbedeckten Stellen, weil es dort mehr Nährstoffe gibt.

Beim Abschleppen überfährt der Landwirt mit einem speziellen, an den Traktor angehängten Gerät – meist mit einer sogenannten Grünlandegge – Wiesen- und Weidenflächen. Die Grünlandegge ist ein Gerät, bestehend aus einem Metallrahmen und darin eingehängten Ketten. Je nach Ausführung befinden sich zwischen den Ketten Metallringe oder kleine Stahlplatten, zum Teil mit Dornen besetzt. Nicht selten werden in der Landwirtschaft aber auch selbstgebaute Schleppen-Konstruktionen aus alten Autoreifen oder Metallringen verwendet.

Kurze Dornen an der Gründlandschleppe sorgen dafür, dass die Grasoberfläche leicht „eingeritzt“ wird. Das durchlüftet die Grasnarbe und entfernt unerwünschtes Moos. Außerdem regen die durch die Dornen verursachten kleinen „Verletzungen“ die Gräser an, besser auszutreiben.

Abschöpfung

Früher eine zollähnliche, flexible Abgabe, mit deren Hilfe bis 1995 in vielen EG-Marktorganisationen Unterschiede zwischen internen EG-Preisen und den Weltmarktpreisen für Agrarprodukte ausgeglichen wurden. Die Abschöpfung war eine Regelung des Aussenhandels, die sich den Preisbewegungen so anpasste, dass das EG-Preisniveau nicht nachteilig beeinflusst wurde. Abschöpfungen wurden, wenn die Weltmarktpreise unter dem EG-Niveau lagen, bei der Einfuhr aus Drittländern (Einfuhrabschöpfung) oder, wenn die Weltmarktpreise über dem EG-Niveau lagen, bei der Ausfuhr in Drittländer (Ausfuhrabschöpfung) erhoben. Diese variablen Abgaben kamen seit 1971 vollständig der EG/EU als Eigeneinnahmen zugute. Sie sicherten den EU-Landwirten hohe Absatzpreise. Das Gegenstück zu den Abschöpfungen sind Ausfuhrerstattungen beim Export zum Ausgleich des genannten Preisgefälles.

Europäische Landwirte wurden durch die Abschöpfungen vor billigeren Agrarimporten geschützt (Protektionismus). Drittstaaten hatten keine Chance, ihre Agrarprodukte in der EU zu günstigeren Preisen abzusetzen.

Nach dem 1994 abgeschlossenen WTO-Abkommen mussten für den Marktzugang, also für die Importseite, alle bestehenden Formen von Grenzmaßnahmen in Zölle umgewandelt werden, die zusätzlich zu kürzen waren. Dadurch sind in der EU die Abschöpfungen durch Agrarzölle ersetzt worden. Sie gehören wie die früheren Abschöpfungen gleichermaßen zu den traditionellen Eigenmitteln der EU, haben allerdings in finanzieller Hinsicht wesentlich an Bedeutung verloren und werden – weil sie zu den Zöllen gehören - auch im Gesamthaushaltsplan der EU bei den Einnahmen nicht mehr eigens ausgewiesen.

(s. a. Erstattung)

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Absentismus

Die saisonale, unregelmäßig-häufige, längerfristige oder lebenslange Abwesenheit landwirtschaftlicher Grundeigentümer von ihrem Betrieb, der in dieser Situation von Verwaltern oder Pächtern bewirtschaftet wird. Die Grundeigentümer halten sich dabei in der Stadt, im Ausland oder auf anderen Betrieben auf.

Die Folgen dieser räumlichen Trennung von Wirtschaften und Wohnen, von agrarer Produktion und städtischem Konsum bzw. außerlandwirtschaftlicher Investition zeigen sich an beiden Enden des sozioökonomischen Stadt-Land-Gefälles. Der städtischen Kapitalkonzentration und Lebensstandarderhöhung entspricht die finanzielle und kulturelle Auszehrung des ländlichen Raumes.

Abundanz

Auch "Individuendichte" oder "Mengengrad"; sie gibt an, wieviele Individuen einer Pflanzen- oder Tierart in einer Flächen- oder Raumeinheit des untersuchten Gebiets durchschnittlich vorkommen.

Acequia

Bezeichnung für einen Wasserkanal in Spanien und den ehemaligen spanischen Kolonien, durch den Wasser zur Bewässerung von Ebenen, Feldern und Grundflächen geleitet wird.

Die Bauart ist arabischer Herkunft und unterscheidet sich von der Bauart der römischen Aquädukte. Das spanische Wort acequia kommt aus dem klassischen Arabischen الساقية  / as-sāqiya, was so viel bedeutet wie "Wasserleitung". Die Araber brachten die Technik während ihrer Herrschaft über die Iberische Halbinsel nach Spanien. Unter den Arabern wurden acequias entlang der spanischen Mittelmeerküste, vor allem in der Region Valencia, der Region Murcia und im östlichen Andalusien, insbesondere in den Alpujarras errichtet. Viele dieser Bauwerke werden heute noch genutzt. Auch im Cuyo (Argentinien) werden Acequias häufig zur Bewässerung verwendet.

Im Berggebiet der Alpujarras, das vormals von Kelten, Iberern und Römern besiedelt worden war, haben sich im 8. Jahrhundert Mauren niedergelassen und vorwiegend Siedlungen marokkanischer Kulturtradition errichtet. Es entstand eine noch heute sichtbare berberisch-maurische Kulturlandschaft mit einem ausgedehnten Kanalnetz von hunderten von Acequias, die das Wasser aus der schnee- und niederschlagsreichen Sierra hinab zu den Wiesen und Weiden, Obstgärten, Feldern und Häusern brachten. Die Wasserverteilung folgt den Acequias in hierarchischer Ordnung: von den Hauptkanälen (acequias madres), welche die große Wasserzuleitung übernehmen, zu den Verteilerkanälen zweiter und dritter Ordnung und schließlich zu den Furchen (melgas), die der Feinverteilung auf den Parzellen dienen. Die Acequias können naturnah angelegt oder aus Natursteinquadern gefasst sein, typisch sind auch aus Mörtel gemauerte Kanalwände.

Acker

Ein Acker, auch Feld oder Schlag genannt, ist ein landwirtschaftlich genutzter Boden (Kulturboden) unterschiedlicher Größe, der regelmäßig zum Beispiel mit einem Pflug bearbeitet und mit einer Feldfrucht bestellt wird. Dabei sind die Wörter nicht vollständig als Synonyme zu verstehen: Man spricht von einem Weizen- oder Rapsfeld, aber meist von einem Kartoffel- oder Rübenacker. Hinsichtlich des Gebrauchs dieser Wörter gibt es auch regionale Unterschiede.

Das Wort Acker geht zurück auf das indogermanische agro und bezeichnete zunächst nur das Land außerhalb von Ansiedlungen, wo man das Vieh zur Weide und auch zur Düngung des Bodens hintrieb. Verwandt damit sind das griechische agros und das lateinische ager, die beide Feld bedeuten. Ackern bedeutet die Erde wenden, den Boden kehren.

Als Grenzmarkierung, Rain zwischen den Flächen dienten natürliche, nur schwer veränderbare Merkmale wie z. B. Bäume, Hecken, Bachläufe, Wege oder künstliche Grenzzeichen wie z. B. Gräben, Lesesteinhaufen oder Mauern, Gatter und Zäune. Auch Grenzsteine zur Markierung der Flurstücksgrenzen waren und sind üblich.

Acker-Alp-Betrieb

Volkskundliche Bezeichnung für die traditionelle und heute meist nur noch reliktische Nutzungsform der inneralpinen Trockenzonen und des mediterran beeinflußten Südsaums der Alpen bzw. der Alpenregionen mit romanischer Sprache und Kultur.

Merkmale des Acker-Alp-Betriebs:

(s. a. Wiesen-Alp-Betrieb)

Ackerbau

Systematisch betriebener Anbau von ein- oder mehrjährigen Kulturpflanzen auf kultiviertem Boden. Es werden unterschieden:

Rund die Hälfte der Fläche Deutschlands wird landwirtschaftlich genutzt (2018). Von insgesamt rund 16,7  Millionen Hektar landwirtschaftlicher Fläche entfallen mit rund 11,8 Millionen Hektar über 70  Prozent auf Ackerland, 4,7  Millionen Hektar werden als Grünland genutzt. Dauerkulturen wie Obst und Weinbau nehmen mit 0,2 Millionen Hektar nur einen kleinen Anteil der gesamten landwirtschaftlichen Fläche Deutschlands ein.

Die sehr hohe Produktivität des Ackerbaus in Industrieländern bringt auch Nebenwirkungen hinsichtlich Umwelt- und Naturschutz mit sich, auch hinsichtlich der weiteren Klimaveränderung sowie der gesellschaftlichen Anerkennung der Landwirtschaft. Es gibt Zielkonflikte zwischen wirtschaftlichem Ackerbau und den Zielen des Umwelt-, Natur- und Klimaschutzes.

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Ackerbausystem

Feld- oder Fruchtfolgesystem, d.h. die Organisationsform des Ackerbaues.

(s. a. Fruchtfolge)

Ackerbegleitflora

Sammelbegriff für Pflanzen, die in Agrarökosystemen neben den angebauten Kulturpflanzen existieren. Es handelt sich vorwiegend um Ackerwildpflanzen, d.h. natürlicherweise vorkommenden Arten, die in Agrarökosystemen geeignete Lebensbedingungen finden. Die meisten von ihnen sind Erstbesiedler offener Flächen. Etwa drei Viertel aller Wildpflanzenarten der Äcker Mitteleuropas sind einjährig. Auch Kulturpflanzen können Bestandteile der Ackerbegleitflora sein, z.B. in Fruchtfolgesystemen Arten aus dem vorangegangenen Anbau (z.B. Raps aus der Vorfrucht in einem nachfolgenden Getreidebestand).

Ackerbegleitpflanzen, die in einem Kulturpflanzenbestand mehr Schaden verursachen als Nutzen bringen, werden als Unkräuter bezeichnet.
Zu den nützlichen Eigenschaften bestimmter Ackerbegleitpflanzen gehören z.B. der Schutz des Oberbodens vor Erosion oder die Förderung von Antagonisten der Schädlinge.

Ackerberg

Auch hohe Anwand; anthropogen entstandene wall- oder kammartige Erhöhung in der Ackerflur. Sie entsteht bei der Pflugarbeit durch das Verschleppen von Boden zu den Parzellengrenzen und das Abfallen von am Pflug haftender Erde, insbesondere an den Schmalseiten (Anwande) des Ackers, wo der Pflug beim Wenden aus der Erde gehoben wird. Das Vorkommen von Ackerbergen ist wahrscheinlich an Böden mit gutem Haftungsvermögen (Lößlehm) gebunden. Sie entstehen dann sowohl zwischen Einzelparzellen als auch Parzellenverbänden. Allerdings sind sie auch auf Wüstungsfluren in Mittelgebirgen nachgewiesen. Ackerberge erreichen Höhen zwischen wenigen Dezimetern und eineinhalb Metern.

Ackerboden

Boden unter Ackernutzung, wobei der natürliche Oberboden in einen Ap-Horizont (Ackerkrume) umgewandelt wurde, d.h. in einen durch Pflügen geschaffenen Mischhorizont aus dem ehemaligen A-Horizont und mehr oder weniger größeren Teilen des B-Horizonts.

Eine bodenkundliche Definition für „den Ackerboden“ gibt es allerdings nicht. Ackerböden können unterschiedliche Bodentypen sein, die durch natürlich gegebene Faktoren wie Ausgangsgestein, Wasserhaushalt, Relief und Klima entstanden sind. Durch weitere Einflüsse der rund 7000-jährigen Ackerbaunutzung erhielten die Böden ihre heutige Ausprägung.

Trotz dieser Prägung, auch durch die menschliche Nutzung (Bewirtschaftungsmaßnahmen, Düngung, Be- und Entwässerung etc.) sind Ackerböden Naturkörper und wichtige Bestandteile des Naturhaushalts. Ein großer Teil der natürlichen Grundwasserneubildung erfolgt im Offenland unter Acker- und Grünlandböden. In Ackerböden finden vielfältige ökologische Prozesse statt wie das Recycling von Nährstoffen, die Filterung und Speicherung von Wasser oder der Abbau von Schadstoffen. Gleichzeitig sind sie Lebensraum für eine Vielzahl unterschiedlichster Lebewesen. Es gibt also viele gute Gründe, Ackerböden besonders zu schützen vor Überbauung, Abgrabung, Erosion und Schadstoffeinträgen.

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Ackerbohnen

Auch Puffbohne, Pferdebohne, Saubohne, Dicke Bohne, bot. Vicia faba; Hülsenfrüchte (Körnerleguminosen), die für die menschliche Ernährung aber auch als Eiweißfutter und zur Bodenverbesserung (Gründüngung) angebaut werden. Diese Gemüsepflanze ist eine der ältesten domestizierten Nutzpflanzen und wird seit Jahrtausenden als Nahrungsquelle für den Menschen angebaut. Im Mittelalter war die Ackerbohne eine der wesentlichen eiweißhaltigen Nahrungsmittel.

Ackerbohnen binden mithilfe ihrer Knöllchenbakterien Stickstoff aus der Luft und bilden so für ihre Nachfrucht einen natürlichen Stickstoffdünger. Sie stellen ein ideales Glied in der Fruchtfolge dar. Ackerbohnen lassen sich mit dem Mähdrescher ernten.

Die Ackerbohne ist eine krautige Pflanze, die bis zu 2 Meter hoch werden kann. Sie besitzt gefiederte Blättern (ohne Ranken) und weiße Blüten (mit schwarzen Flecken). In den schwarzen, gedunsenen und bis 12 cm langen Hülsen finden sich 3-7 braune, essbare Samen.

Ackerbohnen haben einen hohen Gehalt an Proteinen, Ballaststoffen und verschiedenen Mineralstoffen wie Eisen und Kalium. Sie werden in vielen Ländern der Welt angebaut und in verschiedenen Gerichten verwendet, z.B. als Bestandteil von Eintöpfen, Suppen oder Salaten. In der medizinischen Forschung wird die Ackerbohne aufgrund ihrer verschiedenen gesundheitsfördernden Eigenschaften untersucht. Es wird z.B. untersucht, ob Ackerbohnenextrakte antikarzinogene, antidiabetische oder entzündungshemmende Wirkungen haben könnten. Insgesamt ist die Ackerbohne eine wichtige Nutzpflanze, die in vielen Ländern angebaut und als Nahrungsmittel verwendet wird. Die Fähigkeit zur Stickstofffixierung und die gesundheitsfördernden Eigenschaften machen sie auch in der Forschung interessant.

In Deutschland betrug die Ernte von Ackerbohnen  2022 rund 246.000 Tonnen. Damit ist sie gut viermal so groß wie vor zehn Jahren. Ackerbohnen wurden auf rund 71.000 Hektar angebaut. Die Anbaufläche war 2022 mehr als viermal so groß wie 2013.

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Ackerbürger

Historische Bezeichnung für Stadtbewohner, der neben seinem städtischen Beruf noch Landwirtschaft vorwiegend zur Selbstversorgung betrieb.

Ackerfläche

Abkürzung AF oder Afl., zumeist alljährlich mit Ackerbau bestellte Fläche. Rund 282 200 landwirtschaftliche Betriebe in Deutschland bewirtschafteten 2013 16,7 Millionen Hektar landwirtschaftlich genutzte Fläche, darunter knapp 11,9 Millionen Hektar Ackerland (71 %) und 4,6 Millionen Hektar Dauergrünland (28 %). In der deutschen Agrarstatistik ist der Begriff Ackerland synonym.

2019 wurden auf den inzwischen 11,7 Millionen Hektar Ackerland rund 6,4 Millionen Hektar Getreide angebaut, vor allem Weizen (3,1 Millionen Hektar). Der Anbau von Ölsaaten, vor allem Winterraps ist von 1,22 Millionen Hektar in 2018 auf 853.000 Hektar in 2019 stark zurückgegangen. Der Anbau von Silomais beträgt 2,2 Millionen Hektar. Der Anbau von Hülsenfrüchten liegt bei 196.000 Hektar, die Flächenstilllegung bei ca. 350.000 Hektar.

Schätzungen zu Landnutzungen der letzten Jahrhunderte zeigen weltweit einen dramatischen Anstieg der Ackerfläche von 265 Mio. ha im Jahre 1700 bis hin zu 1500 Mio. ha im Jahre 1980. Fast die Hälfte der weltweiten Ackerfläche wurde erst im zwanzigsten Jahrhundert in Kultur genommen. In jüngster Zeit schwächte sich die Steigerung merklich ab. Ursachen sind gleichzeitige Umwidmungen von Ackerfläche für Siedlungen, Verkehrswegebau u.a. sowie Verluste durch Bodenversalzung, Bodenerosion und Bodendegradation.

Ackerfutter

Im Feldfutterbau gewonnenes Grünfutter bzw. die daraus erzeugten Konservate. Typische Vertreter sind die Futtergräser, Grünmais, Leguminosen, Cruciferen, Sonnenblumen, Topinambur, Phacelia, Buchweizen und die Blätter der verschiedenen Rübenarten. Der Ackerfutterbau hat neben der Erzeugung von Futtermitteln, die den Futteranteil vom Grünland im Interesse hoher Gesamtproduktivität der Tierhaltung ergänzt, eine wichtige Funktion für die Erhaltung und Mehrung der Bodenfruchtbarkeit.

Ackerkrume

Die oberste, durch organische Abbauprodukte meist dunkler gefärbte Bodenschicht des Ackers. Ihre Mächtigkeit entspricht weitgehend der jährlichen Bearbeitungstiefe (ca. 30 cm) mit dem Pflug (Ap-Horizont). Die Ackerkrume zeichnet sich durch lockere Lagerung des Bodenmaterials mit guter Durchlüftung und durch ein intensives Bodenleben aus. Dies erlaubt hohe Zersetzungsraten der eingepflügten Ernterückstände mit der Folge eines günstigen Nährstoffangebotes.

Bei Direktsaatverfahren kann auf eine wendende Bodenbearbeitung verzichtet werden, was langfristig Auswirkungen auf die Ackerkrume haben wird. Beide Verfahren, die wendende und die nicht wendende Bodenbearbeitung haben Vor- aber auch Nachteile. Wichtig ist deshalb eine standort- und der jeweiligen Fruchtfolge angepasste Saatbettbereitung.

Ackerland

In Deutschland alle Flächen, die in die Fruchtfolge einbezogen sind, einschließlich Hopfen und Tabak, Gemüse, Erdbeeren, Zierpflanzen und sonstige Gartengewächse im feldmäßigen Anbau und im Erwerbsgartenbau (auch unter Glas). Auch Ackerflächen mit Obstbäumen zählen zum Ackerland, sofern die Ackerfrüchte die Hauptnutzung darstellen; andernfalls zählen diese Flächen zu den Obstanlagen und werden unter den Dauerkulturen nachgewiesen. Ferner werden dazu gerechnet die Schwarzbrache innerhalb der Fruchtfolge und als Gründüngung zum Unterpflügen bestimmte Fruchtarten, soweit sie nicht als Zwischenfrüchte angebaut werden, sowie vorübergehend stillgelegte Ackerflächen.

Weltweit gesehen umfasste 1993 das Ackerland 13,43 Mio. km², dies sind 9,7 % der Landfläche. Im wesentlichen basiert die Ernährung der Menschheit auf dieser Fläche.

Bei FAOSTAT sind diejenigen Flächen als Ackerland (arable land) klassifiziert, die temporär für landwirtschaftliche Nutzpflanzen, für Weiden zum Mähen, für Grünland oder für Gemüsegärten erschlossen werden oder weniger als 5 Jahre brach liegen. Stillgelegte Flächen (engl. abandoned land), die aus dem Wanderfeldbau (engl. shifting cultivation) stammen, werden nicht dazugezählt und sind somit nach den Klassifikationskriterien der FAOSTAT keine Landwirtschaftsflächen.

In der deutschen Agrarstatistik ist der Begriff Ackerfläche synonym. Bei internationalen Vergleichen ist zu beachten, daß die Begriffsabgrenzungen sehr unterschiedlich sind. Im Jahr 2016 blieb die Fläche, die in Deutschland als Ackerland genutzt wird, mit 11,8 Millionen Hektar im Vergleich zu den Vorjahren konstant.

Anteile der Hauptgruppen des Anbaus am Ackerland in Deutschland 2019
Anteile der Hauptgruppen des Anbaus am Ackerland in Deutschland 2019

Quelle: Statistisches Bundesamt

Die Ackerlandfläche lag 2019 bei insgesamt 11.714 Tausend ha. Davon wurden: 380 Tausend ha (54,5%) für den Anbau von Getreide zur Körnergewinnung (Weichweizen, Dinkel und Hartweizen), Roggen, Wintermenggetreide, Gerste, Hafer, Sommermenggetreide, Körnermais, Sorghum, Triticale und sonstigem Getreide wie Buchweizen, Hirse, Kanariensaat), 196 Tausend ha (1,7%) für den Anbau von Hülsenfrüchten (Erbsen, Ackerbohnen, Süßlupinen, Linsen, Sojabohnen, Lupinen) 684 Tausend ha (5,8%) für den Anbau von Hackfrüchten, (Kartoffeln, Zuckerrüben, Feldgemüse) 147 Tausend ha (1,3%) für den Anbau von Gemüse und Gartengewächsen (auf Ackerland), 937 Tausend ha (8 %) für den Anbau von Handelsgewächsen (Ölfrüchte (Raps, Rübsen, Sonnenblumben), Hopfen, Tabak, Heil- Duft- und Gewürzpflanzen, Hanf, Flachs, Kenaf, Miscanthus, Zichorien, …), 976 Tausend ha (25,4 %) für den Anbau von Pflanzen zur Grünernte (Ackerwiesen und -weiden, die weniger als fünf Jahre dieselbe Ackerfläche beanspruchen) und grün geerntete Pflanzen (zum Beispiel Silomais, Getreide zur Ganzpflanzenernte, Leguminosen; diese dienen als Futter und Substrat zur Energiegewinnung) 350 Tausend ha (3%) als Stilllegungsflächen und Brachen genutzt.

Flächenkonkurrenz

In Deutschland konkurrieren Landwirtschaft, Forstwirtschaft, Naturschutz, Siedlung, Verkehr, Industrie und sonstige Infrastruktur um Bodenflächen. Seit der Finanzkrise 2007 gibt es erhebliche spekulative Tendenzen bei Agrarimmobilien.

Als Folge werden die für die Landwirtschaft verfügbaren Flächen immer weniger und teurer. So ging die Agrarfläche zwischen 1993 und 2017 um 1,3 Millionen Hektar zurück. Lag der Kaufpreis für ein landwirtschaftliches Grundstück 2005 noch im Schnitt bei 8.692 Euro je Hektar, musste ein Käufer 2018 für einen Hektar im Schnitt 25.485 Euro zahlen – ein Plus von 193 Prozent. Zeitgleich stiegen die Preise für gepachtete Flächen stark an.

Die Konkurrenz von Finanzinvestorinnen und -investoren und steigenden Pachten stellen aktive ortsansässige Landwirtinnen und Landwirte vor große Probleme. Außerlandwirtschaftliche Bodeneigentümer sind die großen Gewinner auf dem Bodenmarkt, aktive Landwirtinnen und Landwirte sind die Verlierer:

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Ackernahrung

Der heute nicht mehr übliche Begriff bezeichnete jene Mindestfläche, die für den (dem allgemeinen Lebensstandard in einem Staat einigermaßen entsprechende) Lebensunterhalt einer (vierköpfigen) Familie ohne Zuerwerb notwendig ist. In Deutschland wurde diese bis in die 80er Jahre des vorigen Jh. bei Sonderkulturen schon mit etwa 2 ha, bei gemischtwirtschaftlichen Betrieben erst mit etwa 50 ha erreicht.
In ländlich geprägten Gesellschaften hatte die Ackernahrung zusammen mit der Sozialstruktur den Abstand und die Dichte landwirtschaftlicher Siedlungen mitbestimmt.

Ackerpflanzen

Ein- oder zweijährige ackerbauliche Fruchtarten für die Ernährung (z.B. Getreide, Kartoffel, Zuckerrübe, Hülsen- und Ölfrüchte), Futtergewinnung (z.B. Futterrübe, Mais) oder Rohstoffproduktion (z.B. Raps, Lein).

Ackerrain

Die in Pflugrichtung verlaufende Parzellengrenze.

(s. a. Feldrain, Stufenrain)

Ackerrandstreifenprogramm

Weitgehend ausgelaufenene Förderprogramme der Bundesländer zur lediglich extensiven Bewirtschaftung eines mindestens 2 Meter breiten Randstreifens von Getreidefeldern. Die Bestimmungen zur Durchführung waren je nach Bundesland etwas unterschiedlich. Gemeinsam war allen Programmen das Anwendungsverbot für Pestizide (teilweise auch für Mineraldünger oder Gülle). Die Mindererträge wurden durch Entschädigungszahlungen ausgeglichen.

Ackerschätzungsrahmen

In Deutschland wurde erstmals mit dem „Gesetz über die Schätzung des Kulturbodens“ (Bodenschätzungsgesetz vom 16.10.1934) die Möglichkeit geschaffen, die Ertragsfähigkeit landwirtschaftlich und gärtnerisch genutzter Böden zahlenmäßig zu erfassen. Diese Rechtsgrundlage wurde zum 1. Januar 2008 durch das „Gesetz zur Schätzung des landwirtschaftlichen Kulturbodens (Bodenschätzungsgesetz – BodSchätzG)“ ersetzt. War ursprünglich Zweck des Gesetzes, die Besteuerung der landwirtschaftlichen Flächen auf eine einheitliche Bewertungsgrundlage zu stellen, so sieht die aktuelle Rechtsgrundlage ausdrücklich auch die nichtsteuerlichen Zwecke vor. Hierzu werden insbesondere die Agrarordnung, der Bodenschutz und die Bodeninformationssysteme genannt. Bodenschätzungsdaten liegen flächendeckend für alle landwirtschaftlich genutzten Flurstücke der Bundesrepublik Deutschland vor; die Zuständigkeit liegt bei den Finanzbehörden.

Das Gesetz sieht vor, die Bodeneigenschaften eines Ackerstandortes durch die Bodenzahl zu bewerten, während eine zusätzliche Berücksichtigung von Klima, Relief und weiterer ertragsrelevanter Größen die Ackerzahl angibt. Die Bodenzahl ist ein relatives Maß für die Ertragsfähigkeit der Böden. Zu ihrer Bestimmung werden 3 Parameter herangezogen:

  1. Die Bodenart (= Körnungsklasse) des Profils als Mittelwert von der Oberfläche bis in einen Meter Tiefe. Hiermit wird der überaus großen Bedeutung der Bodenart für den Wasser- und Lufthaushalt der Böden Rechnung getragen.
  2. Die sog. „Entstehungsart“ des Bodens, also das Ausgangsgestein. Hintergrund sind variierende Nährstoffreserven, Vorverwitterung, Pufferkapazität und Durchwurzelbarkeit der unterschiedlichen Gesteine und Sedimente.
  3. Die Zustandsstufe der Böden. Dieser Begriff gibt den Entwicklungsgrad an, den ein Boden bei seiner Entwicklung vom Rohboden über eine Stufe höchster Leistungsfähigkeit bis zur Degradierung erreicht hat. Die Zustandsstufe kann als Summe der für das Pflanzenwachstum günstigen und ungünstigen Eigenschaften (z. B. Humusgehalt, Versauerung, Staunässe, Durchwurzelbarkeit, Steinanteil) betrachtet werden.

Aus diesen drei Parametern resultiert die Bodenzahl, für die im Ackerschätzungsrahmen eine Spanne vorgegeben ist; diese Spanne ermöglicht dem Bodenschätzer eine Feinabstufung. Der Bodenschätzung liegen die Annahmen einer ebenen Lage sowie von 600 mm Niederschlag und 8 °C mittlere Jahrestemperatur zugrunde. Weichen die Klima- und Geländeverhältnisse davon ab, so werden an den Bodenzahlen Zu- oder Abschläge vorgenommen; man erhält dann die Ackerzahl als Maßstab für den durch Ertragsfähigkeit und natürliche Ertragsfaktoren bedingten Reinertrag.

Ackerschätzungsrahmen
Ackerschätzungsrahmen

Quelle: BLE 2019

Das Schätzungsergebnis eines Ackerbodens wird als „Klassenzeichen“ z. B. wie folgt ausgedrückt:

L 4 Al 65/70
Es handelt sich um die Bodenart Lehm, Zustandsstufe 4, Alluvium mit der Bodenzahl 65 und der Ackerzahl 70.

Die Bodenzahl ordnet die Böden nach ihrer Ertragsfähigkeit ein. Der höchstbewertete Boden ist eine Schwarzerde in der Magdeburger
Börde (L 1 Lö, 100 Punkte). Die Bodenschätzung wurde in den 1920er Jahren entwickelt und ist 1934 erstmals Gesetz geworden. Zu dieser Zeit galt Humus als der entscheidende Nährstoffträger; auch das Ausgangsmaterial der Bodenbildung wurde im Hinblick auf die Nährstoffreserven betrachtet, denn Mineraldünger war nicht in dem Maße verfügbar wie heute. Unter heutigen Gesichtspunkten haben sich die Maßstäbe verschoben. Beim Anbau ertragreicher, moderner Sorten wirkt heute eher das Wasserangebot (nutzbare Feldkapazität und Niederschläge) ertragsbegrenzend als das Nährstoffangebot.

(s. a. Grünlandschätzungsrahmen, Bodenfruchtbarkeit)

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Ackerschlag

Als Ackerschlag (oder auch Feld) wird die von einem Landbewirtschafter einheitlich bewirtschaftete und mit einer landwirtschaftlichen Kultur (selten auch mit einem Kulturartengemisch) bestellte Ackerfläche, und zwar unabhängig von Flurstücksgrenzen und Eigentumsverhältnissen.

Ackerschlagdatei

Eine Ackerschlagdatei, auch Ackerschlagkartei oder Feldkalender ist eine chronologische Aufzeichnung, mit der der Landwirt die auf einem Flurstück (Schlag) durchzuführende und durchgeführte Bewirtschaftungsmaßnahmen dokumentiert.

Ackerterrasse

Künstliche Hangverflachung aus Gründen der leichteren Bearbeitbarkeit, des Erosionsschutzes und der besseren Wasserversorgung. Die treppen- oder sprungschanzenartigen Ackerterrassen bestehen aus den Terrassenflächen oder -äckern und den Terrassenhängen oder -rainen.

Vor allem in Mitteleuropa sind es oft Relikte historischer Flurgliederung und ackerbaulicher Bewirtschaftungsweisen an Hanglagen. Sie entstanden durch das Zusammenwirken von hangparallelem Pflügen und talseitiger Bodenerosion. Alternativ wurden sie durch Bodenumschichtungen örtlich auch gezielt angelegt, um Bodenerosion zu verhindern. Zum Teil wurden sie mit Lesesteinwällen, Trockenmauern oder Wallhecken befestigt und begrenzt.

Man unterscheidet:

Ackerzahl

Ausgehend von der Bodenzahl durch Zu- oder Abschläge bei günstigeren oder weniger günstigen natürlichen Ertragsbedingungen, wie Klima, Geländegestaltung, Waldschatten und anderem ermittelter Wert. Bei den Ertragsfaktoren geht man von Standardwerten aus wie z. B. 8 °C mittlere Jahrestemperatur, 600 mm mittlerer Jahresniederschlag, keine oder sehr geringe Hangneigung.

Die Ackerzahl ist somit Maßstab für die natürliche Ertragsfähigkeit des Bodens am jeweiligen Standort. Die Höhe der Zu- und Abschläge ist auch abhängig von der Bodenart. So wirken sich starke Niederschläge auf schwere Böden negativ, auf leichtere Böden eher positiv aus. Das gesamte Schätzungsergebnis eines Ackerbodens lautet zum Beispiel L 4 Al 65/70, das heißt, es handelt sich um einen Lehmboden, Zustandsstufe 4, Entstehungsart Alluvium, Bodenzahl 65, Ackerzahl 70.

Die Skala möglicher Werte reicht von 1 (sehr schlecht) bis 120 (sehr gut). Ein Kartenwerk, aus dem die Ackerwertzahl hervorgeht, ist die DGK 5 Bo, die im Zuge der Reichsbodenschätzung 1934 erarbeitet wurde.

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Acrisole

Acrisole (lat. acer = stark sauer), eine Referenzbodengruppe der World Reference Base for Soil Resources (WRB), sind saure Böden, die als Ergebnis bodenbildender Prozesse (v. a. Tonverlagerung) im Unterboden höhere Tongehalte aufweisen als im Oberboden.

Beschreibung

Die typische Horizontfolge gemäß den FAO Guidelines for Soil Description ist:

A – Oberboden mit oftmals nur geringen Humusgehalten
E – Tonverarmungshorizont (eluvial)
Bt – Tonanreicherungshorizont (illuvial) im Unterboden
C – Ausgangsgestein

Acrisole sind saure, durch Tonverlagerung (Lessivierung) geprägte Böden. Die Tonfraktion wird vom Typ der low activity clays, vor allem Kaolinit dominiert. Der diagnostische Horizont ist der innerhalb der oberen 125 cm des Profils durch Tonanreicherung gekennzeichnete gelbrote argic horizon (Bt). Der A-Horizont ist i.d.R. humusarm. Zwischen dem A- und dem Bt-Horizont liegt i.d.R. ein tonveramter, aufgehellter Eluvialhorizont (E). Der Oberboden neigt bei Trockenperioden zu Verhärtung, was ebenso wie tiefe pH-Werte die Durchwurzelbarkeit erschwert. Während der regenreichen Zeit besteht eine Neigung zum Wasserstau oberhalb des dichten Bt-Horizonts.

Insgesamt sind Acrisole weniger stark verwittert als Ferralsole, deshalb können noch Reste von dreischichtigen Tonmineralen in der Tonfraktion enthalten sein. Die Nährstoffvorräte sind gering, Nährstoffe sind in der Pflanzendecke gespeichert. Die pH-Werte (H2O) liegen um 5, im Oberboden oft darunter.

Nach Rodung des Waldes nimmt die biologische Aktivität des Bodens ab.

Verbreitung

Acrisole entwickeln sich vorwiegend aus quarzreichen Gesteinen (Granite, Quarzite, Sandsteine) auf alten Landoberflächen der feuchten Tropen und Subtropen, aber auch in subhumiden warmen Klimaten. Weltweit bedecken die Acrisole ca. 1 Milliarde ha, vor allem im SO der USA, Mittelamerika, auf dem Brasilianischen Schild, den Llanos, dem Westafrikanischen Schild, in Zentralafrika, Zentral- und Ostchina sowie SO-Asien. Kleinere Vorkommen gibt es auch im Mittelmeerraum, z.B. in Spanien.

Nutzung

Die geringe Kationenaustauschkapazität, die niedrigen pH-Werte sowie die Ton- und Humusarmut im Oberboden bei gleichzeitig schlechter Aggregierung stellen die Landwirtschaft vor erhebliche Probleme. Der Erhalt des Oberbodens mit der besonders wichtigen organischen Substanz und die Vermeidung von Erosion sind die Voraussetzungen für Ackerbau auf Acrisolen. Mechanische Rodung natürlicher Wälder mit Entnahme der Wurzelballen und anschließender Verfüllung der Löcher mit umliegendem Oberboden hinterlässt einen weitgehend unfruchtbaren Boden, in dem die Al-Gehalte des bisherigen Unterbodens toxisches Niveau erreichen.

Angepasste Feldbausysteme mit umfassender Düngung und behutsamem Management sind erforderlich, wenn Dauerfeldbau auf Acrisolen praktiziert werden soll. Der weithin übliche,traditionelle Wanderfeldbau (shifting cultivation) mag primitiv erscheinen, doch ist er eine gut angepasste Landnutzungsform, die über Jahrhunderte durch Versuch und Irrtum entstanden ist. Wenn die Anbauperioden kurz (nur ein oder wenige Jahre) dauern und eine hinreichend lange Erholungsphase folgt (bis zu mehreren Jahrzehnten), erlaubt dieses System eine gute Ausnutzung der begrenzten Ressourcen der Acrisole. Agroforstwirtschaft wird als bodenschützende Alternative zum Wanderfeldbau empfohlen, die ohne kostspielige Maßnahmen höhere Erträge ermöglicht. Eine Low-input-Landwirtschaft ist auf Acrisolen nicht sehr einträglich.

In Plantagenwirtschaft sind sie am ehesten für aluminiumtolerante Cash Crops wie Tee, Kautschuk, Ananas oder Cashew geeignet. Häufig ist Beweidung mit Rindern oder Forstwirtschaft anzutreffen.

Wachsende Acrisol-Flächen werden mit Ölpalmen bepflanzt (z. B. in Malaysia und auf Sumatra). Große Areale mit Acrisolen stehen unter Wald, der vom hohen dichten Regenwald bis zum offenen Waldland reicht. Die meisten Baumwurzeln sind im humosen Oberboden konzentriert, nur ein paar Pfahlwurzeln reichen bis in den Unterboden. In Südamerika treten Acrisole auch unter Savanne auf. Acrisole sind für intensive Produktion sowohl im Regen- wie im Bewässerungsfeldbau nur nach Kalkung und vollständiger Düngung geeignet. Die Rotation einjähriger Früchte mit Weidewirtschaft (bei Anwendung verbesserter Beweidungssysteme) erhält den Humusgehalt.

Ad Libitum-Fütterung

Ad libitum (lat. nach Belieben), auch Sattfütterung, bedeutet, dass die Tiere keine rationierte Fütterung haben, sondern jederzeit so viel fressen können, wie sie möchten.

ADI-Wert

Abk. von engl. acceptable daily intake (annehmbare tägliche Aufnahme). Er bedeutet die tägliche Höchstdosis eines Pflanzenschutzmittel-Rückstandes (mg/kg Körpergewicht) in Lebensmitteln, die bei lebenslanger Aufnahme ohne Gesundheitsbeeinträchtigung bleibt.

Basis für die Festlegung eines ADI-Werts sind in der Regel Fütterungsversuche mit Ratten oder Mäusen. Dabei erhalten die Tiere eine Diät mit verschiedenen Anteilen des zu untersuchenden Stoffes. Ziel ist es, die höchste Dosierung herauszufinden, bei der keine gesundheitsrelevante Wirkung zu beobachten ist. Dieser No Effect Level (NEL), dividiert durch einen Sicherheitsfaktor, ergibt den ADI-Wert.

Verantwortlich für die Festsetzung eines ADI-Wertes sind internationale Expertengremien, etwa die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) und der gemeinsame Sachverständigenausschuss für Lebensmittelzusatzstoffe der WHO/FAO (JECFA).

Aeroponik

Variante der Hydroponik, bei der die Pflanzen so fixiert werden, dass ihre Wurzeln ständig in einem geschlossenen Behälter mit einem Aerosol einer Hydrokulturdünger-Lösung aus Wasser und Nährstoffen benetzt werden. Die Lösung wird mithilfe von Zerstäubern vernebelt. Die Methode ist auch gut geeignet für Wurzelgemüse wie Kartoffeln, Karotten oder Arzneipflanzen, deren Wirkstoffe in den Wurzeln gespeichert werden. Die Anbauform benötigt kein gewöhnliches Medium, wie z.B. Erde.

Aeroponik wird wegen des enormen Wurzelwachstums heutzutage hauptsächlich bei der Stecklingsbewurzelung verwendet, denn bei dieser Methode wachsen die Wurzeln stärker und schneller als die oberirdischen Teile.

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Aerosol

Aerosole sind (meteorologisch gesehen) Bestandteile von Beimengungen der Atmosphäre als in ihr schwebende feste oder flüssige Teilchen. Das Max-Planck-Institut grenzt die Größe der Aerosolpartikel zwischen 1 nm (z. B. Sulfate, Nitrate, organische Verbindungen, Ruß, Viren...) bis 100 μm (z. B. Bakterien, Pilzsporen, Pollen, Mineralstaub, Seesalz...) ein.

Wolkentröpfchen, Eiskristalle oder fallende Niederschläge zählen nicht zu den Aerosolen. Sichtbar werden Aerosole als Dunst, der die Atmosphäre trübt. In einer trüben Atmosphäre werden größere Strahlungsanteile absorbiert und reflektiert. Damit greifen Aerosole in den Energiehaushalt der Atmosphäre ein. Ihre Wirkung erstreckt sich sowohl auf den solaren Strahlungsanteil, was wir an der Trübung wahrnehmen können, wie auch auf die von der Erde ausgehenden Strahlungsströme. Insgesamt überwiegen die Einflüsse auf die solare Strahlung (Sonnenstrahlung). Vulkanausbrüche können besonders hohe Aerosolkonzentrationen verursachen, die für eine deutlich geringere solare Einstrahlung und damit für eine Abkühlung der Erdatmosphäre sorgen.

Entsprechend der Entstehung von Aerosolpartikeln werden primäre, direkt in die Atmosphäre eingebrachte (z.B. Staub, Seesalz) und sekundäre Aerosolpartikel unterschieden. Letztere bilden sich in der Atmosphäre durch chemische Reaktionen von Spurengase (z.B. Ammoniumnitrat, -sulfat) sowie spontane Kondensation und Resublimation aus der Gasphase. Sekundäre Aerosolpartikel entstehen beispielsweise durch Kondensation von Schwefelsäure, oxidierten Kohlenwasserstoffen oder aus chemischen Vorläufern von Nitrat.

Ihrer Herkunft nach werden anthropogene Aerosole von natürlich entstandenen Aerosolpartikeln unterschieden. Typische anthropogene Aerosole sind Straßenstaub, Ruß, sowie auf Sulfat und Ammonium basierende Partikel, die aus Verbrennungsprozessen in Industrie und Verkehr und landwirtschaftlicher Aktivität resultieren. Typische natürliche Aerosolquellen sind Erosionsprozesse, wozu man erweitert auch Seesalzpartikel und Vulkanasche zählen kann, und Brände, sofern letztere natürlichen Ursprungs sind.

Die Bedeutung von Aerosolen ergibt sich daraus, dass sie

  1. als Kondensationskerne wirken,
  2. die Strahlung absorbieren oder streuen und so den Strahlungshaushalt oder die Optik der Atmosphäre verändern,
  3. an ihren Oberflächen chemische Prozesse ablaufen, welche die Zusammensetzung der Atmosphäre verändern und
  4. dass sie schädigende Wirkung haben können.

Die europäische Geschichte ist voller Hinweise auf Niederschlagsereignisse, bei denen Regen oder Schnee braun, gelb oder dunkelrot wurden. Sogenannter Blutregen wurde von Cicero und Plinius d.Ä. erwähnt, von Geoffrey of Monmouth und von Autoren während des gesamten Mittelalters.

Die Ereignisse wurden oft als böses Omen für menschliches Leid gedeutet. Als roter Regen im Jahr 191 v. Chr. den römischen Senat unter Wasser setzte, schilderte der römische Geschichtsschreiber Livius die Reaktion wie folgt: „Da die (Stadt-)Väter durch diese wundersamen Ereignisse beunruhigt waren, ordneten sie an, dass die Konsuln erwachsene Menschen an jene Götter opfern sollten, die sie für angemessen hielten.“

Tausende von Jahren später treten rot gefärbte Niederschläge in bestimmten Abständen noch immer in Europa auf, allerdings mit weniger dramatischen Auswirkungen.

Blutregen und Blutschnee aus Saharastaub

Blutregen und Blutschnee aus Saharastaub

Am 29. Mai 2013 nahm der Ozone Mapping Profiler Suite (OMPS) auf dem Suomi NPP-Satelliten diese Ansicht eines großräumigen Staubereignisses über Afrika und dem südlichen Europa auf. Staubwolken erstreckten sich über der Türkei, Griechenland, Albanien, Montenegro, Serbien und Teilen von Bosnien-Herzegowina. Die Aerosolkonzentration in der Luft wird quantitativ durch den sog. Aerosolindex angegeben, wobei die höchsten Konzentrationen dunkelrot und die geringsten in hellgelb dargestellt sind. Die größten Staubfrachten scheinen aus der Nähe der Bodele-Depression im Tschad zu kommen.

Quelle: NASA

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Afrikanische Schweinepest (ASP)

Viruserkrankung, die Haus- und Wildschweine betrifft und fast immer zu deren Tod führt. Für andere Tiere und Menschen stellt sie keine Gefahr dar. In den Ursprungsländern wird das Virus von Lederzecken übertragen.

Das Virus gilt als hochgradig ansteckend und kann durch Blut, Sperma oder Sekrete und vor allem Lebensmittel übertragen werden. Infiziertes Fleisch ist bis zu sechs Monate ansteckend. Infizierte Flächen müssen mit besonderen Desinfektionsmitteln behandelt werden. Einen Impfschutz gibt es nicht. Tritt die Schweinepest in einem Betrieb auf, müssen alle Tiere getötet werden.

Die Afrikanische Schweinepest (ASP) tritt seit 2014 in verschiedenen Ländern der EU auf. In Deutschland ist ASP am 10. September 2020 erstmals bei einem Wildschwein-Kadaver wenige Kilometer von der deutsch-polnischen Grenze entfernt im Landkreis Spree-Neiße amtlich festgestellt worden. Die Zahl der befallenen und erkannten Wildschweine in Brandenburg war bis Juni 2021 auf rund 1200 angewachsen. Im Juli 2021 wurde die ASP erstmals in einem deutschen Hausschweinbestand (Brandenburg) nachgewiesen.

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Agenda 2000

Im Juli 1997 vorgestellter und im März 1998 den EU-Mitgliedstaaten zur Stellungnahme vorgelegter und präzisierter Entwurf der Europäischen Kommission für die Umgestaltung der Europäischen Union im Hinblick auf die damals bevorstehenden WTO-Verhandlungen und die Ost-Erweiterung, insbesondere hinsichtlich des Finanzrahmens. Die Agenda 2000 wurde auf dem Europäischen Rat der Staats- und Regierungschefs vom 26. März 1999 in Berlin in der Form von etwa zwanzig Rechtstexten verabschiedet.

Bei der (hypothetischen) Aufnahme aller Bewerber der Ost-Erweiterung rechnete man mit einer Zunahme der landwirtschaftlichen Nutzfläche (LN) der Gemeinschaft um 50 %, sowie einer Verdoppelung der Anzahl der landwirtschaftlichen Arbeitskräfte. Ohne erneute Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik befürchtete die Europäische Kommission einen Zusammenbruch des Finanzierungssystems.

Besonderes Augenmerk galt der Strukturförderung und der Agrarpolitik, da diese Politikbereiche gut vier Fünftel der Finanzmittel der Gemeinschaft in Anspruch nahmen.

Das Aktionsprogramm enthielt Maßnahmen zur Unterstützung der mittel- und osteuropäischen Staaten bei ihrem Beitritt in die EU (Heranführungsstrategie) und zur Vorbereitung der EU auf die geplante Erweiterung (u.a. Subventionsabbau, Reform der Agrarausgaben und der Haushaltspolitik).

Bislang hatte die EU den Weltmarkt vorwiegend als Ventil für die Beseitigung von Überschüssen benutzt. Mit der Agenda 2000 verfolgte die EU nunmehr offen das Ziel einer stärkeren Präsenz auf den Weltmärkten mit der wahrscheinlichen Folge einer weiteren Verschärfung des Strukturwandels.

Ziel war der Agenda 2000 war, die Ausgaben für die Landwirtschaft zu senken, um den Haushalt der EU zu konsolidieren und die Nettozahlungen der Mitgliedsländer, z.B. auch Deutschlands, zu verringern. Ziel war auch, die Voraussetzungen für die Aufnahme der zehn neuen Mitglieder 2004 in die EU (Europäische Union) zu schaffen. Bei der Halbzeitbewertung 2003 in Luxemburg wurde die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) zu großen Teilen über die Agenda 2000 hinaus weiterentwickelt. Vor allem gab es eine Entkoppelung der Zahlungen  von der bisherigen Bemessungsgrundlage der Erzeugung. Dafür wurde eine Betriebsprämie gezahlt. Diese Direktzahlungen werden ab 2005 stufenweise reduziert.

Durch Cross Compliance (Überkreuzverpflichtung) werden die Direktzahlungen der EU mit der Einhaltung von scharfen Standards in Umwelt, Lebensmittelsicherheit und Tierschutz verbunden. Im November 2008 wurde beschlossen, ab 2013 die Direktzahlungen um 10 % zu verringern, bei Betrieben  mit bis dahin über 300.000 € Zahlungen noch um weitere 4 %.

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Agenda 2030

Aktionsprogramm der Vereinten Nationen, das in einem mehr als drei Jahre dauernden, transparenten Verhandlungsprozess unter Einbeziehung der breiten Öffentlichkeit entwickelt wurde. Die Agenda ist Ausdruck einer neuen Qualität der Politik: Alles soll mit Bedacht auf eine nachhaltige Entwicklung überlegt und angegangen werden.

Im September 2015 haben die Staats- und Regierungschefsauf dem UN-Gipfel in New York nachhaltige Entwicklungsziele (Sustainable Development Goals, SDGs) verabschiedet. In der „Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung“ wurden damit erstmals wirtschaftliche, soziale und ökologische Entwicklungsziele verknüpft und Armutsbekämpfung und Nachhaltigkeit zusammengeführt. Die 17 Ziele der Agenda 2030 gehen weit über die Millenniumsentwicklungsziele, die Ende 2015 ausliefen, hinaus und richten sich gleichermaßen an alle Staaten der Weltgemeinschaft.

Die Agenda gilt - anders als frühere Programme zur nachhaltigen Entwicklung – gleichermaßen für Industrieländer, Schwellen- und Entwicklungsländer. Schließlich stehen alle in der Verantwortung, nachhaltige Entwicklung durch den grundlegenden Umbau von Strukturen, Prozessen sowie Denk- und Verhaltensweisen in den nächsten Jahren entscheidend voranzubringen.

Mit 17 Zielen und 169 Unterzielen ist die Agenda sehr umfangreich. Neben dem Kampf gegen den Hunger gehört natürlich der Kampf gegen Armut, gegen Diskriminierung von Frauen. Dazu gehört Bildung für alle, der Schutz des Klimas und der Biodiversität, mehr Engagement für Frieden und Rechtsstaatlichkeit, um nur ein paar Beispiele zu nennen.

Um die Agenda 2030 hierzulande umzusetzen, hat die Bundesregierung eine Deutsche Nachhaltigkeitsstrategie anhand dieser 17 Ziele und unter Einbeziehung wiederum der breiten Öffentlichkeit in einem Dialogverfahren erarbeitet und im Januar 2017 verabschiedet.

Food and agriculture in the 2030 Agenda for Sustainable Development

On 25 September 2015, the 193 Member States of the United Nations adopted the 2030 Agenda for Sustainable Development, including 17 Sustainable Development Goals (SDGs).a One lesson from the Millennium Development Goals (MDGs) is that it is no longer possible to look at food, livelihoods and the management of natural resources separately. The fundamental connection between people and the planet, sustainable food, and agriculture are at the heart of the 2030 Agenda. Tied to the principle of leaving no one behind, the broad priorities of FAO in the 2030 Agenda are to:

  • end poverty, hunger and malnutrition;
  • enable sustainable development in agriculture, fisheries and forestry;
  • respond to climate change.

The comprehensive vision of SDG2, which is to “End hunger, achieve food security and improved nutrition and promote sustainable agriculture,” is mutually interlinked with several SDG targets, including those related to poverty eradication (SDG1), good health and well-being (SDG3), gender equality (SDG5), clean water and sanitation (SDG6), decent work and economic growth (SDG8), industry, innovation and infrastructure (SDG9), reduced inequalities (SDG10), responsible production and consumption (SDG12), climate action (SDG13), oceans and seas (SDG14), ecosystems, biodiversity and forests (SDG15), and peace, justice and strong institutions (SDG16). A significant factor in the success of the SDGs will be new and effective ways of collecting data, monitoring targets and measuring progress. FAO, together with its valued partners, is the “custodian” of several indicators related to undernourishment, rural income, sustainable agriculture, biodiversity, land and water use and ownership, as well as fisheries and forests (FAO, 2017b).

Sustainable Development Goals and food and agriculture

Sustainable Development Goals and food and agriculture

Quelle: FAO

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Agenda 21

Aktionsprogramm für das 21. Jahrhundert zur Umsetzung des Leitbildes Nachhaltige Entwicklung. Es wurde 1992 anläßlich der Konferenz der Vereinten Nationen für Umwelt und Entwicklung (UNCED) von 179 Staaten verabschiedet. Das Programm wird in Form von Empfehlungen dargeboten, ist mithin nicht juristisch verbindlich. Die AGENDA 21 gibt in 40 Kapiteln Handlungsbedarf, Maßnahmen, Instrumente und Finanzierungsmechanismen für nahezu alle Politikbereiche an, u.a. für die Landwirtschaft. Zentrales Ziel einer nachhaltigen Landwirtschaft ist danach die langfristig gesicherte Ernährung einer beständig zunehmenden Weltbevölkerung.

Bei der Umsetzung der Agenda 21 ist die EU-Agrarpolitik noch weit von dem Ziel einer sozial, ökologisch und ökonomisch nachhaltigen Entwicklung entfernt. Bezeichnend dafür ist, daß Umweltschutz in der Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik lediglich als "flankierende Maßnahme" und nicht als integraler Teil auftritt.

Die Nachfolgeagenda („Agenda 2030“) trat am 1. Januar 2016 in Kraft.

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Agglomerationsvorteile

Kostenersparnisse, die sich aus der räumlichen Agglomeration von Betrieben der gleichen Branche, sowie der Nähe zu Betrieben des sekundären und/oder tertiären Sektors ergeben können.

Hierzu gehören vor allem Fühlungsvorteile, d.h. die Übernahme von Kenntnissen über Produktion und Absatz von anderen nahegelegenen Betrieben. Weitere Agglomerationsvorteile entspringen z.B. aus der Entstehung von Zuliefer- und Verarbeitungsunternehmen, aus der Bildung von Kooperationen beim Absatz (Erzeugergemeinschaften), aus dem Ausbau der Verkehrs- oder Lagerinfrastruktur sowie aus dem Aufbau von Institutionen, die auf dem Ausbildungs-, Forschungs- oder Vermarktungssektor tätig sind.

Bedeutung von Agglomerationen im Agrarsektor (Deutschland):

Aggregatstabilität

Aggregate sind Teile des Bodenkörpers, die sich deutlich voneinander absetzen und separate Körner bilden. Formen und Größe der Aggregate sind je nach Entstehungsart sehr verschieden. Die Aggregatbildung ist in der Regel eine Frage der Bodenentwicklung.

Eine hohe Aggregatstabilität bedeutet, dass sich die Lage der Primärpartikel im Bodenaggregat bei Spannungsveränderungen nicht verändert und folglich dass Aggregat nicht zerstört wird.

Einen besonders stabilisierenden Einfluss auf Bodenaggregate bzw. auf die Aggregatbildung selbst haben organische Stoffe, da sie die bodenbiologische Aktivität fördern. Organische Stoffe dienen als Nahrung und werden zersetzt und mit mineralischen Bodenteilchen vermischt. Stoffwechselprodukte von Bodenlebewesen bilden Kittsubstanzen, die zu festen Verbindungen zwischen den anorganischen Primärpartikeln führen. Ein schneller mikrobieller Abbau dieser organischen Kittsubstanzen im Inneren der Aggregate wird dadurch verhindert, weil diese Verbindungen durch abgestorbene organische Substanz (z.B. Pilzhyphen) und zurückbleibende Tonteilchen infolge eines mikrobiellen Abbaus in den Randbereichen umhüllt werden. Eine intensive Bodenbearbeitung dagegen fördert den mikrobiellen Abbau, da größere Primäraggregate und schützende Hüllen zerstört werden.

Die Aggregatstabilität kann gezielt erhöht werden durch:

Eine hohe Aggregatstabilität führt zu:

Weitere Informationen:

Agrar- / agrar

Erstglied zusammengesetzter Substantive bzw. Adjektive; das Präfix drückt aus, dass das mit dem Zweitglied Bezeichnete auf die Landwirtschaft bezogen ist, z.B. Agrarproduktion, agrarpolitisch.

Etymologisch ist das Präfix vom lateinischen agrarius (= den Acker(bau) betreffend) abgeleitet, dieses wiederum von ager (Genitiv: agri) = Acker.

Agrar-Öko-Audit

Entwicklungsoffener Begriff, der z. Z. für ein betriebliches Umweltmanagement im Agrarsektor in Anlehnung an die EG-Öko-Audit-Verordnung gebraucht wird.

Seit dem Inkrafttreten von EMAS II (Environmental Management and Audit Scheme), der novellierten europäischen Öko-Audit-Verordnung, sind auch Landwirtschaftsbetriebe berechtigt, am europäischen Umweltmanagementsystem EMAS teilzunehmen. EMAS II gilt für „alle Organisationen mit Umweltauswirkungen", dazu gehören auch landwirtschaftliche Betriebe.

Agraratlas

Siehe Thünen-Atlas

Agraraußenhandel

Die Ein- und Ausfuhr von Agrargütern (land- und ernährungswirtschaftliche Erzeugnisse, in der deutschen Statistik ohne Holz und Holzprodukte) von einem bzw. in einen Staat oder eine Staatengemeinschaft.

Deutscher Agraraußenhandel 1991 bis 2016 in Mrd. Euro (vorläufig)
Deutscher Agraraussenhandel 1991 bis 2016 in Mrd. Euro

Seit dem Jahr 2000 sind sowohl die Ein- als auch Ausfuhren von Agrargütern nahezu kontinuierlich angestiegen. Die einzige Ausnahme bildete das Jahr 2009, das stark von den Folgen der Wirtschafts- und Finanzkrise geprägt war.

Quelle: BMEL

In den meisten Ländern ist Außenhandel allgemein von erheblicher Bedeutung im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt (BIP). Während es internationalen Handel in der Geschichte schon lange gibt (vgl. Seidenstraße, Bernsteinstraße), hat die wirtschaftliche, soziale und politische Bedeutung in den letzten Jahrhunderten zugenommen. Industrialisierung, verbesserter Transport, Globalisierung und transnationale Unternehmen haben eine große Auswirkung auf das internationale Handelssystem. Ohne Außenhandel wären Nationen auf die innerhalb ihrer eigenen Grenzen produzierten Waren und Dienstleistungen beschränkt.

Im Bereich des internationalen Agrarhandels sind vor allem vier sehr große Agribusiness-Unternehmen aktiv, die bereits Anfang des 19. bis Anfang des 20. Jahrhundert gegründet wurden. Obwohl das genaue Ausmaß ihrer Aktivitäten schwer zu eruieren ist, wird geschätzt, dass sie heute für etwa ein Drittel des Weltagrarrohstoffhandels und für 90 % des Weltgetreidehandels verantwortlich sind. Diese transnationalen Handelsriesen - Archer Daniels Midland (ADM), Bunge, Cargill, Louis Dreyfus - werden wegen ihrer Anfangsbuchstaben auch die ABCD-Gruppe genannt, auch wenn die Reihenfolge der Buchstaben nach Bedeutung der Unternehmen eigentlich CABD lauten müsste.

Basis der Unternehmen war und ist der Handel mit Agrar-Massengütern (v. a. Getreide und Ölpflanzen), die in großen Mengen gekauft und verkauft werden. Die Rentabilität des Handels mit diesen Waren hängt nicht nur von den Weltmarktpreisen ab, sondern auch von anderen ökonomischen Faktoren wie Kosten für Fracht, Silos, Elevatoren und Infrastruktur sowie Wechselkursen. Hinzu kommen politische Faktoren wie Regierungspolitik im Zusammenhang mit Krediten, politsche Förderpolitik, Exportsubventionen und Steuerpolitik. Die Unternehmen sind daher inzwischen stark diversifiziert und in ausgeklügelter Weise über Tochterfirmen vertikal und horizontal integriert.

Von ADM abgesehen, stehen sie bis heute unter dem Einfluss ihrer Gründerfamilien. Sie handeln und transportieren, und sie verarbeiten auch viele Rohstoffe. Die Konzerne besitzen Hochseeschiffe, Häfen, Eisenbahnen, Raffinerien, Silos, Ölmühlen und Fabriken. In den vergangenen Jahren hat der chinesische Getreidehändler COFCO, ein Staatsbetrieb, zu ihnen aufgeschlossen und ABCD als Hauptaufkäufer von brasilianischem Mais und Soja abgelöst.

(s. a. Agrarexporte, Agrarhandel, Agrarimporte, Agrarprotektionismus)

Weitere Informationen:

Agrarbeihilfe

Subvention des Agrarsektors, die die Landwirtschaft selbst, aber auch benachbarte Bereiche (z.B. Handel, Lagerhaltung) betreffen können. In der EU unterliegen nationale Agrarbeihilfen nach der ausdrücklichen Regelung in den Marktordnungen auch dem allgemeinen Beihilferegime des EG-Vertrages. Beihilfen werden beispielsweise in Form von Ausfuhrerstattungen geleistet.

Agrarbetrieb

1. Aus agrarökonomischer Sicht eine örtliche, technische und organisatorische Einheit der landwirtschaftlichen Urproduktion, bei der die Produktionsfaktoren Boden, Kapital und Arbeit zusammengefasst sind und durch planmäßiges Handeln der Betriebsleitung zielgerichtet kombiniert werden. Demgegenüber ist ein Agrarunternehmen eine örtlich nicht gebundene, wirtschaftlich-finanzielle und juristische Einheit, die mehrere Betriebe umfassen kann (Steinhauser u.a. 1978).

2. Nach Andreae (1983) eine Erwerbswirtschaft aus dem Bereich der Urproduktion, die aus menschlichen Wohnstätten besteht sowie aus landwirtschaftlich genutzten Flächen, die von jenen aus bewirtschaftet werden. In der Regel, besonders in kühleren Klimaten, gehört zu einem Agrarbetrieb auch ein Wirtschaftshof.
Der Agrarbetrieb gilt als kleinste sozioökonomische Einheit und gleichsam als Baustein des Agrarraumes. Durch die Berücksichtigung von bestimmten Merkmalskombinationen lassen sich verschiedene Betriebsformen unterscheiden, die dann Ausdruck der Gesamterscheinung eines Betriebes sind.

Dem deutschen Begriff 'Agrarbetrieb' entspricht im angelsächsischen Sprachraum der Terminus 'farm'. Als Spezialformen des Agrarbetriebes bzw. der Farm sind z.B. die Ranch, die Pflanzung und die Plantage anzusehen.

Agrarbevölkerung

Jener Teil der Gesamtbevölkerung, der seinen Lebensunterhalt ganz oder überwiegend aus landwirtschaftlicher Tätigkeit bezieht. Auch die Familienangehörigen der in der Landwirtschaft Tätigen werden dazugerechnet.

Agrarbiodiversität

Siehe Agrobiodiversität

Agrarbündnis

1989 als Dachverband der Deutschen Agraropposition e.V. von mehreren formal parteiunabhängigen Organisationen aus Landwirtschaft, Umwelt-, Natur- und Tierschutz sowie Verbraucher- und Entwicklungspolitik gegründet. Das AgrarBündnis setzt sich für eine umwelt- und sozialverträgliche bäuerliche Landwirtschaft mit artgerechter Tierhaltung, für die Produktion gesunder Lebensmittel und für einen funktionsfähigen ländlichen Raum ein.

Ein Hauptprojekt des AgrarBündnisses ist seit 1993 die Herausgabe des agrarpolitischen Jahrbuchs "Der kritische Agrarbericht".

Weitere Informationen:

Agrarchemikalien

Gesamtheit der in der Landwirtschaft eingesetzten Chemikalien, also Dünge- und Pflanzenschutzmittel sowie Treibstoffe.

Agrardichte

Dichtemesszahl, welche die von der Landwirtschaft lebende Bevölkerung bzw. die Zahl der landwirtschaftlichen Berufszugehörigen auf die landwirtschaftliche Nutzfläche bezieht, wobei im Einzelfall die tatsächliche Anbaufläche oder die kulturfähige Fläche die Bezugsfläche ist.

Agrardiesel

Als Agrardiesel bezeichnet man in Deutschland Dieselkraftstoff, der in der Land- und Forstwirtschaft verbraucht wird. Betriebe der Land- und Forstwirtschaft und Imkereibetriebe können auf Antrag von der Energiesteuer auf Agrardiesel (Gasöl) entlastet werden. Die Rechtsgrundlage für die Agrardieselvergütung ist § 57 EnergieStG. Verbräuche auf Forstflächen können wegen beihilferechtlicher Vorgaben zusätzlich nur im Rahmen einer so genannten De-minimis-Beihilfe von der Steuer entlastet werden. Die Steuerentlastung wird pro Kalenderjahr für voll versteuert bezogenen Dieselkraftstoff gezahlt.

Die Verwendung von Biodiesel und Pflanzenöl in der Land- und Forstwirtschaft ist nach dem Energiesteuergesetz steuerfrei. Die Steuerrückerstattung beim Einsatz dieser Kraftstoffe erfolgt wie beim Agrardiesel, wobei aber kein Selbstbehalt sowie keine Deckelung vorgesehen ist. Der Selbstbehalt und die Deckelung wurden allerdings auch seit 2008 bei Dieselkraftstoffen ausgesetzt.

Die Besteuerung von Diesel sowie die Rückvergütung wird in den einzelnen EU-Staaten unterschiedlich gehandhabt. Ein Landwirt in Deutschland zahlt mit rund 26 Cent pro Liter deutlich mehr Steuern für Diesel, als Landwirte in anderen EU-Staaten. Ein britischer Landwirt zahlt £ 0,1197 (€ 0,153) pro Liter, ein französischer € 0,072, ein dänischer € 0,058 und ein belgischer € 0,0.

Deshalb ist dieses Agrardieselgesetz für deutsche Landwirte von Bedeutung um wettbewerbsfähig zu bleiben. Der jährliche Verlust von Steuereinnahmen beläuft sich hierfür auf rund 450 Mio. €.

Agrardreieck

Bezeichnung für das Gebiet intensiver agrarischer Nutzung in der früheren Sowjetunion bzw. ihren heutigen Nachfolgestaaten. Es erstreckt sich keilförmig zwischen Ostsee und nördlichem Kaspischen Meer (Westen) bis zum Baikalsee (Ostspitze des Keils). Begrenzt wird es im Norden vor allem durch die niedrigen Temperaturen und den Permafrostboden, im Süden durch die zunehmende Trockenheit. Es umfasste ca. drei Millionen Quadratkilometer.

Es dokumentiert gleichzeitig die Begrenzung der Raumnutzung und macht dadurch deutlich, wie groß die Fläche ist, die dem Menschen – zum Beispiel für eine landwirtschaftliche Nutzung – nicht zur Verfügung steht.

Die Herausbildung des Agrardreiecks entstand aus dem Zusammenspiel der klimatologischen Differenzierung, von Oberflächenformen und Bodenbeschaffenheit (einschließlich des Dauerfrostbodens).

Die fruchtbarsten Ackerflächen liegen im europäischen Teil Russlands: in der zentralen Schwarzerderegion und im Wolgagebiet. Dort wird mehr als 65% der Fläche landwirtschaftlich genutzt. In Sibirien und im Fernen Osten sind es deren südlichen Gebiete, auf denen Landwirtschaft betrieben wird. Allerdings ist hier die Produktivität geringer als im europäischen Teil. Die Grenze des rentablen Getreideanbaus liegt bei 60° n. Br. Im Süden ist das Klima ohne Bewässerung zu trocken. Beträchtliche Schwankungen der Niederschlagsverteilung und -menge von Jahr zu Jahr lassen in den Steppen große Unterschiede bei den Ernteerträgen auftreten. Betroffen sind insbesondere die Gebiete östlich der Wolga, während in Südrussland und Nordkaukasien die Erntesicherheit etwas höher ist. Allerdings ist die geringe agrarische Produktivität nur teilweise den von Jahr zu Jahr schwankenden Witterungsbedingungen anzulasten; ebenso wichtig sind Mängel in der Agrarstruktur und in der Organisation der landwirtschaftlichen Produktion sowie ein Missverhältnis zwischen Aufwand und Ertrag.

Agrardumping

Bezeichnung für das Anbieten von Agrarprodukten zu (künstlich verbilligten) Dumping-Preisen, also erheblich unterhalb der Produktionskosten im Herstellungsland.

Dieses Marktverhalten wird insbesondere von Nichtregierungsorganisationen wie Oxfam, Germanwatch, FIAN sowie von dem ehemaligen UN-Sonderberichterstatter Jean Ziegler kritisiert. Die Kritik richtet sich konkret gegen die Agrarmarktordnungen der Industrieländer - insbesondere der USA, EU und Kanada - aber auch gegen die von Schwellenländern wie Brasilien und Argentinien.

Produkte aus diesen Ländern, die mithilfe von hohen Subventionen (Ausfuhrerstattungen) zu Niedrigstpreisen auf den Weltmarkt kommen, schädigen die Landwirtschaft in Entwicklungsländern und zerstören die Existenzgrundlage der dortigen Kleinbauern. Sie können mit diesen niedrigen Preisen nicht konkurrieren und sich auch nicht gegen die subventionierten Importe schützen. Das Anheben der Zölle auf importierte Lebensmittel ist den Entwicklungsländern zudem oft auf Druck der Kreditgeber Internationaler Währungsfonds (IWF) und Weltbank untersagt. Die Landwirte verlieren dadurch in vielen Fällen ihren heimischen Absatzmarkt und damit auch ihre Lebensgrundlage. Dies trifft die Entwicklungsländer besonders hart, weil hier durchschnittlich 70% der Menschen von der Landwirtschaft leben. Das Resultat dieser ungerechten Strukturen im Welthandel sind in vielen Fällen ländliche Verarmung, Hunger, (Land-)Flucht und Urbanisierung.

Kritiker des Agrardumpings sehen auch Nachteile für die reicheren Länder. In deren Landwirtschaft würde Masse statt Qualität gefördert. Dies führe durch erhöhten Dünger- und Pflanzenschutzmitteleinsatz zu einer unnötigen Umweltbelastung. Zudem würden die Subventionen ungerecht zugunsten der großen Betriebe verteilt.

Preisdumping ist eine im Regelsystem der Welthandelsorganisation (WTO) untersagte Praxis, die durch diverse Handelshemmnisse unterbunden werden kann. Im Agrarbereich greifen jedoch bisher solche Regelungen nicht, sondern es gelten diverse Sonderregelungen wie Exportsubventionen und dumpingfördernde Auflagen des Internationalen Währungsfonds und der Weltbank.

Die Kritik veranlasste die EU ihre Gemeinsame Agrarpolitik zu überprüfen und teilweise zu ändern. Seit der Agrarreform 2003 verringert sie die Exportsubventionen zugunsten von Direktzahlungen.

Auch nach der Abschaffung von Exportsubventionen subventionieren die OECD-Staaten, vor allem die EU und die USA die Landwirtschaft in einer Größenordnung von jährlich 360 Mrd. Dollar an Agrarsubventionen. Das entspricht etwa dem siebenfachen der weltweit pro Jahr gewährten Entwicklungshilfe und dem 350fachen der von den OECD-Ländern direkt in Afrika geleisteten Agrarhilfe. Der z.B. in der EU dank solcher Förderung produzierte Überfluss landet dann – infolge des woanders durchgesetzten Handels – unter anderem zu Billigpreisen auf den Märkten der Entwicklungsländer (Daniel Goeudevert). Ein Ende der Exportsubventionen ist also keinesfalls gleichzusetzen mit einem Ende des Agrardumpings.

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Agrarerwerbsquote

Messziffer zur Darstellung des Ausmaßes der landwirtschaftlichen Erwerbstätigkeit in einem Gebiet. Die Agrarerwerbsquote gibt den Anteil der der Landwirtschaft zuzurechnenden Erwerbspersonen an der Gesamtzahl der Erwerbspersonen an.

Agrarexporte

Der Begriff Agrarexporte beschriebt die Ausfuhren von Agrar- und Ernährungsgütern. Die Summe auf die sich der deutsche Agraraußenhandel beläuft, liegt bei 65,4 Milliarden Euro (Stand: 2015). Zu den wichtigsten Warengruppen zählen Ölsaaten und Ölsaatenprodukte, Fleisch und Fleischerzeugnisse sowie Milch und Milcherzeugnisse. Die deutsche Landwirtschaft erzielt inzwischen mehr als 25 Prozent ihrer Gewinne aus dem Verkauf aus dem Agrarexport.

Die deutsche Land- und Ernährungswirtschaft ist im internationalen Wettbewerb gut aufgestellt: Seit Jahren ist Deutschland weltweit die Nummer drei im Agrarexport insgesamt und ist führend beim Export von Süßwaren, Käse, Schweinefleisch und Landtechnik.

(s. a. Agrarimporte)

Anteile der wichtigsten Agrarexporteure am Weltagrarhandel 2018
Anteile der wichtigsten Exporteure am Weltagrarhandel 2018

Quelle: BMEL nach WTO

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Agrarfabrik

In Analogie zum gewerblichen Bereich eine größere Produktionsstätte, in der vorzugsweise tierische Erzeugnisse weitgehend ohne Bindung an selbstbewirtschaftete Flächen "fabriziert" werden. Da diese "Fabrikation" der traditionellen bodengebundenen Landbewirtschaftung mit bäuerlicher Viehhaltung und damit dem Leitbild "Bäuerlicher Familienbetrieb" widerspricht, wird der Begriff Agrarfabrik eher diskriminierend benutzt. Seine Verwendung in der Fachliteratur ist unüblich. Agrarfabriken sind zwar statistisch nicht exakt zu erfassen. Sie sind aber durch ihre vorzugsweise bodenunabhängige tierische Veredelung sowie die Spezialisierung auf meist nur einen Viehhaltungszweig mit großer Stückzahl und die vorzugsweise Beschäftigung von Lohnarbeitskräften nährungsweise bestimmbar.

Die ersten Tierfabriken (factory farms) waren Hähnchenmastbetriebe in den USA, die das früher "luxuriöse" Hähnchen (luxury roaster) nach dem Zweiten Weltkrieg allgemein verfügbar machten. (s. a. agrarindustrielles Unternehmen, Agribusiness, Industrialisierte Landwirtschaft)

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Agrarflächenquote

Eine Messziffer, die den Anteil der Agrarfläche an der Gesamtlandesfläche angibt.

Agrarfonds

Siehe Europäischer Ausrichtungs- und Garantiefonds für die Landwirtschaft (EAGFL)

Agrarformation

Bezeichnung für eine agrarisch geprägte Wirtschaftsformation. Mit dem Begriff Agrarformation lassen sich landwirtschaftliche Systeme darstellen, die einen Raum prägen, wie z.B. Plantagenwirtschaft (Plantage), Weidewirtschaft.

Agrargebiet

Agrargebiete sind größenordnungsmäßig nicht fest fixierte, individuelle Räume, die sich durch eine spezifische Kombination ihrer Merkmale von ihren Nachbarräumen abheben. Die Kriterien sind mit denen zur Erfassung der Betriebsformen identisch, so dass man Agrargebiete auch als Räume gleicher oder ähnlicher Betriebstypen definieren kann. Ein weitgehend identischer Begriff ist Agrarlandschaft, insbesondere bei vorwiegend physiognomischer Betrachtung eines Agrargebietes.

Merkmalshervorhebungen oder -kombinationen führen zu Typen von Agrargebieten (z.B. alpine Täler mit Almwirtschaft, tropische Zuckerrohrgebiete). Ein Bestimmungskatalog findet sich bei Sick, 1993. Als Beispiele mit ihren Hauptmerkmalen nennt er:

Beispiele für Agrargebiete
Agrargebiet Hauptmerkmale
Kaiserstuhl (Südbaden) Kleinbäuerliches Weinbaugebiet mit Marktorientierung, Feldbau im Randsaum
Küstenhof von Valencia (Spanien) Kleinbäuerlich mit vielfältigem Bewässerungs- und Trockenfeldbau (Reis, Agrumen, Baumwolle, Getreide, Gemüse), Kleinviehhaltung
Oase Ouargla (Algerien) Bewässerung mit artesischem Grundwasser. Dattelpalmenkulturen
Becken von Quito (Ecuador) Haciendas, indianische Kleinbetriebe; Regenfeldbau mit Mais, Weizen; Viehhaltung
Pampa (Argentinien) Regenfeldbau mit Weizen, Mais, Alfalfa, Sonnenblumen u.a.; randlich Viehhaltung; Großbetriebe und kleinere Pachtbetriebe

Quelle: Sick 1993

Agrargebiete liegen nach der Größenordnung zwischen den Agrarbetrieben und den Agrarregionen.

Agrargemeinschaft

Jede Art von Zusammenschluss, die Nutzungsrechte an land- oder forstwirtschaftlichen Grundstücken, Ländereien, Wasser- und Landwegen und anderen Einrichtungen vermittelt. Als tradierte Kooperationsform steht die Agrargemeinschaft den modernen zivilrechtlichen Kooperationsformen (z.B. Erzeugergemeinschaften) gegenüber. Sie beruht auf alten rechtlichen Bestimmungen, die bei Einführung des BGB unberührt geblieben sind, so die Waldgenossenschaften, der als Realgemeinde bezeichnete Genossenschaftstyp (Grundbesitz im Eigentum der beteiligten Genossen oder der Genossenschaft) und die Interessenschaften mit gemeinsamen bäuerlichen Nutzungsrechten (z.B. Wege, Gräben, Brücken, Kiesgruben u.ä.). Im Wesentlichen lassen sich diese Rechte auf den Begriff der Allmende zurückführen.

Speziell in Österreich ist eine Agrargemeinschaft eine zweckgebundene Sach- und Personengemeinschaft, welche – basierend auf urkundlichen oder gewohnheitsrechtlichen Ursprüngen – als historisch gewachsene Nutzungsgemeinschaft landwirtschaftliche Grundstücke verwaltet und nutzt (Allmende, Allmenderessource). Vor allem in Tirol wurden in den 1950er- und 1960er-Jahren beträchtliche, in Gemeindeeigentum stehende Flächen in den Besitz von Agrargemeinschaften überführt. Da diese über hohe Immobilienwerte verfügen und – aus Jagdpachten, dem Betrieb von Liften und Seilbahnen, der Verpachtung von Autobahnraststätten, dem Verkauf von Baugründen etc. – auch außerhalb der Landwirtschaft hohe Erlöse erzielen, sind Agrargemeinschaften Gegenstand von Auseinandersetzungen zwischen den örtlichen Landwirten und der übrigen Bevölkerung. Die Rechtslage erweist sich als kompliziert. (Neumair/Gabler)

Agrargeographie

Die Agrargeographie untersucht, beschreibt und erklärt die von der Landwirtschaft und von mit ihr durch Integration verbundene Wirtschaftszweige gestaltete Erdoberfläche als Ganzes wie auch in ihren Teilen und versucht dieses Wirken in Modellen darzustellen. Sie berücksichtigt dabei die äußere Erscheinung, die ökologische, (agrar-)wirtschaftliche und soziale Struktur sowie die Funktion und gelangt letztlich zu einer räumlichen Differenzierung. Dabei werden die Wechselwirkung dieser Faktoren im Kontext demographischer, (agrar-)politischer und technologischer Rahmenbedingungen sowie ihr raum-zeitlicher Wandel berücksichtigt. Aus der Verbreitung dieser Faktoren ergeben sich verschiedenartige Agrarräume, Agrarregionen o.ä. Raumeinheiten, die nicht zuletzt mit Hilfe statistischer Methoden, dem Einsatz von Geodaten und Fernerkundungsmethoden abgegrenzt werden können.

Der Agrarraum befindet sich sowohl in seiner Gesamtheit, also als Gefüge von Siedlung, Flur, Urproduktion usw. im Blickfeld der Agrargeographie, wie auch mit seinen Einzelaspekten, so z.B. den Betriebsgrößenverhältnissen oder dem Strukturwandel altsozialistischer Staaten Osteuropas. Die verschiedenen Akteure und Kräfte im Agrarwirtschaftsraum werden in ihrem Beziehungsgefüge betrachtet mit dem Ziel, deren räumliches Verbreitungsmuster und Zusammenwirken in ihrer zeitlichen Veränderungen zu erkennen und zu erklären.

Die Agrargeographie steht als Teildisziplin der Wirtschafts- und Sozialgeographie in einem Spannungsfeld zwischen den Agrarwissenschaften, den Sozialwissenschaften, der allgemeinen Anthropogeographie, den Geschichtswissenschaften (bezüglich der Unterdisziplin Historische Agrargeographie) und auch der physischen Geographie. Die naturräumlichen Gegebenheiten besitzen in der Agrargeographie eine besondere Beachtung, denn trotz des Einsatzes moderner Agrartechnik üben Naturfaktoren weiterhin einen großen Einfluss auf die Potenziale, Limitierungen und Risiken der Agrarproduktion aus.

Das traditionelle Konzept der Agrargeographie mit seiner Beschränkung auf die reine Urproduktion erscheint angesichts des Auftretens agrarindustrieller Unternehmen, die häufig ihre höchsten Umsätze im vor- und nachgelagerten Bereich (Mischfutterwerke, Schlachtereien) tätigen und angesichts der der Landwirtschaft vornehmlich in wohlhabenden Industriestaaten zugewachsenen Aufgaben (z.B. Landschaftspflege, Tourismus in vielfältiger Form, Reitpferdehaltung) nicht mehr haltbar. Verwandte Zweige der Urproduktion (Jagd, Fischerei, Sammelwirtschaft und Forstwirtschaft) sind meist nicht Gegenstand der Agrargeographie, trotz ihrer häufig engen Verzahnungen mit der eigentlichen Landwirtschaft. Als Beispiele gelten das Waldbauerntum in Mittelgebirgen und Alpen oder die bäuerliche Teichwirtschaft in Franken. Die erwähnten Aufgaben der Agrargeographie sind in dieser Gesamtheit umstritten, auch sind unterschiedliche Gewichtungen anzutreffen.

Agrargeographisches Wirkungsgefüge nach W.-D. Sick

Agrargeographisches Wirkungsgefüge
nach W.-D. Sick

In dem Schema unterscheidet Sick zwischen Kultur- und Naturfaktoren, einschließlich weiterer Untergliederungen. Dabei werden auch die Beziehungen angedeutet, die zwischen kulturellen und naturräumlichen Einflussfaktoren einerseits sowie dem Agraraum mit seinen verschiedenartigen sozialen und organisatorischen Strukturen andererseits bestehen. In diesem Spannungsfeld steht die agrarwirtschaftliche Produktion mit ihren Faktoren, Zielen und betrieblichen Entscheidungsprozessen.

Quelle: Sick 1997 / Heineberg 2004

Im Zusammenhang mit Fragen nach der Nachhaltigkeit agrarischer Nutzungssysteme treten verstärkt Mensch-Umwelt-Beziehungen in den Vordergrund. Die Erfassung und Bewertung der Wirkungszusammenhänge zwischen naturräumlicher Ausstattung, Nutzungssystemen und Landschaftsveränderungen findet zunehmend Berücksichtigung.

Teilweise wird alternativ oder als Ersatz zur Agrargeographie die Etablierung einer Geographie des ländlichen Raumes gefordert, zumindest für die Länder, in denen es keine "reinen Agrarräume" mehr gibt.

Von Windhorst (1989) stammt eine erweiterte Definition der Agrargeographie, die der zunehmenden Verflechtung der Primärproduktion mit vor- und nachgelagerten Wirtschaftsbereichen besser Rechnung trägt, als die traditionelle Agrargeographie mit ihrem Fokus auf der Agrarlandschaft:

"Die Agrargeographie ist die Wissenschaft von der Struktur, Funktion, räumlichen Verbreitung und räumlichen Organisation der Erzeugung, Be- und Verarbeitung von Nahrungsmitteln, pflanzlichen und tierischen Rohstoffen. Sie versucht, die genannten ökonomischen Aktivitäten in ihrem zeitlichen Wandel zu erfassen, zu regionalisieren und die sich einstellenden räumlichen Systeme in Modellen darzustellen."

Auf der Grundlage neuerer Arbeiten zur Agrargeographie listen Klohn und Voth (2010) beispielhaft folgende Themenfelder für die Vielfalt der aktuellen Agrargeographie auf:

Agrargeschäft

Alle der Landwirtschaft vor- und nachgelagerten Wirtschaftsbereiche:

(s. a. Agribusiness)

Agrargeschichte

1. (Disziplin) Die Agrargeschichte befasst sich als Teilbereich der Geschichtswissenschaften mit der historischen Entwicklung der Landwirtschaft und des Agrarraums. Sie zeigt die geschichtlichen Zusammenhänge auf, die zu den gegenwärtigen Agrarstrukturen und Ausprägungen der Agrarlandschaft geführt haben.

Über enge Verflechtungen mit der allgemeinen Wirtschafts- und Sozialgeschichte, den Agrarwissenschaften sowie der Umwelt-, Politik- und Kulturgeschichte fragt die Agrargeschichte nach den wirtschaftlichen Aktivitäten im Agrarbereich, nach Formen der Produktion, der Entwicklung der Agrartechnik, des Austausches und des Konsums, sowie nach den sozialen Strukturen und Prozessen im ländlichen Raum. Als rechtlicher Aspekt tritt die Beschäftigung mit der Agrarverfassung hinzu. Die Beschäftigung mit der Genese von Flur- und ländlichen Siedlungsformen schafft Berührungspunkte zur Siedlungsgeographie. Nachbarfächer sind Archäologie, Geographie, Ökonomie (Agrarökonomie), Soziologie (Agrarsoziologie) und Ethnologie bzw. Volkskunde. Darüber hinaus versucht die agrargeschichtliche Forschung ökologische, ökonomische, politische, soziale und kulturelle Aspekte der Geschichte ländlicher Gesellschaften darzustellen.

2. (Überblick) Die Agrarwirtschaft gilt als älteste Wurzel der Kulturentwicklung, das lateinische Wort "cultura" hatte ursprünglich die Bedeutung von Anbau und Bodenpflege. Die Geschichte der Landwirtschaft ist eng verflochten mit der allgemeinen Wirtschafts- und Sozialgeschichte, deren Kenntnis zum Verständnis der heutigen agrargeographischen Strukturen und Funktionen notwendig ist.

Die ältesten Wirtschaftsstufen der Wildbeuter, Sammler, Jäger und Fischer umfassen zwar den größten Teil der Menschheitsgeschichte, sie haben aber den Naturraum noch nicht zum Agrarraum umgestaltet. Auf diesen ersten Stufen benötigte jeder Mensch eine Fläche von etwa 20 km², um ausreichend Nahrungsmittel zum Überleben zu beschaffen.

Der entscheidende Übergang von der aneignenden zur produzierenden Landwirtschaft mit Anbau (Züchtung der noch heute wichtigsten Kulturpflanzen) und Nutztierhaltung (Domestizierung von Schaf, Schwein und Rind), die das Seßhaftwerden ermöglichte, erfolgte vermutlich erst nach dem Ende der Würmkaltzeit. Die landwirtschaftliche Weiterentwicklung mit einer bescheidenen Überschussproduktion verschaffte einem Teil der Menschen genügend Zeit für mehr kreative Tätigkeiten, die als Voraussetzung für die Entwicklung von Wissenschaft, Technik und Künsten dienten und die Basis für eine allgemeine kulturelle Weiterentwicklung bildeten.

Erste agrare Revolution

Man nimmt für diese erste agrare Revolution (auch "neolithische Revolution" oder "Ackerbaurevolution") mehrere Entstehungszentren an, die alle im tropisch-subtropischen Gürtel der Nordhalbkugel, vorzugsweise an der ökologisch und ökonomisch begünstigten Grenze zwischen Wald und offenem Land, d.h. am Rand der Steppen und Savannen liegen. Verbunden war dieser Übergang mit der Entwicklung einfacher landwirtschaftlicher Geräte (Pflanzstock, Grabstock, Hacke, Axt) und von Umtriebssystemen (shifting cultivation). Eine Differenzierung der Gesellschaft, das Aufkommen von Berufen ohne eigene Nahrungsproduktion, Städtebildung, ein schneller Bevölkerungsanstieg und eine deutliche Erhöhung der Nahrungsmittelproduktion waren die Folge.

Regionale Zentren der ersten agraren Revolution:

Das einzige Züchtungsprinzip, das während dieser frühen Phase des Pflanzenbaus angewandt wurde, war die Selektion. Den Beginn der Landwirtschaft in Europa nimmt man für den Beginn des Neolithikums, also vor etwa 9.000 Jahren an. Anhand der C14-Methode konnten einige in einer Grotte bei Béziers in Südfrankreich gefundene Linsen- und Erbsenkörner auf rund 8.770 Jahre datiert werden. Im Raum des heutigen Deutschland hielt eine einfache Landwirtschaft ab ca. 5.400 v.Chr. mit der Bandkeramik-Kultur Einzug und löste die vorher für annähernd 2 Mio. Jahre dominierende Jagd, Fischerei und Sammelkultur ab. Sie wurde zunächst v.a. auf Flußterrassen und Gebieten mit Lößböden betrieben. Die Landnahme geschah durch Waldrodung. Wie allgemein in der "Alten Welt" erfolgte die Ausbreitung von Pflugbau (Ausnahme Schwarzafrika) und Nutzungswechselwirtschaft ab dem 2. Jahrtausend v. Chr. in der Bronze- und Eisenzeit. Zur Steigerung der Bodenfruchtbarkeit erfolgte nun auch der Einsatz von Stall- und Plaggenmist, wobei Rasenstücke dem tierischen Dung beigemischt wurden. Verbesserungen dieser Art sind durch Bodenuntersuchungen nach der C14-Methode für die Zeit vor Christi Geburt nachgewiesen.

Die letzten zwei bis drei Jahrtausende brachten Europa eine starke Differenzierung. Der mediterrane Raum wurde in der Antike durch den Anbau von Weizen, Wein und Ölbaum bestimmt, verbunden mit Viehhaltung in den stark entwaldeten Gebirgen. Dazu traten Obst- und Gemüsebau, der wie der Weinbau von den Römern nach Mitteleuropa übertragen wurde. Die Araber führten Baumwoll- und Zuckerrohranbau und Bewässerungstechniken in Spanien ein. Andere Kulturpflanzen Südeuropas wurden teils schon im Altertum (Reis, Zitrone), teils erst in der Neuzeit (Apfelsine) eingeführt. In Mitteleuropa wurde das Kulturland durch Vorgänge der inneren Kolonisation wie die mittelalterliche Rodung der Waldgebirge, die Moor- und Heidekolonisation und die Eindeichung ausgeweitet. In Nordeuropa dauerte das Vordringen des Anbaus gegen das Waldland bis in das 20. Jh. Auch in Osteuropa wurde Kulturland aus Wald- wie auch aus Steppengebieten gewonnen, z.T. noch in jüngster Zeit (Kasachstan). Mit der europäischen Kolonisation und der Übertragung europäischer Wirtschaftsformen seit dem Ende des 15. Jahrhunderts begann eine globale Phase zur Gestaltung des Agrarraums:

Zweite agrare Revolution

Die zweite agrare Revolution begann um 1690-1700 in England, setzte sich in den folgenden Jahrzehnten über Mitteleuropa fort und erreichte um 1860-1870 Rußland. Für Nordamerika wird der Beginn dieser revolutionären Umgestaltung der Agrarproduktion um 1760-1770 angesetzt.

Merkmale der zweiten agraren Revolution:

Die Landwirtschaft in den gemäßigten Breiten arbeitete im 18. und 19. Jahrhundert, z.T. bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts hinein in einem ausgewogenen Miteinander von Pflanzenbau und Tierhaltung. Eine geregelte Futterwirtschaft auf Acker und Grünland, durch Stallmistwirtschaft weitgehend geschlossene Stoffkreisläufe, systematische, vielgliedrige und abwechslungsreiche Fruchtfolgen und eine auf langer Erfahrung basierende Berücksichtigung der speziellen Voraussetzungen jedes Betriebes und jedes einzelnen Feldes waren die Grundlagen der bäuerlichen Landwirtschaft. Die Erträge lagen deutlich unter dem heutigen Niveau, die Flächenproduktivität war aber um das Zwei- bis Vierfache höher als im ausgehenden Mittelalter. Die Einführung der Kartoffel und von Hülsenfrüchten in die Fruchtfolgen boten eine höhere Ertragssicherheit sowie Vielfalt und Qualität der Nahrungsmittel.
Die Begründung der Agrikulturchemie, vor allem durch Justus von Liebig - in der Mitte des 19. Jahrhunderts, die großtechnische Gewinnung von Stickstoffdüngemitteln (Ammoniaksynthese nach dem Haber-Bosch-Verfahren seit 1913) sowie die Fortschritte in der Produktionstechnik im Gefolge der Industriellen Revolution und Erfolge in der Pflanzen- bzw. Tierzüchtung waren wesentliche Schritte bei der enormen Steigerung der Produktion. Gleichzeitig öffnete sich die Produktivitätsschere zwischen Gebieten mit moderner und traditioneller Landwirtschaft. War wegen der Bodenknappheit in Mitteleuropa hier zunächst die Intensivierung mit verstärktem Einsatz von Betriebsmitteln prägend, so setzte sich moderne Agrartechnik wegen der Knappheit an menschlicher Arbeitskraft zuerst in den USA durch. Sie erfasste seit den 30er Jahren dieses Jahrhunderts die übrigen Industrieländer und dringt seit den 60er Jahren in die Entwicklungsländer ein. Geprägt ist diese Phase auch durch große Veränderungen im Transportwesen (z.B. Erfindung des Kühlwagens 1868) und die Verarbeitung von Agrarprodukten. Diese Entwicklungen führten dazu, daß gelegentlich von mechanischen, biologischen und chemischen Revolutionen gesprochen wird.

Dritte agrare Revolution

Als dritte agrare Revolution kann das Einsetzen einer industrialisierten Landwirtschaft angesehen werden. Sie vollzieht sich zunächst im Gefolge der Kollektivierung in der Sowjetunion (1928). Dort betrieb man konsequent die Integration der eigentlichen Agrarproduktion in ein staatlich gelenktes Nahrungsmittelsystem. Die Etablierung im Westen vollzog sich zumindest nominell deutlich schwieriger, da eine offensichtliche Diskrepanz zwischen dem real ablaufenden Strukturwandel, der zu immer größeren Produktionseinheiten führte und noch führt und der Agrarpolitik, die sich vielfach dem Ideal des bäuerlichen Familienbetriebes bzw. der family farm verpflichtet hat.

Merkmale der dritten agraren Revolution

Wirklich große Ertragssteigerungen haben erst vor ca. 30 Jahren begonnen. Mehr als 70 dt Weizen je Hektar konnten von neugezüchteten Sorten, unterstützt durch verfeinerte Düngetechnik und Sicherung der Standfestigkeit durch Wachstumsregler sowie durch vorbeugende Maßnahmen zur Erhaltung der Pflanzengesundheit mittels Pflanzenschutzmitteln erzielt werden. Damit war das Ende der bis dahin notwendigen horizontalen Expansion (= Ausdehnung der Anbaufläche in der Horizontalen) erreicht. Der Strukturwandel zu einer Intensivlandwirtschaft war vollzogen.

Der jüngste Innovationsschub für die Landwirtschaft geht von Erfindungen im Bereich der Biotechnologie aus. Methoden wie die Gentechnik und die Zellkulturtechnik (massenhafte Vermehrung pflanzlicher Zellen in einem künstlich geschaffenen Milieu mit Hilfe spezieller Nährstoffe) ermöglichen die Entwicklung leistungsfähiger, krankheitsresistenter und anspruchsloser Pflanzen und Tiere oder auch die Großproduktion bestimmter pflanzlicher Inhaltsstoffe.

Ursachen für die Ertragssteigerungen in der Landwirtschaftsgeschichte

In modernen Industriegesellschaften erfuhr die Landwirtschaft eine veränderte Stellung im gesamtgesellschaftlichen Transformationsprozess. Neben die traditionelle Elementarfunktion der Nahrungsmittelversorgung traten - in einzelnen Staaten unterschiedlich bedeutsam - neue Aufgaben: Die Produktion von nachwachsenden Rohstoffen, die Erhaltung und Pflege von Agrarlandschaft und Umwelt sowie die Stabilisierung der Infrastruktur ländlicher Räume durch die Aufrechterhaltung einer Mindestbesiedlungsdichte. Die erweiterte Aufgabenstellung der Landwirtschaft geht dennoch einher mit einer fortlaufenden politischen und ökonomischen Machtreduktion ihrer Trägergruppen. Gleichzeitig erfährt unsere gegenwärtige Landnutzung eine zunehmende Akzeptanzkrise. Der nicht-landwirtschaftlichen Bevölkerung ist immer weniger vermittelbar, daß die hohen Transferzahlungen zu wachsenden ökologischen und sozialen Problemen führen.

Hauptursachen für den Bedeutungsverlust der Landwirtschaft:

Die Entwicklung der Landwirtschaft mit ihren verschiedenen Produktionsweisen ist von unterschiedlichen ökologischen Auswirkungen begleitet.
Der Grundprozess der Erzeugung pflanzlicher und tierischer Produkte ist trotz aller technischen Wandlungen und trotz enormer Produktivitätssteigerungen derselbe geblieben, nämlich einmal der flächengebundene, von verschiedenen Naturfaktoren abhängige Anbau von Kulturpflanzen, zum anderen die Erzeugung tierischer Produkte auf der Basis von Kulturpflanzen oder natürlichen Futterflächen. Seit dem Ende des 19. Jh. hat sich in den Industrieländern allerdings die enge räumliche Bindung zwischen Futterfläche und Standort der tierischen Produktion gelockert, als Veredelungsbetriebe auf Futterzukaufbasis ohne eigene Nutzflächen aufkamen. Damit hat sich aber lediglich die Distanz zwischen den Standorten der pflanzlichen und tierischen Produktion auf oft interkontinentale Ausmaße vergrößert, das Grundprinzip blieb unangetastet.

Der verstärkte Nahrungsbedarf in früheren Jahrhunderten bewirkte die oben erwähnte horizontale Expansion der Landwirtschaft, gefördert im Rahmen einer "Inneren Kolonisation" durch eine Reihe von staatlichen Maßnahmen (Waldrodung, Heidekultivierung, Moorkultivierung, Eindeichung u.ä.). In dieser Phase wurde einerseits eine biologisch-ökologische Verarmung betrieben, andererseits eine biologisch-ökologische Bereicherung bewirkt. Moore, Naß- und Feuchtareale oder Heideflächen gingen als Lebensraum ersatzlos verloren, Hecken, Feldgehölze, Feldraine und Wegränder kamen als neue Lebensräume hinzu. Die im Zeitalter der planmäßigen Dreifelderwirtschaft noch relativ homogene Agrarlandschaft erreichte mit der Verbesserten Dreifelderwirtschaft und Mehrfelderwirtschaften bis zur Mitte dieses Jahrhunderts eine gewisse Vielfalt, und sie sicherte vielen Pflanzen und Tieren das Leben in dieser Landschaft. Die vielfältigen Felderfolgen und damit die weiten Abstände bis zur Wiederkehr der selben Fruchtart, wesentlich begründet mit einer naturgesetzlich verbürgten Unverträglichkeit der Arten und die empirische Orientierung an ökologischen Kreisläufen, waren prägend für diese ausgeglichene Wirtschaftsweise.
Veränderte ökonomische Rahmenbedingungen, technologische und wissenschaftliche Entwicklungen und Veränderungen im Nachfrageverhalten führten in diesem Jahrhundert zu einer vertikalen Expansion der Landwirtschaft, d.h. zu einer Vergrößerung und Verbesserung des durch die Kulturpflanzen nutzbaren Bodenvolumens (u.a. durch Meliorationen, Nährstoffanreicherung, rationelle Bodennutzung). Mit vereinfachten Fruchtfolgen bei gleichzeitig starker Verringerung der Kulturpflanzenvielfalt, mit verbesserter Bekämpfung unerwünschten Konkurrenzwuchses und mit frühzeitiger Bekämpfung tierischer Schädlinge und pilzlicher Schaderreger begann wieder eine ökologische Verarmung. Der Anfall von jenen Umweltgütern, die Koppelprodukte der land- wie auch der forstwirtschaftlichen Flächennutzung sind, wurden nachteilig verändert.
Die europäische Landwirtschaft befindet sich so gegenwärtig in einer ökologischen und in einer ökonomischen Krise. Die ökonomische Krise ist das Ergebnis einer agrarpolitischen Entwicklung, bei der wenige Produktionsrichtungen durch Preis- und Absatzgarantien gefördert und andere ins Abseits gedrängt wurden. Als Konsequenz ging die ursprüngliche Vielfalt der landwirtschaftlichen Produktion verloren, und die wenigen am Markt zu ökonomisch vertretbaren Erlösen absetzbaren Erzeugnisse wurden mit einer Intensität erzeugt, bei der ihre Produktion deutlich über den Bedarf anstieg und nunmehr erhebliche finanzielle Anstrengungen zur Bewältigung dieser Überschüsse notwendig sind.

Die ökologische Krise der Landwirtschaft

Aus der ökonomischen Krise der Landwirtschaft hat sich ihre ökologische Krise entwickelt. Die hohe Produktionsintensität im Verbund mit einer drastischen Abnahme der Produktionsvielfalt hat zu einem Faktoreinsatz geführt, der zu einer nicht unerheblichen ökologischen Belastung der Agrarlandschaften und außerlandwirtschaftlicher Naturhaushalte beigetragen hat. Zu den am häufigsten erhobenen Anschuldigungen gehören:

War die Landwirtschaft in den vergangenen Jahrhunderten als Lieferant der in Pflanzen gespeicherter Sonnenenergie eine Energiequelle, so wurde sie im Laufe des 20. Jahrhunderts eine Energiesenke. Heute verbraucht die Landwirtschaft viel mehr Energie, als die Konsumenten in Kalorienform zu sich nehmen.

Ursachen für den erhöhten Energiebedarf:

Die Relation zwischen der in Nahrungskalorien verfügbaren Energie und dem zur Nahrungsmittelproduktion aufgewandten Energieeinsatz (Maß für die Energieproduktivität) war früher hoch, vermutlich bei zehn. Für Reis, Kartoffeln und Weizen liegt der Wert heute noch zwischen 10 und 2, für Gemüse zwischen 2 und 0,1, für Milch und Eier ebenfalls zwischen 2 und 0,1, für Fleisch von Mastrindern aus der Intensivzucht bei 0,03. Besonders energieintensiv ist in Mitteleuropa angebautes Gewächshaus-Wintergemüse und auch die Hochseefischerei.

Unbestritten sind aber die Erfolge der modernen, in ein System des Agribusiness eingebundenen Landwirtschaft mit ihrer Fähigkeit, zumindest in marktwirtschaftlich orientierten Industriegesellschaften dauerhaft Lebensmittel sowohl in ausreichender Quantität als auch mit einer Qualität bereitzustellen, die in ihrer Gesamtheit historisch wohl noch nie erreicht war.

Weitere Informationen:

Agrarhandel

Der Kauf und Verkauf von landwirtschaftlich erzeugten Produkten und Rohstoffen, wie Getreide und Ölsaaten und von verarbeiteten Produkten der Ernährungsindustrie wie Käse oder Wurstwaren. Häufig wird auch der Handel mit den für die Landwirtschaft notwendigen Betriebsmitteln darunter verstanden. Dazu gehören beispielsweise Saatgut, Düngemittel, Futtermittel oder auch Landtechnik.

Der Agrarhandel kann unterschieden werden nach der Maßstabsebene (z.B. regional, international), dem Handelsgut oder den Handelsstufen (Großhandel und Einzelhandel).

Der Agrarhandel gleicht Ungleichgewichte aus, die räumlich, zeitlich, qualitativ und quantitativ zwischen der Produktion landwirtschaftlicher Erzeugnisse und deren Verarbeitung bzw. Konsum auftreten. Er ist Bestandteil des Agribusiness.

Der internationale Agrarhandel unterliegt großen Risiken (Ernteverluste, Preisschwankungen), die durch internationale Abkommen, tarifäre und nichttarifäre Handelshemmnisse sowie Buffer Stocks abgemildert werden.
Die für den internationalen Agrarhandel wichtigste Institution ist die World Trade Organization (WTO).

Die größten Agrarimporteure und -exporteure 2019 (in Mrd. US-Dollar)

Die größten Agrarimporteure und -exporteure 2019 (in Mrd. US-Dollar)

Deutschland ist eine der führenden Handelsnationen im Agrarbereich. Sowohl bei den Importen als auch bei den Exporten landet Deutschland weltweit auf Rang 3. Auffällig ist, dass die vergleichsweise kleinen Niederlande zweitgrößter Exporteur weltweit sind und wertmäßig rund 30 Prozent mehr Agrargüter exportieren als das um ein Vielfaches größere China. In den Niederlanden ist auch der Exportüberschuss besonders ausgeprägt. Die Einnahmen durch den Agrarexport liegen dort um rund 37 Prozent höher als die Ausgaben für den Import von Agrargütern. Auch Frankreich, Spanien und Brasilien zählen zu den Nettoexporteuren. In allen anderen aufgeführten Ländern überwiegen die Importe die Exporte – in Deutschland um etwa 22 Prozent.

Quelle: BLE 2021

Agrarhandel als Teil der agraren Wertschöpfungskette

Der Agrarhandel ist ein Bindeglied innerhalb der agrarischen Wertschöpfungskette. Er besitzt eine Doppelfunktion sowohl als Absatzmittler, beispielsweise im Getreidegeschäft als auch in Form eines Dienstleisters im Bezugsgeschäft landwirtschaftlicher Produkte. Der Handel mit Agrarprodukten nimmt neben der Raum- und Zeitüberbrückung auch einen Qualitäts- und Mengenausgleich innerhalb der agrarischen Wertschöpfungskette vor.

Unternehmen die innerhalb eines Binnenmarktes oder weltweit Agrarhandel betreiben, sind in der Regel Großhandelsunternehmen. Agrarhandelsunternehmen, die keine Großhandelsunternehmen sind und Einzelhandelsfunktionen besitzen, zeichneten sich bisher stärker durch einen engen Bezug zur Landwirtschaft aus (Landhandel). Durch den Strukturwandel im Agrarhandel mit einer Konzentration auf größere Unternehmenszusammenschlüsse verschwinden diese Unterschiede zunehmend. Dies bedeutet, auch Agrarhandelsunternehmen der Großhandelsstufe treten zunehmend direkt mit den Landwirten in Verbindung.

Den Agrarhandel als Bindeglied innerhalb der agrarischen Wertschöpfungskette berühren auch Themen der vor- und nachgelagerten Stufen wie beispielsweise Strukturveränderungen in der Landwirtschaft, Klima- oder Umweltfragen oder das Tierwohl in der Lebensmittelproduktion. Durch seine Ausgleichsfunktion als zwischengeschaltete Stufe zwischen Anbieter und Abnehmer kommt dem Agrarhandel zunehmend größere Bedeutung zu, beispielsweise auch vor dem Hintergrund der ungesicherten Welternährung. Dabei ist weitgehend akzeptiert, dass Ernährungsunsicherheiten nicht auf eine zu niedrige globale Nahrungsmittelproduktion zurückzuführen sind, sondern auf Verteilungsprobleme, unfaire Handelspraktiken, ökologische Probleme, unangepasste Bodennutzung und weitere Ursachen zurückzuführen sind.

Qualitätssicherung

Die Qualitätssicherung der gehandelten Agrarprodukte wird zum einen gewährleistet durch gesetzlich verankerte Richtlinien wie beispielsweise die "EU-Verordnung über Qualitätsregelungen für Agrarerzeugnisse und Lebensmittel" als auch durch vom Agrarhandel selbst eingeführte Kontrollsysteme. Diese Qualitätssicherungssysteme formulieren Standards bezüglich Hygiene und Sicherheit durch bestimmte Anforderungen an Transport, Aufnahme, Lagerhaltung und Rückverfolgbarkeit. Dazu zählen beispielsweise das 1999 eingeführte Europäische Getreidemonitoring (EGM), die Richtlinien zur Qualitätssicherung der Produktionsabläufe (GMP) oder der Europäische Kodex der guten Handelspraxis (GTP), den Coceral der europäische Dachverband des Handels mit Getreide, Futtermittel und anderen Agrarprodukten erarbeitet hat.

Risikoabsicherung

Die Produktion der Agrarrohstoffe ist saisonal abhängig, und das Angebot unterliegt jährlichen Schwankungen, beispielsweise aufgrund von Wetterextremen wie starken Niederschlägen oder Dürreperioden. Mit zunehmender Volatilität (Preisschwankungen) gewinnt das Risikomanagement an Bedeutung. Immer öfter fordern beispielsweise auch finanzierende Banken im Agrarhandel ein entsprechendes Risikomanagement zur Unternehmenseinstufung bei der Kreditvergabe. Handelssysteme wie Warenterminbörsen oder Vorkontrakte geben Landwirten, Handel und Verarbeitern Möglichkeiten der Preisabsicherung.

Finanzmarkt-Vorschriften sollen Spekulationen mit Agrarrohstoffen und Nahrungsmitteln verhindern, wie beispielsweise die Finanzmarktrichtlinie (MiFID).Wissenschaftliche Analysen deuten allerdings darauf hin, dass Spekulationen nicht den Einfluss auf das Preisgeschehen am Weltmarkt haben, der ihnen zugeschrieben wird. Demnach bestimmen den Handel in erster Linie grundlegende Trends bei Nachfrage und Angebot und die oben aufgeführten Rahmenbedingungen der Rohstoffgewinnung.

In den letzten Jahrzehnten wurde eine Vielzahl von bilateralen und multilateralen Freihandelsabkommen geschlossen. Die wichtigsten multilateralen Abkommen finden sich derzeit unter dem Dach der Welthandelsorganisation WTO, die mehr als 160 Mitgliedsländer hat und damit eine globale Organisation ist. Vorläufer der WTO war das General Agreement on Tariffs and Trade (GATT). Damit wurde nach dem Zweiten Weltkrieg versucht, Zölle weltweit deutlich abzubauen. Handelsabkommen gehen häufig über den reinen Warenhandel hinaus und umfassen auch nicht-tarifäre Aspekte (z.B. Handelsbürokratie wie Anträge, Lizenzen, Anmeldungen, diskriminierende oder unverhältnismäßige sicherheits-, umwelt- oder gesundheitsbezogene Vorschriften für Produkte oder mengenmäßige Beschränkungen).

Handelspolitik liegt nach wie vor in der Zuständigkeit der einzelnen Nationalstaaten als auch der EU. Es existieren eine Vielzahl bilateraler Handelsabkommen die auch den Agrarhandel mit einschließen.Verhandlungen auf EU-Ebene werden vorwiegend von der EU-Kommission geführt. Diese konsultiert in den Abstimmungsverfahren die einzelnen EU-Mitgliedstaaten.

Agrarhandelsplatz Schweiz

Die Schweiz ist ein zentraler Handelsplatz für Agrarrohstoffe wie Kaffee, Kakao, Zucker oder Getreide. Global bedeutende Agrarrohstoffhändler haben hier ihren Sitz. Der Sektor ist äusserst konzentriert, einige wenige mächtige Unternehmen kontrollieren sowohl die Produktion als auch Handel und Verarbeitung der Rohstoffe. Sie haben grossen Einfluss auf die Produktionsbedingungen und sind somit mitverantwortlich für die zahlreichen Menschenrechtsverletzungen im Anbau. Der Schweiz kommt deshalb eine besondere Verantwortung zu, die Einhaltung der Menschenrechte bei allen Geschäftstätigkeiten ihrer Händler sicherzustellen. Eine Regulierung des gesamten Rohstoffhandelssektors steht aus (2022).

Die Ursprünge des Rohstoffhandels in der Schweiz reichen bis ins 19. Jahrhundert zurück, und alles begann mit landwirtschaftlichen Produkten. Obwohl die meisten der ursprünglichen Handelshäuser inzwischen verschwunden sind, hat sich die Schweiz zu einem weltweit bedeutenden Handelsplatz entwickelt. Da Rohstoffhändler hier mit offenen Armen empfangen werden, ist es nicht verwunderlich, dass die meisten wichtigen Agrarrohstoffhändler über bedeutende Niederlassungen in der Schweiz verfügen.

Es waren jedoch nicht diese traditionellen Schweizer Handelshäuser, die das Land zur globalen Handelsdrehscheibe gemacht haben, die es heute ist. Die meisten traditionellen Unternehmen sind vor der Konkurrenz untergegangen. In den 1950er Jahren begannen sich internationale Unternehmen am Genfersee und in der Zentralschweiz niederzulassen. Massgeschneiderte Steuervergünstigungen motivierten Cargill 1956, seinen europäischen Sitz in Genf anzusiedeln. 

Das schweizerische Steuersystem war für Handelsunternehmen schon immer äusserst attraktiv. Aber es war nicht der einzige Grund, warum sich Unternehmen hier niederliessen: Nach dem Zweiten Weltkrieg war die Schweiz eines der wenigen Länder, in denen die Ein- und Ausfuhr von Kapital keinen Beschränkungen und keinen staatlichen Kontrollen unterlag. Die Präsenz wichtiger Dienstleister war für viele Unternehmen ein weiterer entscheidender Faktor für die Ansiedlung im Land. Banken, spezialisierte Versicherungen, Inspektionsfirmen sowie Logistik- und Güterverkehrsunternehmen standen und stehen ihnen zur Verfügung.

Die Rohstoffe gelangen allerdings so gut wie nie physisch in die Schweiz. Dieser sogenannte Transithandel ist das Geschäftsmodell der Schweizer Rohstoffhändler, und er ist sehr praktisch für diese notorisch intransparente Branche. Denn so kann der Umfang dieses Handels weder aus der Schweizer Zollstatistik noch aus anderen öffentlich verfügbaren Daten herausgelesen werden.

Lange präsentierten sich die Agrarhändler als reine Logistikfirmen, deren Geschäft sich darauf beschränkt, Landwirtschaftsgüter von A nach B zu verschiffen. Tatsächlich aber sind sie längst zu vertikal integrierten Agro-Food-Konzernen geworden. Das heisst, sie haben ihre Tätigkeiten auf die Wertschöpfungsstufen ausgedehnt, die dem Handel vor- und nachgelagert sind. Sie transportieren Agrarrohstoffe nicht mehr nur, sondern bauen Palmöl, Zuckerrohr oder Kaffee auch selbst an und verarbeiten sie weiter zu Futter-, Lebens- und Genussmitteln.

Mit dem Anbau eigener Rohstoffe erhalten die Konzerne einen besseren Zugang dazu und eine grössere Kontrolle über die von ihnen benötigte Menge und Qualität. Zudem erleichtert ihnen diese Integration die Rückverfolgbarkeit der Güter entlang der Wertschöpfungskette.

Cargill ist ein Paradebeispiel für ein hochgradig vertikal integriertes Unternehmen mit Aktivitäten auf fast allen Stufen der Wertschöpfungskette, in den Bereichen Rohstoffversorgung, Produktion, Handel, Verarbeitung, Fertigung und Handel. 

Die großen Schweizer Agrarhändler bauen auf einer Fläche von mehr als 2,7 Millionen Hektar in über 550 Plantagen weltweit Zuckerrohr, Palmöl, Orangen oder Kautschuk an. Für die Missstände in der dortigen Produktion, die von Landgrabbing über Arbeitsrechtsverletzungen bis zu Umweltvergehen reichen, sind sie deshalb direkt verantwortlich. (Public Eye 2022)

Agrarhandel in Deutschland

Im deutschen Agrarhandel agierten 2012 auf der Großhandelsstufe sechs Hauptgenossenschaften und mehrere wirtschaftliche Vereinigungen sowie private Groß-/Exporthändler. Die Primärstufe des Agrarhandels bilden in Deutschland ca. 450 private Landhändler und 445 Primärgenossenschaften, die im Jahre 2011 noch 2.575 steuerpflichtige Betriebsstätten unterhielten. Zum Agrarhandel sind zudem die ca. 2.500 Tierhändler zu zählen.

Wirtschaftliche Bedeutung der Landwirtschaft und der ihr vor- und nachgelagerten Wirtschaftsbereiche

Wirtschaftliche Bedeutung der Landwirtschaft und der ihr vor- und nachgelagerten Wirtschaftsbereiche

Das Agribusiness hatte in 2017 in rund 750.000 Betrieben insgesamt 4,7 Mio. Beschäftigte. Damit sind knapp 11 % aller Erwerbstätigen direkt oder indirekt damit beschäftigt, Menschen mit Essen und Trinken zu versorgen bzw. pflanzliche Rohstoffe für Nicht-Nahrungsmittelzwecke zu erzeugen. Ein Großteil dieser Arbeitsplätze – vor allem in Landwirtschaft, Gastronomie, Handwerk und Einzelhandel – ist im ländlichen Raum angesiedelt.

Der Erwerbstätigenanteil der Landwirtschaft am gesamten Agribusiness beträgt gut 12 %. Das heißt: Einem landwirtschaftlichen Arbeitsplatz stehen sieben weitere Arbeitsplätze in den vor- und nachgelagerten Wirtschaftsbereichen gegenüber. Das gesamte Agribusiness erbrachte 2017 einen Produktionswert von geschätzten 466 Mrd. Euro oder 8 % des gesamtwirtschaftlichen Produktionswertes.

Quelle: Statistisches Bundesamt, Fachhochschule Südwestfalen nach DBV Situationsbericht 2018/19

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Agrarhaushalt

1. Der im Verfügungsbereich des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten stehende Anteil des Bundeshaushaltes (2017: 5,8 Mrd. € von 335,8 Mrd. €).

2. Der für die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) der Europäischen Union zur Verfügung stehende Anteil aus dem gesamten EU-Haushalt.
2019 entfallen 72 Prozent der EU-Agrarausgaben von 57,4 Milliarden Euro auf Direktzahlungen, 5 Prozent auf Agrarmarktausgaben, 23 Prozent kommen der Ländlichen Entwicklung zu Gute. 1991 wurden noch 91 Prozent der EU-Agrarausgaben für die Marktstützung (Exporterstattungen, Lagerhaltung) verwendet. Kehrseite dieser Entwicklung ist, dass die Landwirtschaft in relativ hohem Maße von den Direktzahlungen abhängig geworden ist.

3. Allgemein der im Verfügungsbereich des für Landwirtschaft zuständigen Ministeriums bzw. einer vergleichbaren Behörde eines Staatswesens oder einer Wirtschaftsgemeinschaft befindliche Anteil des Gesamthaushalts.

CAP expenditure in total EU expenditure (current prices)
CAP expenditure in total EU expenditure (current prices)

This graph shows the development of expenditure of the Common Agricultural Policy (CAP) over the years as a share of the EU budget. The share has decreased over the past 40 years, from 65.5% in 1980 to slightly less than 25% in 2021. This decrease has taken place despite the successive EU enlargements. The downward trend in the CAP's share of EU spending is mainly due to CAP reforms and the growing share of other EU policies in EU expenditure. The stronger decrease in 2021 is due to Brexit.

Quelle: EU Kommission

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Agrarholding

Agroholdings sind kommerziell orientierte Gruppen einer Reihe von rechtlich unabhängigen landwirtschaftlichen Betrieben und Firmen, welche von einer zentralen Muttergesellschaft koordiniert werden, die strategische Entscheidungen über die Entwicklung einer Gruppe und ihrer Mitglieder trifft. Solche Gruppen können sich im Besitz von institutionellen oder privaten Investoren befinden und vertikal oder horizontal integriert sein. Sie können sich in der Art und Anzahl der integrierten Stufen der Nahrungsmittelkette, im Grad der rechtlichen und wirtschaftlichen Unabhängigkeit der angeschlossenen Unternehmen, in der Herkunft des Kapitals und schließlich in der Börsentätigkeit unterscheiden.

Neben Holdings im unternehmens- und steuerrechtlichen Sinn fallen unter diese Definition auch Gruppen von Betrieben, die ohne feste organisatorische Struktur von einzelnen Eigentümern und einer gemeinsamen Unternehmensleitung zusammengehalten werden. In Ostdeutschland sind in diesem Sinne nach der Wiedervereinigung im Zuge der Umstrukturierung der vormaligen Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften (LPG) vielerorts Holdings aus Unternehmen der landwirtschaftlichen sowie der vor- und nachgelagerten Produktion gebildet worden.

Betriebsgrößen

Agrarholdings haben eine Betriebsgröße von ca. 500 bis 1.000 Hektar oder mehr. Dabei ist die Definition auch abhängig davon, von welcher Region die Rede ist. In der EU zählen beispielsweise solche Betriebe dazu, die mehr als 1.000 Hektar bewirtschaften, während in Brasilien, der Ukraine oder Russland Betriebe mit über 500.000 bis 600.000 Hektar dazu zählen. Diese Flächen sind jedoch nie zusammenhängend, sondern auf Dutzende landwirtschaftliche Produktionsbetriebe verteilt, die im Falle einiger Holdings sogar tausende Kilometer voneinander entfernt lägen. Ein durchschnittlicher Agroholding-Tochterbetrieb in Russland bewirtschaftet rund 5.300 ha landwirtschaftliche Nutzfläche.

Akzeptanz

Die Akzeptanz von Agroholdings in der deutschen Bevölkerung ist sehr gering. Deutsche Landwirte stehen unter extrem starken öffentlichen Druck und sehen sich regelmäßig mit Vorwürfen zu Tierschutz, Umweltschutz und anderen Themen konfrontiert. Vor diesem Hintergrund werden derartige Megafarmen von den Medien oftmals als profitgeleitete und verantwortungslose Unternehmen dargestellt.

Das öffentliche Bild begleitet die Entwicklung der Agroholdings in Deutschland negativ, obwohl es der Realität oftmals nicht entspricht. Die großen Unternehmen arbeiten zwar nach dem Prinzip der Profitmaximierung, doch gleichzeitig sind sie wichtige Arbeitgeber für viele Menschen. Gerade die großen Betriebe in Ostdeutschland, die in Viehhaltung spezialisiert sind, verzeichnen hohe Beschäftigungszahlen.

In anderen früher sozialistischen Staaten wie der Ukraine oder Russland ist die Akzeptanz von Agroholdings in der Bevölkerung sehr viel größer. Dort ist noch immer das Verständnis vorhanden, dass große Betriebe verantwortlich dafür sind, der Gesellschaft etwas zurück zu geben. Heutzutage übernehmen viele Betriebe daher gewisse soziale Dienstleistungen und sorgen damit für die Akzeptanz des Unternehmens in der Bevölkerung. Dies macht sie auch als Arbeitgeber beliebt. (A. Balmann, IAMO 2018)

Ferner ist für die Agroholdings charakteristisch, dass sie nicht nur landwirtschaftliche Produktionsbetriebe, sondern auch Lebensmittel verarbeitende und vermarktende Unternehmen umfassen.

Entwicklung von Agrarholdings

Agroholdings haben sich primär aus zwei Gründen gebildet. Zum einen sahen findige Unternehmer ökonomische Entwicklungschancen in einem sehr fragilen institutionellen Umfeld. Zum andern gab es gerade in östlichen Staaten Druck sowie Anreize von politischer Seite.

Agroholdings wachsen nicht 'organisch', d.h. getrieben von überproportionalem Wachstum der ihnen zugehörigen Betriebe. Tatsächlich scheinen die Faktoren, die sich um die landwirtschaftliche Produktion selbst ranken, eher unerheblich. Vorteile der zu Unternehmensgruppen gehörenden Betriebe ergeben sich vielmehr aus besserem Zugang zu Faktor- bzw. Produktmärkten, aus Synergien innerhalb der Holdings und – nicht zuletzt – auch aus bisweilen (missbräuchlichen) Ausnutzen von Marktmacht. Das heißt, die Bestimmungsgründe für Entstehung, Wachstum sowie auch des Fortbestandes von Agroholdings liegen nicht in den ihnen einverleibten Betrieben (d.h. auf der Produktionsebene). Auf Mikroebene betrachtet sind diese vielmehr ausnahmslos externe Faktoren. Die treibenden Kräfte für das Wachstum von Agroholdings sind in der starken Verflechtung politischer und wirtschaftlicher Interessen und zudem in dem bisweilen nennenswerten direkten 'Zuvorkommen' gegenüber solchen Holdings zu sehen; insbesondere solche die als 'systemrelevant' eingestuft werden. In anderen Worten, mit Hinblick auf den Ursprung und die Dynamik des Wachstums von Agroholdings muss das Hauptaugenmerk auf dem Vernetzen individueller Produktionseinheiten liegen; wobei sich diese auf jeweils starke Positionierung in lokalen und regionalen Märkten stützen und zudem über enge politische Kontakte verfügen.

Kapitalressourcen

Die Herkunft des Kapitals für Agroholdings insbesondere in Staaten wie Russland, Ukraine oder Kasachstan kann aus dem Ausland oder aus dem Inland, von der Börse oder von privatem Beteiligungskapital usw. stammen. Dementsprechend definieren und klassifizieren einige Autoren Großbetriebe nach der Art ihrer Unternehmensführung, z.B. "investorengeführte" vs. "oligarchengeführte" Agroholdings. Bei "oligarchengeführten" Agroholdings wird in der Regel nur eine Minderheit der Aktien an einer Börse gehandelt, während der Großteil des Eigentums in den Händen des Firmengründers bleibt. Im Falle eines "investorengeführten" Unternehmens werden alle oder die meisten Aktien an einer Börse gehandelt.

Flächengrößte Agrarholdings weltweit

Die Weltrangliste 2017 der flächenmäßig größten Agrarholdings wird von drei australischen Rindfleischproduzenten angeführt. Den ersten Platz belegt nach Recherchen des ukrainischen Online-Fachmagazins latifundist.com das Unternehmen S. Kidman mit einem Areal von 10,1 Mio ha, gefolgt von der Australian Agricultural Company (AACo) mit 6,4 Mio ha und der North Australian Pastoral Company (NAPCO) mit 5,8 Mio ha.

Die globale Nummer vier ist die chinesische Beidahuang Group, die über insgesamt 5,62 Mio ha im Heimatland sowie in Australien und in Südamerika verfügt. Auf dem fünften Platz rangiert wieder ein australischer Rindfleischproduzent, nämlich die Consolidated Pastoral Company (CPC) mit 5,6 Mio ha.

Unter den 30 größten Agrarholdings der Welt waren auch drei ukrainische Firmen. So erreichte die UkrLandFarming mit 605 000 ha Platz 16, direkt gefolgt von Kernel mit 602 000 ha und von MHP mit 370 000 ha auf Platz 27. (topagrar 2018)

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Agrarholz

Als Agrarholz werden schnellwachsende Bäume wie Weiden oder Pappeln auf landwirtschaftlichen Flächen bezeichnet. Agrarholzbestände, die in kurzen Umtriebszeiten bewirtschaftet werden, stellen zumeist intensive Produktionssysteme zur Holzerzeugung dar. Die Bäume werden in sehr hohen Pflanzdichten angebaut und in kurzen Abständen zumeist vollautomatisch geerntet. Zielsetzung dieser Art der Bewirtschaftung ist die Optimierung einer hohen Holzproduktion in kurzer Zeit. Die schnellwachsenden Bäume können sowohl in Form von Agrarholz- oder Kurzumtriebsplantagen (KUP) als auch in Agroforstsystemen angebaut werden. Pappeln (Populus spec.) undWeiden (Salix spec.) stellen hierbei die wichtigsten Baumarten dar. Sie zeichnen sich durch eine hohe Zuwachsleistung und ein gutes Stockausschlagvermögen aus, was wesentliche Voraussetzungen für eine wirtschaftlich tragfähige Kurzumtriebswirtschaft sind. Auch Baumarten wie Birken (Betula spec.), Eichen (Quercus spec.), Erlen (Alnus spec.), Esche (Fraxinus excelsior), Robinie (Robinia pseudoacacia) u. a. besitzen diese Eigenschaften in unterschiedlich starken Ausprägungen.

In Regionen mit temperatem Klima und einer guten Wasserversorgung weisen Agrarholzflächen ein hohes Biomassepotenzial auf. Aber auch in mediterranen Regionen und in der kaltgemäßigten (borealen) Klimazone können beachtliche Holzzuwächse erzielt werden. Weltweit am häufigsten werden die verschiedenen Pappel- undWeidenarten in Plantagen angebaut. Zu nennen sind insbesondere Süd-,Mittel- und Nordeuropa, Russland, USA, Kanada, Chile und v. a. China.

Die Anfänge der Agrarholznutzung

Der Holzanbau mit mehr oder weniger kurzen Umtriebszeiten hat eine sehr lange Tradition. Ziel dieser Art der Holzproduktion war die Erzeugung von Brenn-, Kohl-, Pfahl- und Zaunholz, es diente der Gewinnung von Futterlaub, der Herstellung von Fässern, Fassreifen, Werkzeug, Geschirr, Fahrzeugteilen, Flechtware und vielem anderem mehr. Die Urform dieses Holzanbaus mit stockausschlagfähigen Laubhölzern geht aller Wahrscheinlichkeit auf das Neolithikum zurück.

Aktuelle und künftige Nutzung von Agrarholz

Der Anbau von schnellwachsenden Baumarten als im Kurzumtrieb bewirtschaftetes Agrarholz vereint die land- und forstwirtschaftliche Produktion, unterscheidet sich hiervon jedoch in Bezug auf die Produktionszyklen und -techniken und dient vornehmlich der Bereitstellung von Biomasse für die energetische Nutzung. Zukünftig kann Agrarholz für die Produktion von pflanzlichen Rohstoffen auf der Basis von Zellulose und Lignin an Bedeutung gewinnen. Zudem eignet sich der Agrarholzanbau für die Gestaltung nachhaltig genutzter Agrarlandschaften und kann somit für den Erhalt und die Verbesserung der Funktionen des Naturhaushalts ausgesprochen förderlich sein.

Gerade eine vielfältige Kulturlandschaft und deren nachhaltige Nutzung ist die Grundlage für den Erhalt von Bodenfruchtbarkeit, Biodiversität, Grund- und Oberflächenwasserqualität sowie hiermit verbundenen Ökosystemfunktionen und sichert langfristig die Standortproduktivität unter den sich ändernden Umwelt- und Klimabedingungen.

Agrarholz - Bestandteil der Kulturlandschaft

In den europäischen Agrarlandschaften bildeten Gehölze traditionell schon immer eine wichtige Strukturkomponente, wobei sie in sehr vielen Fällen direkt in die landwirtschaftliche Produktion einbezogen wurden. Ab dem 17. Jahrhundert erfolgte in den ländlichen Gebieten verstärkt die Anlage von Hecken, die v. a. in England, Dänemark und Norddeutschland noch heute das Landschaftsbild prägen. Gefördert wurde die Anlage von Gehölzstreifen auf den landwirtschaftlichen Flächen durch die sog. Verkoppelung der Felder. Diese hatte zum Ziel, die Produktion auf den Feldern zu steigern und sicherzustellen, dass das Vieh auf anderen Flächen keinen Schaden anrichtet. Vor allem in Nord- und Nordwestdeutschland dienten diese Hecken (Knicks, Wallhecken) als Umzäunung der Agrarflächen. Insbesondere im Bereich von Jütland, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern spielte auch die Anlage von Windschutzstreifen gegen die fortschreitende Winderosion der sandigen Böden eine wichtige Rolle und wirkte sich positiv auf die Felder aus. Die Anlage dieser großflächigen Feldgehölzstreifen ging v. a. durch staatliche Anweisungen aus. Die Feldgehölze boten zudem ein breites Nutzungsspektrum (s.o.).

Im Lauf der Zeit entstand so ein Mosaik unterschiedlicher Landnutzungen, eine Jahrhunderte alte, vollständig durch den Menschen geprägte Kulturlandschaft. Reste der vor Jahrhunderten entstandenen, allgemein strukturreicheren Kulturlandschaft besitzen heute zumeist einen besonderen Schutzstatus, nicht zuletzt, weil diesen Landschaften, in denen Feldgehölze einen wichtigen Stellenwert einnehmen, ein hoher ökologischer Wert zugesprochen wird.

Während der zurückliegenden 120 Jahre und hier insbesondere während der letzten 70 Jahre fand in den Industriestaaten ein grundlegender Wandel der landwirtschaftlichen Produktionsweise und damit verbunden der Agrarstruktur statt. Die diverse, kleinbäuerliche Landwirtschaft wurde zum größten Teil von einer zunehmend technisierten und industrialisierten Landbewirtschaftung abgelöst.

Zudem führte die historisch und administrativ gewachsene Trennung von forstlicher (Wald, Holzproduktion) und landwirtschaftlicher Landnutzung (Ackerbau, Grünland), aber auch die häufig restriktiv wirkenden Ansprüche des Natur- und Landschaftsschutzes an die Landschaftsgestaltung dazu, dass Feldgehölze heute kaum noch in die landwirtschaftliche Praxis einbezogen werden.

Großbetriebe und Betriebsgemeinschaften wie Agrargenossenschaften gewannen insbesondere in Nord- und Ostdeutschland erheblich an Bedeutung. Auf der Ackerfläche selbst werden nahezu alle Arbeitsabläufe vollmechanisiert durchgeführt, wobei die Dimension der hierfür verwendeten Landtechnik stetig zunimmt.

Um den Einsatz von Großtechnik auf den Agrarflächen möglichst effizient und wirtschaftlich gestalten zu können, werden seitens der industrialisierten Landwirtschaft großflächige Bewirtschaftungseinheiten angestrebt. Durch Flurbereinigungen und umfangreiche Meliorationen wurden kleinere Ackerschläge zusammengelegt, ungünstige Flächengeometrien verändert und Strukturen wie Wege, Feldgehölze oder auch ganze Bachläufe beseitigt oder verändert. Folglich führte die Industrialisierung der Landwirtschaft vielerorts zum Verschwinden der kleinteiligen Bewirtschaftungsstrukturen und so auch von Feldgehölzflächen, die ehemalige Eigentums- bzw. Schlaggrenzen markierten, Wegränder, Feldraine und Wassergräben säumten oder sich auf ungünstig zu bewirtschaftenden Geländeexpositionen befanden.

Durch den neu propagierten Anbau von Agrarholz werden Agrarräume wieder stärker strukturiert. Diese Strukturierung ist umso ausgeprägter je kleinteiliger die entstandenen Agrarholzflächen sind. Im Rahmen agroforstlicher Bewirtschaftungsformen (Abschn. 3.3.2) können auch einzelne Ackerschläge wieder erheblich gegliedert werden. Damit eine solche Restrukturierung der Agrarlandschaft stattfinden kann, darf diese nicht im Widerspruch zu den Anforderungen einer hochtechnisierten Landwirtschaft stehen. Folglich sind die gängigen landwirtschaftlichen Bewirtschaftungspraktiken und die eingesetzte Landtechnik bei der Anlage von Agrarholzflächen zu berücksichtigen.

Agrarholzpflanzungen (-plantagen)

Wird Agrarholz flächig auf der gesamten landwirtschaftlich genutzten Bewirtschaftungseinheit (i. d.R. mit einem Ackerschlag gleichzusetzen) oder mehrerer angrenzender Bewirtschaftungseinheiten angebaut, so werden diese als Agrarholzpflanzungen (-plantagen) bzw. aufgrund der vergleichsweise kurzen Umtriebszeiten von maximal 20 Jahren üblicherweise auch als Kurzumtriebsplantagen (KUP) bezeichnet. Typisch für solche Agrarholzanlagen ist die flächige Anpflanzung von schnellwachsenden Baumarten entsprechend eines gleichförmigen Pflanzverbandschemas. Zumeist handelt es sich um einheitlich bewirtschaftete Monokulturen mit homogener Altersstruktur. Bei Flächen mit mehreren Baumarten bzw. Klonen werden diese i. d. R. reihen- oder blockweise angepflanzt. Dies gilt in gleicher Weise für unterschiedliche Altersklassen innerhalb einer zusammenhängenden Agrarholzfläche.

Agroforstsysteme

Bei diesen agrarische Landnutzungssystemen werden Bäume und/oder Sträucher in Kombination mit krautigen Ackerkulturen und/oder Grünland bzw. Viehhaltung auf einer Bewirtschaftungsfläche zusammen angebaut bzw. gehalten und genutzt, um so zielgerichtet Synergien zwischen den Nutzungskomponenten zu erzielen. In der kombinierten Nutzung von Gehölzen und Ackerkulturen bzw. Grünland besteht der entscheidende Unterschied zu den beschriebenen Agrarholzpflanzungen bzw. KUP. Im Gegensatz zu diesen sind Agroforstsysteme in Bezug auf die landwirtschaftliche Bewirtschaftungseinheit (i.d.R. der Ackerschlag) gemäß der agroforstwirtschaftlichen Intention nicht als Rein- bzw. Monokulturen zu betrachten. (Veste/Böhm 2018)

Agrarimporte

Einfuhr von Agrargütern in einen Staat oder in eine Staatengemeinschaft.
Deutschland nimmt im Agrarhandel mit einem Import im Werte von 72,1 Mrd. € (2012) eine Spitzenposition ein, davon stammen Waren im Wert von 49 Milliarden € aus EU-Mitgliedsländern, die meisten aus den Niederlanden. Agrarimporte nach Deutschland bestehen vor allem aus Nahrungsmitteln pflanzlichen Ursprungs, mit Abstand folgen Nahrungsmittel tierischen Ursprungs.

Weltweit ist die Europäische Union der größte Abnehmer von Agrarerzeugnissen aus Entwicklungs- und Schwellenländern, 71 % der EU-Importe stammen aus diesen Staaten (2012).

Bei vielen Nahrungsmitteln (Südfrüchte, Obst, Gemüse) und Genussmitteln (Kaffee, Tee, Kakao) ist die Bundesrepublik auf Importe angewiesen (Selbstversorgungsgrad).

(s. a. Agrarexporte)

Anteile der wichtigsten Agrarimporteure am Weltagrarhandel 2018
Anteile der wichtigsten Importeure am Weltagrarhandel 2018

Quelle: BMEL nach WTO

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agrarindustrielles Unternehmen

Eine nach industriewirtschaftlichen Prinzipien, d.h. rationell mit Hilfe moderner Agrartechnik, großer Kapital- und Energieintensität und mit dezentralem, hierarchischem Management betriebene Landwirtschaft großen Stils (große Flächen, bzw. große Tierbestände) und großer Produktionsmengen, bei der wissenschaftliche Erkenntnisse gezielt genutzt werden. Der Einsatz betriebsfremder Arbeitskräfte ist die Regel. Der eigentliche Bereich der häufig standardisierten Urproduktion ist dabei gewöhnlich eingebunden in ein System vertikaler Integration vor- und nachgelagerter Produktionsschritte und verfolgt höchste ökonomische Effizienz. Solche (räumlichen) Verbundsysteme weist eine hohe Kongruenz zu industriellen Verbundsystemen auf und benötigen eine ausgefeilte Logistik bis hin zur just-in-time-Anlieferung.

Agrarindustrielle Unternehmen bildeten sich zunächst nach dem Zweiten Weltkrieg in den USA. Zwar war diese Entwicklung anfänglich auf einige Produktionszweige beschränkt (Hühnerhaltung, Rindermast, Gemüseanbau), breitete sich dann jedoch auf weitere Bereiche aus. Voraussetzung für diesen Prozeß waren neben agrartechnologischen Entwicklungen, Kapitalverfügbarkeit, verbesserten Transportmöglichkeiten auch rechtliche und steuerliche Voraussetzungen. Von besonderer Bedeutung war das Eindringen von Fremdkapital, das von Futtermittelherstellern, Hybridzuchtunternehmen, Schlachtereien, Geräteherstellern und der Nahrungsmittelindustrie aufgebracht wurde. Die Integration vollzog sich folglich nach unten wie auch nach oben.

Nach 1960 kam es im SW der USA und in Florida zu einem verstärkten Engagement von nichtlandwirtschaftlichen Großunternehmen. Für das Eindringen großer Konzerne (u.a. Coca Cola, Kaiser Aluminium, Tenneco, Getty Oil) in den Agrarsektor gab es drei Gründe: Landspekulationen, Steuerflucht und Kontrolle des Marktes durch Entwicklung vollintegrierter Nahrungsketten.

Neben dem Zufluss von Fremdkapital spielten die Aktivitäten von Unternehmerpersönlichkeiten und die von Farmergenossenschaften eine wesentliche Rolle beim Aufbau von agrarindustriellen Unternehmen.

In Deutschland vollzog sich der Aufbau vergleichbarer Strukturen in den sechziger Jahren zunächst in einer eng begrenzten Agrarregion, nämlich in Südoldenburg. Das dortige Entstehen vertikal integrierter Unternehmen in der Hühnerhaltung wurde maßgeblich von Hybridzuchtunternehmen und Geräteherstellern aus den USA beeinflusst. Auch hier spielten Unternehmerpersönlichkeiten eine große Rolle.

Im Bereich der Kälber-, Bullen- und Schweinemast ist eine volle Integration bislang noch nicht erfolgt, wenngleich auch hier mehrstufige Unternehmen (Mast und Schlachterei, Zucht und Mast) vorhanden sind.

(s. a. Agribusiness, industrialisierte Landwirtschaft)

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Agrarinformatik

Engl. digital farming; wissenschaftliche Teildisziplin, die sich mit dem Einsatz von Informationstechnik und Elektronik in der Landwirtschaft beschäftigt. In den Zuständigkeitsbereich der Agrarinformatiker fällt auch der Umgang mit Geodaten. Man arbeitet am Aufbau und Ausbau von Geodateninfrastrukturen. Der Zugang zu den Daten soll für Landwirte erleichtert werden.

Wenn es um den Einsatz von Informationstechnik und Elektronik in der Landwirtschaft geht, behält man meistens einige übergeordnete Ziele im Auge, die u.a. mit folgenden Begriffen umschrieben werden können:

Rückverfolgbarkeit, Umweltverträglichkeit, Tiergerechtheit, Cross Compliance, Gläserner Landwirt.

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Agrarklimatologie

Teilgebiet der angewandten Klimatologie, das den Einfluss des Klimas auf Gedeihen und optimale Erträge von Kulturpflanzen, vor allem von Sonderkulturen, untersucht. Besonderes Interesse gilt den Bereichen Wind- und Frostschutz, Beregnung, bzw. Bewässerung, Schädlingsbekämpfung, Bodenwärme- und Bodenwasserhaushalt und phänologischen Erscheinungen.

Letztlich gilt es, den Anbau von Nutzpflanzen auf der Basis von klimatologischen Parametern zu optimieren. So müssen der Strahlungsumsatz, differenziert nach den jeweils aktiven Oberflächen, die Absorptions-, Transmissions- und Reflexionsprozesse erfasst und für die landwirtschaftliche Praxis berücksichtigt werden. Dabei erweist sich der Blattflächenindex als wichtiger Parameter für die Primärproduktion sowie für die Interzeption in Pflanzenbeständen. Für landwirtschaftliche Prognosen werden u.a. saisonal differenzierte Angaben über Energie- und Wasserbilanzen, Beschattung, Bewässerungsbedarf, Frostgefährdung und Frostschutz benötigt. Konkrete Aufgabenstellung ist beispielsweise der Nachweis ihres Einflusses auf Wachstum, Phänologie und Ertrag der jeweiligen Anbaufrüchte. Hinzu treten Analysen über mögliche witterungsbedingte Ertragsausfälle und zielgerichtete Strategien zur Prävention. So können durch agrarmeteorologische Analysen an Einzelpflanzen und in Beständen wichtige lokale und regionale Vorhersagen über die Gefährdungen unterschiedlicher Anbaukulturen, z.B. durch Frost, Hagel, Dürre und Sturm, sowie über das Ausmaß artspezifischer Schäden an Anbaufrüchten durch Krankheitserreger (z.B. Schimmelbefall), die je nach Witterungen gefördert werden können, gemacht werden. Diese Informationen werden im Rahmen agrarmeteorologischer Beratungsdienste über die Medien umgehend verbreitet.

Im Fokus der agrarklimatologischen Forschung steht auch der Klimawandel, um dessen Konsequenzen für die Landwirtschaft in regionaler bis globaler Sicht zu ermitteln.

(s. a. Agrarmeteorologie, Klimaszenario (Westeuropa) und Landwirtschaft, Treibhauseffekt)

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Agrarkolonisation

Die Inwertsetzung bisher nur wenig oder nicht genutzter Gebiete für die Landwirtschaft, gewöhnlich begleitet von Siedlungsneugründungen. Agrarkolonisation ist häufig staatlich gelenkt, kann sich aber auch privat und ungeplant vollziehen. Heutige Erschließungsräume sind innertropische Waldareale (z.B. Amazonien) und in geringem Ausmaß boreale Waldgebiete (z.B. Kanada, Sibirien).

Oft geht eine massiv forcierte Agrarkolonisation und die Ansiedlung von großen Bevölkerungsmassen mit einer starken Bodendegradation einher. Häufig handelt es sich um Umsiedlungen von Bevölkerungsschichten aus urbanen Ballungsgebieten in landwirtschaftlich noch nicht oder wenig genutzten Arealen. Problematisch sind auch die sozioökonomische Aspekte, wenn Siedler auf den neu erschlossenen Böden neue Bewirtschaftungsformen erlernen müssen, wie beispielsweise bei der Ansiedlung von Hochlandindianern in die mit tropischen Regenwald bewachsenen Tiefländer Boliviens.

Ein Negativbeispiel ist auch das indonesische Transmigrationsprojekt, bei dem von 1969 bis Mitte 1998 etwa 1,6 Millionen Familien aus den überbevölkerten Ballungsräumen der Städte auf die Insel Kalimantan (Borneo) umgesiedelt wurden , um somit einem weiteren Bevölkerungsanstieg und vermehrter Armut in den Städten zu begegnen. Kalimantan wurde ausgewählt, da es sich um eine dünn besiedelte Insel handelte, welche nach Ansicht der Planer eine ausreichende Tragfähigkeit für eine größere Besiedlung hätte. Das Projekt scheiterte im großen Stil, da die Parzellen der Siedler zu klein waren und die tropischen Böden nach Kahlschlag sehr schnell auslaugten. Weiterhin entwickelten sich Konflikte zwischen den Einheimischen und den „Transmigrasi“, hauptsächlich um Landnutzungsrechte. Der Besiedlungswelle folgte nach einigen Jahren eine große Rückwandererwelle, welche die soziale Not in den Großstädten verschlimmerte. Die sozialen Spannungen führten zu politischen Unruhen in Indonesien.

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Agrarkolonisationsfront

Grenzbereich zwischen in jüngerer Zeit in Kultur genommenen Landschaftsräumen und noch nicht oder nur wenig für die landwirtschaftliche Nutzung erschlossenen Gebieten.

Das Vorschieben der Agrarkolonisationsfront spielt beispielsweise bei der Vernichtung der tropischen Regenwälder eine wichtige Rolle. In vielen tropischen Ländern werden gegenwärtig in zunehmendem Maße Naturwaldgebiete gerodet und kultiviert, um einer wachsenden Bevölkerung Entfaltungsmöglichkeiten zu geben (Weidewirtschaft, Ackerbau) und um Wirtschaftswachstum zu erzeugen. In einem zusammenwachsenden Weltmarkt steigt die Nachfrage nach agrarischen Rohstoffen wie den Cash Crops Soja, Kakao und Ölpalme. Die Degradationsprozesse sind seit Jahrzehnten in Südamerika, Afrika und Asien zu beobachten.
Die Umwandlung peripherer Regenwaldregionen in Kultur- und Siedlungsland war zunächst als praktikable Lösung der Ressourcenknappheit in den Herkunftsgebieten der Migranten angesehen worden. Sie wurde durch Kolonisations- und Transmigrationsprogramme zum Teil staatlich geplant und dirigiert.

Agrarkomplex

Teilweise mit dem Begriff Agrarsystem sich überlagernder Begriff, der darauf hinweist, dass Landwirtschaft vor allem in der produktivistischen Phase nach dem Zweiten Weltkrieg in ein System von vorgelagerten Betrieben und nachgelagerten Betrieben der Be- und Verarbeitung sowie der Handelsstrukturen eingebunden wurde. Die ökonomische Verflechtung der einzelnen Wirtschaftsbereiche wird durch die Zusammenfassung in einen gemeinsamen Oberbegriff verdeutlicht. Gleichzeitig wird mit "Agrar" die Landwirtschaft als zentrales Element des "Agrarkomplexes" hervorgehoben.

Die Phase der produktivistischen Agrarentwicklung ist gekennzeichnet durch Mechanisierung, Spezialisierung und Rationalisierung von Betriebsabläufen. In seiner extremen Form wird der landwirtschaftliche Betrieb dadurch zu einem Rohstofflieferanten für die weiterverarbeitende Industrie bz. zu einem spezialisierten Vertragsproduzenten, der in ein arbeitsteiliges System von industriellen Zuliefer- und Abnahmebetrieben eingebettet ist.

Diese Entwicklungen führen zur zunehmenden Auflösung von geschlossenen Kreisläufen und schränken die Autonomie der landwirtschaftlichen Betriebe ein. Die Verflechtungen verringern zwar das Vermarktungsrisiko, das Risiko von Ertragsausfällen durch Witterung, Schädlinge oder Krankheiten bleibt aber in der Regel bei den landwirtschaftlichen Betrieben. (Ermann et al. 2018)

Agrarkonjunkturen

Zyklische Schwankungen auf den Agrarmärkten.

Agrarlandschaft

Kulturlandschaftstyp als Teil der Erdoberfläche, der durch seine spezifische agrare Nutzung eine gewisse Einheitlichkeit besitzt. Physiognomisch wird die Agrarlandschaft geprägt durch die Art der Bodennutzung und Viehhaltung, die Parzellierung der Flur, die Formen, Anordnungen und Positionen der Wohn- und Ökonomiegebäude und die technischen Hilfsmittel (z.B. Karussellbewässerung), wobei diese Merkmale Ausdruck sind einerseits von physisch-geographischen Bedingungen, andererseits von sozialen, religiösen und historischen Gegebenheiten und Prozessen.

Die unterschiedliche Art und die Wechselwirkungen der einzelnen Komponenten formen jeweils ein bestimmtes Landschaftsgefüge, in das sich, je nach Lage zu urbanen Räumen auch andere Gefügeelemente mischen können. Wo solche fehlen, kann von einer reinen Agrarlandschaft gesprochen werden.

Markanter Ausschnitt aus der Agrarlandschaft: Schwemmfächer in Kasachstan

Gebirgsbäche sind in der gewöhnlich auf enge Fliesswege beschränkt und transportieren in der Regel beträchtliche Mengen an Kies, Sand, Ton und Schluff - Material, das Geologen als Schwemmland (Alluvium) bezeichnen. Art und Menge des transportierten Schwemmguts hängen vom Volumen des Wasserlaufs und dem Gefälle des Baches ab. Größere Flüsse nehmen mehr Material auf als kleinere; schnell fließende Bäche an steilen Hängen transportieren gröbere Sedimente als langsam fließende Bäche an flachen Hängen.

Wenn ein reißender Bach aus dem Gebirge in ein relativ flaches Tal oder Becken eintritt, breitet er sich oft zu einem verzweigten Bach mit mehreren ineinander verschlungenen Kanälen aus. Und wenn ein Gebirgsbach in ein flaches Gebiet eintritt, verlangsamt er sich gleichzeitig. Er kann nicht mehr so viel Schwemmgut mitnehmen und lagert das überschüssige Schwemmgut in Sandbänken in den Rinnen ab. Im Laufe der Zeit wandert das Gerinne hin und her und bildet fächerförmige Ablagerungen, die als Schwemmfächer bezeichnet werden.

Die schmalste Stelle eines Schwemmfächers - am dichtesten an der Gebirgsfront - wird als Scheitelpunkt bezeichnet; der breitere Teil wird als Schürze bezeichnet. Schwemmland, das näher am Scheitelpunkt abgelagert wird, ist in der Regel gröber als das Material, das das Vorfeld bildet. Schwemmfächer bilden sich eher in Wüsten, weil es dort viel lockeres Schwemmland und wenig Vegetation gibt, die das Verlegen von Flussläufen verhindert.

Schwemmfächer in Kasachstan

Schwemmfächer in Kasachstan

Der Operational Land Imager (OLI) auf Landsat 8 hat am 9. September 2013 diesen Blick auf einen Schwemmfächer in der kasachischen Provinz Almaty aufgenommen. Unten links im Bild fließt der Fluss Tente durch einen schmalen Gerinnekanal in den Ausläufern des dzungarischen Alatau-Gebirges. Dort, wo die Tente aus den Hügeln in der Nähe des Alakol-Sees austritt, breitet sie sich aus und wird zu einem verzweigten Fluss. Die Bewegung des Kanals im Laufe der Zeit hat einen großen Fächer hinterlassen, der an seiner breitesten Stelle etwa 20 Kilometer breit ist.

Schwemmfächer in trockenen Gebieten werden häufig für die Landwirtschaft genutzt, da sie relativ flach sind und Grundwasser für die Bewässerung liefern. Dieser Fächer bildet da keine Ausnahme. Die blockartigen grünen Muster auf dem Vorfeld sind Felder oder Weideland. Eine Reihe von Städten und Dörfern, darunter Usharal und Beskol, sind entlang des äußeren Randes des Fächers zu sehen. Der gerade Schnitt durch Beskol und entlang des nordöstlichen Teils des Fächers sind Bahntrassen.

Quelle und höhere Auflösung: NASA

Die Agrarlandschaft kann in gleicher räumlicher Erstreckung auch als Agrarökosystem betrachtet werden, bei dem die Betrachtung der Stoff- und Energieflüsse und die Funktionsfähigkeit der Beziehungen zwischen Elementen des Systems im Vordergrund stehen.
In der gegenwärtigen mitteleuropäischen Kulturlandschaft bestehen neben Agrarlandschaften mit großen Flächen und wenigen Strukturelementen in der Flur, etwa in den Börden oder auf dem Gebiet der früheren Kollektivwirtschaften, immer noch reich strukturierte Agrarlandschaften, z.B. am Oberrhein oder im Neckarraum.

Die Agrarlandschaft wird wegen der z.B. in weiten Teilen Europas vollzogenen Aufgaben-Segregation als von der Protektionslandschaft (Naturschutzgebiete u.a.) zu unterscheidende Produktionslandschaft bezeichnet.

Der Begriff Agrarlandschaft wird zwar häufig synonym zu Agrargebiet verwendet, doch erscheint es sinnvoll Agrarlandschaft im Sinne einer Unterscheidung von anderen Kulturlandschaftstypen zu verwenden, während der Begriff Agrargebiet eher in das Hierarchieschema Agrarraum - Agrarregion - Agrargebiet - Agrarbetrieb eingebunden ist.

Europäische Agrarlandschaften

Europäische Agrarlandschaften

In recent years, the best-known maps of European agricultural landscape are those by the Dutch landscape architect Johan Meeus. In 1988 he published a map of landscapes in Western Europe. One of the main inputs for this map has been the map of rural settlement types by Lebeau (1969). Meeus’s map as well as the older Lebeau map show a number of landscape types that are mainly based on morphological differences as visible on topographical maps from the 19th and early 20th centuries. Open fields, bocage (small- or medium-scale enclosed landscapes), montados and coltura promiscua were seen as characteristic for such extensive regions that they were relevant on a European scale. Most specialised agriculture covers much smaller areas, sometimes even single villages, such as the Dutch village of Noordwijk that supplied most medicinal herbs for 17th and 18th century Holland.

Quelle: Renes nach Meeus et al. 1990

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Agrarmarketing

Agrarmarketing ist eine Form des Marketings, die alle Waren und Dienstleistungen im Bereich der Landwirtschaft entlang der Linie Bauernhof - Konsument umfasst.

Marketing in der landwirtschaftlichen Praxis

Diese Dienstleistungen umfassen die Planung, Organisation, Lenkung und Handhabung von landwirtschaftlichen Erzeugnissen, um Landwirte, Zwischenhändler und Verbraucher zufrieden zu stellen. Dazu gehören zahlreiche miteinander verknüpfte Tätigkeiten wie Produktionsplanung, Anbau und Ernte, Sortierung, Verpackung, Transport, Lagerung, Verarbeitung von Agrarerzeugnissen und Lebensmitteln, Bereitstellung von Marktinformationen, Vertrieb, Werbung und Verkauf. Der Begriff umfasst somit die gesamte Lieferkette für landwirtschaftliche Erzeugnisse, unabhängig davon, ob sie über Ad-hoc-Verkäufe oder über eine stärker integrierte Kette, z. B. im Rahmen der Vertragslandwirtschaft, erfolgt.

Aus betriebswirtschaftlicher Sicht dominiert seit Beginn des einundzwanzigsten Jahrhunderts die konsequente Ausrichtung des gesamten Unternehmens an den Marktbedürnissen. Damit entwickelt sich das Marketingverständnis von einer operativen Technik zur Beeinflussung der Kaufentscheidung hin zu einer Führungskonzeption bzw. zu einer unternehmerischen Denkhaltung, die andere Funktionen wie zum Beispiel Beschaffung, Produktion, Verwaltung und Personal mit einschließt.

Änderungen der Kundenpräferenzen, Änderungen des politischen Klimas, Naturkatastrophen und sogar Innovationen in der landwirtschaftlichen Praxis können Auswirkungen darauf haben, wie genau die Aufgabe des Agrarmarketings ausgeführt wird. Aus diesem Grund können die Strategien und Ansätze, die in einem Sektor des Marktes angewendet werden, für einen anderen Sektor oder eine bestimmte Zielgruppe von Verbrauchern ungeeignet sein. Dies erfordert, dass Vermarkter die Markttrends genau beobachten und möglichst produktiv darauf reagieren.

Zu den typischen Themenfeldern im Agrarmarketing gehören sektorspezifische Fragestellungen wie zum Beispiel:

Agrarmarketing in der Lehre

Im akademischen Kontext bezeichnet Agrarmarketing die Lehre des Marketings in der Agrar- und Ernährungswirtschaft, zugehörig dem Fachgebiet Agrarökonomie.

Bis zu den 70er Jahren des 20. Jahrhunderts lag für viele Jahrzehnte der Fokus von Lehre und Forschung im Bereich Agrarökonomie auf den Gebieten der Agrarpolitik oder Agrarmarktlehre. Dieser Fokus änderte sich ab den 1970er Jahren. Von dort an rückte auch das Gebiet des Agrarmarketings, bedingt durch die steigende internationale Vernetzung und dem entsprechend steigenden Wettbewerb innerhalb der Agrarbranche immer weiter in den Fokus.

Auch in den grünen Berufsfeldern gehört Marketing zum unternehmerischen Prozess dazu – somit wird der Studiengang Agrarmarketing (Bachelor/Master) immer wichtiger für Lebensmittelproduzenten und Unternehmen in der Agrarbranche.

Mit Agrarmarketing werden beispielsweise Maßnahmen entwickelt, Veränderungen der Kundenbedürfnisse erkannt und analysiert, um den nachhaltigen Erfolg zu sichern. Denn gerade in der Agrarbranche wird das Wissen über wettbewerbsintensive Märkte, Preis- und Vertriebspolitik, Kaufentscheidungsprozesse sowie Kooperationsmöglichkeiten händeringend gebraucht. Mit dem fundierten Wissen können Betriebsabläufe optimiert werden.

Historischer Hintergrund in Deutschland und Europa

Während der Zeit des Nationalsozialismus war der gesamte Berufsstand der Landwirtschaft inklusive ihrer Verbände und Organisationen im sogenannten Reichsnährstand zusammengefasst. Das Ansehen der Landwirtschaft sollte ebenso wie die Versorgungslage dadurch verbessert werden. Nach dem Zweiten Weltkrieg war die Zeit des Wiederaufbaus ebenfalls im Wesentlichen durch Versorgungsgedanken geprägt, die ein Marketing im klassischen Sinne kaum erforderlich machten. Agrarmärkte waren dadurch während der ersten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts von einer Politik der Versorgungssicherung geprägt. Bei der Gründung der Europäischen Union war der Bereich der Landwirtschaft der zweite Bereich nach Kohle und Stahl (Montanunion), der einer europäischen Regulierung unterworfen wurde. EU-Zahlungen an die Landwirtschaft waren ursprünglich als Maßnahmen zur Preisstabilität zur Abschwächung erntebedingter Preisschwankungen konzipiert. Später dienten sie auch der Preisstützung, erhielten also eine einkommenssichernde Komponente. Die daraus resultierende Überproduktion (z. B. sogenannte 'Butterberge') in vielen Bereichen machten in der Folge weitere Eingriffe zum Beispiel zum Abbau der Überschüsse erforderlich.

Immerhin sah die Agrarreform von 2005 eine Entkoppelung von Produktion und Prämienzahlung vor. Die Förderung der ländlichen Entwicklung hat sich parallel dazu als zweite Säule der GAP etabliert. Die Programme zielen darauf ab, Erwerbszweige neben der Landwirtschaft zu fördern, beispielsweise den Tourismus, die Verarbeitung von Lebensmitteln, die Direktvermarktung oder den Umweltschutz.

So ist die Landwirtschaft bis heute innerhalb der Europäischen Union ein stark regulierter Bereich, dessen Ausgestaltung viele planwirtschaftliche Elemente enthielt und bis heute enthält.

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Agrarmarkt

Agrarmärkte sind ökonomische Orte, die dem Ausgleich von Angebot und Nachfrage von Agrargütern, sowie der Preisbildung dienen. In ihm vollzieht sich die Gesamtheit aller Handelsbeziehungen beim Absatz landwirtschaftlicher Erzeugnisse. Dabei sind bestimmte Marktelemente wie Angebot, Nachfrage, Preisbildung und Wettbewerb wirksam. Der Agrarmarkt lässt sich nach Reichweite, Häufigkeit der stattfindenden Handelsbeziehungen, umgeschlagenen Agrarerzeugnissen und Verwendungszweck der Produkte gliedern.

Die Märkte für Agrarprodukte sind verschiedensten Einflüssen ausgesetzt, die über die Einzelmärkte hinweg von Bedeutung sind. Hierzu gehören auf globaler und regionaler Ebene sowohl politische Aspekte (z.B. unilaterale Handelspolitik sowie bi- und multilaterale Abkommen, Agrar-, Ernährungs- und Qualitätspolitik, Tier- Natur- und Verbraucherschutz) wie auch die volkswirtschaftlichen Rahmenbedingungen (z.B. Wirtschafts- und Einkommensentwicklung, Wechselkurse, Strukturen der Land- und Ernährungswirtschaft, Strukturbrüche durch wirtschaftliche oder sonstige Krisen). Auch Faktoren wie Bevölkerungswachstum, Entwicklung der menschlichen Ressourcen, Lebensart und Verzehrgewohnheiten wirken auf die Nachfrage nach Nahrungsmitteln weltweit ein.

In der Mehrzahl der Staaten ist das freie Spiel der Marktelemente durch (über-)staatliche Eingriffe in das Marktgeschehen stark eingeschränkt. Die Preise sind oft manipuliert. So unterstützt das BMEL durch Exportmaßnahmen deutsche Unternehmen bei der Erschließung neuer Märkte.

Innerhalb der EU waren die Agrarmärkte traditionell stark reguliert (z. Bsp. Milchquote). Der staatliche Einfluss ist jedoch durch die EU-Agrarreformen der letzten beiden Jahrzehnte stetig zurückgegangen, so dass die Entwicklungen an den Weltmärkten und internationale Agrarterminmärkte eine immer größere Rolle bei der Preisbildung spielen.

Die globalen Agrarmärkte erhalten für die Versorgung der wachsenden Weltbevölkerung eine zunehmende Bedeutung. Vor allem China hat einen stark steigenden Bedarf an Nahrungs- und Futtermitteln. Das Besondere des Agrarmarktes ist, dass zumeist vielen Anbietern (den Bauern) nur wenige Nachfrager (Großhändler, Ketten) gegenüberstehen. Mittel- und langfristig steigen die Agrarpreise deshalb wesentlich schwächer als andere Preise, fallen sogar bisweilen. Bei gleichzeitig steigenden Kosten stagniert bzw. sinkt so das Einkommen der Landwirte. Die ökonomisch schwächsten Bauern geben ihre Betriebe auf. Die frei werdenden Produktionskapazitäten, vor allem Flächen, werden von wachstumsfähigen Betrieben übernommen.

Agrarmärkte weisen in vielen Ländern eine sogenannte X-Struktur auf. Dies bedeutet, daß die Marktstruktur hinsichtlich der Zahl von Anbietern und Nachfragern auf den einzelnen Ebenen sehr unterschiedlich ist. Sie reicht von einer großen Anzahl von Betrieben der agrarischen Urproduktion über eine geringe Zahl von Einkaufszentralen für verarbeitete Agrarprodukte bis hin zu einer sehr großen Anzahl von Verbrauchern. In den Übergangsbereichen sind verschiedenste Ebenen des Handels und des Ernährungsgewerbes angesiedelt.

Die Vermarktungsquote landwirtschaftlicher Betriebe weist erhebliche räumliche und zeitliche Unterschiede auf. Generell steigt sie mit der volkswirtschaftlichen Differenzierung. Die Extreme liegen einerseits bei den Marktfruchtbetrieben der Industrieländer mit über 90 % und andererseits bei einer völlig fehlenden Marktorientierung in marktfernen Räumen mancher Entwicklungsländer. Außerdem steigt die Vermarktungsquote bei Marktfruchtbetrieben i.d.R. mit der Betriebsgröße.

Der Agrarmarkt läßt sich nach Warengattungen (Getreide, Ölsaaten, Vieh) oder nach seiner räumlichen Reichweite (lokal, regional, national, international) untergliedern.

Innerhalb der EU waren viele dieser Märkte traditionell stark reguliert. Der staatliche Einfluss ist durch die EU-Agrarreformen der letzten beiden Jahrzehnte jedoch stetig zurückgegangen, sodass die Entwicklungen an den Weltmärkten und die internationalen Agrarterminmärkte eine immer größere Rolle bei der Preisbildung spielen. Steigende und stark schwankende Preise kennzeichnen die globale Preisentwicklung bei Agrarrohstoffen seit 2007. Verbesserte Transparenz und eine angemessene Regulierung der Agrarterminmärkte soll dazu beitragen, mögliche negative Effekte von Finanzinvestoren einzudämmen sowie Unsicherheiten über Angebot und Lagerbestände zu verringern und so die Preisbildung zu stabilisieren.

Der Begriff Weltmarkt bezeichnet die grenzüberschreitenden Güterströme.

Die Nachfrager nach Agrargütern verteilen sich auf 5 Gruppen:

Agrarmarkt - Fachbegriffe
ab St Abkürzung für "ab Station". Der Käufer trägt die Frachtkosten ab dem vereinbarten Ort; kann auch ab Hof des Landwirts sein (maßgebend ist eingeladenes Gewicht und Qualität)
ARAG Amsterdam, Rotterdam, Antwerpen, Gent
Arbitrage Ausnutzung von unterschiedlichen Kursen beim gleichzeitigen Kauf und Verkauf von Ware an verschiedenen Märkten (Börsen), in verschiedenen Kontraktmonaten, zwischen dem Kassa- und dem Terminmarkt oder von unterschiedlichen, aber zueinander bezogenen Waren.
ASN Englische Abkürzung für "Advance Shipping Notice" (Versandvorabmitteilung). Mitteilung über die voraussichtliche Ankunft der Ware beim Empfänger. Die ASN enthält den voraussichtlichen Ankunftstermin, die Mengen und sonstige Spezifikationen. Die ASN muß vom Lieferanten an den Empfänger der Ware gesendet werden, bevor die Ware geliefert wird. Siehe auch "Avis / Lieferavis."
Avis / Lieferavis Mitteilung über die voraussichtliche Ankunft der Ware beim Empfänger. Das Lieferavis enthält den voraussichtlichen Ankunftstermin, die Mengen und sonstige Spezifikationen. Der Lieferavis muss vom Lieferanten an den Empfänger der Ware gesendet werden, bevor die Ware geliefert wird. Siehe auch "ASN."
Baissier / Bear Als Baissier oder Bear bezeichnet man den Spekulanten, der glaubt, dass die Preise zu hoch sind und ein Preissturz folgen wird.
bearish Marktverhältnisse, die fallende Kurse erwarten lassen.
Basis

Preis-Differenz zwischen nächstfälliger Waren-Terminmarktnotierung und dem aktuellen Kassa-Preis vor Ort. Die jeweilige, individuelle „Basis" ist für den Hedger von größter Bedeutung. Sie resultiert letztlich aus den abweichenden Paritäten und zeitlichen Vorgaben (Umschlag- und Transportkosten zu den jeweiligen Lieferorten), aus der Summe der Haltekosten (z.B.: Lagerkosten, Schwund, Versicherungsprämien, entgangener Zins bis zum nächstmöglichen Liefertermin), dem „Händlerlohn" und dem aktuellen Angebot und Nachfrage der speziellen Ware.

bez Bezahltkurs = Preis eines tatsächlichen Geschäftes.
bfn brutto für netto. Der Preis richtet sich nicht nach dem Nettogewicht, sondern nach dem Bruttogewicht; - Verpackung wird nicht in Abzug gebracht.
Brief Preisforderung eines potentiellen Verkäufers.
Broker/Börsenmakler Mittelsmann, der Kauf- oder Verkaufsorders für Kunden an bestimmten Börsen durchführt; für seine Dienste fordert der Broker eine Provision.
Cash/Settlement/Barausgleich Anstelle der Lieferung der eigentlichen Ware aus einem „Terminkontrakt" an einer Warenterminbörse wird der entsprechende Geldwert bei Fälligkeit eingefordert/überwiesen.
cfr Cost and Freight = Kosten und Fracht.
Bei Vereinbarung dieser Handelsbedingung muss der Verkäufer alle notwendigen Kosten und die Fracht für den Transport von seinem Grundstück bis zum vereinbarten Bestimmungshafen tragen. Er muss auch die Ausfuhrgenehmigung sowie sonstige amtliche Bescheinigungen beschaffen, die für die Ausfuhr notwendig sind. Sollte der Käufer ein Ursprungszeugnis verlangen, wird ihm dieses jedoch in Rechnung gestellt. Das Risiko des Unterganges des Schiffes, das der Beschädigung der Waren und das weiterer Kosten, die nach Verladung an Bord entstehen, geht allerdings auf den Käufer über.
Chart Grafik, die sämtliche Kurs-/Preisbewegungen einer Ware für einen bestimmten Zeitraum, ähnlich einer Fieberkurve, widerspiegelt.
cif Cost, insurance, freight = Kosten, Versicherung, Fracht. Die Ware wird frei Bestimmungshafen angeboten; d.h. Lieferung frei an Bord „Ablade-/Löschhafen", einschließlich Versicherung und Fracht bis zum Hafen (z.B. Weizen cif Hamburg: x Euro: d.h.: Weizen kostet x Euro/t frei Hamburg). Der Käufer trägt die Transportgefahr.
EFP-Kontrakte EFP steht für "Exchange für Physicals". Austausch von Futures (Warenterminkontrakten) im Zusammenhang mit physischen Kontrakten; d.h. Kontrakten, bei denen die Ware auch gegenständlich gehandelt wird. Bei den der Preisabsicherung dienenden Börsentransaktionen kann der Preis auch außerhalb des Börsensystems abgesprochen werden. In der Regel liegen Prämiengeschäfte zugrunde, bei denen der Preis am physischen Markt über die Börsennotierung für den Liefermonat abgeleitet wird. Die Abschlüsse am physischen Markt werden durch Futurekäufe gedeckt, die später aufgelöst werden. Jeder Marktteilnehmer muss seine individuelle Basis ermitteln (s.o., Differenz zwischen Kassapreis und dem Preis des nächstmöglichen Futurekontraktes).
faq Fair average quality = Handelsklausel für Ware mittl. Art und Güte.
fas Free alongside ship = frei bis an die Seite des Schiffs.
Der Verkäufer hat die Ware auf seine Kosten und Gefahren längsseits des vom Käufer benannten Schiffs zu liefern.
fca Free Carrier = frei Frachtführer. Der Verkäufer hat dann seine Verpflichtung erfüllt, wenn er die verkaufte Ware zum Export frei gemacht hat und an dem im Kaufvertrag vereinbarten Ort einem, vom Käufer benannten Frachtführer, übergeben hat. Hierbei gilt als Frachtführer, wer sich durch einen Beförderungsvertrag verpflichtet, die Beförderung über Schiene, Straße, Luft, See oder Binnengewässer sowie einer möglichen Kombination dieser Transportarten durchzuführen oder durchführen zu lassen.
ffr Frachtfrei. Der Verkäufer hat die Ware kostenfrei an den vereinbarten Ort zu liefern; der Käufer trägt die Transportgefahr. fob Free on board (frei an Bord). Der Verkäufer hat die Ware frei an Bord des Schiffes im Hafen liefern.
fr.F. Frei Fuhre. Der Verkäufer hat die Ware kostenfrei in den LKW zu liefern.
franco frei; der Verkäufer trägt die Fracht und die Transportgefahr; er liefert die Ware ohne Berechnung von Fracht- und Transportversicherungskosten bis zum bestimmten Ort (Bahnstation, Fluss- bzw. Seehafen).
Future Ausdruck für einen Terminkontrakt an einer Warenterminbörse (z. B.: an den Börsen in, Paris, London, Chicago, Leipzig u.a.).
Geld Preisgebot eines potentiellen Käufers.
Hedging Gegengeschäft am „Termin- oder Terminoptionsmarkt"; Zur Absicherung einer künftigen Transaktion am „Kassa-Markt". Beim Hedging werden Gegengeschäfte durchgeführt, um die Wirkung einer ungünstigen Preisentwicklung auf Lagerbestände oder andere frühere Engagements auszuschalten oder abzudämpfen; um das Verlustrisiko zu übertragen / - zu begrenzen. Wenn in Zukunft Ware am Kassamarkt gekauft werden soll, werden entsprechende Terminkontrakte gekauft (long hedge); wenn aber später am Kassamarkt Ware verkauft werden soll, werden frühzeitig Terminkontrakte verkauft (short hegde).
Incoterms International Commercial Terms Internationale Handelsklauseln, die der Vereinheitlichung des internationalen Handels dienen. Sie wurden erstmals 1936 von der Internationalen Handelskammer in Paris veröffentlicht wurden. Überarbeitet und jeweils den aktuellen Handelsbräuchen angepasst wurden sie in den Jahren 1953, 1967, 1980 und zuletzt 1990.
In den einzelnen Ländern herrschen z.B. oftmals unterschiedliche, meist traditionell entstandene Rechtsauffassungen. Zweck der Incoterms ist es daher, den Handelspartnern, die daran interessiert sind, ihre Verträge möglichst reibungslos abzuwickeln, einheitliche, international anerkannte Regeln zur Verfügung zu stellen und keinen der Partner zu benachteiligen.
Initial margin/ Ersteinschuss Als Sicherheitsleistung; wenn ein Kunde eine „Future-Margin/ Position" an einer Terminbörse eingeht, wird von ihm ein Ersteinschuss in bestimmter Höhe verlangt, um die spätere Erfüllung seiner Obligationen zu garantieren.
Margin call Eine „Nachschuss-Aufforderung" ( - ein „Margin call") erfolgt, wenn die aktuelle (tägliche) Kursbewegung für den Kunden ungünstig verlaufen ist und die zunächst geforderte Sicherheitsleistung den ergänzend festgelegten Mindesteinschuss (Maintainance margin) unterschritten hat (häufig werden um 75 % des zunächst verlangten Ersteinschusses als Mindesteinschuss gefordert) und die zwingend erforderliche Sicherheitsleistung wieder aufgefüllt werden muss, um die Position (den speziellen Kontrakt) im Terminmarkt auch weiter halten zu können (- wenn der Margin call nicht geleistet wird, wird der Kontrakt von der Börse liquidiert!).
Jan-März Zu Termingeschäft: Der Käufer hat pro Monat (in diesem Fall im Januar, Februar und März) Ware abnehmen.
Jan/März Zu Termingeschäft: Der Käufer hat die Wahl, innerhalb der Zeitspanne (in diesem Fall von Jan bis März) Ware abzunehmen.
Kassa-Ware Ware, die am „Kassa-Markt" zur sofortigen Lieferung bereitsteht. Heute gebraucht man diesen Begriff zum Teil auch für Ware, die auf "Ankunft" gekauft, oder auch verkauft, wird.
Liquidate Auflösen (liquidieren) einer offenen Position am Terminmarkt. Eine offene Kaufposition (open long) wird aufgelöst (glattgestellt) durch den Verkauf dieser offenen Position.. Bei einer offenen Verkaufsposition wird ein entsprechender Kontrakt zurückgekauft (short covering).
Liquitität Liquitität als Maßstab für einen „flüssigen Markt"; nur ein liquider Markt ermöglicht einen schnellen und wirkungsvollen Ein- und Ausstieg zum gegenwärtigen Marktkurs. Die Möglichkeit, Positionen schnell einzugehen und aufzulösen, ergibt sich aus einer möglichst großen Anzahl von Marktteilnehmern mit der Bereitschaft, zu kaufen und zu verkaufen; abzuleiten aus der Anzahl der am Terminmarkt jeweils gehandelten Kontrakte (vgl. auch: „Volumen").
loco Am Ort = Kauf einer Ware, die sofort vorrätig (greifbar) ist. Einfachste Form des Loko-Geschäfts ist „Ab-Hof-Verkauf" (loco-Hof-Verkauf).
Maturity Fälligkeit; Zeitraum, während dessen ein Terminkontrakt ggf. zur „Glattstellung" mit der effektiven Ware angedient werden kann (z.B. der Zeitraum zwischen dem ersten Tag der Andienungsanzeige und dem letzten Handelstages eines (des) Kontrakts.
Open interest /
offenes Interesse
Im Terminhandel ist dies die Anzahl aller noch nicht glattgestellten oder liquidierten Terminkontrakte. Da es immer nur ebenso viele offene Kaufpositionen wie Verkaufspositionen geben kann, werden entweder nur die gekauften oder die verkauften Kontrakte gezählt; nicht beide. Bei Optionen hat jede Optionsart seine eigene Anzahl ausstehender Kontrakte. Das „open interest" wird für Puts (Verkaufsoption) und Calls (Kaufoption) getrennt berechnet.
ppt Prompt = Die Lieferung hat umgehend, d.h. innerhalb von sieben Tagen, nach Geschäftsabschluss zu erfolgen.
Settlement Price Schlusskurs (an Warenterminmarktbörse); wird von der Clearingstelle der Börse anhand der letzten zwei Minuten der Börsensitzung ermittelt und festgelegt. Der Schlusskurs wird zur Bestimmung des täglichen Kurslimits in der nächsten Börsensitzung herangezogen; nach ihm werden alle Konten der Clearingmitglieder abgerechnet; nach ihn werden die Gewinne und Nachschussforderungen (margin calls) aller offenen Positionen ermittelt.
sof. Abkürzung für sofort. Die Ware muss innerhalb von drei Geschäftstagen nach Vertragsabschluss geliefert werden.
Spread Kursdifferenz unterschiedlicher Kontrakte: 1. Position, die in zwei verschiedenen Futureskontrakten eingegangen wurde, um einen Profit aus der Veränderung der Kursdifferenz zu ziehen (z.B. Kauf von Jan.- Schweinen und Verkauf von März-Schweinen (bull spread), um bei einer Verringerung der Kursdifferenz zu profitieren. 2. Der Kursunterschied zwischen zwei verschiedenen Futureskontrakten.
Termin Zeitpunkt (ggf. Tag) der Fälligkeit zur Lieferung, Bezahlung.
Termingeschäft /-kontrakt Individuelle Vereinbarung zwischen zwei Marktpartnern, eine jetzt gekaufte bzw. verkaufte individuell definierte Ware zu einem späteren Zeitpunkt zu bezahlen, zu übernehmen bzw. zu liefern (siehe auch „Jan-März" bzw. „Jan/März").
Tick Die kleinste erlaubte Kursänderung / Schwankung bei Termin-Kontrakten; die Kontrakte haben unterschiedliche Tick-Größen; Ticks können definiert sein als Preis je Maßeinheit in € oder Dollar usw.
Ust. / MwSt. Abkürzung für die zu zahlende Umsatzsteuer in Deutschland. Alle Preise in der Marktpreisberichterstattung sind üblicherweise Nettopreise. Um den Bruttopreis zu berechnen, muss die Umsatzsteuer (Mehrwertsteuer) zum Nettopreis hinzugerechnet werden.
Volume (Umsatz / Volumen) An einer Warenterminbörse; Anzahl der gehandelten Kontrakte an einen Tag. Bei der Ermittlung der Umsatzzahlen gelten Kauf- und Verkaufsgeschäft als ein Kontrakt. Die Umsatzzahlen werden zum Abschluss des Börsengeschäfts ermittelt und täglich mit Bekanntgabe des „Settlement-Price" veröffentlicht.
Warenterminmarkt Plattform/ Handelsplatz zum Handel von spez. definierten (Future-)Kontrakten bestimmter Agrar- (oder auch sonstiger Produkte) mit Ziel der Preisabsicherung (- oder auch der Spekulation!). Käufer und Verkäufer treten nicht miteinander in Verbindung; durch die Vermittlung von „Brokern" wird eine von der Börse speziell definierte Ware (ein Kontrakt) - in bestimmter Menge und Güte - zu einem vorgegebenen Termin gehandelt. Ziel ist nicht die physische Lieferung der Ware, sondern nur die preisliche Absicherung zum Zeitpunkt der vorgesehenen Lieferung.
wggfr. Waggonfrei = der Verkäufer muss die Ware kostenfrei in den Waggon liefern.

Quelle: LWK (pers. Mitteilung, verändert)

(s. a. Vermarktung)

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Agrarmarktordnung

Siehe Marktordnung

Agrarmarktpolitik

Politikfeld, das einerseits die landwirtschaftliche Marktlehre und andererseits die Begründung sowie die Instrumente agrarpolitischer Eingriffe in das Marktgeschehen umfasst.

Agrarmeteorologie

Teilgebiet der angewandten Meteorologie, das sich mit den Auswirkungen von Wetter, Witterung und Klima auf die in hohem Maße vom Wettergeschehen abhängige Landwirtschaft befasst. Zu den Aufgabengebieten der Agrarmeteorologie gehören klimatische Fragen des Pflanzenstandorts und agrarmeteorologische Beratung, u.a. in Form spezieller, über Fax oder Telefon abrufbarer Wetterberichte. Letztere unterstützt sowohl die Dosierung als auch die Wahl des richtigen Zeitpunktes von bestimmten landwirtschaftlichen Maßnahmen, und zwar mit dem Ziel der Einsparung von Energie, Agrarchemikalien und Arbeitskräften sowie zur Minimierung von Umweltbelastungen.Aus diesem Grunde befasst sie sich hauptsächlich mit den zwischen Boden, Pflanze und Atmosphäre auftretenden mikroklimatischen Wechselwirkungen. Das gewonnene Prozessverständnis ermöglicht die Bearbeitung landwirtschaftlich relevanter Themen wie Beregnung, Frostschutz, Ertragsprognosen, Stoff- und Partikeltransporte sowie Pflanzenkrankheiten.

Hingewiesen sei auf den Deutschen Klimaatlas des Deutschen Wetterdienstes (DWD), der unter anderem die zu erwartenden klimatischen Auswirkungen auf die Landwirtschaft veranschaulicht. Beim DWD besteht das modular aufgebaute agrarmeteorologische Beratungsprogramm AMBER.
Agrarmeteorologische Beratungen betreffen beispielsweise

Neuere Entwicklungen sind Formen der Zusammenarbeit beispielsweise zwischen Agrartechnologie-Firmen und dem DWD bei denen online-Beratungsdienste für Landwirte, Lohnunternehmer und landwirtschaftliche Berater angeboten werden. Die Besonderheit liegt in der Wahlmöglichkeit zwischen einer lokalen Vorhersage oder einer individuellen Wettervorhersage, speziell für den Standort des Anwenders. Beispielsweise können ortsbezogene agrarmeteorologische Prognosedaten den Bodenwassergehalt, die Erdbodentemperaturen, die Blattbenetzung, die Kornfeuchte oder die Heu- und Silagetrocknung betreffen. Die Aktualisierung kann täglich zweimal erfolgen, mit einer stündlichen Auflösung der Prognose für die nächsten 72 Stunden. Die Genauigkeit erreicht hohe Werte, da die Vorhersage auf einen Standort mit 6 km Radius bezogen ist.

In der gemeinsamen Entwicklung von DWD und Pflanzenschutzämtern befinden sich computergestützte Entscheidungshilfen für den Pflanzenschutzmittel-Einsatz.
Bei der Datenerfassung zur Lösung der agrarmeteorologischen Aufgaben tritt zur Registrierung der üblichen Wetterfaktoren auch die Phänologie. Sie besitzt besondere Bedeutung für Obstbau, Imkerei und Drogengewinnung.

(s. a. Agrarklimatologie)

Weitere Informationen:

Agrarökologie

Im Wandel befindlicher Begriff zur Bezeichnung sowohl einer Wissenschaft, einer Bewegung oder einer landwirtschaftlichen Praxis. In verschiedenen Regionen lassen sich unterschiedliche Bedeutungsschwerpunkte des Begriffs feststellen. Anfangs bezog sich Agrarökologie auf Pflanzenproduktion und -schutz. In den letzten Jahrzehnten kamen umweltbezogene, soziale, ökonomische, ethische und entwicklungsbezogene Aspekte hinzu.

In Deutschland hat die Agrarökologie eine lange Tradition als wissenschaftliche Disziplin und war zunächst nicht mit anderen Bedeutungen verknüpft. In den Vereinigten Staaten und Brasilien werden alle drei Bedeutungen unter dem Begriff verstanden, wobei die wissenschaftliche in den USA und die anderen in Brasilien dominieren. In Frankreich wurde unter Agrarökologie lange eine Praxis verstanden.

In seiner englischen Entsprechung wurde der Begriff Agrarökologie erstmals 1928 verwendet. Bis in die 1960er Jahre hinein war die Agrarökologie eine rein wissenschaftliche Disziplin. Dann entwickelten sich verschiedene Zweige. Aus den Umweltbewegungen der 1960er Jahre, die sich gegen industrielle Landwirtschaft richteten, gingen agrarökologische Bewegungen in den 1990er Jahren hervor. Seit den 1980er Jahren entstand die Agrarökologie auch als Praxis, die häufig mit den Bewegungen verknüpft war. In den letzten 80 Jahren vergrößerte sich auch das Betrachtungsspektrum der Agrarökologie von der Feld- zur Agrarökosystemebene, u. a. mit Blick auf Ökosystemleistungen, Bodenfruchtbarkeit, Biodiversität. Dabei untersucht man die Existenzbedingungen von Organismen in der Umwelt, die der Mensch für die Produktion bestimmter Kulturpflanzen gestaltet, insbesondere das Verhältnis von Anbausystemen, Natur- und Ressourcenschutz.

Agrarökologie als Wissenschaft

Als angewandte Wissenschaft untersucht Agrarökologie ökologische Prozesse in landwirtschaftlichen Produktionssystemen. Durch die Anwendung ökologischer Prinzipien können neue Managementansätze in Agrarökosystemen vorgeschlagen werden. Agrarökologen untersuchen eine Vielzahl von Agrarökosystemen. Das Feld der Agrarökologie wird nicht mit einer bestimmten Methode der Landwirtschaft in Verbindung gebracht, sei es organisch, regenerativ, integriert oder konventionell, intensiv oder extensiv, obwohl einige den Namen speziell für alternative Landwirtschaft verwenden.

Agrarökologie ist ein ganzheitlicher Ansatz, der versucht, Landwirtschaft und lokale Gemeinschaften mit natürlichen Prozessen in Einklang zu bringen, zum gemeinsamen Nutzen der Natur und der Lebensgrundlagen.

Die Agrarökologie ist von Natur aus multidisziplinär und umfasst Wissenschaften wie Agrarwissenschaften, Ökologie, Umweltwissenschaften, Soziologie, Ökonomie, Geschichte und andere. Die Agrarökologie nutzt verschiedene Wissenschaften, um Elemente von Ökosystemen wie Bodeneigenschaften und Interaktionen zwischen Pflanzen und Insekten zu verstehen, sowie die Sozialwissenschaften, um die Auswirkungen landwirtschaftlicher Praktiken auf ländliche Gemeinschaften, wirtschaftliche Beschränkungen bei der Entwicklung neuer Produktionsmethoden oder kulturelle Faktoren, die landwirtschaftliche Praktiken bestimmen, zu verstehen.

Agrarökologie als Praxis

„Agrarökologische Landwirtschaft“ geht über die Standards und Anforderungen des Bio-Landbaus hinaus, der mittlerweile auch im großen Stil betrieben werden kann. Im deutschsprachigen Raum haben sich jedoch eher Begriffe wie Permakultur oder biologisch-dynamischer Landbau als Identität stiftende Kategorien durchgesetzt. Klare Grenzen zwischen den einzelnen Begriffen zu ziehen ist sehr schwierig. Gemeinsam haben alle diese Formen der Landwirtschaft, dass sie in klarem Kontrast (und meist auch Konflikt) zur konventionellen, insbesondere zur industriellen Landwirtschaft stehen.

Auf der Ebene des landwirtschaftlichen Betriebs streben agrarökologische Praktiken ein Gleichgewicht der Nährstoffflüsse an, um günstige Boden- und Pflanzenwachstumsbedingungen zu sichern, den Verlust von Wasser und Nährstoffen zu minimieren und die Nutzung der Sonneneinstrahlung zu verbessern. Dabei recyceln sie Biomasse und regenerieren die biotischen Aktivitäten im Boden.

Zu den Praktiken gehören auch ein effizientes Mikroklimamanagement, Bodenbedeckung, angemessene Pflanzzeit und genetische Vielfalt. Sie versuchen, ökologische Prozesse und Leistungen wie Nährstoffkreisläufe, ausgewogene Räuber-Beute-Interaktionen, Konkurrenz, Symbiose und Sukzessionsveränderungen zu fördern. Das übergeordnete Ziel ist es, menschlichen und nicht-menschlichen Gemeinschaften im ökologischen Bereich zu nützen, mit weniger negativen ökologischen oder sozialen Auswirkungen und weniger externen Inputs. Aus Sicht des Lebensmittelsystems bietet die Agrarökologie Managementoptionen in Bezug auf Kommerzialisierung und Konsum durch die Förderung kurzer Nahrungsketten und gesunder Ernährung.

Entwicklungskonzept und Bewertung unterschiedlicher Anbausysteme nach Ertrag und Nachhaltigkeit

Entwicklungskonzept und Bewertung unterschiedlicher Anbausysteme nach Ertrag und Nachhaltigkeit

Nach Auffasung des Weltagrarberichts bedarf es einer agrarökologischen Evolution der Landwirtschaft, wie auch der Lebensmittelproduktion und des Konsums. Sich ihren jeweiligen Umweltbedingungen anzupassen, ist die Kunst der Landwirtschaft seit ihren Ursprüngen vor 10.000 Jahren. Erst in den letzten 100 Jahren erlaubte die Erschließung und Nutzung fossiler Energiequellen einem Teil der Menschheit, den aufmerksamen Austausch mit der Natur durch den Einsatz von Maschinen und moderner Chemie zu ersetzen. Dies führte in den letzten 60 Jahren zu einer beispiellosen globalen Umgestaltung und Ausbeutung natürlicher Lebensräume und regionaler Agrar- und Ernährungssysteme, deren Folgen heute zentrale Menschheitsprobleme geworden sind.

Quelle: Weltagrarbericht

Die Agrarökologie wurde als eine wichtige Reihe von Praktiken für den Aufbau von Klimaresilienz vorgeschlagen. Diese können die Vielfalt auf dem Betrieb (von Genen, Arten und Ökosystemen) durch einen Landschaftsansatz verbessern. Zu den Ergebnissen gehören der Erhalt und die Wiederherstellung von Böden und damit die Bindung von Kohlenstoff im Boden, die Reduzierung des Einsatzes von mineralischen und chemischen Düngemitteln, der Schutz von Wassereinzugsgebieten, die Förderung lokaler Lebensmittelsysteme, die Reduzierung von Abfällen und ein fairer Zugang zu gesunden Lebensmitteln durch nährstoffreiche und diversifizierte Ernährung.

Ein Prinzip der Agrarökologie ist es, zur Nahrungsmittelproduktion durch Kleinbauern beizutragen. Da klimatische Ereignisse Kleinbauern stark beeinträchtigen können, ist es notwendig, die Heterogenität der kleinbäuerlichen Landwirtschaft besser zu verstehen, um die Vielfalt der Strategien zu berücksichtigen, die traditionelle Bauern im Umgang mit klimatischen Schwankungen angewandt haben und noch anwenden. In Afrika kommen viele Kleinbauern mit Klimaextremen zurecht und bereiten sich sogar darauf vor, indem sie Ernteausfälle durch eine Reihe von agrarökologischen Praktiken (z. B. Biodiversifizierung, Bodenmanagement und Wassergewinnung) minimieren. Die Widerstandsfähigkeit (Resilienz) gegenüber extremen Klimaereignissen hängt auch mit der Biodiversität auf dem Betrieb zusammen, die ein typisches Merkmal traditioneller landwirtschaftlicher Systeme ist.

Agrarökologie - Definitionen in unterschiedlichen Feldern

Als Wissenschaft ist die Agrarökologie:
(i) die integrative Untersuchung der Ökologie des gesamten Lebensmittelsystems, die ökologische, ökonomische und soziale Dimensionen umfasst oder, kurz gesagt, die Ökologie des Lebensmittelsystems;
(ii) die Anwendung ökologischer Konzepte und Prinzipien auf die Gestaltung und das Management nachhaltiger Lebensmittelsysteme; und, in jüngerer Zeit,
(iii) die Integration von Forschung, Bildung, Handeln und Veränderung, die Nachhaltigkeit in alle Teile des Lebensmittelsystems bringt: ökologisch, ökonomisch und sozial.

Agrarökologische Praktiken zielen darauf ab, Agrarökosysteme zu verbessern, indem sie natürliche Prozesse nutzbar machen, vorteilhafte biologische Wechselwirkungen und Synergien zwischen ihren Komponenten schaffen und ökologische Prozesse und Ökosystemleistungen bestmöglich für die Entwicklung und Umsetzung von Praktiken nutzen.

Als soziale Bewegung wird die Agrarökologie als Lösung für aktuelle Herausforderungen wie Klimawandel und Mangelernährung gesehen, die sich vom sogenannten "industriellen" Modell abhebt und es umwandelt, um lokal relevante Lebensmittelsysteme aufzubauen, die die wirtschaftliche Lebensfähigkeit ländlicher Gebiete auf der Grundlage kurzer Vermarktungsketten sowie einer fairen und sicheren Lebensmittelproduktion stärken. Sie unterstützt verschiedene Formen der kleinbäuerlichen Lebensmittelproduktion und Familienbetriebe, Bauern und ländliche Gemeinschaften, Ernährungssouveränität, lokales Wissen, soziale Gerechtigkeit, lokale Identität und Kultur sowie indigene Rechte für Saatgut und Rassen. Diese Dimension der Agrarökologie als politische Bewegung tritt zunehmend in den Vordergrund.

Diese drei Dimensionen der Agrarökologie, ihre Artikulation und ihre gemeinsame Entwicklung bilden einen ganzheitlichen Ansatz.

Quelle: FAO 2019

Agrarökologie als soziale Bewegung

Beginnend in den 1990er Jahren in den Vereinigten Staaten und Lateinamerika wurde Agrarökologie als Eigenbezeichnung von Bewegungen übernommen, um ein neuartiges Bild der Landwirtschaft und ihres Verhältnisses zur Gesellschaft auszudrücken. In Brasilien hat es die Agrarökologie als Wissenschaft nie gegeben, sie hat dort ihre Wurzeln in traditioneller Landwirtschaft. In den 1970er Jahren begannen Bewegungen, die landwirtschaftlicher Modernisierung kritisch gegenüberstanden, für alternative Landwirtschaft, Familienbetriebe und Ernährungssouveränität zu werben. Ein bekannter Unterstützer dieser Bewegungen war José Lutzenberger. In den 1980er Jahren wurden diese Bewegungen formalisiert. 2001 fand das „National Meeting of Agroecology“ statt, das zum Ziel hatte, für die Agrarökologie zu werben. 2003 erkannte die brasilianische Regierung die Agrarökologie unter dem Schirm der ökologischen Landwirtschaft formal an. In Deutschland ist die Agrarökologie als Bewegung mehr oder weniger nicht existent, da sich die meisten Produzenten der nicht-konventionellen Landwirtschaft eher der Permakultur oder dem biologischen Landbau zugehörig fühlen.

Der Unterschied: biologische Landwirtschaft und Agrarökologie

Die biologische Landwirtschaft ist ein Produktionssystem mit einer Zertifizierung. Es beruht auf einem Anbaumanagement, das den Einsatz von synthetischem chemischen Dünger und Pestiziden verbietet, wie auch von Antibiotika in der Tierproduktion. Dies gilt bis auf wenige spezielle Ausnahmen. Der Hauptunterschied zur Agrarökologie ist, dass es dort keine Zertifizierung gibt. Deshalb gibt es kein generelles Verbot von chemischem Produktionsmitteln, auch wenn der gegenwärtige Kernansatz darin besteht, diese extrem zu reduzieren oder auch komplett wegzulassen. Dies wird jedoch von verschiedenen Akteuren unterschiedlich diskutiert und favorisiert. Ebenso steht im Raum, ob es nicht in Zukunft eine Art Label für agrarökologische Produktion geben sollte.

Kritik

Kritik an der Agrarökologie bezieht sich auf den expliziten Ausschluss moderner Biotechnologie und die Annahme, dass Kleinbauern und -bäuerinnen eine homogene Einheit ohne Heterogenität in den Macht- (und damit Geschlechter-)Verhältnissen sind.

Agrarökologie und Sustainable Development Goals (SDGs)

Bei der Anleitung von Ländern zur Umgestaltung ihrer Nahrungsmittel- und Agrarsysteme, zum umfassenden Einsatz nachhaltiger Landwirtschaft und zur Erreichung von Null Hunger und mehreren anderen SDGs gingen 10 Elemente der Agrarökologie aus regionalen FAO-Seminaren zur Agrarökologie hervor. Die 10 Elemente der Agrarökologie sind miteinander verbunden und voneinander abhängig.

Als Analyseinstrument können die 10 Elemente den Ländern helfen, die Agrarökologie zu operationalisieren. Indem sie wichtige Eigenschaften agroökologischer Systeme und Ansätze sowie Schlüsselüberlegungen bei der Entwicklung eines günstigen Umfelds für die Agrarökologie identifizieren, sind die 10 Elemente ein Leitfaden für politische Entscheidungsträger, Praktiker und Interessenvertreter bei der Planung, dem Management und der Bewertung agroökologischer Veränderungsprozesse. Das Ziel ist, kleinbäuerlichen Betrieben in einkommensschwachen Ländern ein Einkommen auf Basis lokaler Kreisläufe zu sichern und dabei weitgehend auf externen Input (synthetischer Dünger, Pestizide) zu verzichten.

10 Elemente der Agrarökologie
Diversity Diversity: diversification is key to agroecological transitions to ensure food security and nutrition while conserving, protecting and enhancing natural resources [...]
Co-creation Co-creation and sharing of knowledge: agricultural innovations respond better to local challenges when they are co-created through participatory processes [...]
Synergies

Synergies: building synergies enhances key functions across food systems, supporting production and multiple ecosystem services [...]

Efficiency

Efficiency: innovative agroecological practices produce more using less external resources […]

Recycling

Recycling: more recycling means agricultural production with lower economic and environmental costs [...]

Resilience

Resilience : enhanced resilience of people, communities and ecosystems is key to sustainable food and agricultural systems […]

Human values

Human and social values: protecting and improving rural livelihoods, equity and social well-being is essential for sustainable food and agricultural systems [...]

Culture traditions

Culture and food traditions: by supporting healthy, diversified and culturally appropriate diets, agroecology contributes to food security and nutrition while maintaining the health of ecosystems [...]

Responsible governance

Responsible governance : sustainable food and agriculture requires responsible and effective governance mechanisms at different scales – from local to national to global [...]

circular economy

Circular and solidarity economy: circular and solidarity economies that reconnect producers and consumers provide innovative solutions for living within our planetary boundaries while ensuring the social foundation for inclusive and sustainable development [...]

Quelle: FAO

Weitere Informationen:

agrarökologischer Sonderstandort

Agrarwirtschaftliche Bezeichnung für Flächen, die für eine normale landwirtschaftliche Nutzung entweder zu steil, zu trocken, zu feucht, zu nährstoffarm oder zu steinig sind. Der Begriff beinhaltet eine Bewertung der Ökofaktoren aus landwirtschaftlicher Sicht. Diese Bewertung kann sich mit dem gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und agrartechnischen Wandel verändern, auch wenn die Ökofaktoren am Standort unverändert bleiben.

Die Entstehung solcher extensiv genutzter Landschaftselemente ergibt sich in der Regel aus dem Dualismus besonderer landschaftsökologischer Bedingungen einerseits und den entsprechenden anthropogenen Einflüssen (landwirtschaftliche Tätigkeit) andererseits. Agrarökologische Sonderstandorte umfassen nicht nur agrarmorphologische Formen (Stufenraine, Lesesteinakkumulationen, etc.), sondern auch Elemente, die aus hydrologischen, pedologischen oder nutzungsbedingten Gründen agrarökologische Sonderstandorte bilden. Auch zählen die Ränder von Bewirtschaftungsflächen zu dieser Kategorie, bei denen gleichfalls die Nutzungsintensität geringer ist, weil man diese Flächen beispielsweise zum Wenden von landwirtschaftlichen Maschinen benötigt.

Je nach den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen stellen agrarökologische Sonderstandorte Grenzertragsflächen dar, auf denen noch eine extensive Landnutzung stattfindet. An Hängen, die beispielsweise für einen Getreideanbau zu steil sind, kann immer noch eine Beweidung stattfinden oder – wenn die übrigen Standortfaktoren günstig sind – auch Weinbau betrieben werden.

Agrarökologische Sonderstandorte spielen heute bei der Erhaltung der Biodiversität eine Rolle. Sie werden heute häufig im sogenannten Vertragsnaturschutz gepflegt, um ihre Verbuschung zu verhindern und hier Lebensraum für gefährdete Arten anzubieten.

Agrarökonomie

Die Agrarökonomie ist ein Spezialgebiet der Wirtschaftswissenschaften. Sie beschäftigt sich mit den wirtschaftlichen Zusammenhängen und Gesetzmäßigkeiten des Wirtschaftssektors Agrarwirtschaft.

Agrarökosystem

Auch Agroökosystem; durch die Tätigkeit des Landwirts geschaffenes Nutzökosystem, bei dem die funktionale Einheit der Biosphäre als Wirkungsgefüge aus wildwachsenden Pflanzen und Kulturpflanzen, wildlebenden Tieren und vielfach aus Nutztieren besteht. Als wesentliche ökologische Variable nimmt er entscheidend Einfluss auf die Zusammensetzung, das Funktionieren, die Stabilität und die energetischen, stofflichen und informatorischen Wechselbeziehungen des Systems.

Das Agrarökosystem dient vornehmlich der Erzeugung von Nahrungsmitteln und anderen biologischen Rohstoffen. Beispiele sind ein Getreide- oder Rübenfeld, eine Viehweide oder eine Mähwiese. Grundsätzlich kann aber auch ein landwirtschaftlicher Viehbestand mit Futterversorgung und Fäkalienabfuhr als Agrarökosystem aufgefasst werden, vor allem in Verbindung mit Weidewirtschaft.

Die Leistung eines Agrarökosystems ist primär eine Funktion von Boden, Klima und Organismenbestand. Inwieweit Agrarökosysteme in Form und Funktion von unbewirtschafteten Ökosystemen abweichen, hängt von der Art und Intensität der Bewirtschaftung sowie vom Umfang der Stoffzufuhr (Düngung) und Stoffentnahme (Ernte) ab.

Bei den Organismen der Agrarökosystemen handelt es sich um die Individuen verschiedener Arten bzw. Populationen von Kultur- und Wildpflanzen, Tieren und Mikroorganismen. Die Kulturpflanzen stammen von Wildpflanzen ab und sind durch die unbewusste oder gezielte Auslese bestimmter Merkmale durch den Menschen entstanden.

Die Umwelt besteht aus der Gesamtheit der Faktoren, die auf Organismen einwirken. Die verschiedenen physikalischen und chemischen Einflüsse, die von der unbelebten Umwelt ausgehen stellen die abiotischen Faktoren dar (z.B. Bodeneigenschaften, Relief, Höhenlage, Klima). Die Wirkungen der biotischen Faktoren gehen von Organismen aus und können auf die Individuen derselben Art, die Individuen einer anderen Art oder auf die abiotische Umwelt ausgeübt werden. Aus der Perspektive einer Art besteht die biotische Umwelt im Wesentlichen aus anderen Arten, zu denen sie in unterschiedlichen Beziehungen stehen kann, z.B. Nahrungsbeziehungen, Konkurrenz, Mutualismus. (Martin und Sauerborn 2006)

Historische nachhaltige Agrarökosysteme orientierten sich an der Nährstoffrückführung natürlicher Ökosysteme. Nährstoffentzüge wurden durch weitgehende Rückführung der Pflanzenrückstände und des organischen Düngers sowie durch Fixierung und Verwitterung ausgeglichen. Die moderne Landwirtschaft hat die Erträge durch Zufuhr mineralischer Dünger, durch Schädlings- und Unkrautbekämpfung stark gesteigert, dabei aber den Nährstoffkreislauf aufgebrochen und den Energieeinsatz pro erzeugter Nahrungseinheit stark erhöht.

Unterschiede von Agrarökosystemen gegenüber natürlichen Ökosystemen in einer ähnlichen abiotischen Umwelt:

Die Agrarökosysteme der Gegenwart sind das Ergebnis einer Entwicklung in mehreren Phasen, die sich als horizontale Expansion (Umwandlung bis dahin nicht landwirtschaftlich genutzter Flächen in Acker- und Grünland) und später als vertikale Expansion (rationelle Bodennutzung unter dem Einfluß von Marktmechanismen und Technikentwicklungen) beschreiben lassen. (Agrargeschichte)

Teilweise wird der Begriff Agrarökosystem, wohl in Anlehnung an die lateinische Herkunft (ager, Acker), enger gefasst und bezieht sich nur auf Ackerbausysteme. (Martin und Sauerborn 2006)

Agrarplanung

Agrarplanung ist darauf ausgerichtet, den permanenten Strukturwandel in einer wachsenden Gesellschaft einerseits zu fördern und zu unterstützen und andererseits sozial abzusichern. Dazu dienen verschiedene Maßnahmen auf Bundes- und Landesebene (Gemeinschaftsaufgabe zur Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes) sowie zunehmend auch auf EU-Ebene (Europäischer Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER)). Die klassische Agrarplanung entwickelt sich mehr und mehr zu einer Politik für den ländlichen Raum unter Berücksichtigung von Umwelt- und Naturschutzbelangen.

Der Begriff Agrarplanung ist im Vergleich zu anderen Planungen wie der Bauleitplanung, Straßenbauplanung o. Ä. inhaltlich und verfahrensmäßig weniger klar bestimmt als diese. Innerhalb der Agrarpolitik findet sich neben dem Komplex der Agrarpreispolitik der Bereich Agrarstrukturpolitik, der verschiedene Maßnahmen der Einflussnahme auf die Entwicklung der Struktur der Landwirtschaft zusammenfasst. Als Weiterentwicklung der traditionellen Agrarplanung wird zunehmend von der Politik des ländlichen Raums und einer integrierten ländlichen Entwicklungsplanung gesprochen. (Bauer, S. ARL 2018)

Agrarpolitik

Die Agrarpolitik ist ein Bereich der Wirtschafts- und Gesellschaftspolitik, der schwerpunktmäßig auf die Agrarwirtschaft und die mit ihr verbundenen Wirtschaftsbereiche und Bevölkerungsgruppen sowie die Gestaltung des ländlichen Raumes ausgerichtet ist.

Bereiche der Agrarpolitik sind die Agrarmarkt- und Agrarpreispolitik, die Agrarstrukturpolitik, die Agrarsozialpolitik sowie die Agrarumweltpolitik.

Ihre Ziele umfassen die Verbesserung der Lebensverhältnisse im ländlichen Raum, die Teilnahme der in der Landwirtschaft Tätigen an der allgemeinen Einkommens- und Wohlstandsentwicklung, die Versorgung der Bevölkerung mit qualitativ hochwertigen Nahrungsmitteln zu angemessenen Preisen, die Herbeiführung eines Marktgleichgewichts sowie die Erhaltung der natürlichen Produktionsgrundlagen einschließlich der Pflege von Natur und Landschaft. Träger der Agrarpolitik sind der Staat, supranationale Institutionen (EU), internationale Organisationen (FAO) und die landwirtschaftlichen Berufsverbände (in Deutschland der Deutsche Bauernverband).

Die Agrarpolitik umfasst die Gesamtheit der den Zielvorstellungen einer Gesellschaft entsprechenden Maßnahmen von Staat, Verbänden (z.B. Bauernverbände, Verbraucherverbände), Körperschaften des öffentlichen Rechts (z.B. Landwirtschaftskammern, Einfuhr- und Vorratsstellen) und internationalen Institutionen zur Beeinflussung von Ordnung, Struktur und Prozessen in der Landwirtschaft. Demnach spiegelt sich in der Agrarpolitik auch die jeweils herrschende Wirtschaftsordnung: Ein liberales wirtschaftspolitisches System (Markt- oder Wettbewerbswirtschaft) vertraut auf den Markt und die Leistungsfähigkeit einer agraren Selbstordnung. In gebundenen Wirtschaftsordnungen (gelenkte, gesteuerte, staatsgeplante Wirtschaft) liegt eine interventionistische Agrarpolitik vor, die unmittelbar und teilweise dirigistisch in Produktion und Marktgeschehen eingreift. Zum Kennzeichen der vergesellschafteten Zwangswirtschaft gehören die ausschließlich zentralistische Planung und die staatlich kontrollierte Durchführung, wobei alle privatwirtschaftlichen Kräfte ohne Wirkung bleiben.

Aus wirtschaftlicher Perspektive gilt die Agrarpolitik als Teilgebiet der Agrarökonomik, dessen Erkenntnisgegenstand das politische Handeln im Agrarbereich ist. Zu den Aufgaben der wissenschaftlichen Agrarpolitik gehört es, agrarpolitisches Handeln zu beschreiben, zu erklären und dessen Wirkungen zu untersuchen. Wissenschaftstheoretisch basiert die Agrarpolitik auf verschiedenen Gebieten der Wirtschaftstheorie und der Wirtschaftspolitik. Starke Verflechtungen gibt es besonders zur Mikroökonomik und zur Wohlfahrtsökonomik, zur sektoralen Strukturpolitik sowie zur Handelspolitik und zur Entwicklungspolitik.

Agrarpolitik wird auch eingeordnet als Teilgebiet der Wirtschafts- und Sozialwissenschaften des Landbaus und damit der Agrarwissenschaften. Wissenschaftstheoretisch basiert die Agrarpolitik auf verschiedenen Gebieten der Wirtschaftstheorie und der Wirtschaftspolitik. Starke Verflechtungen gibt es besonders zur Mikroökonomik und zur Wohlfahrtsökonomik, zur sektoralen Strukturpolitik sowie zur Handelspolitik, zur Entwicklungspolitik sowie zur Regionalpolitik.

Gewöhnlich werden drei Zielbereiche für die Agrarpolitik hervorgehoben:

Bei der Effizienz geht es um eine optimale intra- und intersektorale Ressourcenallokation. Bei der Verteilungsgerechtigkeit geht es um die Sicherung eines angemessenen Einkommens für die Landwirtschaft, darüber hinaus aber um die Armutsbekämpfung im ländlichen Raum und um Ernährungssicherung. Nachhaltigkeit beschäftigt sich mit Umwelteffekten der Landwirtschaft und mit anderen nichtmarktfähigen Leistungen der Landwirtschaft wie z.B. ihr Beitrag zur ländlichen Entwicklung, zum Tierschutz und zur Lebensmittelsicherheit und -qualität.
(Multifunktionalität der Landwirtschaft)

Vielfach ist die Agrarpolitik so komplex geworden, daß sowohl liberale wie gelenkte und dirigistische Elemente unmittelbar nebeneinanderstehen, so dass kaum noch zu erkennen ist, welches wirtschaftspolitische Grundmodell zugrundeliegt. Die EU-Staaten bieten hierfür ein gutes Beispiel.

Die Prägekraft von Agrarpolitiken ist häufig stärker als die natürlichen, ökonomischen und sozialen Faktoren. Die Großstrukturen kollektivistischer Agrarsysteme oder die steuernde Wirkung der Gemeinsamen Agrarpolitik sind hier ebenso zu nennen wie die Auswirkungen von Agrarkolonisationen (römische Zenturiatsfluren in der Poebene und im Maghreb, mittelalterliche Waldhufensiedlungen in europäischen Mittelgebirgen, Township-System der USA).

Die Agrarpolitiken stehen global äußerst unterschiedlichen Problemfeldern gegenüber. Während viele Industriestaaten große Agrarüberschüsse erwirtschaften, leidet ein Großteil der Entwicklungsländer mit ihrem ungelösten Entstehungs-, Verteilungs- und Verwendungsproblem unter chronischer Lebensmittelknappheit. Beide Ländergruppen sehen sich jeweils spezifischen Umweltwirkungen ihres Wirtschaftens ausgesetzt.

Fragwürdige Agrarpolitik macht die Landnutzung in vielen Staaten zunehmend unwirtschaftlich. Die Landnutzung ist teilweise zu einer Subventionswirtschaft geworden. Unsere Landnutzer, wie auch jene der Dritten Welt, sind oft gezwungen, Nahrungsmittel und organische Rohstoffe zu Preisen zu liefern, die weit unter ihrem Wert liegen. Diese billige Bereitstellung und auch Heranlieferung von Nahrungsmitteln und Rohstoffen ist nur möglich, weil neben den sozialen auch die ökologischen Erfordernisse bei Erzeugung und Transport der von uns genutzten Güter weltweit ignoriert werden.

Gesundheit in der Agrarpolitik

Gesundheit in der Agrarpolitik

Die neue Gemeinsame Agrarpolitik, die 2021 in Kraft tritt, könnte erstmals auch Gesundheit als Ziel beinhalten – eine gewaltige Herausforderung 25 Jahre, nachdem die Mitgliedsländer sich verpflichteten, Gesundheit in allen EU-Politikbereichen als Querschnittsthema zu verankern und damit das Gesundheitsniveau der Bürgerinnen und Bürger deutlich zu verbessern. Damit EU-Programme das Wohlbefinden der Bevölkerung aber tatsächlich verbessern, müssten unbedingt Akteurinnen und Akteure des Gesundheitswesens in die Gestaltung der EU-Agrarpolitik einbezogen werden.

Quelle: Agraratlas 2019, CC BY 4.0

(s. a. Agrarpolitik in Deutschland, externe Effekte)

Weitere Informationen:

Agrarpolitik in Deutschland

Historisch läßt sich die deutsche Agrarpolitik seit dem 19. Jahrhundert in folgende Etappen gliedern:

Zeitraum Entwicklungen
bis 1870 Agrarreformen, Übergang von der feudalen zur liberalen Agrarordnung, Bauernbefreiung
1871-1914 Phase der Agrarschutzpolitik wegen zunehmender Agrarimporte aus Rußland und Amerika (gesunkene Transportkosten)
ca. 1919-1933 Einbeziehung der Landarbeiter in die Sozialgesetzgebung der Industriearbeiter, Produktionssteigerung, Bodenreform, die zwischen 1919 und 1932 zu über 60.000 Neusiedlerstellen mit durchschnittlich 11 ha Land führten
1933-1945 Totalitäre Agrarpolitik, Bauernstand innerhalb des Staates mit zentraler Funktion, abgeleitet aus der "Blut-und-Boden-Ideologie"; das Reichserbhofgesetz sollte die Höfe vor Überschuldung und Zersplitterung im Erbgang schützen; das Reichsnährstandsgesetz schuf die Voraussetzungen für eine einheitliche und geschlossene Organisation der Landwirtschaft, dabei Führerprinzip, Autarkiepolitik, zusätzlich Landgewinnung an den Küsten, Urbarmachung von Mooren, Umbruch von Weideland in Ackerland u.w.; öffentliche Bewirtschaftung während des 2. WK.
nach WK II Zwei separate Wege der beiden deutschen Staaten bis zur Wiedervereinigung; dennoch systemunabhängige Parallelitäten, z.B. in den Produktionsstrukturen, Produktionsergebnissen, dem Einsatz industrieller Vorleistungen sowie Gemeinsamkeiten bei den agrar- und ernährungspolitischen Zielen. Agrarpolitik der DDR als Bestandteil des ökonomischen und ideologischen Systems des Sozialismus mit seiner Zentralverwaltungswirtschaft. Ziele der Agrarpolitik: Produktionssteigerung, Verbesserung der Nahrungsmittelversorgung der Bevölkerung, Sicherstellung der Rohstoffbasis der eigenen Industrie, Angleichung der Lebensbedingungen auf dem Land an jene in der Stadt.

Die Entwicklungen im Gebiet der früheren DDR

Ausgehend von der Lehre des Marxismus-Leninismus sollte staatliches und genossenschaftliches Eigentum bestimmend sein und das Privateigentum an Produktionsmitteln (einschließlich Boden) auch in der Landwirtschaft aufgehoben werden. Agrarpolitisches Leitbild war der vergesellschaftete landwirtschaftliche Großbetrieb mit industriemäßig organisierter Massenproduktion, von dessen Überlegenheit gegenüber Klein- und Mittelbetrieben prinzipiell ausgegangen wurde.
Alle Planungs- und Entscheidungslinien zielten von oben nach unten. Jährliche zentrale Planfestlegungen regelten Produktion, Verarbeitung, Absatz, Zuteilung von Maschinen, Futtermitteln, Düngemitteln, Saatgut, Preise, Kredite und Subventionen. Die unteren ausführenden Ebenen trugen die Verantwortung für die Erfüllung der verschiedenen Planvorgaben. Die häufig auftretenden großen Differenzen zwischen Planzielen und Ergebnissen der Produktion, eventuell verbunden mit Versorgungsengpässen, wird auf die schwerfällige Organisation, mangelnde Überschaubarkeit und geringe persönliche Bindung der Bauern an die Betriebe zurückgeführt. Der Leistungsvergleich mit der früheren Bundesrepublik fiel zuungunsten der DDR aus, gegenüber den übrigen RGW-Staaten Mittel- und Osteuropas besaß die DDR eine Spitzenstellung. Umweltschäden (Gülle, Nitrifikation, Bodenverdichtung, Bodenerosion) als Folge unaufhörlicher Intensivierung der Flächennutzung machten sich mehr und mehr bemerkbar.

Vier Stufen der agrarpolitischen Entwicklung der DDR
Zeitraum Entwicklungen
1945-1952 Bodenreform ("Junkerland in Bauernhand"), entschädigungslose Enteignung aller landwirtschaftlichen Betriebe mit mehr als 100 ha LN, Enteignung von Betrieben <100 ha, wenn deren Besitzer Kriegsschuldige, Kriegsverbrecher oder Nationalsozialisten; daraus Schaffung eines staatlichen Bodenfonds mit ca. 3,3 Mio. ha Fläche, d.i. ein knappes Drittel der Gesamtfläche Ostdeutschlands; in der Folge u.a. Einrichtung von 210.276 Neubauernstellen, d.h. Hofstellen für ehemalige landlose Bauern und Landarbeiter sowie Flüchtlinge und Heimatvertriebene (durchschnittlich 8,1 ha Besitz), Verteilung an 82.483 Landarme (mit durchschnittlich 1,5 ha Besitz), Schaffung von 550 Volkseigenen Gütern (VEG), zunächst als Landesgüter; 1949: 813.293 land- und forstwirtschaftliche Betriebe mit rd. 2,2 Mio. Erwerbstätigen; als Folge eine agrarstrukturelle Transformation mit auffälligen Veränderungen des Flur- und Siedlungsbildes, stärker im Norden als im Süden; z.B. Wandel der Gutsblockfluren in Langstreifenfluren; dabei Flurzersplitterung; Bau von kostensparenden Eindachhaustypen, die nicht traditionellen Hofformen Ostdeutschlands entsprachen; vorwiegend Anlage von ein- bis zweizeiligen, relativ dichten Reihensiedlungen; extrem polarisierte Struktur: einerseits viele kleine an Ablieferungspflicht gebundene Privatbauern, andererseits große staatseigene, oft gut ausgestattete Gutsbetriebe; allmählicher Ausbau von Zentraldörfern mit Maschinen-Ausleih-Station, Kulturhaus, Zentralschule u.w.; Zerstörung hunderter Schlösser und Herrenhäuser zur Gewinnung von Baumaterial und zur Beseitigung von Symbolen der "Junkerherrschaft"; letztlich die Wiederherstellung einer bäuerliche Landschaft, was die ostelbische Agrarlandschaft um 1300 gewesen ist.
1952-1960 Kollektivierung, komplette Auflösung der bäuerlichen Betriebsstrukturen durch Zusammenschluß der Bauern zu landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften (LPG) unterschiedlicher Vergesellschaftungsgrade (Typen I, II, III), zunächst auf freiwilliger Basis, dann mit verschiedenen Vergünstigungen, zuletzt durch wirtschaftlichen, politischen und psychologischen Druck; 1960: 19.345 LPG mit 945.020 Mitgliedern; das Eigentumsrecht am Boden blieb den kollektivierten Bauern erhalten; hof- und dorfnah 0,5 ha LN pro Familie als Hauswirtschaft privat nutzbar, inklusive maximal 2 Kühe, 2 Schweine, 10 Bienenstöcke sowie Ziegen, Geflügel und Kaninchen; erneuter Flurform- und Landnutzungswandel durch nutzungsmäßige Zusammenlegung der Flurstücke, Folge: eine "Genossenschaftsblockflur"; parallel zur Kollektivierung die "sozialistische Umgestaltung der Dörfer" zur Überwindung der wesentlichen Unterschiede zwischen Stadt und Land", d.h. "Angleichung der Arbeits- und Lebensbedingungen auf dem Lande an diejenigen in der Stadt"; räumliche Trennung des Wirtschaftsbereichs vom Wohnbereich als Hauptmerkmal des sozialistischen Dorfes"; die Dorfmitte mit Funktionen der Verwaltung, sozialer, kultureller, medizinischer und Versorgungsinfrastruktur, am Dorfrand oder von ihm durch Grüngürtel getrennt der gesonderte Wirtschaftsbereich mit schlichten Zweckbauten, möglichst im Schatten der Hauptwindrichtung.
1960-1967 Kooperationsphase mit Festigung der LPG-Strukturen durch Vergrößerung und Zusammenlegung von landwirtschaftlichen Betrieben, der horizontalen Kooperation von mehreren LPG und VEG in Form von Kooperationsgemeinschaften (KOG) und die vertikale Kooperation von mehreren sozialistischen Landwirtschafts-, Produktionsmittelversorgungs-, Verarbeitungs- und Handelsbetrieben in Form von Kooperationsverbänden (KOV) und Agrar-Industrie-Vereinigungen (AIV) jeweils auf vertraglicher Grundlage, außerdem die Einrichtung von flächenunabhängigen Volkseigenen Kombinaten industrieller Mast (VE KIM) mit extremen Tierkonzentrationen sowie von landwirtschaftlichen Dienstleistungsbetrieben mit beträchtlicher Größe, z.B. Kreisbetriebe für Landtechnik (KfL), Agrochemische Zentren (ACZ), Mischfutterwerke, Meliorationsgenossenschaften (MG), Trocknungs- und Pelletieranlagen, Zwischenbetriebliche Bauorganisationen (ZBO); erneute Vergrößerung und Begradigung der "Schlageinheiten", Beseitigung von "funktionslosen" und "störenden" Flurelementen u.ä., Entstehung von ausgeräumten "Leistungslandschaften"; erste ländliche "Siedlungszentren mit städtischem Charakter" (Plattenbauweise).
1967-1989/90 Industrialisierungsphase mit dem Ziel der Erzeugung pflanzlicher und tierischer Produkte nach dem Typ der industriellen Großproduktion; Schaffung industriemäßiger landwirtschaftlicher Großbetriebe über den Gemeinderahmen hinaus; Einführung von Schichtarbeit, landwirtschaftlichem Berufsverkehr usw.; Herausbildung von Spezialbetrieben wie den Kooperativen Abteilungen Pflanzenproduktion (KAP), Kooperativen Einrichtungen der Viehwirtschaft (KOE), Zwischenbetrieblichen Einrichtungen (ZBE), Zwischengenossenschaftlichen Einrichtungen (ZGE); ab 1975/76 Umwandlung der KAP in LPG und VEG mit der Spezialisierungsrichtung Pflanzenproduktion bzw. Tierproduktion, somit betriebliche Trennung von Pflanzen- und Tierproduktion; neue Dimension der Landschaftsgliederung im Rahmen der Großraumwirtschaft mit Ackerschlägen teilweise >200 ha; nach wirtschaftlichen und ökologischen Krisensymptomen ab Ende der 70er Jahre pragmatische Korrekturen am Industrialisierungskurs.

Nach der Wiedervereinigung im Jahre 1990 wurden wesentliche Prozesse der DDR-Agrarpolitik überdacht und teilweise revidiert. Insbesondere gilt dies für die Ergebnisse der Phasen der Kollektivierung, der Konzentration und Spezialisierung. Der Übergang von der sozialistischen Planwirtschaft mit der Priorität der nationalen Selbstversorgung zur Marktwirtschaft mit starker Steuerung durch Vorgaben der EU erfolgte rasch und ohne jeden Vorlauf.
Bezüglich der politischen Behandlung der Bodenreform von 1945-1949 bestand bis zum Urteil des Bundesverfassungsgerichts (1991), das die Enteignungen bestätigte, vorübergehend Rechtsunsicherheit. Nach der Einführung des entsprechenden rechtlichen Rahmens (z.B. des noch von der Volkskammer 1990 verabschiedeten und seither mehrfach novellierten Landwirtschaftsanpassungsgesetzes) wurde die frühere Betriebsstruktur der DDR-Landwirtschaft Ende 1991 vollständig abgelöst. Seither zeichnen sich folgende aktuelle Tendenzen der Umstrukturierung ab:

 

Die Entwicklungen in der früheren BRD

Drei Stufen der agrarpolitischen Entwicklung im Gebiet der früheren Westzonen/Bundesrepublik
Zeitraum Entwicklungen
1945-1950/52 Verzicht auf die konsequente Reagrarisierung (Morgenthau), Zwangswirtschaft bis zur Gründung der Bundesrepublik; Wiederaufbau, auch mit Hilfe von Marshallplan-Krediten und -Zuschüssen, rasche Steigerung der landwirtschaftlichen Produktion zur Versorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln, Ansätze einer Bodenreform; Preisschutzmechanismus für diverse Agrarprodukte 1950/51; Beitritt zu OEEC, FAO, GATT
ab 1953/55 Nationale Ausgestaltung einer modernen Agrarpolitik mit dem Landwirtschafts- und dem Flurbereinigungsgesetz, umfassende staatliche Förderung der landwirtschaftlichen Produktion, Verbesserung der sozialen Lage der in der Landwirtschaft tätigen Menschen, Leitbild des bäuerlichen Familienbetriebes; parallel zu bundesweiten Maßnahmen seit 1950 landwirtschaftliche Regionalprogramme um Entwicklungsdisparitäten auszugleichen; Einflüsse einer gemeinsamen Agrarpolitik nach dem EWG-Beitritt 1957; Einsetzen eines Strukturwandels (Rückgang der Beschäftigtenzahl in der Landwirtschaft, Vergrößerung der Einzelbetriebe, Aussiedlung, Rückgang der Betriebsanzahl, Spezialisierung, höhere Maschinisierung, Vergetreidung usw.), Anpassungshilfen zur Verbesserung der Agrarstruktur.
ab Mitte der 60er Jahre

Prägung durch die gemeinsame Agrarpolitik der EWG, heute EG/EU; EWG Marktordnungen mit einheitlichen Richtpreisen für wichtige Agrarprodukte, Steuerung der Agrarimporte durch sogenannte Abschöpfungen und der Exporte durch Erstattungen; Mansholt-Plan (1968) zur Forcierung des Modernisierungs- und Schrumpfungsprozesses, gleichzeitig Aufgabe jeglicher Rücksicht auf gewachsene und regional sehr verschiedene Agrarstrukturen; Plan in seiner ganzen Schärfe nicht umgesetzt, wirkt in seinem Inhalt aber bis heute.
Undurchschaubares Verordnungswirrwarr, Aufblähung der Brüsseler Agrarbürokratie.
EG-Agrarsystem mit seinen garantierten Mindestpreisen führt zu Überproduktion, zu Beginn der 80er Jahre Finanzkrise der EG, Mitte der 80er Jahre Maßnahmen zur Minderung der Agrarüberschüsse (Flächenstillegungen, Quotenregelung = Garantiemengenregelung für Milch und Milchprodukte), Ansätze zu einer Ökologisierung der Landwirtschaft (Extensivierungsprogramm, Förderung des Ökologischen Landbaus).

Die aktuelle deutsche Agrarpolitik hat vor allem die Ziele,

Diese Ziele lassen sich nach Auffassung der Bundesregierung am besten im Rahmen des Europäischen Binnenmarktes und der Gemeinsamen Agrarpolitik verwirklichen. Die angestrebte weitere Verbesserung und die wettbewerbsfähige Gestaltung der Agrarstruktur, die auch Rücknahmen in der Anzahl der Betriebe, im Umfang landwirtschaftlich genutzter Flächen und Extensivierungen einschließt. Ernährungs- und Agrarsozialpolitik sind dabei eng verflochten, gleichzeitig werden weitere Fortschritte bei einer umweltverträglichen Agrarproduktion, der Nutzung neuer Biotechnologien, der Förderung des Anbaues und Einsatzes von nachwachsenden Rohstoffen und des integrierten bzw. ökologischen Landbaues angestrebt.
Zu den wichtigsten agrarpolitischen Maßnahmen in der Bundesrepublik Deutschland zählen die als Gemeinschaftsaufgabe von Bund und Ländern durchzuführenden Regionalen Aktionsprogramme zur "Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes".
Aus raumordnungspolitischer Sicht liegt der Stellenwert der Landwirtschaft in ihrem Beitrag

Seit der Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik von 1992 werden die landwirtschaftlichen Einkommen verstärkt durch direkte und produktionsunabhängige Beihilfen, z.T. in Verbindung mit der Stillegung landwirtschaftlich genutzter Flächen, gesichert. Die Agrarreform mit deutlichen Preissenkungen vor allem für Getreide und Rindfleisch sowie mit direkten Mengenbegrenzungen für landwirtschaftliche Produkte führt auch dazu, daß die sogenannte Intervention - der teure und unwirtschaftliche Ankauf landwirtschaftlicher Überschußprodukte zu garantierten Preisen durch den Staat - zunehmend an Bedeutung verliert. Die Reform leistete darüber hinaus einen wichtigen Beitrag zum erfolgreichen Abschluß der GATT-Verhandlungen im Jahre 1994. Die GATT-Vereinbarungen sind Grundlage für eine umfassende Verbesserung der Handelsbeziehungen in der Welt. Eine erneute Reform der GAP ist Bestandteil der 1997 vorgelegten Agenda 2000.
Kritik an der aktuellen deutschen und europäischen Agrarpolitik zielt u.a. auf den Umstand, daß sie sich nicht an den Leitlinien einer umweltverträglichen und bauernfreundlichen Landwirtschaft, sondern an den Forderungen einer auf bloßes quantitatives Wachstum fixierten Wirtschaftspolitik orientiert.
Für eine vielfach geforderte stärkere Ökologisierung der Agrarpolitik ist die Offenlegung ihrer externen Kosten vonnöten. Bislang war sie weitgehend abgekoppelt von Zielen des Naturschutzes und der Erhaltung der Kulturlandschaft, während sie fast ausschließlich die Erwerbsinteressen landwirtschaftlicher Erzeuger im Blick hatte. Eine Agrarpolitik, die den Anforderungen einer dauerhaft-umweltgerechten Nutzung und den Erhalt einer ökologisch wertvollen Landschaft miteinander verbindet, kann im wesentlichen auf folgenden Maßnahmen basieren:

Weitere Informationen:

Agrarprivileg

Der Begriff beschreibt die früher formal und inhaltlich bestehende Ausnahmestellung der Landwirtschaft im früheren Bundesnaturschutzgesetz, nach dem die ordnungsgemäße landwirtschaftliche (aber auch forst- und fischereiwirtschaftliche) Bodennutzung nicht als Eingriff in Natur und Landschaft anzusehen und insoweit nicht den naturschutzrechtlichen Vorschriften unterworfen war. Das Agrarprivileg der sogenannten Landwirtschaftsklauseln im BNatSchG ist zwar formal entfernt, besteht substantiell in abgeschwächter Form aber weiter.

(s. a. ordnungsgemäße Landwirtschaft, Umweltwirkungen)

Agrarprodukte

1. Im engeren Sinne solche Produkte, die

2. Im weiteren Sinne auch die von den nachgelagerten Be- und Verarbeitungsunternehmen hergestellten Erzeugnisse (z.B. Brot).

Agrarproduktion

Produktion von Biomasse für die Erzeugung von Lebensmitteln oder für die stoffliche oder energetische Nutzung und industrielle Weiterverarbeitung zu anderen Produkten. Neben Zuchtpflanzen und -tieren kommt Insekten, Algen und weiteren marinen Lebensformen eine zunehmende Bedeutung in der modernen Agrarproduktion zu.

Agrarprotektionismus

Form des staatlichen Agrarinterventionismus, welche die Agrarpreise künstlich verzerrt, mittels tarifären und nichttarifären Handelshemmnissen den Außenhandel mit Agrarprodukten manipuliert und dadurch ausländische Produzenten auf dem eigenen Markt wie auch auf Drittmärkten bewusst und politisch gewollt diskriminiert. Agrarprotektionismus ist häufig die Ursache internationaler Handelskonflikte.

Diese Schutzmaßnahme der Politik für die einheimische Landwirtschaft ist zumeist in Industrieländern anzutreffen, in denen der Inlandpreis über dem relevanten Weltmarktpreis liegt. Inländischen Landwirten wird mit dem Agrarprotektionismus ein Schutz gegenüber ausländischen Wettbewerbern ermöglicht. Der Schutz drückt sich in verschiedensten Maßnahmen und Reglementierungen aus, wie: Produktionsquoten, Mindestpreise, Zölle, Steuervorteile, kostenlose staatliche Beratung, Exportsubventionen und weitere. Dadurch ist ein internationaler Vergleich des Stützungsniveaus für die Landwirtschaft nur sehr schwierig und nur über die Verwendung von Indikatoren möglich. Die OECD verwendet hierfür die Darstellung in Form von Produzentensubventionsäquivalenten (PSE, producer subsidy equivalents).

Die im internationalen Vergleich hohe Agrarprotektion in der EU hat ihren Ursprung in der langen Tradition des Agrarschutzes in den meisten europäischen Ländern, die bis zum Ende des letzten Jahrhunderts zurückreicht (z.B. Bismarcks Getreidezölle). Zu jener Zeit waren die großen Grasländer in Nord- und Südamerika erschlossen worden, und konkurrenzlos billiges Getreide drängte auf den europäischen Markt. Dies führte zu einem Preisverfall, wodurch die europäischen Erzeuger unterstarken Druck gerieten und von ihren Regierungen Schutzmaßnahmen forderten. Die Reaktionen in einzelnen Ländern waren verschieden. Frankreich und Deutschland richteten einen Außenschutz durch Getreidezölle ein. Dadurch wurden zahlreiche kleinere, wettbewerbsschwache Betriebe in der Produktion gehalten, ein nötiger Strukturwandel gebremst. Großbritannien fühlte sich weiterhin dem Freihandel verpflichtet, sodass ein starker Anpassungsdruck auf den Landwirten lastete und ein rascher Strkturwandel mit der Bildung flächengroßer Betriebe sich einstellte. In den Niederlanden und in Dänemark erkannte man die Chance, mit Hilfe des billigen Importgetreides einen Ausbau der bodenunabhängigen Veredlungsproduktion vorzunehmen.
Kritik am Agrarprotektionismus gipfelt in der generellen Forderung nach einer Liberalisierung des internationalen Agrarhandels.

Mögliche Auswirkungen des Agrarprotektionismus:

Agrarquote

Ökonomische Kennzahl, die den Anteil der in der Landwirtschaft Beschäftigen an der Gesamtbeschäftigtenzahl eines Wirtschaftsraumes (Agrarerwerbsquote) angibt oder den Anteil der Landwirtschaft an der Wirtschaftsleistung einer Region.

Agrarquote Deutschland 2009 nach Kreisen

Agrarquote Deutschland 2009 nach Kreisen

Die Berechnung der Agrarquote basiert auf jährlichen Daten der Erwerbstätigenrechnung, die u.a. auf repräsentativen Haushaltsbefragungen beruht. Gemessen am Anteil an den Erwerbstätigen aller Wirtschaftsbereiche liegen Mecklenburg‐Vorpommern (3,9 %), Brandenburg (3,6 %) und Niedersachsen (3,3 %) vorn.. In den Stadtstaaten Berlin, Bremen und Hamburg arbeitet nur einer von 200 Erwerbstätigen in der Agrarproduktion.

Nach der Erwerbstätigenrechnung findet man die am stärksten landwirtschaftlich geprägte Beschäftigungsstruktur in den Landkreisen Rhein‐Pfalz Kreis in Rheinland‐Pfalz, Straubing‐Bogen in Bayern und Cloppenburg in Niedersachsen. Diese Regionen sind durch arbeitsintensive Produktionsverfahren des Gemüseanbaus bzw. der Schweinehaltung gekennzeichnet. Die naturräumliche Eignung für solche Verfahren und die Nähe zu Verbraucherzentren erklären die hohe Bedeutung der Landwirtschaft in den meisten dunkelgrün gefärbten Regionen.

Quelle: IFL

Agrarraum

Übergreifender und maßstabsmäßig nicht einzuordnender Begriff, der den gesamten, auf irgendeine Weise landwirtschaftlich genutzten Teil der Erdoberfläche bezeichnet. Sein Umfang wird auf der Grundlage von einzelstaatlich sehr unterschiedlichen Erhebungskriterien von der FAO für 1993 mit 48,1 Mio. km² angegeben, das sind rund 32 % des festen Landes. Der Agrarraum in globaler Sicht ist Gegenstand der Agrargeographie.

Etwa 14,5 Mio. km² oder 10 % der Festlandsfläche werden als Ackerland genutzt, während auf das sogenannte Dauergrünland 33,6 Mio. km² entfallen. Darunter ist vorwiegend extensiv genutztes Weideland zu verstehen. Lediglich 10 - 12 % des Dauergrünlandes besteht aus gedüngtem und z.T. melioriertem Kulturgrasland. Gleichzeitig werden 28 % des Ackerlandes (4 Mio. km²) zur Produktion von Ackerfutter für die tierische Veredelung eingesetzt. Berücksichtigt man noch die Nebenprodukte der pflanzlichen Produktion, die in der Tierernährung eingesetzt werden (u.a. Stroh, Rübenblatt, Ölkuchenschrote, Treber, Melasse), so sind ca. ¾ des gesamten Agrarraums der Erzeugung tierischer Produkte gewidmet.

Hinsichtlich bislang noch nicht genutzter Reserven an potentiellem Ackerland geht die FAO von zusätzlichen 3,5 Mio. km² aus. Davon entfallen 48 % auf Lateinamerika und 44 % auf das subsaharische Afrika. Südasien und der Vordere Orient verfügen kaum noch über Landreserven. Etwa die Hälfte des zusätzlichen Flächenpotentials ist mit Wald bestockt, dessen Rodung aus ökologischen Gründen problematisch ist. Weitere Teile sind Gebirgsland oder tragen ertragsarme Böden. Realistisch erscheint der FAO eine Ausweitung der landwirtschaftlichen Nutzfläche bis zum Jahre 2010 um lediglich 90 Mio. ha. Daraus ergibt sich die Notwendigkeit, den Nahrungsbedarf der zunehmenden Weltbevölkerung ganz überwiegend aus Ertragssteigerungen zu decken.

Begünstigte Teile des Agrarraums lassen sich im Vergleich zu weniger begünstigten - gleicher technischer Entwicklungsstand vorausgesetzt - nach folgenden Kriterien abgrenzen:

Die Außengrenzen des Agrarraums der Erde lassen sich mit einiger Sicherheit nur auf der Grundlage des Anbaus von Kulturpflanzen angeben, da die Grenzen der viehwirtschaftlichen Nutzung allzu unsicher sind und erheblichen jährlichen und jahreszeitlichen Schwankungen unterliegen. Zwischen der Grenze des Ackerbaus (agronomische Grenze) und den landwirtschaftlich nicht mehr nutzbaren Trocken- und Kältezonen erstreckt sich eine Zone - in den Gebirgen eine Höhenstufe -, die ausschließlich viehwirtschaftlich genutzt wird. Sie ist in unterschiedlichen Intensitätsstufen ausgebildet. In graswüchsigen kühl-gemäßigten Klimaten dient die Futterfläche der Gras- und Heugewinnung bei hohem Arbeits- und Kapitalaufwand. An der Trockengrenze und in tropischen und subtropischen Gebirgen dominieren dagegen extensive Weidewirtschaftssysteme auf der Basis natürlicher Pflanzengesellschaften, ähnlich wie die Rentierhaltung an der Polargrenze.

Es sind vorrangig klimatische Faktoren, welche die absoluten (biologischen) Anbaugrenzen in Form von Trockengrenze, Polargrenze und Höhengrenze bestimmen. Demgegenüber hat die Grenze des Agrarraums gegenüber dem Wald anthropogene Ursachen, d.h. sie hängt überwiegend von sozioökonomischen und technischen Faktoren ab, hat daher keinen Absolutheitscharakter und ist folglich weniger konstant als die klimabedingten Grenzen. Die klimabedingten Anbaugrenzen sind durchweg als Grenzsäume mit folgenden Merkmalen ausgebildet:

Die Außengrenzen des Agrarraums, insbesondere des Anbaus unterliegen aus historischer Sicht Expansions- aber auch Kontraktionsphasen. Weltweit läßt sich eine generelle Ausweitung der ackerbaulich genutzten Flächen seit der Jungsteinzeit feststellen. Als Höhepunkt gilt dabei die Kultivierung der ektropischen Wald- und Grasländer Nord- und Südamerikas, Australiens, Südrußlands und Sibiriens. Gegenwärtig überwiegt wieder die Kontraktionsrichtung.

Der Agrarraum wird von einem regional unterschiedlichen Wirkungsgeflecht ökologischer, ökonomischer, politischer, kultureller und sozialer Faktoren gestaltet, das man unter dem Begriff "agrarräumliche Struktur" zusammenfasst. Über eine Klassifizierung derartiger Strukturen versucht die Agrargeographie zu einer (z.T. hierarchischen) Regionalisierung von Agrarraumeinheiten zu gelangen (vgl. Arnold 1997). Sick (1997) vertritt eine praktikable Einordnung definierter Agrarraumeinheiten in drei größenabhängige Ordnungsstufen:

Ordnungsstufen von Agrarraumeinheiten
Ordnungsstufen von Agrarraumeinheiten

Gleichzeitig verdeutlicht er, daß eine flächendeckende hierarchische Gliederung des gesamten Agrarraums nach diesem Ordnungsprinzip nicht möglich ist, da viele Raumeinheiten sich nicht eindeutig zuordnen lassen und zwischen ihnen zahlreiche Übergänge bestehen.

(s. a. Agrarbetrieb, Agrarregion)

Agrarrecht

Für Deutschland entzieht sich der Begriff einer feststehenden Definition, da das Agrarrecht keine in sich geschlossene Rechtsdisziplin darstellt. Zu seinem Wirkungsbereich gehören:

Agrarreform

Geplante staatliche Maßnahmen zur Veränderung einer Agrarstruktur. Sie umfassen grundlegende Änderungen der (besitz-)rechtlichen, politischen, sozialen, und wirtschaftlichen Ordnung im ländlichen Raum, die nicht nur die Betriebsgröße, sondern auch die agroinstitutionelle Organisation bis hin zu den Vermarktungsbedingungen einbezieht. Ferner sind die Arbeitsverfassung, das Erbrecht, die Eigentumsstruktur u.w. betroffen. Eine Agrarreform soll der Überwindung von Hindernissen dienen, die einer wirtschaftlichen (Produktionssteigerung der Landwirtschaft) und sozialen Entwicklung (z.B. Verbesserung des Lebensstandards der Landbevölkerung) im Wege stehen.

Da Agrarreformen eine stärkere Eingliederung benachteiligter sozialer Gruppen erreichen sollen, treten neben Eigentumsänderungen auch Wandlungen der Produktionsverhältnisse, des Erziehungswesens usw.

Als Unterscheidungskriterium ist z.B. auch die Differenzierung nach kapitalistischen und sozialistischen Prinzipien von Agrarreformen von Bedeutung. Letztere sind beispielsweise in der VR China (ab 1949), in Kuba (ab 1959) und Algerien (ab 1961) angewandt worden. Kapitalistisch ausgerichtete Agrarreformen fanden in Ländern wie Mexiko (ab 1917) mit verschiedenen Phasen und Konzepten, Taiwan (ab 1949), Südkorea und Indien (ab 1950), Ägypten, Bolivien und Guatemala (ab 1952), Irak (ab 1958), Venezuela (ab 1959), Kolumbien (ab 1961), Iran, Costa Rica und Chile (ab 1962), Philippinen und Dominikanische Republik (ab 1963), Ecuador und Peru (ab 1964) statt.

Agrarreformen sind nicht mit agrarpolitischen Reformen zu verwechseln, bei denen es zu einer Schwerpunktverschiebung unter den Instrumenten der Agrarpolitik oder deren Neuausrichtung kommt.

Daneben werden die Begriffe Agrarreform und Agrarrevolution häufig nicht sauber getrennt. Sie unterscheiden sich auch weniger hinsichtlich ihrer Ziele als in der Radikalität und im Tempo ihrer Ausführung. Beide sind bei der Agrarrevolution in stärkerem Maße ausgeprägt, dafür fehlt ihr die Planung und damit viel an politischer Gestaltungsmöglichkeit. Beide Begriffe können distributive wie auch kollektivierende Ziele haben.

(s. a. Agrarpolitik, Agrarsozialreform, Bodenreform)

Agrarregion

1. Oberbegriff für alle mit Hilfe agrarwirtschaftlicher Merkmale abgegrenzten Arten räumlicher Ausschnitte der Erdoberfläche. So kann beispielsweise nach naturräumlich bestimmten, ethnisch bestimmten, wirtschaftstechnischen oder nach durch bestimmte Bodennutzungssysteme geprägten Agrarregionen unterschieden werden.

2. Nach Sick (1993) u.a. die oberste Stufe der agrarräumlichen Gliederung der Erde innerhalb einer Hierarchie aus Agrarbetrieb - Agrargebiet - Agrarregion. Der Maßstabsbereich der Agrarregionen geht über die staatliche Dimension hinaus. Zur Bestimmung der Agrarregionen muß unter starker Generalisierung auf die Betriebsformen und ihre Merkmalskombinationen zurückgegriffen werden:

3. Andreae (1983) schlägt zur Bezeichnung von Agrarregionen die Einhaltung der Reihenfolge Betriebsform - Agrarsystem - geographische Lage vor. Bei seinen Beispielen gibt er eine allgemeine und eine spezielle Variante. Bei diesem Vorgehen wird deutlich, daß die Beispiele seiner speziellen Kennzeichnungen sich bereits auf der Ebene der Agrargebiete (vgl. 2.) befinden.

Allgemeine Spezielle
Varianten der Kennzeichnung von Agrarregionen
Ackerbaugebiete in der Feudalregion des Orients Bewässerungsfeldbau unter Rentenfeudalismus im Peshawarbecken
Hackfruchtbauzonen mit Bauernwirtschaft in Westeuropa Zuckerrüben-Familienbetriebe in der Hildesheimer Börde
Ranchzonen der europäischen Siedlungsgebiete Südafrikas Karakulfarmen im südlichen Namibia
Dauerkulturregionen im kapitalistischen Südostasien Kautschuk-Plantagenzone Malaysias

Der Begriff 'Agrarregion' für große, evtl. oberste agrarisch geprägte Raumeinheiten erscheint auch wegen des gleichsinnigen Gebrauchs in der englischsprachigen Literatur als angemessen (Arnold 1997).
Auf der Grundlage verschiedener Quellen entwarf Arnold die folgende graphische Darstellung der Agrarregionen.

Agrarregionen der Erde
Agrarregionen der Erde

Quelle: Arnold 1997

Agrarrevolution

Im Allgemeinen die Bezeichnung für eine Umwälzung der bisher bestehenden landwirtschaftlichen Strukturen. Eine solche Entwicklung geht oft mit einer Veränderung der agrarwirtschaftlichen, politischen und technologischen Verhältnisse einher, die gegebenenfalls von einer Umschichtung der Besitzverhältnisse begleitet wird. Häufig werden historisch drei Revolutionen identifiziert, z. B. von Kreutzmann (2006):

Bei differenzierterer Betrachtung lassen sich aber noch weitere Prozesse ausmachen, die zu wesentlichen Umstrukturierungen in der Agrarwirtschaft führten:

Agrarrobotik

Die Agrarrobotik oder Agrarrobotertechnik beschäftigt sich mit dem Entwurf, der Gestaltung, der Steuerung, der Produktion und dem Betrieb von Agrarrobotern. Ziel des Robotik-Ansatzes ist es, eine intelligente, ressourcenschonende und leistungsfähige Alternative zum kontinuierlichen Trend des Gewichtswachstums einzelner Großmaschinen darzustellen.

Robotik spielt bei innovativen Agrartechnologien neben der Zunahme an datenintensiven Anwendungen (Big Data in der Landwirtschaft, Precision Farming) eine zentrale Rolle. Roboteranwendungen wie zum Beispiel die autonome und präzise Aussaat, automatisierte Unkrautbekämpfung, Düngung und Obsternte, aber auch die Automatisierung der Milchproduktion über Melkroboter sind Technologien, die bereits in Erprobung bzw. im Einsatz sind.
Autonome Traktoren gibt es bereits als Prototypen; diese könnten bei großen Feldern auch im sog. Platooning-Betrieb (als mehrere fahrerlose Maschinen an ein Führungsfahrzeug virtuell gekoppelt) eingesetzt werden. Aufgrund der multiplen Einsatzmöglichkeiten sind sie nicht nur für Großbetriebe, sondern auch für kleine und mittlere Betriebe interessant. Auch schwer zugängliche Weinbergslagen oder Solarparks zwischen Photovoltaikmodulen sind geeignete Einsatzbereiche.

Im Zusammenhang mit der Einführung dieses Technologiebündels, gibt es freilich einige noch ungeklärte Fragen zur Haftung bei Unfällen von autonomen Robotern und zum Datenschutz.

Brexit und Corona-Pandemie als Treiber im UK

Der Kontext von Brexit und Corona-Pandemie lässt Großbritannien verstärkt in die Entwicklung von automatisierten Erntehelfern investieren. Dort erschwert ein neues Einwanderungsgesetz die Einreise von ungelernten Arbeitskräften. Bisher kamen hunderttausende Menschen aus vor allem östlichen EU-Ländern nach Großbritannien, um einfache Arbeiten, etwa auf dem Feld, zu erledigen. Mit dem Austritt aus der EU und dem Ende der Übergangsperiode ist damit nun Schluss. Bereits vor dem Brexit bangten Branchenvertreter vor dem "Ende der britischen Erdbeere".

Unternehmen arbeiten deshalb daran, auch feinmotorisch schwierige Erntearbeiten zu automatisieren. Fieldwork Robotics, ein Ableger der Universität Plymouth in England, kooperiert etwa mit dem französischen Gemüseverarbeiter Bonduelle, um Pflückroboter auf die Felder zu bringen. Ein kürzlich vorgestellter Prototyp kann schon jetzt innerhalb weniger Sekunden Blumenkohlköpfe ernten.

Bereits 2019 hat das Unternehmen den weltweit ersten Himbeerpflückroboter vorgestellt, der eine Himbeere pro 2,8 Sekunden pflücken kann, eine menschliche Arbeitskraft benötigt dazu etwa zwei Sekunden. Der Roboter könne aber bis zu 20 Stunden am Stück arbeiten, auch bei Nacht. So seien 25.000 Himbeeren pro Tag schaffbar. Ein Mensch pflückt in einer Acht-Stunden-Schicht etwa 15.000. Auch bei Tomaten wurde der Roboter bereits erfolgreich getestet.

Agrarrohstoffe

Rohstoffe, die aus landwirtschaftlicher Produktion stammen und vom Menschen für weiterführende Anwendungszwecke des Nahrungs- und Futterbereichs und als nachwachsende Rohstoffe verwendet werden. Nicht zu dieser Rohstoffgruppe gehören forstwirtschaftlich produzierte Rohstoffe, vor allem Holz, sowie Gemüse- und Obstpflanzen, sofern sie vor allem für den direkten Verzehr bestimmt sind.

Der Begriff Agrarrohstoffe wird in der Finanzwelt (dort auch: soft commodities) als Überbegriff für die entsprechende Gruppe von Handelswaren verwendet. Die Hauptanwendungen von Agrarrohstoffen liegen seit jeher in der Produktion von Nahrungs- und Futtermitteln.

Für diesen Zweck werden vor allem Getreidearten wie Reis, Weizen, Mais, Hirse, Roggen, Hafer, Gerste, und Triticale sowie Hackfrüchte wie Kartoffel, Zuckerrübe, Zuckerrohr und Maniok genutzt. Auch Ölpflanzen wie Raps, Erdnuss, Ölpalme und Soja bzw. die aus ihnen gewonnen Pflanzenöle sind als Agrarrohstoffe bedeutsam. Hinzu kommen nachwachsende Rohstoffe, die auf landwirtschaftlichen Flächen angebaut werden. Neben den genannten, die auch Rohstoffe für Zwecke abseits der Nahrungsmittel- und Futterproduktion liefern, sind dies beispielsweise Baumwolle, Kautschuk und für die Energiegewinnung angebaute Biomassepflanzen (Chinaschilf, schnellwachsende Hölzer).

Handelskonzerne

Weizen, Mais und Sojabohnen sind die drei wichtigsten Waren des Welthandels mit landwirtschaftlichen Rohstoffen. Je nach Marktlage, Qualität und Preis werden diese Produkte als Nahrungsmittel, Agrokraftstoff oder Futtermittel verkauft (Flex Crops). Die nächstwichtigen globalen Handelsgüter dieser Art sind Zucker, Palmöl und Reis.

Vier Konzerne dominieren den Im- und Export solcher Agrarrohstoffe: Archer Daniels Midland, Bunge, Cargill und die Louis Dreyfus Company. Gemeinsam sind sie als „ABCD-Gruppe“ bekannt. Archer Daniels Midland (wiederum ADM abgekürzt), Bunge und Cargill sind US-Unternehmen, Louis Dreyfus hat seinen Sitz in der niederländischen Hauptstadt Amsterdam. Alle vier wurden zwischen 1818 und 1902 gegründet, und von ADM abgesehen, stehen sie bis heute unter dem Einfluss ihrer Gründerfamilien. Sie handeln und transportieren, und sie verarbeiten auch viele Rohstoffe. Die Konzerne besitzen Hochseeschiffe, Häfen, Eisenbahnen, Raffinerien, Silos, Ölmühlen und Fabriken. Ihr Weltmarktanteil liegt bei 70 Prozent. Cargill ist die Nummer eins, gefolgt von ADM, Dreyfus und Bunge.

In den vergangenen Jahren hat der chinesische Getreidehändler Cofco, ein Staatsbetrieb, zu ihnen aufgeschlossen und ABCD als Hauptaufkäufer von brasilianischem Mais und Soja abgelöst. Der Anteil von ABCD an den Getreideexporten des Landes sank von 46 % im Jahr 2014 auf 37 % im Jahr 2015; auf Cofco entfielen 45 Prozent. In Russland nahm im Jahr 2015 erstmals der Getreidehändler RIF den Spitzenplatz unter den Exporteuren ein. Das erst 2010 gegründete Privatunternehmen aus Rostow am Don verdrängte die drei bisher dominanten Händler, Glencore aus der Schweiz, Cargill als einzigem der vier Weltgrößten und Olam aus Singapur. Diese Entwicklungen spiegeln den Aufstieg Russlands als bedeutenden Weizenexporteur und die Rolle Chinas als bedeutenden Getreideimporteur wider.

Die ABCD-Gruppe ist bestens informiert über Ernten, Preise, Währungsschwankungen, Wetterdaten und politische Entwicklungen in allen Teilen der Welt. Tagtäglich laufen Informationen aus den Anbaugebieten bei ihnen ein, die von ihren Finanzexperten analysiert werden. Alle vier Konzerne besitzen eigene Tochterunternehmen, die den Handel mit Agrarrohstoffen gegen Preisrisiken absichern und auf die spekulativen Geschäfte an den Warenterminbörsen, allen voran denen in Chicago, ausgerichtet sind.

Der Handel mit Agrarrohstoffen stellt zwar den traditionellen Schwerpunkt der ABCD-Konzerne dar, aber er wird immer mehr zum Beiwerk. Die Weiterverarbeitung von Getreide oder von Sojabohnen sowie die Produktion von Lebensmitteln wie Orangensaft oder Schokolade gehören seit Langem zu ihrem Geschäft. Seit den 1980er-Jahren wird die vertikale Integration – die Eingliederung von vor- und nachgelagerten Wertschöpfungsstufen – immer wichtiger.

ABCD investieren auch in benachbarte Industriezweige wie Agrarkraftstoffe, Kunststoff und Farben. So gehört ADM der größte Ölsaatenverarbeitungs- und Raffineriekomplex Europas in Hamburg. Dort werden Rapssaaten und Sojabohnen zu Margarinen, pharmazeutischem Glyzerin und Agrardiesel verarbeitet. Die große Marktmacht ermöglicht den ABCD-Konzernen, die Weltagrarmärkte zu beeinflussen und bei der Aushandlung von Preisen ihre enorme Verhandlungsmacht gegenüber Erzeugern auszuspielen. Sie nutzen ihre Marktkenntnisse um über ihre Finanzaktivitäten hohe Renditen zu erzielen. Darüber hinaus sind sie direkt oder indirekt mitverantwortlich für die Abholzung des Regenwaldes. (Heinrich Böll Stiftung u. a. 2017)

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Agrarromantik

Nach Gollwitzer (1977) die Idealisierung der bäuerlichen und landwirtschaftlichen Realität, das Festhalten an anachronistischen Standpunkten und Repristinierungsversuchen, die Vorspiegelung einer heilen Welt auf dem Lande, insbesondere die Meinung, der Beruf des Landwirts sei der 'natürlichste', der gesündeste und gewissermaßen Gott wohlgefälligste, und das Gedeihen von Staat und Gesellschaft hänge primär von der sozialen und wirtschaftlichen Gesundheit des Bauernstandes ab.

Theodor Christoph Schüz (1830-1900)
Mittagsgebet bei der Ernte, 1861

Harte Arbeit, frohe Rast, stille Einkehr - die malerisch geglückte Verknüpfung dieser Themen traf und trifft die kulturellen und religiösen Wurzeln der Schwaben. Bei genauerem Hinsehen fallen die Widersprüche in dem vom Pietismus geprägten Weltbild auf. Die unerschütterliche Religiosität und die daraus abgeleiteten moralischen Privilegien hängen unauflöslich zusammen mit dem statischen Gegensatz von Armut und Reichtum - im Geistigen wie im Materiellen. Sein Malstil ist spätromantisch, und in diesem Bild wird auch seine religiöse Prägung deutlich.

Quelle: Wikipedia

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Agrarsektor

Landläufig wird der Begriff des Agrarischen mit der Landwirtschaft gleichgesetzt, zum Agrarsektor gehören aber auch der Gartenbau, die Forstwirtschaft einschließlich Holzgewinnung, die Fischerei inklusive Aquakultur, und etliche kleinere Spezialgebiete, etwa die Jagd, Imkerei, Sammeln und Ernte von unkultivierten Naturressourcen, sowie die grundlegende Herstellung von Nahrungsmitteln (wie die Müllerei), als erste Verarbeitungsstufe bezeichnet.

Insgesamt fasst man das heute unter Agribusiness (Agrar- und Ernährungswirtschaft) zusammen – zu dem aber auch Lebensmittelhandel oder Gastronomie gehören, die im Drei-Sektorenmodell von Clark und Fourastié schon zum Tertiärsektor (Dienstleistungswirtschaft) gerechnet werden.

Weitere dem Agrarsektor auch zurechenbare Gebiete sind beispielsweise auch die ersten Verarbeitungsstufen der nicht zum Verzehr geeigneten agrarischen Naturprodukte wie für die Textilindustrie, Parfümerie, Kosmetik und Pharmazie, die Köhlerei, oder die Landmaschinentechnik, ingenieurstechnische Melioration wie Rodung, Bewässerung, Erosionsschutz und der Grundbau der Agrarflächen (z. B. die Anlage von Reisterrassen oder Fischteichen), die Transportlogistik innerhalb der oben genannten Bereiche, oder die Schädlingsbekämpfung, die Gentechnologie, soweit sie Nutztiere und -pflanzen betrifft, sowie die Beratung, Agrarmarketing und auch die Forschung im Sektor, und auch naturwissenschaftliche Leistungen wie Bodenkunde, Agrarökologie oder Agrarmeteorologie. Die Zuordnung solcher Gebiete schwankt aber je nach Kontext!

Eine in der Bedeutung zunehmende Branche des Agrarsektors im eigentlich Sinne ist aber die Produktion nachwachsender Energierohstoffe und der Ausgangsstoffe für die Chemieindustrie und Verfahrenstechnik (nachhaltige neue Werkstoffe). Eine weitere in den Industrieländern wachsende Funktion der Agrarwirtschaft, die aber nicht mehr dem klassischen Konzept der Produktivität zuzuordnen ist, ist die Landschaftspflege im Sinne der Steigerung des Erholungswertes einschließlich Gartengestaltung, und der gemanagte Natur- und Umweltschutz (Umweltdienstleitungen).

Agrar- und Ernährungsbereich in Deutschland 2021

Agrar- und Ernährungsbereich in Deutschland 2021

Die Land-, Forstwirtschaft und Fischerei ist als Teil der Volkswirtschaft in Deutschland nach wie vor ein bedeutender Wirtschaftsbereich. Ihr Anteil an der Bruttowertschöpfung macht heute (2021) zwar nur 0,9 Prozent, am Produktionswert der deutschen Volkswirtschaft 1,0 Prozent und an den Erwerbstätigen rund 1,2 Prozent aus, doch ist die volkswirtschaftliche Bedeutung der Landwirtschaft wesentlich größer. Die deutsche Land-, Forstwirtschaft und Fischerei erzielte 2021 einen Produktionswert von 69,0 Milliarden Euro. Das ist erheblich mehr als der Produktionswert des gesamten deutschen Textil-, Bekleidungs- und Schuhgewerbes mit 20,3 Milliarden Euro, des Papiergewerbes mit 36,1 Milliarden Euro oder der pharmazeutischen Industrie mit 55,0 Milliarden Euro.

Quelle: Statistisches Bundesamt nach DBV Situationsbericht 2022/23

agrarsoziale Systeme

Wirtschafts- und Gesellschaftssysteme mit unterschiedlichster Prägung. Sie können zugleich als Entwicklungsstufen gesehen werden, die sich mit den Phasen der gesamten Wirtschaftsentwicklung vergleichen lassen.
In Anlehnung an eine Gliederung von Planck/Ziche (1979) lassen sich folgende agrarsozialen Systeme unterscheiden:

Agrarsozialpolitik

Alle Maßnahmen, die direkt darauf abzielen, die soziale Lage der im Agrarbereich tätigen Menschen zu verbessern oder zu stabilisieren.
Die grundgesetzlich vorgegebene sozialstaatliche Ordnung Deutschlands bietet über die Agrarsozialpolitik eine Flankierung des Strukturwandels, bei dem Menschen häufig zu einer Neuorientierung ihrer Lebensgestaltung gezwungen sind. Für die selbständigen Landwirte und deren Familienangehörige besteht in Deutschland ein geschlossenes, den besonderen Bedürfnissen der landwirtschaftlichen Bevölkerung angepasstes System der sozialen Sicherung, das sie gegen die Folgen von Krankheit, Arbeitsunfall, Invalidität oder Tod des Ernährers sowie im Alter absichert. Finanziert wird dieses Sicherungssystem durch Beiträge der Landwirte und Altenteiler (1997 rd. 4,5 Mrd. DM) und einen Bundeszuschuß (1997 rd. 7 Mrd. DM). Die staatlichen Zuschüsse zur Agrarsozialpolitik machen heute mehr als die Hälfte des Agrarhaushalts des Bundes aus. Ein Grund für diese Entwicklung ist, daß der Agrarsektor als schrumpfender Sektor in der Volkswirtschaft mit einer überalterten Erwerbstätigenstruktur vergleichsweise hohe Risiken in der sozialen Sicherung birgt.

Agrarsozialpolitik wird als Element des sozialen Ausgleichs und dieser zusammen mit marktwirtschaftlicher Dynamik als Garant für Wohlstand und inneren Frieden gesehen.

Weitere Informationen:

Agrarsozialreform

Maßnahmen zur Umgestaltung der Bodenbesitzverhältnisse, innovationshemmender Pachtverhältnisse, des Zugangs zu Betriebsmitteln (z.B. Bewässerungswasser) als Beitrag zur Erhöhung des ländlichen Lebensstandards oder zum Abbau von Ernährungsproblemen.

(s. a. Agrarreform, Bodenreform)

Agrarsoziologie

Gegenstand der Agrarsoziologie sind - aufbauend auf theoretischem und methodischem Grundlagenwissen der allgemeinen Soziologie - gesellschaftsbezogene Merkmale und Prozesse im Bereich der Landwirtschaft. Heute wird die Agrarsoziologie verstärkt abgelöst durch eine "Soziologie des ländlichen Raumes".

Dazu gehören u.a. betriebliche Arbeits- und Eigentumsverfassung, wie auch die sozialen Beziehungen, die das produktive, konsumtive und symbolische Handeln von gesellschaftlichen Gruppen bestimmen, welche auf dem Lande oder durch die Nutzung des Landes leben.

Hauptthemen sind:

Erkenntnisse in diesen Bereichen liefern Entscheidungshilfen für die Wirtschafts-, Agrar- und Regionalpolitik.

Agrarstadt

1) Funktionelle Übergangsform der Stadt zur ländlichen Siedlung, mit einem größeren Anteil von Erwerbstätigen in der Landwirtschaft. Die Agrarstadt ist typisch für gering verstädterte Kulturräume z.B. Ostmitteleuropas und Südosteuropas. Kennzeichnend ist ihre Integration von agrarisch und nichtagrarischen Funktionen.

Agrarische Großsiedlungen gibt es in zahlreichen Kulturräumen der Erde und aus verschiedenen Entstehungszeiten. Besonders bekannt sind die europäischen Verbreitungsgebiete in Andalusien, Süditalien und im ungarischen Alföld; daneben werden für Nigerien, den vorderen Orient, Indien China und Japan derartige Siedlungsformen erwähnt. Eingang in landesplanerische Vorstellungen haben die die agrarischen Großsiedlungen durch die Agrogorod der Sowjetunion gefunden.

2) Im Sinne von Agrogorod (hist.), seit 1949 flankierende Maßnahme bei der Kollektivierung der sowjetischen Landwirtschaft; als Städte für die landwirtschaftliche Bevölkerung planmäßig angelegt. Die ideologisch veranlasste Gründung von Agrarstädten sollte in der Sowjetunion unter Stalin die endgültige Liquidierung des Gegensatzes zwischen Stadt und Land herbeiführen.

Weitere Informationen:

Agrarstatistik

Die Zusammenstellung und Auswertung von Messwerten über Prozesse und Erscheinungen der Agrarwirtschaft, insbesondere über Niveau, Struktur und Einsatz der Produktionsfaktoren (z. B. Boden, Arbeit und Kapital) sowie über Umfang und Verwendung der Produktionsergebnisse. Die Agrarstatistik schafft damit wesentliche Grundlagen für eine Analyse und optimale Gestaltung der Agrarwirtschaft. Sie verwendet Erhebungs- und Bilanzierungsmethoden, wie sie z. B. in der Agrar- und Sozialforschung sowie der biologischen und volkswirtschaftlichen Statistik üblich sind.

Die meisten Staaten erheben agrarstatistische Daten, jedoch in unterschiedlicher Qualität und Zugänglichkeit. So ist eine zeitliche, räumliche und inhaltliche Vergleichbarkeit nicht immer gegeben. Die Erstellung einheitlicher und kontinuierlicher Zeitreihen, z.B. zur Entwicklung der Anbaufläche einer bestimmten Kulturpflanze bereitet häufig Probleme. Oftmals werden die Daten nicht in regelmäßigen Intervallen erhoben oder sie basieren teilweise auf Schätzungen oder Stichproben. Bei agrargeographischen Untersuchungen ist auch zu bedenken, dass die Sekundärdaten gewöhnlich für administrative Bezugsräume vorliegen, deren Abgrenzungen i.d.R. nicht deckungsgleich mit naturräumlichen Grenzen sind und sich gelegentlich verschieben können.

Unter den bedeutenden statistischen Quellen ist auf internationaler Ebene die Datenbasis der UN Food and Agriculture Organization zu nennen. In allen Mitgliedstaaten der Europäischen Union werden Daten auf Basis der EG-Verordnung Nr. 1166/2008 erhoben. In Deutschland geschieht dies auf der Grundlage des Agrarstatistikgesetzes i.d.F. vom 17.12.2009 (BGBl. I S. 3886), die elf unterschiedliche Einzelstatistiken umfasst, u.a. Erhebungen über Ernte, Bodennutzung, Viehbestände, Strukturen in land- und forstwirtschaftlichen Betrieben, Geflügel, Wein, Holz etc. Die deutschen amtlichen Agrarstatistiken sind in das agrarstatistische System der EU eingebunden, dienen der Beobachtung der Märkte für landwirtschaftliche Produkte und liefern Entscheidungshilfen für Wirtschaft und Politik. Komponenten der Agrarstatistik sind die in größeren zeitlichen Abständen durchgeführten Landwirtschaftszählungen, die Agrarstrukturerhebungen sowie die i.d.R. mit kürzerer Periodizität durchgeführten Einzelerhebungen, etwa die Erzeugungsstatistiken.

Weitere Informationen:

Agrarsteppe

Begriff zur Beschreibung von landwirtschaftlich genutzten Flächen, deren natürliche Strukturen (Weiher, Randstreifen, Streuobstwiesen) zur maschinengerechten Nutzung in weiten Teilen entfernt wurden. Dabei kommt es zu einer rapiden Abnahme der Artenvielfalt zugunsten der großflächigen Anlagen und einer künstlichen, einseitigen Manipulierung des ökologischen Gleichgewichtes zugunsten der Nutzpflanzen und Nutztiere.

Agrarstruktur

Gesamtheit der in einer Region zu einem bestimmten Zeitpunkt bestehenden materiellen und immateriellen Bedingungen, unter denen die Landbewirtschaftung und die Vermarktung von Agrarprodukten stattfinden. Die Agrarstruktur ist das Ergebnis natürlicher, sozio-ökonomischer und politischer Einflüsse auf die Gestaltung der Landwirtschaft. Die Agrarstruktur bezeichnet als institutioneller Gesamtrahmen, in dem sich Landwirtschaft abspielt:

Es handelt sich dabei nicht um eine statische Größe, denn die Agrarstruktur unterliegt einem ständigen Anpassungsprozeß. Zu den wesentlichen Einflußfaktoren auf die Agrarstruktur zählen neben den natürlichen Standortbedingungen die regional voneinander abweichenden Entwicklungen der übrigen Volkswirtschaft, der von der technischen Entwicklung ausgehende Anpassungsdruck und die historisch gewachsenen und durch aktuelle Agrarpolitik geprägten Besonderheiten der Agrarverfassung.

Ein modernes Verständnis von Agrarstruktur umfasst zusätzlich die Art und Gestaltung der ländlichen Kulturlandschaft.

Auch von Seiten der Agrarplanung und -politik wird der Begriff Agrarstruktur nicht mehr vorwiegend produktionsorientiert betrachtet, da der Strukturwandel in der Landwirtschaft und das umfassendere Aufgabenspektrum der Landwirtschaft (z.B. Pfleger der Kulturlandschaft) eine erweiterte Auffassung verlangt und die Verbesserung der Agrarstruktur vermehrt als Querschnittsaufgabe verstanden wird.

Die Verbesserung der Agrarstruktur ist das Ziel der Agrar(struktur)politik, was durch staatliche Maßnahmen wie Flurbereinigung und Wirtschaftswegebau unterstützt wird.

(s. a. agrarstrukturelle Entwicklungsplanung, Strukturwandel in der deutschen Landwirtschaft)

Agrarstruktur der EU

Die Struktur der Landwirtschaft in den einzelnen Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU) unterscheidet sich in erheblichem Maß, als Folge von Unterschieden in Bodenbeschaffenheit, Topographie, Klima und natürlichen Ressourcen sowie aufgrund der Vielgestaltigkeit der regionalen Aktivitäten, der Infrastruktur und der sozialen Gepflogenheiten.

2013 gab es 10,8 Millionen landwirtschaftliche Betriebe innerhalb der EU-28. Eine Analyse nach der wirtschaftlichen Größe zeigt, dass sich darunter 6,5 Millionen (oder 59,8 %) befanden, die einen Standardoutput von mehr als 2 000 EUR verzeichneten. Die landwirtschaftlich genutzte Fläche (LF) in der EU-28 betrug fast 175 Millionen Hektar (etwa 40,0 % der gesamten Landfläche), wobei pro landwirtschaftlichem Betrieb eine durchschnittliche Fläche von 16,1 Hektar bestand.

In Bezug auf die landwirtschaftlich genutzte Fläche hatten Frankreich und Spanien den größten Anteil an der Landwirtschaftsfläche der EU-28, mit 15,9  % bzw. 13,3 %, während das Vereinigte Königreich und Deutschland Anteile von etwas unter 10,0 % aufwiesen. Im Gegensatz dazu fand sich die größte Anzahl landwirtschaftlicher Betriebe in Rumänien (3,6 Millionen), wo ein Drittel (33,5 %) aller Betriebe in der EU-28 lokalisiert war. Polen hatte den zweitgrößten Anteil der landwirtschaftlichen Betriebe (13,2 %), etwas mehr als Italien (9,3 %) und Spanien (8,9 %).

Die Differenz zwischen den Anteilen an der Zahl von Betrieben und der landwirtschaftlich genutzten Fläche reflektiert die durchschnittliche Größe landwirtschaftlicher Betriebe, die in Abbildung 2 dargestellt wird. Mit Abstand die größte Durchschnittsgröße aller EU-Mitgliedstaaten bildeten 2013 die 133 Hektar in der Tschechischen Republik, gefolgt vom Vereinigten Königreich mit 94 Hektar. Sechs Mitgliedstaaten verzeichneten Durchschnittsgrößen unter 10,0  Hektar, wobei die kleinsten Durchschnittsgrößen in Rumänien, Zypern und Malta vorlagen.

In der Landwirtschaft der EU-28 waren 2013 insgesamt 9,5 Millionen Arbeitskräfte, umgerechnet in Jahresarbeitseinheiten, tätig, wovon 8,7 Millionen (92 %) regelmäßig beschäftigte Arbeitskräfte waren. Die Gesamtveränderung in den Arbeitskräften der EU-28 im Zeitraum 2007-13 bestand in einer Abnahme von 2,3 Millionen Jahresarbeitseinheiten (JAE), das entspricht einem Rückgang um 19,8  %.

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Agrarstruktur in Deutschland

Im Jahr 2013 gab es in Deutschland nach den Ergebnissen der Agrarstrukturerhebung rund 285 000 landwirtschaftliche Betriebe. Im Vergleich zur Landwirtschaftszählung 2010 ging die Zahl der Betriebe um rund 14 100 zurück. Das entspricht einer jährlichen Abnahmerate von 1,6 Prozent. Damit lag die Abnahmerate deutlich unterhalb des langjährigen Mittelwertes von etwa 3 Prozent. In den Betriebsgrößenklassen bis 100 ha LF hat die Zahl der Betriebe zum Teil erheblich abgenommen. Dennoch verfügen 70 Prozent der Betriebe über weniger als 50 ha LF.

Agrarstruktur - Betriebe nach Hektargrößenklassen 2022

In Deutschland gab es 20212 258.700 landwirtschaftliche Betriebe mit mehr als 5 Hektar landwirtschaftlich genutzter Fläche (LF), einschließlich 19.800 Betrieben mit weniger als 5 Hektar LF, die auf Grund ihrer Tierbestände oder von Spezialkulturen zu den berichtspflichtigen Betrieben gehören. Diese Betriebe bewirtschafteten 2022 rund 16,595 Millionen Hektar LF. Die durchschnittliche Flächenausstattung der landwirtschaftlichen Betriebe erreichte 2022 64,1 Hektar LF.

Quelle: Statistisches Bundesamt nach DBV Situationsbericht 2022/23

Die landwirtschaftlichen Betriebe bewirtschafteten 2013 rund 16,7 Mio. ha LF . Die durchschnittliche Flächenausstattung erreichte somit rund 59 ha LF im Vergleich zu 56 ha im Jahr 2010. Rund 57 Prozent der LF wird von Betrieben bewirtschaftet, die über mehr als 100 ha LF verfügen. Bundesweit besteht ein Nord-Süd-Gefälle der Betriebsgrößen. Die Flächenausstattung alleine lässt jedoch keine Aussage über die betriebliche Wettbewerbsfähigkeit zu.

In der landwirtschaftlichen Tierhaltung haben fortschreitende strukturelle Veränderungen zu im Durchschnitt größeren Beständen in zunehmend spezialisierten Betrieben geführt. Im Jahr 2013 gab es 199 200 Betriebe mit Viehhaltung, rund 8 Prozent weniger als 2010. Der Viehbestand, gemessen in Großvieheinheiten, ist insgesamt leicht gestiegen. Dies ist auf größere Bestände an Milchkühen, Schweinen und Geflügel zurückzuführen, während die Zahl an Rindern insgesamt sowie an Schafen rückläufig war. In der Größenstruktur der Viehbestände unterscheiden sich die Regionen erheblich. Die durchschnittliche Viehbesatzdichte ist geringfügig auf 78,4 Großvieheinheiten je 100 ha LF gestiegen. Der überwiegende Teil der Tierhaltung ist flächengebunden. Lediglich 5 Prozent der Großvieheinheiten werden in Betrieben ohne LF gehalten.

Bei der Wahl der Rechtsform des Unternehmens entscheiden sich immer mehr Landwirte für eine Form der Personengesellschaft. Dennoch wird nach wie vor der größte Teil der Betriebe (90 Prozent) von Einzelunternehmern bewirtschaftet. Von diesen rund 256 000 Einzelunternehmen wird nur knapp die Hälfte (48 Prozent) im Haupterwerb bewirtschaftet. Im Durchschnitt verfügten die Haupterwerbsbetriebe über 66 ha LF. Der Anteil der Haupterwerbsbetriebe ist im Vergleich zum Jahr 2010 weiter gesunken.

In Deutschland waren im Jahr 2013 rund 1,02 Mio. Menschen haupt- oder nebenberuflich in der Landwirtschaft tätig. Gegenüber 2010 ist ihre Zahl weiter zurückgegangen. Die jährliche Abnahmerate lag bei weniger als 2 Prozent und damit etwas niedriger als im Durchschnitt früherer Jahre.

Die Landwirtschaft ist ein Wirtschaftsbereich, in dem die Arbeitsleistung überwiegend von Unternehmern und ihren Familienangehörigen erbracht wird. Zu diesen rund 505 600 Familienarbeitskräften (50 Prozent aller Arbeitskräfte) kommen ca. 200 700 ständig angestellte Arbeitskräfte und etwa 314 300 Saisonarbeitskräfte hinzu. Die Zahl der Familienarbeitskräfte ist jedoch weiterhin rückläufig, während die Zahl der in der Landwirtschaft ständig beschäftigten Arbeitskräfte seit 2010 um 4 Prozent gestiegen ist.

Vollbeschäftigt waren von den Familienarbeitskräften 36 Prozent und bei den ständig angestellten Arbeitskräften 62 Prozent. Die betriebliche Arbeitsleistung belief sich in Deutschland 2013 auf rund 522 700 Arbeitskräfte-Einheiten.

Landwirtschaft in Deutschland - gestern und heute
Landwirtschaft in Deutschland - gestern und heute

Quelle: aid infodienst / BZL

Die Hofnachfolgesituation in landwirtschaftlichen Familienbetrieben kann als Frühindikator für die zu erwartende langfristige Entwicklung des Agrarstrukturwandels angesehen werden. Nach den Ergebnissen der Landwirtschaftszählung 2010 war die Hofnachfolge nur in 31 Prozent der Einzelunternehmen mit einem 45 Jahre und älteren Betriebsinhaber geregelt. In Haupterwerbsbetrieben ist sie häufiger gesichert als in Nebenerwerbsbetrieben. 21 Prozent der befragten Betriebsinhaber ohne Hofnachfolger waren bereits mindestens 60 Jahre alt.

Die Nettowertschöpfung zu Faktorkosten (Faktoreinkommen) der deutschen Landwirtschaft ist seit 2010 gestiegen. Nur 2012 gab es auf Grund von starken Rückgängen der Erzeugerpreise – insbesondere bei Milch – einen Rückgang um 6,1 Prozent. 2013 stieg das Faktoreinkommen um 22,2 Prozent auf 17,6 Mrd. Euro. Nach vorläufigen Schätzungen ist das Faktoreinkommen in 2014 auf 18,1 Mrd. Euro gestiegen. Bei einem Rückgang des Produktionswertes um 2,2 Prozent und einer Abnahme der Vorleistungen um 5,2 Prozent ergibt sich eine Zunahme der Bruttowertschöpfung von 3,2 Prozent. (Agrarpolitischer Bericht 2015)

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Agrarstrukturelle Entwicklungsplanung (AEP)

Die Agrarstrukturelle Entwicklungsplanung (AEP) ist eine Vorplanung im Sinne des § 1 Abs. 2 des Gesetzes über die Gemeinschaftsaufgabe "Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes" (GAK) und ein wichtiges informelles, flexibles, handlungsorientiertes und übergreifendes Planungsinstrument für die integrierte, nachhaltige Entwicklung ländlicher Räume. Die ganzheitlich und interdisziplinär angelegte AEP soll dazu dienen, die Verflechtungen der Land- und Forstwirtschaft zu den vielfältigen Funktionen ländlicher Räume herzustellen und daraus Schlüsse für Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur ziehen.
Die rechtliche Grundlage ist das Gesetz über die Gemeinschaftsaufgabe "Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes", daneben das Flurbereinigungsgesetz und das Bau- und Raumordnungsgesetz.

Maßnahmenbereiche der Agrarstrukturellen Entwicklungsplanung:

Die AEP besitzt informellen Charakter und stellt daher eher eine Entscheidungshilfe für Fach- und Gesamtplanungen (Regionalpläne, Flächennutzungspläne) dar. Sie hat sowohl den Charakter eines Gutachtens, darüber hinaus liefert sie aber auch ein Grobkonzept für die Landentwicklung mit inhaltlichen, räumlichen und zeitlichen Prioritäten.

Einige Bundesländer sehen anstelle inzwischen sogenannte ILEK (integrierte ländliche Entwicklungskonzepte) vor, die – Regionalen Entwicklungskonzepten (REK) ähnlich – den integrierten, querschnittsorientierten Ansatz stärken.

Agrarstrukturfonds

Als Teil der Strukturfonds der Gemeinsamen Agrarpolitik trägt die Abteilung Ausrichtung des Europäischen Ausrichtungs- und Garantiefonds für die Landwirtschaft in den Mitgliedsstaaten zur Finanzierung von Maßnahmen u.a. im Bereich der einzelbetrieblichen Förderung und zur Förderung der benachteiligten Gebiete durch Gewährung der Ausgleichszulage bei.

(s. a. Europäischer Agrarfonds)

Agrarstrukturplanung

Eine auf die landwirtschaftlichen Belange ausgerichtete Regionalplanung als Teil der gesamtwirtschaftlichen Planung. Ihre Schwerpunkte sind: Förderung der Landwirtschaft und Verbesserung der Flächenstruktur sowie Sicherung des Beitrages der Landwirtschaft zur Erhaltung der Kulturlandschaft.

Agrarstrukturpolitik

Unter bestimmten Leitbildern und Zielvorstellungen hinsichtlich der einzelnen Elemente der Agrarstruktur stehender Teilbereich der Politik. Sie umfasst vor allem jene Maßnahmen, die auf eine Beeinflussung der Faktoreinsatzstruktur landwirtschaftlicher Betriebe und der räumlichen Verteilung der landwirtschaftlichen Produktion abzielen.

Entsprechend unterscheidet man sektorale und regionale Agrarstrukturpolitik. Sektorale Agrarstrukturpolitik beeinflusst direkt die Agrar- und Betriebsstruktur und soll i.d.R. zu einer Verbesserung der Produktionsgrundlagen und zu einer Erhöhung der Einkommenskapazitäten landwirtschaftlicher Betriebe führen. Regionale Agrarstrukturpolitik beeinflusst die regionale Wirtschaftsstruktur und soll zu einem erhöhten Wirtschaftspotenzial ländlicher Regionen führen. Die Agrarstrukturpolitik gehört neben der , die auf die sektorale und räumliche Verteilung von Produktionsfaktoren abzielen. Entsprechend unterscheidet man sektorale und regionale Agrarstrukturpolitik. Sektorale Agrarstrukturpolitik beeinflusst direkt die Agrar- und Betriebsstruktur und soll i.d.R. zu einer Verbesserung der Produktionsgrundlagen und zu einer Erhöhung der Einkommenskapazitäten landwirtschaftlicher Betriebe führen. Regionale Agrarstrukturpolitik beeinflusst die regionale Wirtschaftsstruktur und soll zu einem erhöhten Wirtschaftspotenzial ländlicher Regionen führen. Die Agrarstrukturpolitik gehört neben der Agrarpreispolitik zu den grundlegenden Instrumenten der Agrarpolitik.

In Deutschland sind für die Agrarstrukturpolitik die Länder zuständig; damit haben die Länder auch deren Finanzierung allein zu tragen. Da bundesgesetzliche Vorgaben für die Agrarstrukturförderung nicht vorhanden sind, die Länder unterschiedlich wohlhabend sind und auch agrarpolitisch unterschiedliche Vorstellungen haben, würde dieses System in Deutschland zu großen Unterschieden in der Förderung der Agrarstruktur führen. Dies würde dem Verfassungsziel, die Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse in Deutschland herzustellen, widersprechen.

Deshalb hat der Verfassungsgeber festgestellt, dass die Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes Aufgaben sind, die für die Gesamtheit des Staates bedeutsam sind und für die eine Mitwirkung des Bundes erforderlich ist. Mit der Einfügung von Artikel 91a in das Grundgesetz wurde die "Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes" 1969 zu einer Gemeinschaftsaufgabe von Bund und Ländern erhoben. In den Bund-Länder-Beratungen über eine Modernisierung der bundesstaatlichen Ordnung wurde die Fortführung dieser Gemeinschaftsaufgabe bestätigt; die rechtliche Umsetzung der Ergebnisse erfolgte im Jahr 2006.

Zu den „klassischen“ Instrumenten der sektoralen Agrarstrukturpolitik im überbetrieblichen Bereich zählen die Flurbereinigung, wasserwirtschaftliche Maßnahmen, Forschung, Beratung und Ausbildung sowie die Förderung der Vermarktung und der Beschaffung im Agrarbereich. Im betrieblichen Bereich gehören Investitionsbeihilfen, aber auch die Förderung der Betriebsaufgabe zur sektoralen Agrarstrukturpolitik. Zur regionalen Agrarstrukturpolitik gehören Infrastrukturmaßnahmen, ländliche Entwicklungsprogramme, Dorferneuerung, Förderung des Agrartourismus.

Zunehmend wird Agrarstrukturpolitik auch auf der Ebene der EU gestaltet und über die Strukturfonds (sog. Zweite Säule) finanziert.

In Entwicklungsländern liegt der Schwerpunkt der Agrarstrukturpolitik bei der Reform der Eigentums- und Besitzverhältnisse und auf der Bodenbewirtschaftungsreform zur Steigerung der Produktion.

Agrarsubventionen

Subventionen im Agrarsektor umfassen eine große Bandbreite von Politikinstrumenten im Landwirtschafts- und Ernährungssektor. Agrarsubventionen werden teilweise mit Marktversagen gerechtfertigt, zum anderen sollen sie gezielt den Interessen von bestimmten Landwirten, Unternehmen oder Verbrauchern dienen. Agrarsubventionen können verstanden werden als staatliche Eingriffe, welche landwirtschaftliche Preise, Unternehmensgewinne oder Haushaltseinkommen zugunsten bestimmter Gruppen verändern. Beispiele sind Handelsbarrieren, die Subventionierung landwirtschaftlicher Inputs, Einkommenstransfers an landwirtschaftliche Haushalte, monetäre Kompensation in Katastrophenfällen oder die Verbilligung von Nahrungsmitteln für arme Verbraucher.

Empfänger der Subventionen sind nicht nur landwirtschaftliche Betriebe, sondern auch Exporteure von Agrarprodukten. Direkt und indirekt profitiert aber ebenso die vor- und nachgelagerte Industrie (zum Beispiel Agrarchemie, Futtermittelerzeuger, Lebensmittelverarbeitung).

Subventionen der Industriestaaten für ihre eigene Landwirtschaft machen es den Menschen in den Entwicklungsländern schwer, ihre Erzeugnisse wettbewerbsfähig auf dem Weltmarkt, selbst auf dem Binnenmarkt abzusetzen. Die Preise der Industrieländer liegen durch die Subventionen häufig weit unter den Produktionskosten. Faire Chancen für Entwicklungsländer sind auf dem Weltmarkt nur erreichbar, wenn die Industrieländer ihre Agrarexportsubventionen abbauen und Handelshemmnisse für den Import von Waren aus Entwicklungsländern beseitigen.

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Agrarsystem

1. Auch Agrosystem; die auf das übergeordnete Wirtschafts- und Sozialsystem ausgerichteten Ausprägungen der institutionellen wirtschafts- und sozialorganisatorischen und -ethischen Verhältnisse in der Landwirtschaft (H. Röhm, nach Andreae 1983). Der Gebrauch des Begriffes System für die Teile einer solchen Klassifizierung impliziert, dass es dabei zu einem zweckvollen Ineinandergreifen verschiedener Kräfte und Faktoren kommt, die voneinander abhängig sind. Charakteristisch für ein System ist ferner, daß es als Ganzes auf einen Stimulus gegenüber einem beliebigen seiner Teile reagiert.

Gliederung der wichtigsten heutigen Agrarsysteme unter Betonung der Verhältnisse in der Dritten Welt
  • Stammes- und Sippenlandwirtschaft
    Wandertierhaltung
    Wanderfeldbau
  • Feudalistische Landwirtschaft
    Rentenfeudalismus
    Latifundienwirtschaft
  • Familienlandwirtschaft
  • Kollektivistische Landwirtschaft
    Sozialistische Agrarsysteme
    Kommunistische Agrarsysteme
  • Kapitalistische Landwirtschaft

Quelle: Kuhnen 1980, zitiert nach Andreae 1984, leicht verändert

Innerhalb der in obiger Tabelle aufgelisteten großen Klassen von Agrarsystemen kann eine Vielfalt von Subsystemen existieren, die jeweils bestimmte wichtige Merkmale teilen. Agrarsysteme können sich entsprechend ihrer Definition u.a. hinsichtlich der in ihnen praktizierten Lebensweise, ihrer Gebundenheit an bestimmte Regionen oder ihres Auftretens in einem bestimmten Abschnitt der soziokulturellen Entwicklung eines Raumes unterscheiden. Entscheidend für das Auftreten spezifischer Agrarsysteme ist ein jeweils unterschiedlich zusammengesetztes und gewichtetes Bündel der allgemein für die Landwirtschaft gültigen Standortfaktoren.

In Industrieländern umfasst das Agrarsystem und seine Subsysteme neben den Agrarproduzenten auch die Tätigkeitsfelder der vor- und nachgelagerten Wirtschaftsbereiche (vgl. Abb. unten). In Entwicklungsländern sind Agrarsysteme wegen geringerer gesamtwirtschaftlicher Diversifizierung und Spezialisierung erst in Ansätzen vorhanden. Funktionen, die in Industrieländern nicht (mehr) von der Landwirtschaft wahrgenommen werden, gehören hier noch teilweise zum Aufgabenbereich der Bauern (Herstellung von Werkzeug, Vermarktung, Verarbeitung u.w.)

Vereinfachte Darstellung des Agrarsystems in Industrieländern
Vereinfachte Darstellung des Agrarsystems in Industrieländern

Quelle: nach Spielmann 1989 (verändert)

2. Bezeichnung für die landwirtschaftlichen Funktionseinheiten ('operational units' nach Spedding), die unterschiedlichste Varianten hinsichtlich Größe und Komplexität aufweisen können und die dann mit den Begriffen Unternehmen, Farm, Plantage belegt oder auf die Landwirtschaft einer Region oder eines Staates bezogen sein können.

Mögliche Kriterien zur Gliederung der Agrarsysteme und ihrer Anordnung im Agrarraum sind:

Die genannten Kriterien lassen sich je nach Zielsetzung zu mehr oder weniger komplexen Klassifikationssystemen kombinieren. Allerdings ist festzuhalten, daß eine allgemein anerkannte Klassifizierung aller Agrarsysteme und eine darauf aufbauende Regionalisierung des Agrarraums bis heute noch nicht vorliegt.
Immerhin vermag die Definition eines Agrarsystems, der jeweiligen Betriebsform und der physisch- sowie der kulturgeographischen Lage eine bestimmte Agrarregion zumeist hinreichend charakterisieren.

3. In einem umfassenderen Verständnis bezeichnet der Begriff 'Agrarsystem' die Gesamtheit aller zur Agrarproduktion gehörenden Faktoren – biotische und abiotische Ressourcen, Anbau- und Ernteverfahren, Einsatz von Technik und Energie, Umweltbedingungen, Beanspruchung von Ökosystemleistungen usw. – unter Einbeziehung aller vor- und nachgelagerten Wirtschaftsbereiche.

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Agrartechnik

Auch Landtechnik oder Landmaschinentechnik; Bezeichnung für sowohl die im Agrarsektor eingesetzten land- und forsttechnischen Geräte, stationäre und mobile Landmaschinen, die zugehörige Sensorik als auch für den Wirtschaftszweig, der sich mit Herstellung, Vertrieb und Service dieser Geräte befasst. Innerhalb des Agribusiness gehören Herstellung und Reparatur von Landtechnik zu den wichtigsten Input-Bereichen für die Landwirtschaft und verwandte Bereiche. Zu den Geräten der Agrartechnik gehören die Landmaschinen sowie die Ausrüstungsgüter der so genannten Hofinnenwirtschaft (Melkmaschine, Fütterungstechnik, Filteranlagen u. w.).

Ziel ist es, mit dem Einsatz von Agrartechnik die Landwirtschaft effizienter und zielgerichteter zu gestalten. Zur Agrartechnik zählen nicht nur die Maschinen, mit denen die Anbaufläche befahren und Feldfrüchte weiterverarbeitet werden, sondern auch neue Technologien, mit denen Daten erfasst und ausgewertet werden können, wie z.B. Methoden zur Ertragsabschätzung per Fernerkundung. Im Kontext einer modernen, auf Nachhaltigkeit zielenden Landwirtschaft, welche z.B. mit weniger Pestiziden und Düngemitteln auskommen soll, werden Verfahren der Informations- und Kommunikationstechnologie immer wichtiger und oft als Smart Farming bezeichnet.

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Agrartechnologie

Querschnittsfach aus dem Gebiet der Agrarwissenschaften, das sich mit der Weiterentwicklung technischer Verfahren und Gerätschaften in den Bereichen Landwirtschaft, Forstwirtschaft, Gartenbau, Umweltschutz und nachwachsende Rohstoffe beschäftigt.
Ziel der technischen Weiterentwicklung im Bereich Agrartechnologie ist sowohl die Steigerung des wirtschaftlichen Erfolges als auch die Minimierung nachteiliger Folgen für die Umwelt.
Vereinzelt wird Agrartechnologie fälschlicherweise als Synonym zur Bezeichnung von Agrartechnik verwendet. Häufiger ist die Verwendung als alternative Bezeichnung für Forschung im Bereich der Agrartechnik, was einen Teilbereich der Agrartechnologie darstellt. Im englischen Sprachraum bezeichnet agricultural technology zusammenfassend sowohl Agrartechnik als auch Agrartechnologie.

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Agrarterminmarkt

Der Terminmarkt ist der ökonomische Ort, an dem Angebot und Nachfrage nach Termingeschäften aufeinandertreffen. Bei Transaktionen am Terminmarkt erfolgt die Leistungserbringung nicht sofort, sondern zu einem späteren (vorher vereinbarten) Zeitpunkt.

Neben den physischen Märkten für Agrarrohstoffe haben in den letzten Jahren die Terminmärkte erheblich an Bedeutung gewonnen. So orientiert sich die Preisfindung auf den physischen Märkten bei wichtigen Produkten (z. B. Getreide und Raps) immer stärker an den Echtzeitkursen der Notierungen an den Warenterminbörsen. Darüber hinaus werden außerhalb der Börsen, im sogenannten „over the counter-Handel“ (OTC-Derivate), vor allem nicht standardisierte Termingeschäfte getätigt.

Den Agrarterminmärkten kommt angesichts zunehmender Preisvolatilität eine wichtige Funktion zur Risikoabsicherung zu. Für Landwirte, Agrarhändler oder die Ernährungsindustrie ist die Absicherung von Preisrisiken auf den heimischen und internationalen Märkten von großer Bedeutung. Für diese Unternehmen sind funktionierende Terminmärkte unverzichtbar.

Wie funktioniert Preisabsicherung an Agrarterminmärkten?

In Zeiten höherer Preisschwankungen müssen Landwirte, Agrarhändler und Ernährungsindustrie Lösungen für den Umgang mit erhöhter Unsicherheit über künftige Einnahmen und Ausgaben finden. Ein Landwirt, der im Herbst sein Getreide aussät, benötigt beispielsweise beim Verkauf der Ernte im darauffolgenden Jahr einen bestimmten Mindestumsatz, um seine Kosten decken zu können. Terminmärkte bieten die Möglichkeit, Verkaufs- und Einkaufspreise in der Zukunft zu fixieren, indem die Ware virtuell vor dem physischen Geschäft gehandelt wird. So könnte der Landwirt beispielsweise seine Ware bereits vor der Ernte in Form eines Agrarterminkontrakts über die Börse zu einem Preis verkaufen, mit dem er seine Kosten decken kann. Er wäre so gegen einen plötzlichen Preisverfall abgesichert. Wenn dann nach der Ernte die physische Lieferung ansteht, kauft er in der Regel den Agrarterminkontrakt zurück. Falls der Preis am physischen Markt gefallen ist, wird er dann sein Getreide physisch zum niedrigen Preis verkaufen und mit dem Erlös unter Umständen nicht seine Kosten decken können. Durch das Börsengeschäft macht er aber einen Gewinn, denn er hat zunächst den Kontrakt zu einem hohen Preis verkauft und kauft ihn dann zu einem niedrigen Preis zurück. Durch diese Börsengewinne können die Verluste eines Preisverfalls im physischen Geschäft ausgeglichen werden.

Funktionierende Agrarterminmärkte sind sowohl für Verbraucher als auch für Produzenten immer wichtiger geworden. Sie verringern tendenziell das Ausmaß von Preisschwankungen und geben Signale über die Erwartungen künftiger Preisentwicklungen. Eine wesentliche Antriebskraft für funktionsfähige Warenterminmärkte ist die Spekulation. Ohne Finanzinvestoren und ihre spekulative Erwartung in künftige Marktentwicklungen würden Warenterminmärkte nicht funktionieren, da die für das Zustandekommen von Kontrakten notwendige Liquidität fehlen würde. Kritisch ist jedoch jede Form von Verschleierung, Intransparenz und exzessiver Spekulation auf Warenterminmärkten, bei der das Interesse an der physisch gehandelten Ware in den Hintergrund tritt. Exzessive Spekulation und Intransparenz beschleunigen Preisentwicklungen und können kurz- bis mittelfristig zu extremer Preisvolatilität mit entsprechend negativen Folgen für die Erzeuger oder Verarbeiter der physischen Ware führen.

Agrartransformation

Begriff mit je nach zeitlichem, räumlichem oder politischem Kontext sehr unterschiedlicher Bedeutung für tiefgreifende Umwandlungen im Agrarsektor.

Beispiele für Agrartransfomationen

  1. Bezeichnung für die Reformbemühungen der Gemeinsamen Agrarpolitik, bei der deren planwirtschaftliche Elemente mit stark produktions-, struktur- und investitionslenkendem Charakter bis 2005 nach und nach abgeschafft und in marktwirtschaftsverträgliche Instrumente umgewandelt werden sollten.
  2. Im Entwicklungsländerzusammenhang der Übergang von der Subsistenzlandwirtschaft zur arbeitsteiligen marktorientierten Landwirtschaft.

  3. Mit Bezug auf Mittel- und Osteuropa der Übergang von der planwirtschaftlich hin zu einer marktwirtschaftlich geprägten Landwirtschaft im ausgehenden 20. Jh.
    Dort mussten die Agrarsektoren seit 1990 durchweg Preisliberalisierung, Subventionsabbau, stabilitätspolitische Maßnahmen zur Bekämpfung der Inflation und Einkommensrückgänge in den nicht-landwirtschaftlichen Bereichen und die entsprechenden Nachfragerückgänge bei Agrarprodukten verkraften. Die Reform der Eigentums- und Verfügungsrechte an Boden und landwirtschaftlichen Sachvermögen stellte einen weiteren wichtigen Einflussfaktor für die Neuorientierung in der Landwirtschaft dar. Viele der betroffenen Länder stellten sich zudem auf ihren Beitritt zur EU ein, was im Agrarbereich eine Anpassung an höhere Qualitätsstandards und besonder komplexe Verwaltungsstrukturen nach sich zog und den formal-institutionellen Rahmen für den Systemwandel vorzeichnete.

Agrarüberschüsse

Bezeichnung für Angebotsüberhänge auf Agrarmärkten, insbesondere in der Europäischen Union. Die Höhe der Überschüsse ist eine Folge der protektionistischen Agrarpreispolitik. Sie verursachen Ausgaben der öffentlichen Haushalte für Exporterstattungen.

In der EU wurden sehr hohe Agrarüberschüsse durch eine protektionistische Agrarpreispolitik z.B. Ende der 1970er- und Anfang der 1980er-Jahre beobachtet und als Butterberge und Milchseen bezeichnet. Aus volkswirtschaftlicher Sicht führt eine protektionistische Agrarpreispolitik unabhängig vom Selbstversorgungsgrad auf einem betrachteten Markt immer zu Wohlstandsverlusten.

Agrarumwelt- und Klimamaßnahmen (AUKM)

Agrarumwelt- und Klimamaßnahmen sind freiwillige Maßnahmen, bei denen sich Landwirte verpflichten, natur- und umweltverträgliche landwirtschaftliche Arbeitsmethoden anzuwenden, die über die gesetzlichen Vorschriften hinausgehen.

Zu AUKM zählen eine Vielzahl an Maßnahmen wie z.B.

Bei den am häufigsten geförderten Agrarumweltprogrammen steht der abiotische Ressourcenschutz und die Marktentlastung im Vordergrund, sie haben aber auch zum Teil positive Nebeneffekte für den Arten- und Biotopschutz. Diese Maßnahmen werden auch als "hellgrüne AUKM" bezeichnet.

Im Vergleich dazu sind dunkelgrüne Maßnahmen (u.a. Vertragsnaturschutz), Maßnahmen die besonders positive Effekte für die Erhaltung und Förderung der biologischen Vielfalt haben. Hierzu zählen zum Beispiel die Anlage von Ackerrandstreifen, die Umwandlung von Acker in extensives Grünland sowie die Streuobst- und Heckenpflege. Bislang nehmen diese Maßnahmen jedoch nur einen geringen Anteil an der Gesamtförderung von AUM ein.

In einigen Bundesländern in Deutschland werden erfolgsorientierte Förderungen angeboten. Bei diesen Maßnahmen wird nicht die Art der Bewirtschaftung, sondern das tatsächliche Vorhandensein bestimmter seltener oder bedrohter Arten honoriert. Grundlage für die Förderung ist der Nachweis von mindestens vier Kennarten (Pflanzen) aus einem regionalen Katalog.

AUKM und Vertragsnaturschutz werden auch in der neuen Förderperiode (2014-2020) im Rahmen des Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER) innerhalb der zweiten Säule der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) gefördert. In Deutschland wird diese zweite Säule der GAP aufgrund der föderalen Struktur des Staates in den einzelnen Bundesländern umgesetzt. Eine Kofinanzierung von AUK - und Vertragsnaturschutzmaßnahmen durch die Bundesländer ist eine Voraussetzung, um EU-Fördermittel zu erhalten.

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Agrarumweltindikatoren

Agrarumweltindikatoren dienen der Analyse von Zusammenhängen zwischen Landwirtschaft und Umwelt sowie der Bestimmung von Trends.

Im Januar 2000 veröffentlichte die Europäische Kommission ein Grundsatzpapier mit dem Titel „Indikatoren für die Integration von Umweltbelangen in die Gemeinsame Agrarpolitik“, in dem verschiedene Agrarumweltindikatoren festgelegt werden, die folgenden Zwecken dienen:

Die Agrarumweltindikatoren müssen positive und negative Auswirkungen der Landwirtschaft abdecken und ausreichend differenziert sein, um regionale Unterschiede bei den Umweltbedingungen erfassen zu können. Bei der Bewertung von Fortschritten mit der Integration von Umweltbelangen in die Gemeinsame Agrarpolitik können Agrarumweltindikatoren nur beschränkt angewendet werden. Diese Einschränkung ist auf die komplexen Beziehungen zwischen politischen Maßnahmen, Änderungen der landwirtschaftlichen Arbeitsmethoden und Verbesserungen im Umweltbereich sowie andere Einflussfaktoren zurückzuführen. Die Agrarumweltindikatoren können einen wertvollen Beitrag zur Bewertung politischer Maßnahmen leisten, doch sie müssen von Fall zu Fall durch zusätzliche Informationen ergänzt werden. Mit der Hilfe von Agrarumweltindikatoren ist es möglich, Entwicklungen über einen gewissen Zeitraum zu verfolgen und quantitative Informationen zu liefern. Im September 2002 wurde das Projekt IRENA (Indicator Reporting on the integration of Environmental concerns into Agricultural policy) ins Leben gerufen, um die auf der entsprechenden geographischen Ebene festgelegten Agrarumweltindikatoren auf der geeigneten geografischen Ebene zu verbessern, weiterzuentwickeln und zu sammeln. Es folgte ein Grundsatzdokument der Kommission mit dem Titel „Entwicklung von Agrarumweltindikatoren zur Überwachung der Integration von Umweltbelangen in die Gemeinsame Agrarpolitik“. Es sind noch eine Reihe von Einschränkungen zu überwinden, um einen Satz vollständig operationeller Agrarumweltindikatoren zu erhalten. Das gilt vor allem für folgende Aspekte:

Die Kommission arbeitet gegenwärtigt an der Entwicklung und Verbesserung der Agrarumweltindikatoren. Gemeinsam mit den Mitgliedstaaten wird zur Zeit ein gestraffter Satz von 28 Indikatoren entwickelt. Detaillierte Informationen über Agrarumweltindikatoren, einschliesslich Daten zu den einzelnen Indikatoren, bietet die Eurostat-Webseite.

Agrarumweltmaßnahmen

Agrarumweltmaßnahmen stellen ein grundlegendes Instrument zur Erreichung von Umweltzielen dar.

Die Agrarproduktion wirkt sich auf die Wasser-, Luft- und Bodenqualität aus, beeinflusst die Ökosysteme und die Biodiversität und gestaltet die Landschaft im ländlichen Raum. Viele dieser Umwelteffekte können entweder als negative bzw. positive Externalitäten oder als öffentliche Güter betrachtet werden, für die private Märkte entweder nicht angemessen funktionieren oder nicht existieren. Die Agrarproduktion reagiert in hohem Maße auf Marktsignale, da die Landwirte versuchen, ihre Einnahmen zu erhöhen und ihre Kosten zu senken. Wenn die Marktsignale für die Umweltgüter schwach oder nicht vorhanden sind, kann dies dazu führen, dass die individuellen Aktivitäten zusammengenommen die Umweltbelastungen nicht hinreichend verringern oder nichtausreichend ökologische Nutzeffekte liefern.
Daher besteht die wesentliche Funktion von Agrarumweltmaßnahmen im Prinzip darin, Anreizfehler zu beseitigen, die auf Grund fehlender Märkte für den Schutz und die Verbesserung der Umwelt entstehen.

Um die oft negativen Auswirkungen der in den letzten Dekaden intensivierten Landwirtschaft auf öffentliche Güter zu berücksichtigen bzw. zu korrigieren wurden in vielen Staaten eine Reihe von Agrarumweltmaßnahmen entwickelt, deren Umfang und Bedeutung im Laufe der Zeit zugenommen haben. Neben den zur Erreichung von Umweltzielen an die Erzeuger gewährten Transfers beinhalten die angewandten Maßnahmen auch Verordnungen und Richtlinien, Steuern, Emissions-/Verbrauchsquoten und Auflagen, wie z.B. die Erhaltung eines guten landwirtschaftlichen und ökologischen Zustands der Flächen gemäß den Cross-Compliance-Vorschriften. (OECD 2010)

In der Europäischen Union sind Agrarumweltmaßnahmen unerlässlich für die Integration von Umweltfragen in die Gemeinsame Agrarpolitik. Sie sind dazu bestimmt, Landwirte zu ermuntern, auf ihrem Land die Umwelt zu schützen und zu verbessern, indem sie für die dazu erforderliche Arbeit entlohnt werden.

Landwirte können sich verpflichten, mindestens fünf Jahre lang umweltfreundliche landwirtschaftliche Arbeitsmethoden anzuwenden, die über die gesetzlichen Vorschriften hinausgehen. Im Gegenzug erhalten sie Zahlungen, die einen Ausgleich für zusätzliche Kosten und Einkommensverluste darstellen, welche auf die Anwendung umweltfreundlicher Arbeitsmethoden gemäß den Bestimmungen der Agrarumweltverträge zurückzuführen sind.

Agrarumweltmaßnahmen sind wichtig, um der gesellschaftlichen Forderung nach konkreten Umweltschutzmaßnahmen in der Landwirtschaft entgegenzukommen. Extensive Landwirtschaft, vielfältige Landschaften, umweltfreundliche Agrartechniken, die an die Bedürfnisse der einzelnen Regionen angepasst sind, oder auch eine extensive Weidewirtschaft sind von hohem Wert. Zahlungen im Rahmen der Agrarumweltmaßnahmen ermutigen die Landwirte, umweltfreundliche landwirtschaftliche Tätigkeiten oder Produktionsintensitäten anzustreben, mit denen oft nicht die höchsten Erträge erwirtschaftet werden können.

Einige Beispiele für Verpflichtungen im Rahmen der nationalen oder regionalen Agrarumweltregelungen:

Agrarumweltmaßnahmen können auf nationaler, regionaler oder lokaler Ebene entworfen werden, sodass sie an einzelne landwirtschaftliche Systeme und Umweltbedingungen angepasst sind. Das macht sie zu einem idealen Werkzeug zum Erreichen von Umweltzielen.

Agrarumweltmaßnahmen werden von den Mitgliedstaaten kofinanziert. Die EU-Ausgaben für Agrarumweltmaßnahmen werden für den Zeitraum 2007 – 2013 auf fast 20 Milliarden Euro veranschlagt, das sind 22 % der Ausgaben für die ländliche Entwicklung.

Agrarumweltregelungen wurden zum ersten Mal in den 80er Jahren in die EU-Agrarpolitik eingeführt und konnten von den Mitgliedstaaten freiwillig umgesetzt werden. Seit 1992 ist die Anwendung von Agrarumweltprogrammen für die Mitgliedstaaten im Rahmen ihrer Pläne für die ländliche Entwicklung verpflichtend, für die Landwirte hingegen bleibt sie weiterhin freiwillig.

Die Rechtsvorschriften, die den Agrarumweltmaßnahmen zugrunde liegen, finden Sie in Artikel 39 Absatz 3 der Verordnung Nr. 1698/2005. In diesem Dokument sind die Referenzniveaus für die Agrarumweltmaßnahmen festgelegt. Bis zu diesen Werten gilt das Verursacherprinzip.

Weitere Informationen:

Agrarumweltpolitik

Alle politischen Maßnahmen (einschließlich der Agrarmarkt- und Agrarstrukturpolitik), die über eine Beeinflussung der landwirtschaftlichen Produktion auf eine Veränderung der Quantität und/oder Qualität von Umweltgütern abzielen und letztlich das Konzept einer nachhaltigen Landwirtschaft verfolgen. Zu den Umweltgütern zählen nicht nur die Umweltmedien Boden, Wasser und Luft, sondern auch die Landschaften (Nutzungs- und Bewirtschaftungsformen) und Biotope, sowie die Artenvielfalt, die durch die Landwirtschaft beeinflusst wird. Prinzipiell gelten für die Agrarumweltpolitik die üblichen umweltpolitischen Prinzipien. Es werden unterschieden:

Agrarumweltpolitische Werthaltungen und Ziele, wie sie beispielsweise im Leitbild einer nachhaltigen Landwirtschaft zum Ausdruck kommen, können mit Hilfe eines Bündels von Instrumenten verwirklicht werden.

Überblick über die Instrumente der Agrarumweltpolitik

Instrumente der Umweltpolitik

Nicht-fiskalische Instrumente

  • zwangfreie Instrumente
  • Änderung umweltrechtlicher Rahmenbedingungen
  • umweltplanerische Instrumente
  • Umweltauflagen
  • sonstige nicht-fiskalische Instrumente

Instrumente der Agrarpolitik

Preispolitik

  • allgemeine Preisänderungen
  • Preisdifferenzierungssysteme
  • sonstige preispolitische Instrumente

 


Instrumente mit öffentlichen Ausgaben

  • umweltverbessernde Aktionen öffentlich-rechtlicher Institutionen
  • Induzierung umweltverbessernder Aktivitäten
  • Finanzierung des institutionellen Umweltschutzes
  • sonstige Instrumente mit öffentlichen Ausgaben

Strukturpolitik

  • Flurbereinigung
  • Erhaltung bzw. Förderung bestimmter Strukturen
  • sonstige strukturpolitische Instrumente

 

Instrumente mit öffentlichen Einnahmen

  • Lenkungsabgaben
  • Finanzierungsabgaben
  • sonstige Instrumente mit öffentlichen Einnahmen

Marktpolitik

  • Flächenstillegung
  • Förderung nachwachsender Rohstoffe
  • Förderung der allgemeinen Extensivierung
 

Sozialpolitik

  • direkte Einkommenstransfers
  • Vorruhestandsregelung
  • sonstige sozialpolitische Instrumente

(s. a. nachhaltige Entwicklung im Bereich der Land- und Forstwirtschaft)

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Agrarverfassung

Die Gesamtheit der rechtlichen und sozialen Ordnungen und Gegebenheiten, die die Beziehungen der agraren Bevölkerung untereinander, zum Boden und zu ihrer Umgebung als Ergebnis historischer Prozesse regelt. Die Agrarverfassung ist somit Teil der rechtlichen und sozialen Ordnung einer Gesellschaft. Agrarverfassung gilt als spezifisch deutscher Begriff, der in der deutschen Forschung seit längerer Zeit verwendet wird. Als identischer Begriff wird die soziale Agrarstruktur gesehen.

Wesentliche Elemente der Agrarverfassung:

Aus der Vielfalt der gegebenen Bedingungen und bestehenden Bedürfnisse haben sich historisch und räumlich sehr unterschiedliche Agrarverfassungen entwickelt. Ein ausführliches Merkmalsraster der Agrarverfassung findet sich bei Planck/Ziche (1979).

Wichtige Gestaltungskräfte der Agrarverfassung sind:

In der Agrarverfassung der BR Deutschland, die das Resultat eines evolutionären Prozesses und historisch gewachsener Strukturen (im Teilraum der ehemaligen DDR auch nach der Episode eines staatsrevolutionären Umbruchs) darstellt, spielt das private Eigentum eine zentrale Rolle. Der existenzfähige bäuerliche Familienbetrieb, der einer Familie ausreichendes Einkommen garantiert, war bis vor wenigen Jahren das sozial-ökonomische Leitbild. Mittlerweile benutzt die Bundesregierung die Formel "bäuerliche Landwirtschaft", nicht zuletzt eine Reaktion auf die Einrichtung transfamilialer Unternehmensstrukturen in den neuen Bundesländern.

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Agrarvögel

Auch Feldvögel oder Vögel der Agrarlandschaft; fachlich nicht eindeutig definierter Begriff für Arten, deren Brutbestand von landwirtschaftlich genutzten Flächen abhängig ist. Dazu zählen Bodenbrüter agrarischer Flächen sowie Brutvögel angrenzender naturnaher Biotope, deren Lebensraumfunktion stark von Agrarflächen mitbestimmt wird.

Agrarvögel sind wichtige Bioindikatoren für landwirtschaftliche Gebiete. Die Datenlage des Vogelindikators zeigt für die deutschen Agrargebiete aktuell eine negative Entwicklung von Artenvielfalt und Landschaftsqualität.

Die erheblichen Bestandsrückgänge der Vögel der Agrarlandschaft halten an (2019) oder haben sich seit 2007 weiter beschleunigt. Die wesentliche Ursache für die Bestandsrückgänge ist nachweislich die fortschreitende Intensivierung der Landwirtschaft insbesondere durch Pestizideinsatz, starke Düngung, Verlust von Landschaftselementen (vor allem Ackerbrachen), Einengung der Fruchtfolgen (Mais), Eutrophierung und Verlust von ökologisch wertvollem, gewachsenem artenreichem Dauergrünland. Das in der Förderperiode (2014 bis 2020) der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) der EU verankerte „Greening“ hat die vorab formulierten Anforderungen nicht erfüllt und die Situation der Agrarvögel nicht verbessert.

Diese Sachlage erfordert für das Erreichen der Biodiversitätsziele dringend wirkungsvollere Naturschutz- und Umweltmaßnahmen im Agrarbereich. Im Sinne eines flexiblen Tools sollten Optionen der Auswahl betrieblich geeigneter Maßnahmen für den Landwirt bestehen, die jedoch in Abhängigkeit von der Habitatqualität eine Flächengewichtung ökologischer Vorrangflächen erfordern. Zudem wird ein gezieltes Management dieser Nutzflächen im landwirtschaftlichen Betrieb erforderlich.

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Agrarwirtschaft

Die 'Agrarwirtschaft' ist Teil des primären Sektors. Der Begriff steht:

Die Agrarwirtschaft sieht sich im Zentrum der globalen Herausforderungen unserer Zeit und gleichzeitig prägend für die wirtschaftliche und soziale Entwicklung in jeweils unmittelbaren regionalen Umfeldern.

Übergeordnete Themen, die kennzeichnend für die Agrarwirtschaft sind:

Als wissenschaftliche Disziplin bildet die Agrarwirtschaft. die Schnittstelle zwischen den Agrarwissenschaften und der Wirtschaft. Ihr Schwerpunkt liegt auf ökonomischen Inhalten wie dem Agrarmanagement, durch ihr interdisziplinäres Selbstverständnis befasst sie sich aber mit Methoden und Theorien verschiedener Fachrichtungen, zum Beispiel der Sozial- oder Naturwissenschaften:

Gelegentlich wird 'Agrarwirtschaft' verengend für eine Art von Landwirtschaft bezeichnet, die industriespezifische Produktionsweisen verwendet, um landwirtschaftliche Erzeugnisse in großem Ausmaß produzieren zu können.

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Agrarwissenschaften

Die Agrarwissenschaften beschäftigen sich als interdisziplinärer und angewandter Wissenschaftsbereich mit allen Fragen rund um die Primärproduktion menschlicher und tierischer Nahrung sowie nachwachsender Rohstoffe (Agrarsektor).
Die grundlegende Problemstellung der Agrarwissenschaften kann in einer zentralen Zukunftsfrage des Menschen gesehen werden. Diese Problemstellung wurde vor über 200 Jahren von Malthus als Konflikt zwischen dem Wachstum der Nahrungsproduktion und dem Wachstum der Bevölkerung aufgezeigt. Dieser nach wie vor ungelöste Konflikt stellt sich heute als ein globaler Konflikt zwischen Ernährungssicherung und Ressourcenschutz sowie als ein Konflikt zwischen Arm und Reich dar.
In den Agrarwissenschaften werden Kenntnisse verschiedener Disziplinen zusammengetragen, um Lösungsansätze zu erarbeiten, möglichst mit. einer nachhaltigen Bewirtschaftung ländlicher Räume. Zu den Agrarwissenschaften zählen v.a. die Pflanzenbauwissenschaften, die Gartenbauwissenschaften, die Nutztierwissenschaften, die Landtechnik und die Wirtschafts- und Sozialwissenschaften des Landbaus sowie der ökologische Landbau, die Bioökonomie und die Agrargeographie. Im Zusammenhang mit der Präzisionslandwirtschaft gewinnt zunehmend auch die Agrarinformatik und die Fernerkundung an Bedeutung.
Entsprechend stehen auch beim Studium der Agrarwissenschaften zentrale Fragen der Welt im Fokus, wie beispielsweise die globale Ernährungssicherung, die Lebensmittelsicherheit, Lebensmittelqualität, Entwicklungsfragen und das Mitgestalten von Lebensräumen und Kulturlandschaften. Die Studienrichtung ist daher sehr interdisziplinär aufgestellt und hat stets Aspekte der Nachhaltigkeit sowie Klima- und Ernährungsfragen vor Augen.
Eine wesentliche Rolle spielen bei der Ausbildung naturwissenschaftliche Fächer wie Chemie, Physik, Zoologie, Bodenkunde oder Botanik.

Agrarzoll

Bezeichnung für einen landwirtschaftlichen Schutzzoll zur Regulierung des Imports von Agrarprodukten.

Die EU hat zur Durchführung der gemeinsamen Agrarpolitik für Waren vieler landwirtschaftlicher Bereiche eigene rechtliche Regelungen, sog. Marktordnungen (MO), geschaffen. Diese sollen mithilfe ihrer vorrangig marktlenkenden Agrarzollsysteme den EU-Agrarmarkt in der EU regulieren. Wesentliches Merkmal ist die gemeinsame Preispolitik. Bei Einfuhr der betreffenden Waren aus einem Drittstaat gleichen die Agrarzölle den Unterschied zwischen hohem EU-Preisniveau und niedrigem Weltmarktniveau aus. In seltenen Fällen werden bei umgekehrter Konstellation bei der Ausfuhr Ausfuhrzölle erhoben. Üblicher ist die Auszahlung an die Ausführer als marktordnungsrechtliche Ausfuhrerstattung durch die Zollverwaltung (Hauptzollamt Hamburg-Jonas).

Zweck der Agrarzölle ist der Schutz des Preisniveaus für landwirtschaftliche Erzeugnisse in der Europäischen Union, das regelmäßig höher als auf dem Weltmarkt ist. Da der Weltmarktpreis und somit der Einfuhrpreis von Agrarerzeugnissen starken Schwankungen unterliegen kann, geschieht der Preisausgleich durch die Erhebung von flexiblen Einfuhrzöllen, deren Höhe in Abhängigkeit des jeweiligen Einfuhrpreises der Marktordnungsware ermittelt werden. Preisschwankungen, die bei Anwendung starrer Zölle auftreten würden, werden somit abgefedert und vom Binnenmarkt ferngehalten.

Daneben bestehen weitere Instrumente im Zusammenhang mit der Einfuhr von Agrarerzeugnissen, deren gemeinsame Aufgabe in der Steuerung und Beobachtung der eingeführten Mengen an Agrarerzeugnissen liegt.

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Agrarzone

Teil des Agrarraums, welcher sich global den Klima- und Vegetationsgürteln anlehnt, aber ebensowenig wie diese breitenkreisparallel angeordnet oder durchgängig ist. Er wird aus diesem Grunde für wenig sinnvoll erachtet. Größenmäßig entspricht er innerhalb einer hierarchischen Gliederung des Agrarraums am ehesten der Agrarregion.

Agribusiness

Ein auf ein Konzept von Davis und Goldberg (Harvard School for Business Administration) aus den fünfziger Jahren zurückgehender Begriff, der einen über den traditionellen Agrarsektor hinausgehenden, übergreifenden Produktionskomplex bezeichnet, daher auch oft synonym zu 'Agrarkomplex'. Agribusiness umfasst danach alle Wirtschaftsbereiche im Zusammenhang mit der Landwirtschaft, also die Bereitstellung von agrarspezifischen Inputs, die Produktion und Transformation von landwirtschaftlichen Erzeugnissen und ihre Verteilung an die Endkonsumenten.

Elemente des Agribusiness-Systems

Vorgelagerter Bereich
(Schaffung der techn. Voraussetzungen für den Landbau)

Futter- oder Düngemittel-, Landmaschinen-, Pflanzenschutz-industrie, Landhandel, Teilbereiche von Genossenschaften

Landwirtschaft i.w.S.


Pflanzenbau, Tierhaltung, Anbau von Sonderkulturen, nach-wachsenden Rohstoffen; als Begleitkulturen die Binnenfischerei und die Forstwirtschaft

Nachgelagerter Bereich
(Absatzwirtschaft für Agrarprodukte, Teile des Lebensmittel-handels und der Gastronomie, Ernährungsindustrie und -handwerk)

u.a. Landhandel, Teilfunktionen von Genossenschaften, Zuckerfabriken, Mühlen, Molkereien, Schlachthöfe, Nahrungsmittelverarbeitung, Brauereien, Brennereien, chemische Industrie als Abnehmer nachwachsender Rohstoffe

Beigeordneter Bereich
(koordinierende, kontrollierende, steuernde, beratende Funktionen)

u.a. Agrarverwaltung, Flurbereinigungsbehörde, Wasserwirtschaft, Veterinärmedizin, Genossenschaften, Verbände, Kredit- und Versicherungswesen, Weiterbildung


Viele Elemente des Agribusiness finden sich auch in bestimmten Auffassungen des Begriffs Agrarsystem wieder, wobei dieser weit über den rein wirtschaftlichen Aspekt hinausgeht.

Die gelegentlich anzutreffende Verengung des Begriffs Agribusiness auf das deutsche Wort "Nahrungswirtschaft" scheint angesichts der zunehmenden Bedeutung der Produktion von nachwachsenden Rohstoffen durch die Landwirtschaft nicht angemessen.

Merkmale des Agribusiness:

Agribusiness - Landwirtschaft als Kunde

Agribusiness - Landwirtschaft als Kunde

Landwirte fragen viele Betriebsmittel, Investitionsgüter und Dienstleistungen nach. Es sind vor allem kleinere und mittlere Betriebe aus Handel, Handwerk und Gewerbe, die wirtschaftlich stark mit der Landwirtschaft verbunden sind. Viele Höfe nutzen darüber hinaus eine breite Palette von Dienstleistungen. Diese reichen von der Beratung über Wartungsarbeiten bis hin zu Tiergesundheits- und Qualitätsüberwachung. Die produktionsbedingten Ausgaben der deutschen Landwirtschaft betrugen 2021 48,8 Milliarden Euro, wovon 10,4 Milliarden Euro auf Investitionen in Bauten und Maschinen entfallen. Zu den betriebsbedingten Ausgaben kommen u.  die privaten Konsumausgaben der Land- und Forstwirte hinzu, die sich 2021 auf 8,2 Milliarden Euro beliefen.

Quelle: Statistisches Bundesamt nach DBV Situationsbericht 2022/23

Das Agribusiness ist als Ergebnis der fortschreitenden Arbeitsteilung zu sehen. Im Verlauf dieser Entwicklung hat sich das vielseitige Produktionsprogramm des hauswirtschaftlich-landwirtschaftlichen Betriebes durch Ausgliederungen stark vereinfacht, der Landwirt wurde gleichzeitig auf die Rolle des Rohstofferzeugers reduziert. Ohne fachgerechte Homogenisierung, Stabilisierung und Konservierung und ohne Marketingstrategien bzw. moderne Vertriebslogistik, wie sie der Fachhandel und die großen Ladenketten erwarten, kann der Produzent seine Güter allenfalls in Nischenbereichen (z.B. Produkte des ökologischen Landbaus) absetzen. In der Regel wird die Produktionskette heute von ihrem Ende her gesteuert. In diesem nachgelagerten Bereich werden zugleich bei der Wertschöpfung die höchsten Gewinne erzielt, während in den Anfangsstufen nur noch geringe Gewinne zu erwirtschaften sind.
Daneben gibt es einen - deutlich schwächeren - Vorgang der Eingliederung von industriellen Prozessen in die Landwirtschaft (Erzeugung nachwachsender Rohstoffe, Schaffung neuer Produkte).

Der zur Beschreibung des Produktionssystems eigentlich wertneutrale Begriff wurde zur Beschreibung der Expansion kapitalistischer Produktionsweisen und dem Vordringen transnationaler Nahrungsmittelkonzerne ideologisch befrachtet, so dass "Agribusiness" heute nicht mehr nur für das Produktionssystem, sondern auch für die Institution Verwendung findet, die das System kontrolliert und die Gewinne abzweigt, d.h. insbesondere für die multinationalen Unternehmen (transnational agribusinesses / corporations, TNCs). Insbesondere die Rolle, welche diese Agribusiness-Unternehmen in Entwicklungsländern spielen, wird sehr kritisch gesehen.

Die Bedeutung von multinationalen Agribusiness-Unternehmen bei typischen Agrarprodukten aus der 3. Welt
Agrarprodukt Unternehmen Kommentar
Kakao

Cadburry-Schweppes, Gill & Duffus, Rowntree (alle UK), Nestlé (CH) Diese 4 Firmen kontrollieren 60-80 % der globalen Kakao-Verkäufe

Tee


Brooke Bond, Unilever; Cadburry-Schweppes,
Allied Lyons, Nestlé (alle Europa); Standard Brands,
Kellogg, Coca-Cola (alle USA)
Diese Firmen bestreiten ca. 90 % des Tee-Marktes in Westeuropa und in Nordamerika

Kaffee Nestlé (CH), General Foods (US) Zusammen ca. 20 %-Weltmarktanteil
Zucker Tate and Lyle (UK) Diese Firma kauft ca. 95 % des Rohr-zuckers ein, der in die EU geliefert wird
Melasse Tate and Lyle Deren Tochter United Molasses kontrolliert ca. 40 % des Welthandels
Palmöl Unilever (UK-NL), Lesieur (F) Dominanz von Unilever
Tabak

BAT (UK), R.J. Reynolds (US), Philip Morris (US), Imperial Group (UK), American Brands (US), Rothmans (UK-SA) Diese Firmen kontrollieren zwischen 89 und 95 % des Welthandels mit Blatt-Tabak
Baumwolle

Velkart, Cargill (US), Bunge (Durch), Ralli Brothers (UK), Soga Sosho (Japan), Bambax, Blanchard Zusammen mit neun weiteren Firmen kontrollieren sie 85-90 % des Welthandels

Quelle: Douglas u.a. 1996

In den USA beherrschen schon seit mehreren Jahrzehnten (Sick 1993) überbetriebliche Unternehmensformen in steigendem Maße den gesamten Produktions- und Vermarktungsprozeß und schränken die Entscheidungsfreiheit des einzelnen Farmers, der den hohen Kapital- und Organisationsaufwand nicht mehr leisten kann, ein (corporate invasion). Große, z.T. nichtagrarische Kapitalgesellschaften (agribusiness firms) organisieren und finanzieren die horizontale und vertikale Integration in der Agrarwirtschaft. Dabei werden die Produzenten durch Verträge (contract farmers) gebunden und die Produktionsstufen zentral koordiniert.
Entsprechende Entwicklungen sind auch für Europa zu erwarten. Die europäische Landwirtschaftspolitik (Gemeinsame Agrarpolitik) arbeitet dem Agribusiness zu. Sie orientiert sich an dem industriellen Modell "rationeller Fertigung": Einheitlichkeit, Lagerfähigkeit, große Stückzahlen. Die Effektivität dieser Maßnahmen scheint außer Zweifel, die ha-Erträge steigen seit ihrer Umsetzung.

Die nahbereichsorientierten Wirtschaftskreisläufe, die durch lokal und regional verwurzelte Unternehmen, Genossenschaften, Banken und Vertriebskanäle gesteuert wurden, befinden sich unter dem Einfluß technologischer und organisatorischer Innovationen sowie politischer Rahmensetzungen der EU in zunehmender Auflösung.

Mit Hilfe der Biotechnologie wird eine umfassende Kontrolle und Standardisierung agrarbiologischer Systeme angestrebt. Es werden Technologiepakete entwickelt, die nur in einer integrierten Anwendung und unter Anleitung und unter Kontrollinstrumentarien der Industrie zum Erfolg führen. Technologiepakete können z.B. sein:

Entsprechende Konzepte bestehen auch für den nachgelagerten Sektor des Agrarkomplexes. Beispielhaft hierfür sind folgende zwei Strategien:

Als Folge solcher Konzepte wird die Landwirtschaft in die Konzepte und Strategien der Großindustrie eingegliedert.
U.a. stehen folgende Einwände gegen das System des Agribusiness seiner Effektivität gegenüber:

Modell globaler Verflechtungen in der Agrarwirtschaft zwischen Industrie- und Entwicklungsländern mit zunehmenden Kontrollen durch das Agribusiness
Modell globaler Verflechtungen in der Agrarwirtschaft zwischen Industrie- und Entwicklungsländern mit zunehmenden Kontrollen durch das Agribusiness

Quelle: Mikus, W. 1994, verändert

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Agricultural Belt

Überholtes Konzept zur Beschreibung und kartographischen Darstellung von Teilräumen der USA mit vermeintlich bestehender einheitlicher Agrarstruktur. Eine derart einheitliche Struktur innerhalb der belts hat aber nie bestanden, so daß die Benutzung des Begriffes Landwirtschaftsgürtel falsch oder zumindest irreführend war. Die Entstehung des Konzepts erklärt sich daher, daß für seine Datenbasis in einer County immer nur das Produkt mit der größten Wertschöpfung für die Klassifizierung herangezogen wurde und alle anderen Produkte unberücksichtigt blieben.
Ein neuer Versuch, die räumliche Ordnung der US-amerikanischen Agrarwirtschaft zu erfassen und darzustellen, bezieht auf County-Basis sowohl das Produkt mit dem höchsten Verkaufswert und andere agrarische Güter ein, wie auch Betriebsgröße, Betriebsform, Besitzstruktur und den Einsatz von Produktionsmitteln. Für die Benennung der sich ergebenden Agrarwirtschaftsräume wurden allerdings weiterhin die jeweils dominierenden Agrarprodukte herangezogen. So sind vereinzelt durchaus noch Anklänge an das ehemalige belt-Konzept erkennbar (z.B. dairy belt).

Das traditionelle Belt-Konzept in den USA
Das traditionelle Belt-Konzept in den USA

Quelle: Klohn u. Windhorst 1997

Räumliche Struktur der US-amerikanischen Agrarwirtschaft zu Beginn der 90er Jahre
Räumliche Struktur der US-amerikanischen Agrarwirtschaft zu Beginn der 90er Jahre

Quelle: Klohn u. Windhorst 1997

agrifood chain

Engl. Bezeichnung für die Produktions- bzw. Wertschöpfungskette für Lebensmittel, die den gesamten, zunehmend globalisierten Weg von der Erzeugung landwirtschaftlicher Rohstoffe und ihrer Input-Sektoren über Transport und Verarbeitung für den Handel bis zum Endverbraucher umfasst. Die Lebensmittelindustrie und ihre Partner müssen sich dabei in einem zunehmend komplexen Umfeld aus gesetzlichen Bestimmungen und spezifischen Standards bewegen.

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agrifood system

Eingängige engl. Bezeichnung für die Gesamtheit von Agrar-und Ernährungssystemen; diese umfassen das gesamte Spektrum der Akteure und ihre miteinander verknüpften wertschöpfenden Tätigkeiten bei der Primärproduktion von landwirtschaftlichen Lebensmitteln und Non-Food-Produkten sowie bei der Lagerung von Lebensmitteln, der Aggregierung, der Nacherntebehandlung, dem Transport, der Verarbeitung, Vertrieb, Vermarktung, Entsorgung und Verbrauch.

Innerhalb der Agrar-und Ernährungssysteme umfassen die Lebensmittelsysteme alle Nahrungsmittel, die aus der pflanzlichen und tierischen und Viehzucht, Forstwirtschaft, Fischerei und Aquakultur stammen, und aus anderen Quellen wie der synthetischen Biologie, und die für den menschlichen Verzehr bestimmt sind. Während nicht-landwirtschaftliche Lebensmittelprodukte, wie synthetisches Fleisch, derzeit vernachlässigbar sind, werden sie aber sie werden wahrscheinlich zunehmen und könnten einen großen Einfluss auf die Widerstandsfähigkeit der Agrar- und Ernährungssysteme haben. Sie können Risiken im Zusammenhang mit klimatischen Ereignissen und Schädlingen begrenzen, könnten aber aber auch potenziell negative Auswirkungen haben, insbesondere vor allem durch den Verlust von Arbeitsplätzen und Lebensgrundlagen für die in der landwirtschaftlichen Lebensmittelproduktion tätig sind.

Agrifood-Systeme interagieren mit Non-Food-Lieferketten durch den Kauf von Betriebsmitteln wie Düngemitteln, Pestiziden, landwirtschaftlicher und fischereilicher Ausrüstung und der Bereitstellung von Zwischenprodukten für die Produktion von Non-Food-Gütern (z. B. Mais für die Biokraftstoffproduktion oder Baumwolle für Textilien). Das breitere wirtschaftliche, soziale und natürliche Umfeld prägen und beeinflussen die Agrifood-Systeme und ihre vielfältigen Produktionssysteme.

 Agrifood Systeme

Agrifood Systeme

Agrifood-Systeme umfassen Lebensmittelsysteme, das gesamte Spektrum der Akteure und ihrer miteinander verknüpften wertschöpfenden Aktivitäten, wie auch die Primärproduktion von Non-Food-Produkten in den Sektoren Pflanzenbau, Viehzucht, Forstwirtschaft, Fischerei und Aquakultur.

Quelle: FAO SOFA 2021

In einer idealen Welt wären alle Agrar-und Ernährungssysteme widerstandsfähig, integrativ und nachhaltig und würden ausreichend sichere und nahrhafte Lebensmittel produzieren, um die Bedürfnisse aller Menschen für ein aktives und gesundes Leben zu erfüllen - ohne die Ernährungssicherheit, Gesundheit und Ernährung und Ernährung künftiger Generationen zu gefährden.

Damit kontrastiert die Realität: Im Jahr 2020 litten schätzungsweise 768 Millionen Menschen bzw. 9,9 Prozent der Weltbevölkerung an Hunger, was einem Anstieg von fast 118 Millionen im Vergleich zu 2019 und 153 Millionen im Vergleich zu 2015 entspricht. Auch wenn die Welt unter extremem Druck steht, mehr Nahrungsmittel zu produzieren, bedrohen Schocks, die von Dürren und Überschwemmungen bis hin zu bewaffneten Konflikten und Preisinstabilität reichen und durch längerfristige Belastungen wie wirtschaftliche Ungleichheiten und Klimaschwankungen noch verschärft werden, sowohl die landwirtschaftliche Produktion als auch andere lebenswichtige Segmente der Agrar-und Ernährungssysteme. Die vielfältigen Risiken und Unsicherheiten wirken sich unverhältnismäßig stark auf die am stärksten gefährdeten und ernährungsunsicheren Bevölkerungsgruppen der Welt aus, die an vorderster Front mit vielfältigen Schocks und Belastungen konfrontiert sind.

Damit Agrar-und Ernährungssysteme Schocks und Stress bewältigen können, benötigen sie fünf verschiedene Resilienzkapazitäten - Vorbeugung, Antizipation, Absorption, Anpassung und Transformation angesichts zahlreicher sich entwickelnder, sich überschneidender und sogar kollidierender Ereignisse.

Die Widerstandsfähigkeit von Agrar-und Ernährungssysteme konzentriert sich auf alle sechs Dimensionen der Ernährungssicherheit und Ernährung, insbesondere aber auf die Stabilität des Zugangs und die Nachhaltigkeit, um kurz- und langfristig Ernährungssicherheit und Ernährung zu gewährleisten. Die Widerstandsfähigkeit von Agrar-und Ernährungssysteme ist ein dynamischer Prozess, der definiert ist als:

"die Fähigkeit der Agrarnahrungsmittelsysteme, im Laufe der Zeit angesichts von Störungen die Verfügbarkeit von und den Zugang zu ausreichenden, sicheren und nahrhaften Nahrungsmitteln für alle nachhaltig zu gewährleisten und die Existenzgrundlage der Akteure der Agrar-und Ernährungssysteme zu erhalten." (FAO SOFA 2021)

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Agrikulturchemie

Sie umfasst die Chemie des Bodens, der Pflanzen- und Tierernährung, der Düngung und der landwirtschaftlichen Nebengewerbe.

agrimonetäres System

In der Zeit vor der Währungsunion ein System zur Umrechnung der in den Agrarmarktordnungen in ECU festgesetzten Preise in die jeweilige Landeswährung. Das agrimonetäre System hatte zur Aufgabe, die Folgen von Wechselkursänderungen zwischen den verschiedenen Währungen auf die Agrarpreise abzumildern. Es basierte auf der Verwendung landwirtschaftlicher Umrechnungskurse (sogenannter "Grüner Kurse"). Allerdings konnte auch durch dieses System nicht verhindert werden, daß die Wechselkurse der Mitgliedsländer auf den Devisenmärkten schwankten, mit der Folge, daß Landwirte oder Händler bei einer Aufwertung ihrer Landeswährung für die in ECU festgesetzten Preise oder Beträge einen niedrigeren Gegenwert in Landeswährung erhielten.
Mit der Einführung der Europäischen Wirtschafts- und Währungsunion (EWWU) gehören für deren Teilnehmer die agrimonetären Probleme der Vergangenheit an. Die ab 1.1.1999 festen Wechselkurse zwischen den Teilnehmerländern machen das spezifische Währungssystem für die Landwirtschaft überflüssig. Preise, Prämien und Ausgleichszahlungen werden in Euro festgelegt und in Euro ausgezahlt. Allerdings soll ab dem 1.1.1999 ein neues System das Verhältnis zwischen den Teilnehmern der Währungsunion und den Nicht-Teilnehmern regeln.

Agritechnica

Die Agritechnica in Hannover ist die weltgrößte agrartechnische Fachmesse und wird von der Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft ausgerichtet. Die erste Agritechnica wurde 1985 auf der Frankfurter Messe veranstaltet. Seit 1995 findet sie alle zwei Jahre im November im Wechsel mit der EuroTier auf dem Messegelände Hannover statt.

2019 zeigten 2.820 Unternehmen aus 53 Ländern, darunter die global führenden Hersteller, ein komplettes Angebot an Traktoren, Maschinen, Geräten, Ersatzteilen und Zubehör. Der Anteil aus dem Ausland ist mit 62 Prozent nochmals gestiegen. Die Messe war ausgebucht und wurde von 450.000 Besuchern besucht, davon mehr als 130.000 aus dem Ausland.

Weitere Informationen:

Agrobacterium tumefaciens

Bodenbakterium, welches von Natur aus die Fähigkeit besitzt, Teile seines Erbmaterials auf Pflanzenzellen zu übertragen. Es wird deswegen in der Gentechnik als "Werkzeug" verwendet.

Agrobakterien können bestimmte Pflanzen infizieren. Dadurch werden krebsartige Wucherungen im Wurzelhalsbereich hervorgerufen (Wurzelhalsgalle). Die genetische Information für das Tumorwachstum befindet sich nicht in den Bakterien-Chromosomen, sondern auf einer mobilen, ringförmigen Einheit (Plasmid).

Bei der Infektion einer Pflanzenzelle durch das Bakterium wird die so genannte T-DNA in die Zelle übertragen und an einer beliebigen Stelle in das Genom der Pflanze eingebaut.

Diese Fähigkeit von Agrobacterium tumefaciens zum natürlichen Gentransfer wird in der Gentechnik genutzt. Das Bakterium wird als Transportmittel (Vektor) eingesetzt, um Fremdgene in Pflanzen einzuschleusen. Dabei werden zunächst die tumorbildenden Gene aus dem Plasmid des Bakteriums herausgeschnitten und stattdessen das gewünschte Fremdgen eingebaut.

Der Gentransfer mit Hilfe von Agrobakterien ist eine breit genutzte, zuverlässige Methode. Allerdings funktioniert sie nur bei bestimmten Pflanzen, vor allem zweikeimblättrigen wie z.B. Kartoffeln, Tomaten, Tabak. Weniger geeignet sind Agrobakterien zum Einschleusen von Fremdgenen in Getreide (Weizen, Mais).

Agrobiodiversität

Agrobiodiversität, auch Agrarbiodiversität bezeichnet alle Komponenten der biologischen Vielfalt, die für Ernährung und Landwirtschaft sowie das Funktionieren der Agrarökosysteme von Bedeutung sind. Der Begriff schließt zusätzlich alle biologische Vielfalt in Agrarlandschaften mit ein - also nicht nur Nutztiere und -pflanzen.

Dazu gehören:

Die land-, forst- und fischereiwirtschaftliche Nutzung von Lebewesen erfolgt im Rahmen von Nutzungssystemen, die in unterschiedlicher Art und Intensität in umgebende Ökosysteme eingebettet sind. Die genutzten Lebewesen stehen daher mit denen der natürlichen Ökosysteme in Verbindung und erbringen so ihre Leistungen. Beispiele hierfür sind durch Bodenlebewesen bewirkte Bodenfruchtbarkeit, durch natürliche Feinde reduzierte Schaderreger oder Bestäubung von Pflanzen durch Insekten.

In engem Zusammenhang zur Agrobiodiversität steht die Vielfalt von Bewirtschaftungs- und Produktionsformen, denn anders als bei der biologischen Vielfalt im Allgemeinen sind viele Bestandteile der Agrobiodiversität auf menschliche Aktivität zwingend angewiesen. Was nicht aktiv genutzt - z. B. angebaut, gehalten, aber auch verarbeitet, gekauft oder gegessen wird, ist letztlich vom Aussterben bedroht.

Wichtige Einflussfaktoren auf die Biodiversität der Agrarlandschaft

Wichtige Einflussfaktoren auf die Biodiversität der Agrarlandschaft

Die derzeitige landwirtschaftliche Praxis wirkt sich negativ auf die Biodiversität vieler Artengruppen aus. Die Ursachen des Biodiversitätsverlustes sind vielfältig, wirken zusammen und verstärken sich wechselseitig. Daher ist die Analyse komplex und es muss das Gesamtsystem betrachtet werden, um die Ursachen für den Biodiversitätsverlust zu ermitteln.

Quelle: BüL

Entstehung

Im Unterschied zur natürlichen biologischen Vielfalt entstand die Kulturpflanzen- und Nutztiervielfalt unter Einflussnahme des Menschen. Mit Beginn der Landwirtschaft vor etwa 10.000 Jahren begann der Mensch mit der Domestikation von Wildpflanzen und Wildtieren, später auch von Fischen. Durch das über Jahrtausende währende Zusammenwirken von Kulturpflanzen, Nutztieren, den verschiedensten standörtlichen Bedingungen und der Einflussnahme des Menschen durch Auslese und Züchtung entstand so eine große Sorten- und Rassenvielfalt. Schätzungen zufolge gibt es z. B. allein bei Reis weltweit etwa 100.000 Sorten. Die meisten der heute bedeutenden Kulturpflanzen und Nutztiere wurden ursprünglich in anderen Gebieten der Erde domestiziert als sie heute genutzt werden. Wichtige Domestikations- und Vielfaltszentren sind die Regionen des fruchtbaren Halbmondes (Naher Osten), Mittelamerika, Nord-Ost-Amerika, die Andenregion, Südostasien und der Mittelmeerraum, die nach dem russischen Botaniker N. I. Wawilow benannten Vavilov-Zentren.

Bedeutung

Eine hohe Agrobiodiversität sichert die zukünftigen Lebensgrundlagen des Menschen, da durch sie ein breiter Genpool zur Nutzung zur Verfügung steht. Die Konzentration auf wenige Hochleistungsrassen, -arten oder -sorten birgt hingegen Ertragsrisiken z.B. durch geringe Krankheitsresistenz oder Umwelttoleranz sowie die Gefahr der Inzuchtdepression, d. h. eines Absinkens von Vitalität, Fruchtbarkeit oder Leistung. Mit dem Verlust an genetischer Vielfalt gehen Optionen für zukünftige Züchtungsarbeit unwiederbringlich verloren. Das erschwert die Anpassung an unvorhersehbare Krankheitsgefahren oder sich ändernde Umweltbedingungen wie den Klimawandel. Darüber hinaus bedeutet er den Verlust von kulturellem Erbe.

Verlust von Agrobiodiversität

Von den ca. 340.000 Pflanzenarten auf der Erde sind rund 30.000 für den Menschen potenziell nutzbar, rund 7.000 werden derzeit in irgendeiner Weise vom Menschen genutzt. Seit dem 19. Jahrhundert hat sich das Spektrum genutzter Kulturpflanzenarten und besonders der genutzten Sorten stark reduziert. Heutzutage spielen für die menschliche Ernährung weltweit nur rund 150 Arten eine bedeutendere Rolle. Mit nur 30 Pflanzenarten wird derzeit nahezu der gesamte Kalorienbedarf der Weltbevölkerung erzeugt, sie liefern 95 % der pflanzlichen Nahrungsmittel. Die Ernten von nur drei "Haupternährern" - Weizen, Reis und Mais decken 50 % des weltweiten Energiebedarfs der Menschheit.

Besonders in Industrieländern wie Deutschland werden alte Sorten kaum noch angebaut. Schätzungen zufolge beläuft sich hier die Generosion seit Beginn des 20. Jahrhunderts auf über 90 %. Ähnlich verhält es sich bei den Nutztieren: weltweit sind in den vergangenen hundert Jahren 1.000 der anerkannten 6.500 Nutztierrassenarten ausgestorben. Die Landwirtschafts- und Ernährungsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) warnt vor dem Aussterben von 2.000 weiteren hoch bedrohten Rassen und macht darauf aufmerksam, dass derzeit sogar Woche für Woche im Schnitt zwei Rassen verschwinden.

In der ersten Dekade des neuen Jahrtausends waren etwa die Hälfte der globalen Eier- und zwei Drittel der Hühnerfleischproduktion industrialisiert, und nur noch zwei Unternehmen lieferten das genetische Material für Legehennen und vier für Masthähnchen. (Gura, S.) Die FAO schätzt, dass die meisten kommerziellen Züchtungen auf nur vier Rassen bzw. Linien basieren. Bei Schweinen ist die unternehmerische Konzentration in der Tiergenetik weniger weit fortgeschritten, aber die globale industrielle Schweineaufzucht beruht auf nur fünf Rassen. Auch bei Rindern nimmt die Vereinheitlichung des genetischen Materials mithilfe der künstlichen Befruchtung immer weiter zu, denn ein Bulle kann bis zu 1 Mio. Nachkommen zeugen.

In den Entwicklungsländern gibt es kaum eigene Züchtungen, sondern immer mehr Importe aus Industrieländern, wodurch sich die genetische Verdrängung von an ihr Habitat angepassten Tieren durch stark inputabhängige Züchtungen fortsetzt.

Die Gründe für den Verlust von Agrarbiodiversität sind vielfältig. Die moderne Landwirtschaft hat durch Intensivierung, Rationalisierung, Spezialisierung und Konzentration der Produktion maßgeblich zur Verringerung der biologischen Vielfalt bei Kultur- wie bei Wildpflanzen in Deutschland beigetragen. Wirkungen auf die biologische Vielfalt sind dabei von den Veränderungen bei Düngung, Pflanzenschutz, Fruchtfolgen und Flurbereinigung ausgegangen. Besonders die Nivellierung der Anbausysteme sowie der Einsatz von einigen wenigen Hochleistungssorten führte zum Artenverlust. Alte Sorten sind oftmals nicht oder nicht mehr geschützt und damit nicht mehr handelbar. Der Austausch des Saatguts und die notwendige züchterische Weiterbearbeitung der Sorten wird hierdurch wesentlich eingeschränkt. Neben dem Sortenschutz bedingt auch die Einhaltung von Produktionsstandards und die Teilnahme an Qualitätsmanagementsystemen eine Vereinheitlichung der angebauten Sorten und Bewirtschaftungsweisen.

Fördermöglichkeiten

Der Erhalt der Agrarbiodiversität wird im Rahmen von Agrarumweltmaßnahmen finanziell unterstützt. Landwirtschaftliche Betriebe, die In-situ (im natürlichen Lebensumfeld) oder On-farm (Erhaltung auf Bauernhöfen, Archehöfen, in Freilichtmuseen u.ä.) Erhaltungsmaßnahmen durchführen, können an den Agrarumweltprogrammen der Länder teilnehmen.

Weitere Informationen:

Agroforstwirtschaft

Agroforstwirtschaft bezeichnet eine Vielfalt von Landnutzungssystemen, die die Nutzung von Gehölzkulturen mit dem Anbau von Feldfrüchten oder einer Grünlandbewirtschaftung bzw. landwirtschaftlichen Tierhaltung auf derselben Bewirtschaftungseinheit (Schlag oder Parzelle) kombinieren. Diese Elemente können entweder in räumlicher Anordnung oder in zeitlicher Abfolge kombiniert werden. In Agroforstsystemen gibt es normalerweise sowohl ökologische als auch ökonomische Interaktionen zwischen den verschiedenen Komponenten. Landwirtschaftliche Sonderkulturen mit Holz bildenden Pflanzen wie Weinbau zählen nicht zu Agroforstsystemen.

Nach Angaben der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) wird Agroforstwirtschaft von mehr als 1,2 Milliarden Menschen auf rund 1 Milliarde Hektar (ha) Land weltweit praktiziert.

In manchen Agroforstsystemen werden Bäume mit Ackerpflanzen kombiniert (silvoarable Systeme), in anderen mit Viehhaltung (silvopastorale Systeme) oder mit beidem zusammen (agrosilvopastorale Systeme). Die verschiedenen Bewirtschaftungsformen werden so miteinander verbunden, dass sie sich bestmöglich gegenseitig ergänzen.

Agroforstwirtschaft - Weitere Definitionen

Eine knappe Definition des Begriffs gibt die Statistikabteilung der Vereinten Nationen:

"Agroforstwirtschaft ist ein Sammelbegriff für Landnutzungssysteme und Techniken, bei der mehrjährige Holzpflanzen (Bäume, Sträucher, Palmen, Bambus usw.) bewusst auf derselben Fläche genutzt werden, auf der auch landwirtschaftliche Nutzpflanzen angebaut und/oder Tiere gehalten werden, entweder in räumlicher Anordnung oder zeitlicher Abfolge kombiniert." (United Nations 1997)

Eine ausführlichere Definition findet sich im Glossar des Projekts International Assessment of Agricultural Knowledge, Science and Technology for Development (IAASTD):

"Agroforstwirtschaft ist ein dynamisches, umweltgerechtes System der Nutzung natürlicher Ressourcen, das durch die Einbeziehung von Bäumen in landwirtschaftliche Betriebe und in die Landschaft eine breit gefächerte und dauerhafte Produktion sichert, um so den sozialen, wirtschaftlichen und ökologischen Nutzen für alle Beteiligten zu steigern. Der Schwerpunkt der Agroforstwirtschaft liegt auf den vielfältigen Nutzungsmöglichkeiten von Bäumen, die in bäuerlichen Betrieben und ländlichen Landschaften angepflanzt werden. Hierzu zählen so genannte fertilizer trees, die Pflanzennährstoffe nachliefern (aus tieferen Bodenschichten, Stickstofffixierung) und damit der Regeneration von Flächen, der Bodenfruchtbarkeit und der Ernährungssicherung dienen; Obstbäume als Nahrungsquelle; Futterbäume, die die kleinbäuerliche Tierproduktion verbessern; Nutz- und Brennhölzer für Hausbau und Energieerzeugung; Bäume, die Wirkstoffe zur Bekämpfung von Krankheiten liefern und Bäume, aus denen Naturgummi, Harze und Latex gewonnen wird. Viele dieser Bäume dienen mehreren Zwecken; daher besitzen sie etliche soziale, wirtschaftliche und ökologische Vorteile." (IAASTD 2009)

"Agroforestry is a collective name for land-use systems and technologies where woody perennials (trees, shrubs, palms, bamboos, etc.) are deliberately used on the same land-management units as agricultural crops and/or animals, in some form of spatial arrangement or temporal sequence. In agroforestry systems there are both ecological and economical interactions between the different components. Agroforestry can also be defined as a dynamic, ecologically based, natural resource management system that, through the integration of trees on farms and in the agricultural landscape, diversifies and sustains production for increased social, economic and environmental benefits for land users at all levels. In particular, agroforestry is crucial to smallholder farmers and other rural people because it can enhance their food supply, income and health.Agroforestry systems are multifunctional systems that can provide a wide range of economic, sociocultural, and environmental benefits." (FAO)

Weltweit werden Bäume schon seit langer Zeit in Ackerbau und Viehhaltung integriert. So werden im westindischen Bezirk Kodagu seit dem 19. Jahrhundert Kaffeeplantagen unter einheimischen Bäumen angelegt. Auch in Europa haben Agroforstsysteme eine lange Geschichte. In Spanien etwa werden seit mindestens 4.500 Jahren Rinder, Schweine und Schafe auf Weiden unter Eichen gehalten, deren Blätter und Eicheln nahrhaftes Futter liefern. Die Agroforstwirtschaft rückte allerdings erst in den späten 1970er Jahren in den Fokus internationaler Institutionen, wie der Landwirtschafts- und Ernährungsorganisation der Vereinten Nationen (FAO), als nachhaltige Alternativen zu chemie-intensiven Praktiken der sogenannten Grünen Revolution gesucht wurden.

Agroforstwirtschaft ist global sehr vielgestaltig und wird angewendet in Regionen, die so verschieden sind wie Mitteleuropa, die USA oder Subsahara-Afrika. Sie stellt ein historisches Beispiel dar für Landnutzungssysteme, die keinen Einsatz zusätzlicher Düngemittel und Pestizide erfordern und über integrierte Schädlingskontrolle verfügen. Diese Aspekte sind besonders wichtig in Regionen, in denen kein Zugang zu chemischen Produkten besteht oder die Böden arm sind wie in vielen Bereichen der Tropen. Weltweit betreiben rund 1,2 Milliarden Menschen Agroforstwirtschaft auf einer Fläche von insgesamt mehr als zehn Millionen Quadratkilometern – das entspricht einer Fläche so groß wie die USA.

Integriertes Agroforstsystem auf der Kakaofarm El Cacao (Nicaragua)

Integriertes Agroforstsystem auf der Kakaofarm El Cacao (Nicaragua)

Das Nebeneinander unterschiedlicher Pflanzen auf El Cacao sorgt für Artenvielfalt und Bodenfruchtbarkeit, sowie für teils dauerhaften (Mahagoni), teils temporären (Banane) Schatten.
Die Ziele des Projektes sind die Förderung der Produktion und der Export von nachhaltig angebautem und zertifiziertem Kakao hoher Qualität durch nicaraguanische Kooperativen. Über das Projekt werden Kleinbauern beim nachhaltigen Anbau von Kakao unterstützt und Kakaobohnen zu fairen Preisen angekauft. Ein weiteres Ziel des Projektes ist es, Know-how an die Bauernfamilien weiterzugeben und durch ein diversifiziertes Agroforstsystem das Abholzen von Waldflächen zu vermeiden.

Weltweit gibt es auf einer Fläche von 7,8 Mio. ha Kakao-Agroforstsysteme, in denenKakao unter einem Blätterdach produziert wird.

Quelle: Ritter Sport Blog

Agroforstwirtschaft in den Tropen

Der Begriff "Agroforstwirtschaft" ist relativ neu, der damit beschriebene Nutzungstyp jedoch sehr alt. Die traditionellen Agrarökosysteme der feuchten Tropen sind häufig durch eine enge Verbindung von Bäumen mit mehr- und einjährigen Pflanzen charakterisiert.

Der Begriff bezieht sich hier üblicherweise auf eine meist kleinräumige Nutzungsmischung mit stockwerkartigem, die Naturvegetation nachahmendem Aufbau in Waldgebieten vornehmlich der Feuchttropen als nachhaltiges, ökologisch und sozial angepasstes Agrarsystem.

Im globalen Süden werden viele landwirtschaftliche Produkte wie Kaffee, Kakao oder Kautschuk in Agroforstsystemen angebaut.

Das intensivste agroforstwirtschaftliche System ist das der "Kandy-Gärten" Sri Lankas. Dies sind kleine Farmen, die auf einer engen Verbindung zwischen Kokos-, Kitril- und Betelpalmen basieren. Zudem wachsen dort Gewürznelken-, Zimt-, Muskatnuss-, Zitrus-, Mango-, Rambutan- und Brotfruchtbäume, es gibt eine niedrigere Schicht mit Bananen und kletternden Pfefferpflanzen sowie am Rand eine bodennahe Schicht aus Mais, Maniok, Bohnen und Ananas.

Gut funktionierende Agroforstsysteme sind auch aus Nord-Kamerun und aus Yucatán bekannt. In Kamerun liegt dies an den fruchtbaren Basaltböden, in Yucatán, wo Kalk als Ausgangsgestein der Böden ansteht, an dem Reichtum an basisch wirkenden Kationen.

Zu den Erscheinungsformen der Agroforstwirtschaft zählt der in den humiden Tropen auftretende und manchmal bis zu 2 ha große Hausgarten oder Waldgarten (home garden, forest garden, mixed garden). Bei ihm werden bestimmte Nutzpflanzen in natürliche Baumbestände integriert. Varianten treten überall in den Tropen und Subtropen auf, vor allem aber in Südostasien. Dort dienen sie z.B. dem Anbau von Fruchtbäumen, Rattanpalmen, Heilpflanzen und Gemüse.

Tropische Systeme der Agroforstwirtschaft - Überblick
Systembezeichnung Beschreibung
Systeme in Hanglage

Ein gut untersuchtes Beispiel für ein Agroforstsystem in Hanglage ist das Quesungual Slash and Mulch Agroforestry System (QSMAS) im Department Lempira, Honduras. Diese Region wurde historisch für Brandrodung und Subsistenzlandwirtschaft genutzt. Aufgrund schwerer saisonaler Regenfälle wurde der freiliegende Boden weggeschwemmt, so dass in der Trockenzeit unfruchtbarer, karger Boden übrig blieb. Die bewirtschafteten Hanglagen mussten nach einigen Jahren aufgegeben werden und neuer Wald wurde verbrannt. Die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) half bei der Einführung eines Systems, das das lokale Wissen einbezieht und aus folgenden Schritten besteht:

  1. Ausdünnen und Beschneiden von Sekundärwald in Hanglage, wobei einzelne nützliche Bäume, insbesondere stickstoffbindende Bäume, belassen werden. Sie tragen dazu bei, die Bodenerosion zu verringern, die Bodenfeuchtigkeit zu erhalten, Schatten zu spenden und stickstoffreiches organisches Material in Form von Streu zu liefern.
  2. Maispflanzen in Reihen; Mai ist eine traditionelle lokale Kulturpflanze.
  3. Maisernte von der getrockneten Pflanze und pflanzen von Bohnen. Die Maisstängel bieten eine ideale Stütze für die kletternden Bohnenpflanzen. Die Bohne ist eine stickstofffixierende Pflanze und hilft daher, mehr Stickstoff einzubringen.
  4. Kürbis kann während dieser Zeit gepflanzt werden. Seine großen Blätter und sein horizontaler Wuchs sorgen für zusätzlichen Schatten und Feuchtigkeitsspeicherung. Er konkurriert nicht mit den Bohnen um Sonnenlicht, da letztere vertikal an den Stängeln wachsen.
  5. Alle paar Nutzungsperioden Graswuchs zulassen und Beweidung mit Rindern, damit dem Boden organische Substanz und Nährstoffe (Dung) zugeführt werden. Die Rinder verhindern eine vollständige Wiederaufforstung, indem sie um die Bäume herum weiden.
  6. Wiederholung des Zyklus
Schattenkulturen Bei Schattenanwendungen werden die Pflanzen absichtlich unter Baumkronen in der schattigen Umgebung angebaut. Die Pflanzen im Unterwuchs sind schattentolerant oder die Bäume im Oberwuchs haben ein relativ offenes Blätterdach. Ein auffälliges Beispiel ist der Anbau von Kaffee im Schatten. Diese Praxis reduziert die Kosten für die Unkrautbekämpfung und verbessert die Qualität und den Geschmack des Kaffees.

Frucht-über-Gehölz-Systeme
(Crop-over-tree systems)

Bei Crop-over-tree Systemen werden mehrjährige Gehölze zum Bodenschutz eingesetzt. Hierfür werden kleine Sträucher oder Bäume verwendet, die in Bodennähe beschnitten werden. Ziel ist es, den Nährstoffgehalt im Boden zu erhöhen und/oder die Bodenerosion zu verringern.

Dokumentierte Beispiele sind Kochbananen über Flemingia und Jackfruit über Calliandra calothyrsus oder Acacaia Angustissima.

Mischkulturen und Alley-Cropping Beim Alley-Cropping wechseln sich Anbaustreifen von Feldfrüchten mit Reihen von dicht stehenden Baum- oder Heckenarten ab. Normalerweise werden die Bäume vor dem Anpflanzen der Kulturpflanze beschnitten. Das abgeschnittene Blattmaterial wird über die Anbaufläche verteilt, um Nährstoffe zu liefern. Zusätzlich zu den Nährstoffen dienen die Hecken auch als Windschutz und verringern die Erosion.
In den tropischen Gebieten Nord- und Südamerikas werden verschiedene Inga-Arten wie I. edulis und I. oerstediana für den Alley-Cropping-Anbau verwendet.
In Afrika sind Mischkulturen vorteilhaft, vor allem in Bezug auf die Verbesserung der Maiserträge in der Sub-Sahara-Region. Die Nutzung stützt sich auf die stickstofffixierenden Baumarten Sesbania sesban, Tephrosia vogelii, Gliricidia sepium und Faidherbia albida. In einem Beispiel zeigte ein zehnjähriges Experiment in Malawi, dass durch den Einsatz des Düngebaums Gliricidia (Gliricidia sepium) auf Flächen, auf denen kein Mineraldünger ausgebracht wurde, die Maiserträge im Durchschnitt 3,3 Tonnen pro Hektar betrugen, im Vergleich zu einer Tonne pro Hektar in Parzellen ohne Düngebaum oder Mineraldünger.
Taungya Taungya ist ein System, das seinen Ursprung in Burma hat. In der ersten Zeit eines Obstgartens oder einer Baumplantage stehen die Bäume klein und in großen Abständen. Der freie Raum zwischen den neu gepflanzten Bäumen wird für eine saisonale Kultur genutzt. Anstelle von aufwändigem Unkrautjäten liefert die nicht ausgelastete Fläche einen zusätzlichen Ertrag und ein Einkommen. Komplexere Taungyas nutzen den Platz zwischen den Bäumen für unterschiedliche Feldfrüchte. Die Pflanzen werden schattentoleranter, wenn die Baumkronen wachsen und die Menge an Sonnenlicht, die den Boden erreicht, abnimmt. Durch Ausdünnen kann die Sonneneinstrahlung aufrechterhalten werden.
Itteri Agroforstwirtschaft Itteri Agroforstsysteme sind ein traditionell entwickeltes System in Tamil Nadu (S-Indien), die seit undenklichen Zeiten bestehen. Es beinhaltet die bewusste Bewirtschaftung von vielseitig einsetzbaren Bäumen und Sträuchern, die in enger Verbindung mit krautigen Arten angebaut werden. Es kommt oft entlang der Dorf-/Farmstraßen, kleinen Rinnsalen und auch entlang der Grenzen von landwirtschaftlichen Feldern vor.

Agroforstsysteme gemäßigter Breiten

Traditionell weit verbreitet waren in Europa die silvopastoralen Systeme, bei denen die Gehölzkultur mit Viehhaltung kombiniert ist. Beispiele sind die Waldweide, die Streunutzung oder die Eichelmast. Ein altes Agroforstsystem in landwirtschaftlich geprägten Landschaften Mittel- und Nordwesteuropas waren die Heckensysteme. Als weiteres traditionelles Agroforstsystem, wenngleich noch relativ jung, sind die Streuobstbestände zu nennen.

Traditionelle Systeme haben sich häufig zu naturschutzfachlich besonders wertvollen Lebensräumen entwickelt (z.B. Hutewälder und Streuobstwiesen).

Agroforstprojekt mit Lavendel und Walnussbäumen bei Chatillon en Diois (Dep. Drôme, Rég. Auvergne-Rhône-Alpes)

Agroforstprojekt mit Lavendel und Walnussbäumen bei Chatillon en Diois (Dep. Drôme, Rég. Auvergne-Rhône-Alpes)

Die veredelten, frostharten Walnussbäume der alten französischen Varietät Franquette dienen der Walnussproduktion, der Lavendel der Parfümherstellung.

Quelle: Climate ADAPT, pers. Mitteilung

Wie in den Tropen ist auch in unseren Breiten die sehr große Bandbreite von möglichen Baum-, Nutzpflanzen- und Nutztierkonstellationen ein besonderes Merkmal der Agroforstwirtschaft. Beispiele sind Schafe, die unter Korkeichen weiden (in Montados und Dehesas in bestimmten Teilen Portugals und Spaniens), oder hohe Obstbäume, unter denen Getreide angebaut oder Vieh geweidet wird (Streuobst in Mitteleuropa), oder Rentierhaltung in den borealen Wäldern. Auch die möglichen Produkte für den Verkauf sind vielfältig: Oliven, Früchte, Nüsse, Beeren, Samen, Blätter, Knollen, essbare Blumen, Biomasse, Hackschnitzel, Bauholz, Brennholz, Fleisch, Eier, Milch, Honig usw. Systeme, die Apfelanlagen, Olivenhaine, Kastanienwälder oder Walnusspflanzungen umfassen, werden als hHochwertige Baumsysteme angesehen.

Mit der Modernisierung und Intensivierung der land- und forstwirtschaftlichen Produktion in der EU in den 1960er Jahren, sind viele traditionelle Agroforstsysteme, die bis dahin praktiziert wurden, inzwischen verschwunden. Zum Beispiel Bocages (Weideland mit einem Netzwerk von Hecken), die über Jahrhunderte hinweg angelegt wurden, sind großen Feldern gewichen, da Hecken entfernt wurden.
Heute sind die multifunktionale Rolle von Hecken und ihr Wert für die Umwelt besser verstanden: Schutz der Biodiversität, bessere Bodenqualität, Regulierung von Abfluss und Erosion, etc. Es gibt jetzt ein neues Interesse an der Integration von Bäumen in die landwirtschaftliche Nutzung.

Aktuell gibt es Systeme, die jüngeren Datums sind und vor allem aus einer naturschutzfachlichen Perspektive heraus entwickelt wurden (halboffene Weidelandschaften).

Moderne, produktionsorientierte Agroforstsysteme orientieren sich im Gegensatz zu vielen traditionellen Systemen in ihrer Gestaltung maßgeblich an den Erfordernissen heutiger Produktionstechnik in der Landwirtschaft. Eine maschinelle Bewirtschaftung soll möglichst uneingeschränkt möglich sein, um eine ökonomisch konkurrenzfähige Produktion von landwirtschaftlichen und forstwirtschaftlichen Produkten zu ermöglichen.

Agroforstsysteme gemäßigter Breiten - Überblick
Systembezeichnung Beschreibung
Alley cropping und Strip cropping Alley-Cropping (siehe oben) kann auch in gemäßigten Klimazonen eingesetzt werden. Strip Cropping ähnelt dem Alley Cropping insofern, als dass sich Bäume mit Feldfrüchten abwechseln. Der Unterschied besteht darin, dass beim Alley-Cropping die Bäume in einer einzigen Reihe stehen. Beim Strip-Cropping werden die Bäume oder Sträucher in einem breiten Streifen gepflanzt. Der Zweck kann, wie beim Alley Cropping, darin bestehen, Nährstoffe in Form von Blättern für die Pflanzen bereitzustellen. Beim Strip-Cropping können die Bäume eine rein produktive Funktion haben, indem sie Früchte, Nüsse usw. liefern und gleichzeitig die benachbarten Kulturen vor Bodenerosion und schädlichen Winden schützen.
Fauna-basierte Systeme

Bäume können der Tierwelt zugute kommen. Die häufigsten Beispiele sind Waldweiden, auf denen Rinder, Ziegen oder Schafe das unter Bäumen wachsende Gras fressen. In heißen Klimazonen sind die Tiere weniger gestresst und nehmen schneller zu, wenn sie in einer kühleren, schattigen Umgebung grasen. Auch die Blätter von Bäumen oder Sträuchern können als Futter dienen.

Ähnliche Systeme unterstützen auch andere Tierarten. Rehe und Schweine nehmen zu, wenn sie in einem Waldökosystem leben und fressen, besonders wenn das Baumfutter sie nährt. In der Aquaforstwirtschaft beschatten Bäume Fischteiche. In vielen Fällen fressen die Fische die Blätter oder Früchte der Bäume.

Das Dehesa- oder Montado-System der Waldwirtschaft ist ein Beispiel für die extensive Haltung von Schweinen und Stieren in Spanien und Portugal.

Systeme entlang von Grenzen

Ein lebender Zaun kann eine dichte Hecke oder ein an lebenden Bäumen aufgereihter Zaundraht sein. Lebende Zäune schränken nicht nur die Bewegungsfreiheit von Menschen und Tieren ein, sondern bieten auch Lebensraum für insektenfressende Vögel und verlangsamen im Falle einer Grenzhecke die Bodenerosion.

Uferpuffer sind Streifen mit dauerhafter Vegetation, die sich entlang oder in der Nähe von aktiven Wasserläufen oder in Gräben befinden, in denen sich der Wasserabfluss konzentriert. Sie sollen verhindern, dass Nährstoffe und Erde das Wasser verunreinigen.

Windschutzstreifen reduzieren die Windgeschwindigkeit über und um die Pflanzen. Dies steigert die Erträge durch ein geringeres Austrocknen der Ernte und/oder durch das Verhindern des Umkippens der Feldfrüchte bei starken Windböen.

Effekte agroforstwirtschaftlicher Systeme

In agroforstwirtschaftlichen Systemen erfüllen die meist ausdauernden Gehölze je nach Artenwahl und räumlicher Anordnung verschiedene Funktionen. Dazu zählen z.B. Produktionsfunktionen Nahrung, Tierfutter oder Brenn- und Bauholz sowie Schutzfunktionen (Windschutz, Erosionsschutz und Bodenschutz, Beschattung). Zusätzlich erhöhen Agroforstsysteme die Kohlenstoffbindung und die Biodiversität in der Landschaft.

Die agrare Tragfähigkeit erhöht sich mit Agroforstwirtschaft von ca. 20 Personen/km² auf über 40. Das System ist relativ arbeitsintensiv und kapitalextensiv (low input system) und demnach den Bedingungen der autochthonen Bevölkerung entsprechend. So ist diese Sonderform von Agrarökosystemen vor allem in den kleinbäuerlichen Betrieben der Tropen und Subtropen zu finden.

Agroforstwirtschaft mit ihren vielfältigen Erscheinungsformen (u.a. Alley Cropping, Stockwerkkultur, Taungya-System, Waldweide) ermöglicht in Tropengebieten die Verdoppelung bis Vervierfachung der Flächenerträge gegenüber traditioneller shifting cultivation und erlaubt den Schritt zu permanentem Landbau.

Vor der landwirtschaftlichen Industrialisierung waren sie auch in Europa und damit auch in Deutschland weit verbreitet. Bekannte Beispiele sind Streuobstwiesen, Waldweidenutzung, Waldfeldbau und Windschutzhecken. Erst in den letzten 15 Jahren wurden in Europa moderne Systeme eingeführt, die dem aktuellen Mechanisierungsgrad der Landwirtschaft angepasst sind. Dabei werden die Gehölze nicht mehr verstreut auf den landwirtschaftlichen Flächen verteilt, sondern in Reihen angepflanzt.

Idealerweise werden in Agroforstsystemen verschiedene ökologische Funktionen besser erfüllt als in reinen Ackerbausystemen. Gehölzpflanzen schützen den Boden besser vor Wind- und Wassererosion als annuelle Pflanzen und erhöhen die Artenvielfalt des Systems. Ihr Wurzelsystem erreicht größere Tiefen als das der meisten Ackerkulturpflanzen, sodass Wasser und Nährstoffe aus diesen Bodenbereichen genutzt werden. Durch die anfallende Streu gelangt organisches Material auf die Bodenoberfläche, und ihr Abbau durch Bodenorganismen macht die aus dieser "Nährstoffpumpe" stammenden anorganischen Substanzen für Pflanzen verfügbar. Dies führt zu einem geringeren Bedarf an externen Düngemitteln. Die Durchwurzelung durch Gehölzpflanzen nimmt auch Einfluss auf die Bodenstruktur und damit auf die Infiltrationsrate von Niederschlagswasser. (Martin und Sauerborn 2006)

Weitere Informationen:

Agroindustrie

1. Landwirtschaftliche Betriebe; vor allem solche mit Veredelung und Massentierhaltung, die ihre Produktion nach industriellen Produktions- und Organisationsmethoden betreiben. In Analogie zur Unterscheidung zwischen Industrie und Handwerk hebt sich der Begriff von der bäuerlichen Landwirtschaft ab. Industrialisierte Landwirtschaftist als synonym anzusehen.

2. Industrie, die ihren Rohstoffbedarf überwiegend durch tierische und pflanzliche Rohstoffe, also auch durch solche aus der Forstwirtschaft und Fischerei deckt.

agronomische Trockengrenze

Agrargeographische Anbaugrenze, die Gebiete trennt, in denen sinnvoll Regenfeldbau oder die Sonderform Trockenfeldbau (dry farming) möglich ist, von Gebieten, wo dies nicht mehr möglich ist und gegebenenfalls Bewässerungsfeldbau betrieben werden kann oder nur noch Weidewirtschaft möglich ist. Sie fällt etwa mit der 500 mm-Isohyete zusammen. Die agronomische Trockengrenze ist nicht zu verwechseln mit der klimatischen Trockengrenze.

Näherungsweise kann die agronomische Trockengrenze durch den Jahresniederschlag N (gemessen in mm) und die Jahresdurchschnittstemperatur T (gemessen in °C) definiert werden: N = 15 (mm/°C) × T. Für Regenfeldbau muss die Niederschlagsmenge also mindestens dem Fünfzehnfachen der Durchschnittstemperatur entsprechen. Diese Formel ist nur ein Anhaltspunkt, da die agronomischen Trockengrenzen auf Grund der Variabilität der Niederschläge im Jahresablauf, der Geländeform, der Bodenart, sowie des Humus- und Nährstoffgehalts des Bodens unterschiedlich ausfallen.

Agropark

Auch Metropolitan Food Cluster; Bezeichnung für Sonderstandorte mit zentralen Einrichtungen im Zusammenhang mit gartenbaulicher und landwirtschaftlicher Produkten, häufig in Metropol‐ oder urbanen Regionen, die wie klassische Industrieparks aufgebaut sind und denen ein hohes wirtschaftliches Potenzial zugesprochen wird.

Es handelt sich dabei um die Integration moderner landwirtschaftlicher Einrichtungen mit der notwendigen Infrastruktur für die Bewirtschaftung unter Ausnutzung von Logistik‐ und Wissensströmen, die in metropolitaner Umgebung konzentriert sind. Elementar sind die Erzeugung von Pflanzen und Tieren (mit den dazugehörigen Abbauprozessen), die Verarbeitung der hergestellten Produkte in agroindustriellen Zentren, Bildungsaspekte sowie der Vertrieb und andere relevante Dienstleistungen.

Mitunter werden Agroparks durch externes Land und Betriebe ergänzt. Die Erzeugung erfolgt in Kombination mit moderner Agrotechnologie, Agri‐Biotechnologie und den Lebenswissenschaften. Die modernen Produktionszentren in den Parks entwickeln, übernehmen und veranschaulichen innovative Techniken und Technologien für intensive Bewirtschaftungssysteme. Effiziente pflanzliche Anbaukonzepte im Boden oder in Hydrokultur zielen auf eine optimierte Ressourcennutzung sowie auf Ertrags-und Produktivitätssteigerung. In Abhängigkeit von der Region werden Gemüse, Obst, Wasserpflanzen, Zierpflanzen und ‐fische erzeugt. Die Betreibung von Fischfarmen, Tier- und insbesondere Geflügelhaltung, Eier‐ und Milchproduktion sind ebenfalls charakteristisch für Agroparks. Es existieren zudem kombinierte Anbauformen, teilweise in mehrstöckigen Gebäuden, um Totalausfälle durch Krankheiten oder Schädlinge zu verringern sowie Umweltwirkungen und ‐verschmutzung zu minimieren.

Agroparks findet man besonders in Ländern, die flächenmäßig sehr klein und räumlich begrenzt sind. Sie weisen mitunter einen hohen Urbanisierungsgrad auf wie beispielsweise die Niederlande, Singapur oder Brunei.

Die Betreibung von intensiven landwirtschaftlichen Produktionszentren erfolgt mit dem Ziel, die Flächenproduktivität und den landwirtschaftlichen Ertrag zu erhöhen. Ziel der angestrebten innovativen und nachhaltigen Produktion, z.B. in Form von Hydrokultur oder Gemüseproduktion in Netzen, ist die Herstellung qualitativ hochwertiger Nahrung in Metropolregionen zu geringen Kosten. Die Erzeugung ist zudem teilweise exportorientiert und erfolgt über die Versorgung der regionalen Bevölkerung hinaus. Die am besten umgesetzten und funktionierenden Beispiele urbaner Foodcluster findet man in Nordwesteuropa.

Die Grundsätze und Vorteile dieser Form urbaner Landwirtschaft sind verschiedenen Betreiberangaben zufolge nachhaltige Produktion und Kreislaufwirtschaft ("cradle to cradle"), Schaffung von Arbeitsplätzen und verbesserte Arbeitsbedingungen, kontrollierte Nahrungsqualität und ‐sicherheit, High‐Tech‐Produktion, maximale (Öko‐)Effizienz, internationale Kooperationen, Energieeinsparungen. Dazu zählt auch die räumliche Verknüpfung verschiedener landwirtschaftlicher Produktionsketten untereinander sowie mit außerlandwirtschaftlichen Aspekten wie Gebäuden, städtischem und Industrieabfall. Externe Inputfaktoren wie Energie, Wärme, Kraftstoff, Wasser und Nährstoffe sollen maximal genutzt und im Kreislauf gehalten werden. Durch die Nähe zu urbanen Zentren ergeben sich Potenziale für ein geringeres Transportaufkommen sowie zur Einsparung von Emissionen. Die angestrebte Wiederverwertung von Abfall, Wasser und Energie betrifft das System selbst, bezieht sich aber auch auf das urbane Umfeld.

Die Aktivitäten moderner Agroparks werden mit Forschung, Entwicklung, Versuchen und Zertifizierungen verknüpft. Dazu zählen Kooperationen mit Unternehmen und Universitäten ebenso wie Kombinationen mit Weiterbildungs‐ und Unternehmensaktivitäten.
Die Zusammenarbeit mit Forschungslaboren und Pflanzenzüchtern ermöglicht den Anbau und die gleichzeitige Identifikation und Analyse ernährungsphysiologischer oder therapeutischer Bedeutung. Dabei werden als Ziel neue Erkenntnisse bezüglich Nahrungssicherheit, Tier‐ und Pflanzengesundheit und Nacherntetechnologien, die Qualitäts‐ und Ertragssteigerung von Nahrungsmitteln sowie die Weiterverarbeitung und Verpackung vor Ort verfolgt.

Wirtschaftlicher Profit ergibt sich potenziell aus den durch effektive Produktion resultierenden Erträgen, eventueller staatlicher Unterstützung sowie durch Kooperation mit dem privaten Unternehmenssektor zur Finanzierung und Gewinnsteigerung. Produktionsziel der Agroparks ist mitunter auch, Teil globaler Wertschöpfungsketten zu sein und einen verbesserten Marktzugang in Verbindung mit anderen Produkten (Rind, Fisch, Forst) zu erreichen. Auch die Zusammenarbeit mit der Tourismusbranche kann die Rentabilität eines Agroparks erhöhen. Dabei können beispielsweise Führungen angeboten werden oder ein botanischer Garten als landschaftsgestalterisches Element und touristischer Anziehungspunkt dienen. (ZALF 2013)

Agropastoralismus

Bezeichnung (von lat. ager = Acker und pastor = Hirte, Hüter) für subsistenzorientierte, traditionelle Wirtschaftsformen, bei denen Feldbau und Pastoralismus (Viehhaltung auf Naturweiden) miteinander kombiniert werden und beide Teilbereiche einen wichtigen Beitrag zum Lebensunterhalt leisten.

Der Pastoralismus ist eines der nachhaltigsten Ernährungssysteme der Welt. Viehhirten bewirtschaften mehr als ein Viertel der weltweiten Landfläche, erhalten die biologische Vielfalt der Weideflächen und schützen die Ökosystemleistungen. Sie produzieren qualitativ hochwertige Milch und Fleisch, die gesünder sind und geringere Auswirkungen auf die Umwelt haben als ähnliche Produkte aus intensiven Systemen, sowie andere hochwertige Produkte wie Fasern und Leder.

Die Lebensweise agropastoraler Gruppen ist je nach den Gegebenheiten sesshaft, halbsesshaft oder halbnomadisch. Findet der Weidewechsel zwischen Ebene und Gebirge statt, spricht man in Bezug auf die Viehhaltung von Transhumanz (Wanderweidewirtschaft). Der Getreideanbau erfordert in jedem Fall einen festen Wohnsitz (zumindest für einige Jahre), während die Viehhaltung in manchen Jahren oder in Trockenräumen einen Wechsel des Weidelandes verlangt. Agropastoralisten nutzen daher feste Wohnsitze und zum Teil verschiedene mobile Behausungen.

Mit Abstand am häufigsten ist Agropastoralismus in tropischen Offenlandschaften mit mehr als 400 mm bis über 600 mm Jahresniederschlag, in denen eine weitgehend stationäre Beweidung möglich ist. In subtropischen und trocken-mediterranen Gebirgsregionen mit Niederschlägen zwischen über 300 bis maximal 400 mm ist ein transhumanter Weidewechsel erforderlich. In noch niederschlagsärmeren Gebieten – die sehr weite Viehwanderungen notwendig machen – ist eine agropastorale Subsistenzstrategie nur dann möglich, wenn der Feldbau in einer Oase oder mit Hilfe dauerhafter Bewässerung stattfinden kann. Insgesamt leben zwischen 160 bis zu 460 Mio. Menschen von überlieferten Formen sesshafter oder halbsesshafter Tier- und Pflanzenproduktion. Da diese Wirtschaftsweisen je nach Erhebung mal dem Feldbau und mal dem Pastoralismus zugerechnet werden, ist eine genauere Zahl nicht ermittelbar.
Reiner Pastoralismus setzt eine Produktion voraus, die den Eigenbedarf übersteigt, um Pflanzenprodukte dafür eintauschen oder kaufen zu können. Agropastoralisten können hingegen Selbstversorger sein und haben daher meist kleinere Herden. In der Regel bieten sie nicht mehr als 10 % ihrer Produkte auf lokalen Märkten an.

Während der europäische Agropastoralismus im Zuge der Gemeinheitsteilung während des 19. Jahrhunderts stark abgenommen hat, ist er in Asien und insbesondere in Afrika weit verbreitet und gilt in vielen Gegenden als ökologisch nachhaltige Art der Landnutzung.

Globale Karte des Pastoralismus

Weltweit praktizieren zwischen 200 und 500 Millionen Menschen Pastoralismus, darunter Nomadengemeinschaften, transhumante Hirten und Agro-Pastoralisten, von denen viele sowohl in Industrie- als auch in Entwicklungsländern vor ähnlichen Herausforderungen stehen. Die Fortschritte in den pastoralen Gebieten bleiben im Allgemeinen hinter denen anderer Gemeinschaften zurück, was zu Armut und Verwundbarkeit führt, wodurch die Nachhaltigkeit des Systems untergraben wird.

Quelle: UNEP

Agrophotovoltaik (APV)

Auch Agriphotovoltaik; engl. agrivoltaics oder agrophotovoltaics (APV); Agrophotovoltaik (APV) ist ein Anbausystem zur Produktion von landwirtschaftlichen Gütern unterhalb oder inmitten von PV-Freiflächenanlagen, das die Erträge aus Photovoltaik und Photosynthese insgesamt optimiert. Das Konzept, das 1981 von Prof. Dr. Adolf Goetzberger, Gründer des Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE, erdacht wurde, mildert durch die ressourceneffiziente Doppelnutzung von landwirtschaftlichen Flächen die Flächenkonkurrenz und hilft Landwirten, neue Einkommensquellen zu erschließen. Das technisch erschließbare Agrophotovoltaik-Potenzial in Deutschland wird auf 25 bis 50 GWp geschätzt.

Eine Agrophotovoltaik-Anlage (APV) ist in der Regel eine Freiflächenanlagen, die mit einer landwirtschaftlichen Produktion funktional kombiniert wird. Häufig werden dazu die Solarmodule auf Gestellen in Höhen von 4 bis 5 m über dem Boden bzw. der Anbaufläche schräg aufgeständert, sodass unter der Anlage eine maschinelle Bearbeitung der Ackerfläche (Pflügen, Saat, Ernte etc.) möglich ist. Zu den teilverschattet angepflanzten Pflanzensorten zählen u.a. Kartoffeln, Hopfen oder Salat. Aber auch Gerste, Raps oder Kohl lassen sich so anbauen.

Agrophotovoltaik

Für die Landwirtschaft bietet sich die Möglichkeit unabhängiger Stromerzeugung. Zusätzlich zu Kosteneinsparungen durch Eigenverbrauch ergeben sich neue Verdienstmöglichkeiten durch die Einspeisung des selbsterzeugten Stroms in das lokale Versorgungsnetz. Zukünftig ist es denkbar, die APV mit neuen Technologien wie Stromspeichern zu kombinieren und die Nutzung der erzeugten Energie auf Landmaschinen und andere Fahrzeuge auszuweiten.

Quelle: Fraunhofer ISE

In Deutschland werden Projekte zur APV vom Fraunhofer ISE begleitet und von Universitäten sowie Behörden auf verschiedenen Ebenen unterstützt. Ein Modellprojekt wird beispielsweise in der Hofgemeinschaft Heggelbach nördlich des Überlinger Sees (Baden-Württemberg) durchgeführt.

Internationale Anwendungen von Agro- und Aquaphotovoltaik

Agrophotovoltaik wird seit 2004 massiv in Japan eingesetzt, und danach verbreitete sich APV in Asien und Europa. Die Agrophotovoltaik gewinnt zunehmend auch in Entwicklungs- und Schwellenländern an Bedeutung. Aufgrund der häufig höheren Solareinstrahlung kann die Photovoltaik einen noch höheren Ertrag erbringen und die Verschattung durch die Module ermöglicht es, Kulturpflanzen anzubauen, die von einer weniger starken Sonneneinstrahlung profitieren.

Das Potenzial der Agrophotovoltaik für aride und semi-aride Regionen wird als sehr groß eingeschätzt, da dort große Teile der Bevölkerung von der Landwirtschaft leben, die von Trockenheit, Wüstenbildung und Wassermangel infolge des Klimawandels besonders stark betroffen sind. Durch die partielle Verschattung von Ackerflächen senken Agrophotovoltaik-Anlagen nachweislich den Bedarf an der wertvollen Ressource Wasser und bieten Nutztieren Schatten. Auch Fruchtarten, die normalerweise aufgrund des trockenheißen Klimas und der starken Sonneneinstrahlung nicht wachsen würden, können in einem Agrophotovoltaik-System kultiviert werden.

Der Strom selbst kann dann für den Betrieb von Wasserpumpen oder -entsalzungsanlagen oder im Veredelungsprozess wie Reinigung, Verpackung oder Kühlung eingesetzt werden, um die landwirtschaftlichen Produkte noch haltbarer und besser vermarktbar zu machen. In netzfernen Regionen bedeuten bereits wenige Solarmodule zudem eine erhebliche Verbesserung der Lebensqualität, Zugang zu Informationen, Bildung und einer besseren medizinischer Versorgung.

Aber auch in humiden Zonen wie in Asien bietet der Einsatz von Agro- bzw. Aqua-Photovoltaik Vorteile. So konnte im vietnamesischen Mekong Delta, wo sich ein Landnutzungskonflikt zwischen Aquakulturen und erneuerbaren Energien abzeichnete, im Projekt SHRIMPS ("Solar-Aquaculture Habitats as Resource-Efficient and Integrated Multilayer Production Systems") nachgewiesen werden, dass der Einsatz von Photovoltaik auf Shrimpsfarmen (Aqua-Photovoltaik) den Ausbau erneuerbarer Energien und so Maßnahmen gegen den Klimawandel ermöglichen, während gleichzeitig die Shrimps-Produktion bei verbessertem Schutz der Wasserressourcen sowie Verringerung von Landnutzung und CO2-Emissionen ausgebaut wird.

Weitere Informationen:

agrosilvopastorale Agroforstsysteme

Agrosilvopastorale Landnutzungssysteme zeichnen sich durch den gleichzeitigen Anbau von Gehölzen und Ackerfrüchten sowie Tierhaltung aus.

Beispiele agrosilvopastoraler Systeme

Dehesa

Die spanische Dehesa (Montado in Portugal) als Agroforstsystem ist seit etwa 2500 v.Ch. bekannt und in vielen mediterranen Gebieten landschaftsprägend (Eichhorn et al. 2006; Nerlich et al. 2013). Da eine ausschließlich landwirtschaftliche Nutzung auf den flachgründigen Böden im Süden der iberischen Halbinsel aufgrund des mediterranen Klimas, der geringen Bodenfruchtbarkeit und der zumeist unebenen Topografie, häufig unrentabel war, entwickelte sich im Laufe der Jahrhunderte die Dehesa als agrosilvopastorale Landnutzungsform, basierend auf der Nutzung von Bäumen und Baumprodukten, Weidewirtschaft und dem zeitweisen Anbau verschiedener Ackerkulturen (Olea et al., 2006).

Produkte: Kork, Eicheln, Holz, Tierprodukte, Nahrungsmittel
Verbreitung: Spanien, Portugal

Waldgärten (Homegardens)

Ein Homegarden-Agroforstsystem ist ein komplexes, vielschichtiges System aus mehreren Pflanzen- oder auch Tierarten, das intensiv bewirtschaftet wird und in tropischen Gebieten häufig zu finden ist. Für den Unterwuchs verwendet werden dabei vor allem schattentolerante Pflanzen, die auch im Unterstand akzeptable Erträge liefern können. Die Bäume können dabei vielerlei Funktionen innerhalb des Systems einnehmen und fungieren so z.B. als Schattenspender oder Stickstofffixierer, bieten Erosions- und Bodenschutz, Schutz für und vor Tieren oder fungieren als Insektenbarriere.

Produkte: Holz, Tier- und Pflanzenprodukte, Obst und Gemüse
Verbreitung: Tropen und Subtropen

Quelle: BTU Cottbus-Senftenberg

(s. a. Agroforstwirtschaft, Agropastoralismus, Dehesa, shifting cultivation, Waldbrandwirtschaft, Waldgarten, Waldweide)

Weitere Informationen:

Agrostadt

In der ehemaligen UdSSR geplanter und teilweise realisierter Stadttyp für die Beschäftigten von landwirtschaftlichen Großbetrieben (Kolchosen, Sowchosen). Entsprechend der sozialistischen Ideologie sollten mit ihrer Hilfe die Stadt-Land-Unterschiede in der Lebens- und Wohnweise aufhoben werden.

Agrotherm

RWE-Projekt (1976-1981) zur Erwärmung landwirtschaftlicher Anbauflächen unter Nutzung von Kraftwerks-Abwärme. Das Projekt sollte klären, inwieweit durch Bodenbeheizung (erdverlegtes Rohrsystem) Vorteile für den Pflanzenbau und ein Ersatz von Kühltürmen erreicht werden könnte. Ernteverfrühungen und bessere Erträge konnten in der Tat erzielt werden. Demgegenüber wurden u.a. eine erhöhte Verdunstung der Bodenfeuchtigkeit sowie ein verstärktes Auftreten von Schadorganismen (Pilze, Wurzelnematoden, Mehltau) festgestellt. Die Aufwendungen für den Ersatz eines Kühlturmes liegen um den Faktor 10 höher als die Kosten für einen Kühlturm entsprechender Leistung.

In Kombination mit dem Projekt Hortitherm wird seit Anfang 1994 eine Bodenbeheizung für die Wärmeversorgung von Spargelbeeten betrieben. Damit wird ein besserer Ertrag und eine frühe Marktreife des Produktes erreicht.

Agrumen

Sammelbezeichnung für Zitrusfrüchte wie Apfelsine, Mandarine, Pampelmuse, Zitrone u.w.

Ahornsirup

Ahornsirup ist der eingedickte Saft (Xylemsaft oder Phloemsaft ) des Zucker-Ahorns (Acer saccharum), seltener des Schwarzen Zucker-Ahorns (Acer saccharum ssp. nigrum).
Zur Gewinnung verbindet man die Bäume über regelrechte Plastikpipelines mit Sammelcontainern. Aus diesen wird der Saft automatisch in Tankwagen gepumpt, die den Rohstoff in zentrale Produktionsstätten bringen, wo er zu Sirup eingekocht wird.
Für einen Liter Ahornsirup werden etwa 30 bis 50 Liter Saft benötigt, die ein einzelner Baum in etwa zwei Wochen hervorbringen kann. Erst ab einem Alter von 40 Jahren eignen sich die Bäume zum Entsaften. Das Hauptproduktionsland ist Kanada (80–90 % der weltweiten Produktion werden in und nahe der Provinz Québec erwirtschaftet), in den USA gilt Vermont als Hochburg des Ahornsirups.
Neuerdings wird auch Umkehrosmose verwendet, um den Sirup herzustellen. Farbe und Geschmack eines so hergestellten Sirups unterscheiden sich allerdings vom Originalprodukt.
Ahornsirup ist ein typischer Bestandteil der nordamerikanischen Küche und wird zu Waffeln, Pancakes, Eiscreme oder anderen Desserts gereicht.
Ahornsirup wird immer häufiger mit Zuckerwasser gepanscht und damit verfälscht. Im kanadischen Landwirtschaftsministerium befürchtet man, dass Europa mit Billigsirup aus China überschwemmt werden könnte.

Kein Wunder, dass dieser Sirup so süß ist

In Kanada gibt es über 10.000 Ahornfarmen. Über 70 % befinden sich in Quebec.

Kanada produziert eine Menge Ahornsirup! Ungefähr 75 % des weltweiten Ahornsirups wird in Kanada produziert. Das sind etwa 43 Millionen Liter pro Jahr. Genug, um 17 olympische Schwimmbäder zu füllen!

Die Exporte kanadischer Ahornprodukte sind in den letzten 5 Jahren um über 30 % gestiegen. Heute werden ca. 45 Mio. kg in Länder auf der ganzen Welt exportiert. Top-Importeure: Vereinigte Staaten, Japan, Deutschland.

Wie mögen Sie Ihren Ahornsirup - fruchtig, würzig oder milchig? Kanadische Wissenschaftler haben das weltweit erste Ahornsirup-Geschmacksrad entwickelt, das die Geschmacksvielfalt von Ahornprodukten beschreibt.

Quelle: AAFC

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Akarizide

Pestizide, die gegen pflanzenschädliche Milben oder tier- und menschparasitierende Milben wirken. Akarizide werden überwiegend im Obstbau eingesetzt. Sie haben oft auch eine insektizide Wirkung. Die chemische Bekämpfung der Spinnmilben ist zum Problem geworden, da durch die Anwendung von Insektiziden meist auch die milben-fressenden Insekten ausgerottet wurden. Ein weiteres Problem liegt in der raschen Resistenzentwicklung vieler Milben, die durch die schnelle Generationenfolge gefördert wird.

AKP-Staaten

Akronym (Afrika-Karibik-Pazifik) für eine Gruppe von Staaten - davon viele ehemalige Kolonien Frankreichs und Großbritanniens -, mit denen die EU einen Assoziierungsvertrag (Abkommen von Lomé) mit gegenseitigen Rechten und Pflichten geschlossen hat. Diese politischen, wirtschaftlichen und sozialen Beziehungen sind vorrangig in die Entwicklungszusammenarbeit eingebunden.

Das im Jahr 2000 unterzeichnete Abkommen von Cotonou setzt die auf der Grundlage des Jaunde-Abkommens und der Lomé-Abkommen bestehende Zusammenarbeit fort und stellt bis 2020 den allgemeinen Rahmen für die Beziehungen zwischen der EU und den 79 AKP-Staaten dar.

Die so entstehende Zusammenarbeit gilt als eins der besten Beispiele für "Nord-Süd-Zusammenarbeit" der EU. Die Finanzierung des Cotonou-Abkommen speist sich durch den Europäischen Entwicklungsfonds und ein Darlehen der Europäischen Investitionsbank.

Zu der Gruppe gehören folgende 79 Staaten: Angola, Äquatorial-Guinea, Äthiopien, Benin, Botswana, Burkina Faso, Burundi, Dschibuti, Elfenbeinküste, Eritrea, Gabun, Gambia, Ghana, Guinea, Guinea-Bissau, Kamerun, Kapverd, Kenia, Komoren, Kongo (Demokratische Republik), Kongo (Republik), Lesotho, Liberia, Madagaskar, Malawi, Mali, Mauretanien, Mauritius, Mosambique, Namibia, Niger, Nigeria, Ruanda, Sambia, Sao Tomé - Principe, Senegal, Seychellen, Sierra Leone, Simbabwe, Somalia, Südafrika, Sudan, Swasiland, Tansania, Togo, Tschad, Uganda, Zentralafrikanische Republik, Antigua-Barbuda, Bahamas, Barbados, Belize, Dominika, Dominikanische Republik, Grenada, Guyana, Haiti, Jamaika, Kuba, St. Kitts und Nevis, St. Lucia, St. Vincent und die Grenadinen, Suriname, Trinidad und Tobago, Cook-Inseln, Fidschi, Kiribati, Marschallinseln, Mikronesien, Nauru, Niue, Osttimor, Palau, Papua-Neuguinea, Salomonen, Samoa, Tonga, Tuvalu, Vanuatu.

Das Post-Cotonou-Abkommen ist erneut für 20 Jahre angelegt und verbindet die entwicklungspolitische Zusammenarbeit mit verstärkter regionaler Kooperation – insbesondere mit Afrika. Hauptziel des Abkommens ist eine gleichberechtigte Partnerschaft zwischen der EU und den AKP-Staaten sowie die Umsetzung der Agenda 2030⁠ und der Pariser Klimaziele⁠.

Das neue Abkommen zielt darauf ab, die Fähigkeit der EU und der AKP-Staaten zur gemeinsamen Bewältigung globaler Herausforderungen zu stärken. Es legt gemeinsame Grundsätze fest und deckt folgende Schwerpunktbereiche ab:

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Alfalfa

Syn. Luzerne (Medicago sativa L.); zur Familie der Hülsenfrüchtler gehörende und ursprünglich aus dem südwestlichen Asien stammende Pflanze. Sie ist hauptsächlich als Futterpflanze bekannt und gilt als älteste zur Tierfütterung genutzte Kulturpflanze. Bereits etwa 500 v. Chr. wurde sie von den Persern als Pferdefutter genutzt und später von den Griechen und Römern übernommen. Unter dem Namen „Alfalfa“ verbreiteten die Araber die Pflanze in Spanien. Im 18. Jahrhundert führten dann Mönche des Klosters Ebrach in Franken den Luzerneanbau ein.

Die mehrjährige Staude kann bis zu dreißig Jahre alt werden und erreicht eine Wuchshöhe von zwanzig bis achzig Zentimetern. Sie wurzelt bis fünf Meter Tiefe. Alfafalfa hat dreiteilige Blätter und kleine Blüten in Traubenform, die gelblich, bläulich oder violett gefärbt sind. Aus befruchteten Blüten entstehen schneckenförmige Hülsenfrüchte.

Anbau

Alfalfa bevorzugt heißes und trockenes Klima. Aber die Pflanze wird weltweit als Reinsaat und Beimischung in Dauergrünland und Weiden angebaut. Wie alle Leguminosen kann die Luzerne/Alfalfa mit Hilfe von Knöllchenbakterien den Stickstoff aus der Luft aufnehmen und im Boden anreichern (Gründüngung).

In der Regel ist der Anbau mehrjährig: nach dem Ansaatjahr folgen zwei Nutzungsjahre. Auf etwa 20 Prozent der Anbaufläche wird Luzerne jährlich neu ausgesät. Es ist auch ein Anbau als Zwischenfrucht möglich. Die Luzerne kann in einem Jahr bis zu fünf mal geschnitten werden. Die Saatluzerne wird sowohl in gemäßigten und subtropischen als auch tropischen Klimaregionen angebaut. Das Land mit der größten Fläche sind die USA mit 8,5 Millionen Hektar (2016).

Alfalfa (Luzerne) ist in den USA nach Mais, Weizen und Sojabohnen die Pflanze mit der viertgrößten Anbaufläche und liefert das Standard-Futter für Milchkühe.

Verwendung

Die eiweiß- und vitaminreiche Luzerne (Alfalfa) ist die weltweit wichtigste Grün- und Trockenfutterpflanze („Königin der Futterpflanzen“) und gilt als die Futterpflanze mit dem höchsten Ertragspotenzial. Sie wird vor allem an Milchkühe, aber auch an Rinder, Schafe und Pferde verfüttert. Die Luzerne ist heute weltweit der wichtigste Rohstoff für die Produktion von heißluftgetrocknetem Futter. Pulverisiertes Luzernenmehl wird v.a. als Futtermittelzusatz für Mastgeflügel verwendet.

Die Luzerne wird auch als Bienenweide genutzt.

Teile der Luzerne werden als Lebensmittel verzehrt, besonders die Triebspitzen (Sprossen) sind in Afrika ein geschätztes Gemüse.

Für Heilzwecke werden die oberirdischen Teile der Pflanze, Samen und Keimsprossen verwendet. Alfalfa ist auf dem Markt als Nahrungsergänzungsmittel und in entsprechender Verdünnung auch als homöopathisches Arzneimittel erhältlich.

Algenkultur

Auch Algenkultivierung; eine Form der Aquakultur zur Zucht von Algen. Die meisten Algen, die gezielt kultiviert werden, fallen in die Kategorie der Mikroalgen (auch als Phytoplankton, Mikrophyten oder planktische Algen bezeichnet). Makroalgen, allgemein als Seetang bekannt, haben ebenfalls viele kommerzielle und industrielle Verwendungszwecke, aber aufgrund ihrer Größe und der besonderen Anforderungen an die Umgebung, in der sie wachsen müssen, eignen sie sich nicht so leicht für die Kultivierung. Dies könnte sich jedoch mit dem Aufkommen neuerer Algenkultivatoren ändern.

Verwendung

Makroalgen finden weltweit vor allem Verwendung als Lebensmittel. Bekannte Vertreter sind zum Beispiel die Rotalge Nori, die für die Sushi-Zubereitung genutzt wird, und die Braunalge Wakame als Zutat für die japanische Misosuppe.

Mikroalgen werden vor allem als Nahrungsergänzungsmittel verwendet, wie Omega-3-Fettsäuren (als Algenöl). Aber auch in der Lebensmittelindustrie kommen sie zum Einsatz, zum Beispiel als Binde- oder Verdickungsmittel und als natürliche Farbstoffe. Darüber hinaus gibt es noch eine Reihe anderer Anwendungsbereiche wie Kosmetik, Arzneimittel oder proteinreiche Futtermittel. Auch für die Biokraftstoff- oder Kunststoffherstellung bieten Mikroalgen großes Potenzial. In diesen Bereichen wird noch intensiv geforscht. Algenkulturen können auch zur Bekämpfung von Umweltverschmutzung und zur natürlichen Kohlenstoffbindung eingesetzt werden. Denn die schnellwachsenden Algen binden in gleicher Zeit, mehr CO2 als Landpflanzen.

Algen gelten als sehr gesund. Sie enthalten viele Kohlenhydrate, vor allem Ballaststoffe, und nur wenig Fett. Einige Algen liefern essentielle Fettsäuren, Mineralstoffe (vor allem Jod) und verschiedene für uns Menschen wichtige Vitamine, unter anderem Vitamin C und B12.

In der Diskussion um eine Reduzierung des Fleischkonsums werden Algen zudem häufig als Proteinquelle der Zukunft gehandelt. Manche Algen, zum Beispiel Spirulina und Chlorella, haben Proteingehalte von bis zu 60 Prozent und damit dreimal so viel wie Rindfleisch.

Erzeugung von Algen weltweit, Europa und Deutschland

Zwischen 1950 und 2019 ist die Produktion von Algen weltweit von rund einer halben Millionen Tonnen auf knapp 36 Millionen Tonnen angestiegen. Dabei handelt es sich fast ausschließlich um Makroalgen. Der Anteil der Mikroalgen liegt weltweit bei gerade mal 0,16 Prozent.

Nur drei Prozent der weltweit gehandelten Algen werden wild gesammelt, 97 Prozent stammen aus Aquakulturen. Über 85 Prozent davon werden in China (20 Millionen Tonnen) und Indonesien (10 Millionen Tonnen) erzeugt, geringere Anteile auch in Süd-Korea (1,8 Millionen Tonnen) und auf den Philippinen (1,5 Millionen Tonnen).

Europa hat mit gerade mal 290.000 Tonnen einen Anteil von weniger als einem Prozent an der weltweit erzeugten Algenmenge. Die mengenmäßig größten Erzeuger sind Norwegen, Frankreich und Irland, wo zusammen etwa zwei Drittel der europäischen Algen produziert werden. In diesen Ländern werden überwiegend Makroalgen erzeugt. Entgegen des weltweiten Trends werden in Europa etwa zwei Drittel der Makroalgen aus Wildbeständen geerntet und nur ein Drittel aus Aquakultur.

Hierzulande spielt die Erzeugung von Makroalgen keine Rolle. In Deutschland gibt es aber inzwischen eine Reihe von Unternehmen, die sich auf die Produktion von Mikroalgen spezialisiert haben. Mit 14 Unternehmen liegt Deutschland in Europa nach Spanien auf Platz zwei.

Verfahren

Makroalgen werden weltweit zu 97 Prozent in Aquakultursystem auf See oder in künstlichen Tanks an Land erzeugt. Die Erzeugung auf See dominiert, weil sie in der Regel die günstigste Form der Erzeugung ist. Sie findet meist in Küstennähe statt, seltener auch off-shore. Die Kultivierung in künstlichen Tanks ist aufwändiger und teurer, kann dafür aber besser kontrolliert und standardisiert werden. In solchen Anlagen werden daher höherpreisige Algen kultiviert.

Mikroalgen werden in künstlichen Anlagen – in sogenannten Photobioreaktoren – kultiviert. Sie vermehren sich durch Zellteilung und brauchen dafür – wie Pflanzen – Kohlendioxid aus der Luft, Sonnenlicht, Nährstoffe und Wasser. Die Kultivierung läuft dabei immer nach einem ähnlichen Schema ab: Eine Starterkultur der Alge wird in eine wässrige Nährlösung gegeben, die durch Pumpen ständig im Fluss gehalten und durchmischt wird. Dies sorgt dafür, dass alle Algen genügend Licht bekommen und nicht an den Wandungen des Reaktors ansetzen.

Quelle: BZL

Der seit Jahren anhaltende Strukturwandel in der Landwirtschaft hat dazu geführt, dass zahlreiche landwirtschaftliche Betriebe nach Alternativen zur herkömmlichen Erzeugung suchen. Die Algenkultivierung ist eine solche Alternative mit einer derzeit steigenden Nachfrage. Einige Betriebe, die meisten davon in Norddeutschland, haben diesen Trend erkannt und sind auf den Zug aufgesprungen. Sie haben sich – teilweise neben der bestehenden Landwirtschaft – einen Betriebszweig "Mikroalgenkultivierung" aufgebaut, um den deutschen Markt mit heimischer Ware zu beliefern.

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Alleinfuttermittel

Mischfuttermittel, die aufgrund ihrer Zusammensetzung ohne Verwendung von speziellem Kraftfutter den Nahrungsbedarf der Tiere decken. Alleinfuttermittel werden vor allem im Schweine- und Geflügelbereich eingesetzt. Bei Wiederkäuern werden lediglich die Milchaustauscher zu den Alleinfuttermitteln gerechnet.

Im Geflügelsektor sind dies Futtermittel die die Tiere in Abhängigkeit von Art Alter und Nutzungsrichtung mit allen notwendigen Nährstoffe versorgen. Für Legehennen muss genügend Calcium für die Eischalenbildung sowie genügend Protein (Eiweiß) für die Inhaltsstoffe des Eies enthalten sein. Masthähnchen brauchen viel Protein um schnell Muskelfleisch anzusetzen.

Alleinfutter sind Mischfutter die aus verschiedenen Komponenten zusammengemischt werden und hinsichtlich der Nährstoffzusammensetzung genau den Bedürfnissen oder den Zielen der Haltung der Tiere entsprechen. Bestandteile des Hühnerfutters sind hauptsächlich Mais Weizen und Sojaschrot.

(s. a. Futtermittel)

Alley Cropping

Auch Alleeanbau; weltweit auftretende Form der Agroforstwirtschaft mit einer Kombination von zueinander parallel ausgerichteten Gehölz- oder Baumreihen auf Ackerland und den auf den Feldstreifen dazwischen praktizierten Anbau konventioneller Feldkulturen.

Die Abstände zwischen den Gehölzstreifen sind variabel, werden aber zumeist so gewählt, dass der Kronenschluss durch die Gehölze über den Feldstreifen möglich oder nahezu möglich ist. Sie betragen häufig drei bis zehn Meter. Zur Optimierung des Einstrahlungs-Angebots für die Ackerkulturen orientiert sich dabei das Management und die Ausrichtung der Gehölzstreifen in der Regel nach der ortsüblichen Sonnenscheindauer und dem Sonnenstandsverlauf. Ein regelmäßiges Schneiden der Bäume verhindert zudem eine zu starke Beschattung der Ackerkulturen.

Bei einem Anpflanzen von Bäumen ohne erkennbarem Verteilungsmuster wird der Begriff Intercropping verwendet.

Je nach Schwerpunktsetzung für die Bewirtschaftungsfläche (in der Regel Frucht- und/oder Wertholzproduktion) werden in Mitteleuropa beispielsweise Kirsche, Walnuss, Eiche oder Kastanie für die Gehölzstreifen in Alley-Cropping-Systemen verwendet. Als Ackerkulturen kommen die üblicherweise konventionell genutzte Arten wie z.B. Weizen, Roggen, Mais, Kartoffeln oder Bohnen aber auch Sonderkulturen wie z.B. Gingseng in Frage (MacFarland, 2017).

Die Gehölze sollen nicht nur Brenn- und Baumaterial liefern, sondern auch Nährstoffe mit ihren tief im Boden verankerten Wurzeln nach oben pumpen, wo sie nach dem Streufall die Nährstoffgehalte der Oberböden verbessern. Stickstoffbindende Bäume und Sträucher verbessern besonders die Stickstoffversorgung der Oberböden, vor allem wenn sie regelmäßig geschneitelt werden und die geschneitelte Biomasse als Gründüngung eingearbeitet oder zum Mulchen verwendet wird. Neben der Stickstoffanreicherung liefert Heckenschnitt organische Substanz zur Verbesserung der bodenphysikalischen und -chemischen Eigenschaften, er dient als Erosionsschutz und erhöht den Humusgehalt.

Nachteilig wirken sich demgegenüber Beschattung und Wurzelkonkurrenz gegenüber den Feldfrüchten aus. Unterbleibt der Schnitt von Sträuchern und Bäumen, kann ein völliger Ertragsausfall bei der landwirtschaftlichen Kultur eintreten. Die ganzjährig vorhandenen Bäume können einen Unterschlupf für Schädlinge bilden oder eine Quelle für Krankheiten sein.

Ausgehend vom International Institute of Tropical Agriculture in Nigeria findet eine Entwicklung und wissenschaftliche Erforschung des Alleeanbaus seit Mitte der siebziger Jahre statt und ist im Wesentlichen auf die humiden und subhumiden Tropen beschränkt. Die Übertragung von Forschungsergebnissen von einem Gebiet in ein anderes ist schwierig, besonders wenn standortabhängige Wechselwirkungen zwischen den verschiedenen Elementen des Anbausystems eine wesentliche Rolle spielen.

Zur Erzeugung von Hackschnitzeln und von Ackerfrüchten werden vor allem in Deutschland Kurzumtriebs-Alley-Cropping-Systeme betrieben, die als eine Variante von Alley-Cropping anzusehen und wie diese gekennzeichnet sind durch parallel zueinander angelegte Gehölzstreifen. Im Unterschied zu typischen Alley-Cropping-Systemen, bestehen die Gehölzstreifen jedoch aus ein- oder mehreren Reihen schnellwachsender Baumarten wie Pappel, Weide oder Robinie. Zwischen den Gehölzstreifen wird, wie bei Alley-Cropping üblich, Landwirtschaft betrieben.

Kurzumtriebs-Alley-Cropping System mit Pappeln bei Sacro (Deutschland) im Sommer 2014

Kurzumtriebs-Alley-Cropping System mit Pappeln bei Sacro (Deutschland) im Sommer 2014

Kurzumtriebs-Alley-Cropping-Systeme sind eine Variante von Alley-Cropping und wie diese gekennzeichnet durch parallel zueinander angelegte Gehölzstreifen. Diese bestehen hier jedoch aus ein- oder mehreren Reihen schnellwachsender Baumarten wie Pappel, Weide oder Robinie. Zwischen den Gehölzstreifen wird konventionelle Landwirtschaft betrieben.

Die Gehölze werden im Kurzumtrieb bewirtschaftet und in Zeiträumen von 3-6 Jahren maschinell beerntet. Die geerntete Biomasse wird in der Regel in Form von Holzhackschnitzeln für die Erzeugung von Bioenergie (Strom und Wärme) verwendet.

Quelle: Dirk Freese (DeFAF)

Die Gehölze werden im Kurzumtrieb bewirtschaftet und in Zeiträumen von 3-6 Jahren maschinell beerntet. Sie werden dabei auf den Stock gesetzt, überleben die Prozedur jedoch und treiben im darauf folgenden Frühjahr wieder aus. Die geerntete Biomasse wird in der Regel in Form von Holzhackschnitzeln für die Erzeugung von Bioenergie (Strom und Wärme) verwendet.

Aufgrund der zumeist größeren Baumstreifen-Abstände und den zugleich durch die häufige Beerntung vergleichsweise niedrig bleibenden Gehölzen, kann sich in Kurzumtriebs-Alley-Cropping-Systemen jedoch im Unterschied zu Alley-Cropping-Systemen in der Regel kein Kronenschluss der Gehölze entwickeln. Aus diesem Grund ist die Beschattung der Ackerfrüchte oft nur vergleichsweise gering ausgeprägt und viele Eigenschaften (wie z.B. Windgeschwindigkeit, Temperatur- und Feuchtigkeitsverteilgung) ähneln eher Windschutz-Hecken- als Alley-Cropping-Systemen.

(s. a. Knick, Kurzumtriebsplantage, Wallhecke)

Allmend(e)aufteilung

Besitzrechtliche Aufteilung des in einem Gemeindeverband gemeinschaftlich genutzten Besitzes. In Mitteleuropa geschah dies zunehmend seit dem 17. Jahrhundert, mit deutlichem Schwerpunkt im 19. Jahrhundert.

Allmende

1. Auch als Allmanden, Allmat, Gemeine MarkGemeinheitsgrund oder Gemeinheit bezeichnet; als landwirtschaftlicher Begriff bezeichnet Allmende gemeinschaftlichen Besitz einer Siedlung oder einer Gruppe von benachbarten Siedlungen abseits der parzellierten (in Fluren aufgeteilten) landwirtschaftlichen Nutzfläche. Allmenden mit ihren Realgütern wie BodenWeiden oder Wald sind heute noch im Alpenraum, auf der schwedischen Insel Gotland, vereinzelt im Nord- und im Südschwarzwald (Hotzenwald) und in Südbayern, auf der Hallig Gröde, vor allem aber in ländlichen Gebieten der  Entwicklungsländer verbreitet. Daran haben entweder alle oder ein Teil ihrer Bewohner Nutzungsrechte.

Es handelt sich um eine weltweit verbreitete Erscheinung, die sich im vorkolumbianischen inkaischen Agrarsystem Südamerikas oder bei den vorspanischen Puebloindianern im südlichen Nordamerika ebenso fand wie in allen Teilen Europas.

Es handelt sich um eine weltweit verbreitete Erscheinung, die sich im vorkolumbianischen inkaischen Agrarsystem Südamerikas oder bei den vorspanischen Puebloindianern im südlichen Nordamerika ebenso fand wie in allen Teilen Europas.

Im Gegensatz zum individuell und intensiv genutzten Wirtschaftsland ist das Allmendland (Weide, Wald, Wasser, auch Feld) nur extensiv genutzt und liegt meist am Rande der Gemarkung. Diese Flächen der Gemarkung sind nicht von Besitz- bzw. Eigentumsgrenzen gegliedert. Bei wechselwirtschaftlicher Nutzung, z. B. durch Feldwald- oder Feldgraswirtschaft, können jedoch Parzellierungen auftreten. Sie sind gewöhnlich nicht dauerhaft, da durch periodisch vorgenommene Verlosungen eine Neuverteilung der Nutzungsberechtigungen und damit auch eine Neuparzellierung erfolgt.
Die große Bandbreite von verfügungsrechtlichen Möglichkeiten landwirtschaftlichen Gemeinschaftsbesitz zu nutzen, umfasst u.a. folgende Varianten:

Hinsichtlich der vielfältigen Nutzung von Allmenden sind für Mitteleuropa folgende, vorwiegend historische Möglichkeiten zu nennen:

Im mitteleuropäischen Bereich sind Allmenden nur noch in Relikten erhalten, vornehmlich als Folge der Agrarreformen des 18. - 20. Jahrhunderts. Ihre Nutzung betrifft die Bereiche Weidewirtschaft, Jagd, Fischfang, Holzbeschaffung und Streugewinnung.
Hinsichtlich einer nötigen Intensivierung der Landwirtschaft stellten die u.a. als Anger, Hutung oder Trift auftretenden und gewöhnlich in der Pflege vernachlässigten Allmenden ein großes Hindernis dar.

Die Allmende zählt nicht zur durch Besitzgrenzen gegliederten Flur.

2. In erweiterter Form findet der Begriff auch in den Wirtschafts- und Sozialwissenschaften und der Informatik Verwendung:

Weitere Informationen:

allochthon

Von griech. anders, verschieden und fremd, auswärtig; nicht vom jeweiligen Betrachtungs- oder Fundort stammend, nicht bodenständig (z.B. Gesteine, Böden in den Geowissenschaften, Tier- und Pflanzenarten im Naturschutz oder Gehölzindividuen in der Forstwirtschaft). Gegensatz: autochthon.

Allulose

Auch Psicose; Bezeichnung für einen extrem kalorienarmen Zucker. D-Psicose kommt in der Natur nur sehr selten und nur in geringen Mengen vor. Sie wird vom Menschen nur in geringen Umfange verstoffwechselt und liefert daher nur einen Bruchteil der Energie, die eine gleiche Menge D-Glucose liefern würde. Dabei handele es sich nicht um einen Zuckerersatzstoff wie Stevia oder Aspartam, sondern tatsächlich um einen modifizierten Zucker aus z. B. Zuckerrüben, der genau so verwendet werden kann wie herkömmlicher Zucker, also Fruchtzucker.

Zucker fast ohne Kalorien gibt es in den USA und manchen asiatischen Staaten schon länger. Mehrere Studien mit Tieren und Menschen haben gezeigt, dass der neuartige Zucker gesundheitlich unbedenklich ist. Folglich gab die US-Lebens- und Arzneimittelbehörde FDA ihm im Januar 2014 das Prädikat «als sicher anerkannt».

Seither dürfte Allulose eigentlich in Lebensmitteln verwendet werden. Allerdings gab es bislang zu wenig davon. Denn bisher ist nur eine Pflanze bekannt, die es auf natürliche Weise herstellt: die Amerikanische Rosmarinweide (Itea virginica). Den Alternativzucker im Labor zu produzieren, wäre aufgrund des grossen Aufwands zu teuer.

Das Elsdorfer Start-up "Savanna Ingredients" der Zuckerfabrik Pfeifer & Langen will nun auch in der Europäischen Union zügig die Zulassung dieses Zuckers beantragen und in die Großproduktion im Rheinland einsteigen. Das junge Unternehmen hat ein Verfahren entwickelt, Zucker fast ohne Kalorien in großem Maßstab aus Rübenzucker herzustellen. Das Unternehmen gibt an, die Molekülstruktur des Rübenzuckers zu verändern, so dass der Energiegehalt (Kalorien) gewissermaßen verkapselt werde. Der menschliche Stoffwechsel erkenne die Allulose nicht mehr als Energielieferant. Sie dockt im Körper nicht mehr an, sondern die Kalorien werden gewissermassen ausgeschieden.

Die Produktion ist ein komplexer lebensmitteltechnologischer Prozess. Geschmacklich und funktional soll sich die Allulose für das Süßen von Speisen und Getränken eignen. Mit Allulose soll auch Kochen und Backen möglich sein, was mit den bislang bekannten Zuckerersatzstoffen nur bedingt möglich war. Der Konsum von allulosehaltigen Lebensmitteln erhöhe überdies den Blutzuckerspiegel nicht, was insbesondere für Diabetiker eine gute Nachricht sein dürfte. Der Zucker behält einen Restkaloriengehalt von 0,2 kcal pro Gramm, üblicher Haushaltszucker hat 4 kcal pro Gramm.
Das neue Unternehmen rechnet daher damit, dass eine Kennzeichnung «ohne Kalorien» durch die EU genehmigt werden wird. Und das wäre für die Akzeptanz bei den Kunden und einen zügigen Markterfolg entscheidend. In zwei bis drei Jahren könnte das Produkt, das noch keinen Marktnamen besitzt, zugelassen und damit marktreif sein, teilte ein Unternehmenssprecher mit.

Alm

Auch Alp; sommerliches Weideareal eines Talgutes in der Mattenzone der Hoch- oder Mittelgebirge oberhalb der jeweiligen Dauersiedlungsgrenze mit vom Heimgut getrennter Bewirtschaftung. Zur Alm gehören auch Gebäude und Infrastruktur (Energieversorgung, Wege, Zäune, Wasserversorgung, Gülleanlagen).

Almen sind durch die Rodung von Zwergsträuchern und subalpinem Wald talwärts stark ausgedehnt. Selbst inselförmige Weideflächen im Wald werden als Alm bezeichnet, sofern sie almwirtschaftlich genutzt sind.

Alm ist der bayerische und ostalpine, Alp(e) der alemannische Begriff. Zur Alm gehören auch periodische Alm-Siedlungen, bedingt durch die große Entfernung vom Heimgut. Es dominiert die Einzelsiedlung. Bei einer größeren gemeinschaftlichen Nutzung können auch kleinere Alm-Dörfer entstehen.
Hinsichtlich der Eigentumsverhältnisse lassen sich vier Gruppen von Almen unterscheiden:

Die Nutzungsstrukturen sind mit den Eigentumsverhältnissen nur zum kleinen Teil identisch und lassen sich in drei Gruppen zusammenfassen:

Abhängig von der geographischen Lage des betreffenden Alpgebietes gibt es für die Alpen in verschiedenen Höhenlagen unterschiedliche Begriffe.
Für das Allgäu wird unterschieden:

Bezeichnung Höhenlage der alpmäßigen Bewirtschaftung
Landalpen → 1100 m ü. NN
Mittelalpen 1100 - 1400 m ü. NN
Hochalpen > 1400 m ü. NN

Die verschiedenen Höhenstufen werden als Staffeln (Stafel) oder Läger (Leger) bezeichnet. Es bestehen die Begriffe Niederleger, Mittelleger, Hochleger. Zwischen Heimgut und Alpe sind häufig noch Vor- und Nachweiden (Maiensässen oder Asten) vorhanden, auf die das Vieh vor und nach der Älpung getrieben wird. Die Anzahl der Staffeln beträgt meist drei, im Extrem bis zu 32 (Wallis) Staffeln. Die sehr ausgeklügelten traditionellen Staffelsysteme sind durch Rationalisierung in der Almwirtschaft meist verschwunden oder stark vereinfacht worden.
Außer nach den Eigentumsverhältnissen und den Höhenstufen werden die Almen nach der Art der Nutzung eingeteilt. Nach der aufgetriebenen Viehgattung lassen sich Kuhalmen (Melkalme, Sennalmen), Stieralmen, Jungviehalmen, Ochsenalmen, Galtalmen mit Ochsen und Jungtieren, die noch keine Milch geben (mittelhochdeutsch "galt" = trocken), gemischte Almen (Kühe und Jungvieh, Rossalmen, Schaf- und Ziegenalmen unterscheiden. Heute steht im deutschsprachigen Alpenraum die Älpung von Jungvieh weit im Vordergrund.

Nach der aufgetriebenen Tiergattung unterscheidet man:

Almabtrieb

Als Almabtrieb (bairisch), Alpabfahrt (alemannisch), Alpabzug und Alpentladung (Schweiz) oder Viehscheid (Allgäu) bezeichnet man im Alpenraum die Überführung des Viehs von den Bergweiden (Almen) ins Tal, wo es in den Stallungen der Bauernhöfe überwintert. Der Almabtrieb wird zeitlich durch das Ausbleiben des Graswachstums oder Kälteeinbrüche bestimmt und liegt regional unterschiedlich zwischen Mitte September und Mitte Oktober.

Ist der Almsommer für Mensch und Tier ohne tödliche Unfälle verlaufen, werden in vielen Gegenden die Herden für den Abtrieb kunstvoll geschmückt und der Almabtrieb mit Musik- und Tanzveranstaltungen verbunden. Diese Feste bildeten früher im September oder Oktober den Abschluss des Almlebens. Für den Kopfschmuck der Tiere wird traditionell der Almrausch (Alpenrose) oder Latschenkiefer verwendet sowie die Silberdistel und Seidenblumen. Eine besondere Rolle spielt dabei die Kranzkuh, die traditionell die Herde auf ihrem Weg in die heimischen Ställe anführt. Sie erhält einen ungewöhnlich großen Kopfschmuck, der aufwändig aus Zweigen, Blumen, Gräsern und Bändern in Form einer Krone geflochten wird. Meist zeigt der Kranz ein Kreuz, womit um den Schutz des Himmels gefleht wird, sowie Spiegel und Glocken zur Abwehr böser Geister.

Almauftrieb

Als Almauftrieb, Alpaufzug oder Alpfahrt, Alpauffahrt wird das Bringen von Weidevieh auf Bergweiden, die sogenannten Almen bezeichnet. Es ist eine Form des Viehtriebs. Bis Mitte des 20. Jahrhunderts war der Almauftrieb mit manchmal mehrtägigen Fußmärschen für Vieh und Hirten verbunden. Dabei wurden den Kühen, je nach Gegend, große Glocken und Tricheln umgehängt. Im Gegensatz zum Almabtrieb wurden die Tiere nicht festlich geschmückt.

Almbestoß

1. Bezeichnung für die Zahl der aufgetriebenen Tiere pro Alm oder pro ha Almfläche.

2. Auch Almbestoßung; Bewegungsbegriff für den Vorgang des Auftreibens der Tiere auf die Alm.

Almwirtschaft

Extensive Weidewirtschaft auf Hochgebirgsflächen, die oft über der Baumgrenze liegen und nur ca. 90 Tage/J. beweidet werden können. Bei der Almwirtschaft findet im Gegensatz zur Transhumanz im Winter Einstallung mit Fütterung in den Dauersiedlungen statt. Die Höhenweiden, meist über der Waldgrenze gelegen, werden von Frühjahr bis Herbst aufgesucht und gehören als fest abgegrenzte Besitzparzellen zur Betriebs- bzw. Gemarkungsfläche der Heimgüter. Auf den Almen liegen ortsfeste, jahreszeitlich bewohnte Siedlungen für die Hirten, zu denen sich bei gestaffeltem Almauftrieb Zwischenalmen (z.B. Maiensäß) in verschiedenen Höhenlagen gesellen.
Die Bedeutung der Hochgebirgsweidewirtschaft für die Verteilung der Siedlungen und der Bevölkerung liegt darin, daß eine Erweiterung der Wirtschaftsfläche gegeben ist und damit eine Verdichtung von Siedlung und Bevölkerung in den Gebirgstälern stattfinden kann.
Almen und Almwirtschaft mit hier besonderen Nutzungsformen und archaischen Strukturen, die bis ins 20. Jahrhundert erhalten blieben, gelten als Charakteristikum der Alpen. Auch in anderen europäischen Gebirgen gibt bzw. gab es Almwirtschaft (Pyrenäen, Vogesen, Schwarzwald, Skandinavische Gebirge, Dinariden), allerdings mit geringerer Bedeutung und Vielfalt.
Verallgemeinernd zusammengefaßt vollzogen sich in den letzten zwei Jahrzehnten im Alpenraum Entwicklungen, die in folgenden Punkten zusammenfaßbar sind:

Im Zusammenhang mit der Almwirtschaft entwickelten sich wichtige kulturelle und soziale Ereignisse, die teilweise noch Bedeutung haben, nicht zuletzt durch den Einfluß des Tourismus. Sie sind im Bereich der Wiesen-Alp-Betriebe wegen des größeren Stellenwertes der Viehwirtschaft häufiger als bei den Acker-Alp-Betrieben. Dazu gehören, bzw. gehörten: Almauf- und abtrieb, Kuhkämpfe, Milchmesstage, Alpspenden, Alpsegnungen und Alpruf.

Weitere Informationen:

Alpenkonvention

Die Alpenkonvention ist ein 1995 in Kraft getretenes internationales Abkommen zwischen den Alpenländern (Deutschland, Frankreich, Italien, Liechtenstein, Monaco, Österreich, Schweiz und Slowenien) sowie der EU für eine nachhaltige Entwicklung und den Schutz der Alpen. Sitz des Ständigen Sekretariats der Konvention ist Innsbruck, eine Außenstelle besteht an der Europäischen Akademie Bozen. Die Alpenkonferenz ist die regelmäßige Versammlung der Vertragsparteien.

Die Alpen sind Natur- und Kulturlandschaft, Lebens- und Wirtschaftsraum für 13 Millionen Alpenbewohner in 43 Regionen, wertvollstes Trinkwasserreservoir Europas und wichtiges Tourismusziel.

Seit etwa 6.000 Jahren werden die Alpen vom Menschen fundamental beeinflusst. Sie sind ein empfindliches Ökosystem. Umweltprobleme können hier schnell zur existenziellen Bedrohung von Pflanzen, Tieren und dem Menschen führen. In jüngerer Zeit haben insbesondere die modernen Nutzungsformen wie Tourismus, Wasserkraft und Transitverkehr zu gravierenden Umgestaltungen der alpinen Natur- und Kulturlandschaften geführt. So leidet insbesondere der Bergwald unter dem Einfluss großräumiger Luftverunreinigungen und den Folgen des wachsenden Verkehrsaufkommens. Der inneralpine Verkehr bringt aber auch für viele Bewohner der Alpentäler eine erhebliche Einschränkung der Lebensqualität mit sich. Die Rückkehr zur traditionellen vorindustriellen Landwirtschaft als nachhaltige Nutzungsform weist keinen Weg aus der Krise. Vielmehr bedarf es neuer alternativer Entwicklungskonzepte, die ökonomische Sicherheit mit sozialer Gerechtigkeit und ökologischer Tragfähigkeit verbinden. Die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen müssen sich grundlegend ändern. Darüber hinaus sind die Alpen in erheblichem Maße von europäischen Entwicklungen beeinflusst. Ein Beispiel dafür ist die bergbäuerliche alpine Landwirtschaft, welche der europäischen Konkurrenz der intensiven Landwirtschaft nur mit großer Mühe gewachsen ist. Nicht zu vernachlässigen ist auch der Klimawandel, der das besonders empfindliche und gefährdete  Ökosystem der Alpenregion in zunehmendem Maß verändert. Daraus leiten sich die Ziele der Alpenkonvention ab.

Ziele der Alpenkonvention

Bezüglich der Berglandwirtschaft äußern sich die Vertragsparteien im entsprechenden Durchführungsprotokoll u. a. darüber einig, dass insbesondere in den Berggebieten die Landwirtschaft im Laufe der Jahrhunderte die Landschaft geprägt und ihr historischen Charakter sowie kulturellen Wert verliehen hat. Die Landwirte sind deshalb auch in Zukunft auf Grund ihrer multifunktionalen Aufgaben als wesentliche Träger der Erhaltung der Natur- und Kulturlandschaft anzuerkennen und in die Entscheidungen und Maßnahmen für die Berggebiete einzubeziehen.

Weitere Informationen:

Alpentladung

Auch Alpabfahrt, Alpabtrieb, Alpabzug; Schweizerdeutscher Begriff für Almabtrieb. Es ist die Rückkehr der Tiere von der Alp zu ihrem Winteraufenthaltsort mittels Viehtransporten oder zu Fuß; in einigen Regionen der Schweiz ist sie traditionell von folkloristischen Anlässen begleitet.

Altbauer

Vollerwerbslandwirt, eine auf NW-Deutschland bezogene, historische Variante der Bezeichnung Hofbauer.

alte Sorten

Solche derzeit oder früher kultivierte Pflanzenarten, deren Schutzfrist nach dem Sortenschutzgesetz abgelaufen ist. Alte Sorten, für deren Handel nach der Artenliste im Anhang des Saatgutverkehrsgesetzes eine Zulassung durch das Bundessortenamt erforderlich ist, dürfen nach Auslaufen der Zulassung nicht mehr gehandelt werden.

Altenteil

Das Altenteil ist ein Begriff aus dem Erbrecht und bezeichnet die vertraglich vereinbarten Leistungen für den Erblasser bei einem vorweggenommenen Erbfall, also bei einem Hofüberlassungsvertrag. Zum Altenteil gehört häufig ein separat stehendes kleines Gebäude. Es vermeidet Streitigkeiten, wenn alle vereinbarten Leistungen für den Altenteiler im Altenteil-Vertrag einzeln aufgeführt sind. Synonyme Begriffe sind Ausgedinge, Austrag, Auszug, Leibgedinge, Leibzucht.

Altenteiler

Landwirt, der seinen Hof an den Hofnachfolger übergeben hat. Die Übergabe bezieht sich auch auf alle Verfügungs- und Entscheidungsrechte. Zum Ausgleich nutzt der Altenteiler das vereinbarte Altenteil.

Alternative Food Network (AFN)

Dt. Alternative Lebensmittelnetzwerke; der Begriff umfasst als virtuelles Bild Formen der Zusammenarbeit zwischen Akteuren, die aus der wachsenden Unzufriedenheit mit dem globalisierten Agrifood-Sektor und seien industriellen Produktionsmethoden in fortgeschrittenen Volkswirtschaften entstanden sind und ein Wiederzusammenführen von Erzeugern, Händlern und Verbrauchern sowie eine ausgewogene Berücksichtigung ökonomischer, sozialer und ökologischer Ziele erreichen wollen. Folglich liegt die Betonung auf der Qualität der Nahrung, der Transparenz der beteiligten Akteure und der zurückgelegten Wege sowie auf den geographischen Zusammenhängen. Man kann bei den AFN die Eigenproduktion (z. B. über Selbsternteflächen oder Gemeinschaftsgärten) von Formen der vertraglich vereinbarten Produktion und Risikoteilung (wie bei der solidarischen Landwirtschaft) und der Direktvermarktung (ab Hof, am Bauernmarkt oder über Zustelldienste) unterschieden werden.

AFN werden als regionale Wertschöpfungsketten und Motoren einer neuen regionalen Ökonomie betrachtet. Vertreter von Netzwerkansätzen kritisieren die linearen Konnotationen, die mit dem Begriff "Kette" verbunden sind, deren vorwiegend ökonomisch-industrielle Sichtweise und die unzureichende Beachtung räumlicher Aspekte. (Schmied 2018)

Altlasten

Unter Altlasten werden in der Regel

verstanden, von denen eine Gefahr für Menschen und/oder Umwelt ausgehen. Bodenbelastungen solcher Art können die regionale wirtschaftliche Entwicklung beeinträchtigen. Insbesondere in den neuen Ländern gelten Altlastenverdachtsflächen als Hemmnis der Privatisierung und können so die Schaffung von Arbeitsplätzen und die Durchführung von Investitionen verhindern.

Altsiedelraum

Als Altsiedelraum bezeichnet man in Mitteleuropa jene Gebiete, die vor 1.000 n.Chr. erschlossen wurden. Sie sind gekennzeichnet durch ein Vorherrschen von großen Gruppensiedlungen (Haufendörfer, Reihendörfer), umgeben von Gewannfluren. Die starke Parzellierung ist u.a. auf die mit Bevölkerungszunahme verbundene Realteilung und die gemeinschaftliche Dreifelderwirtschaft zurückzuführen.

(s. a. Jungsiedelraum)

Amaranth

Amaranth (Amaranthus), engl. amaranth, fr. amarante, gehört wie Quinoa oder Buchweizen zu den getreideähnlichen Pflanzen, den so genannten Pseudocerealien. Anders als die einkeimblättrigen Gräser (Weizen, Roggen, Hafer etc.) ist Amaranth zweikeimblättrig und wird der Familie der Fuchsschwanzgewächse zugerechnet.

Verbreitung

Bereits vor 4.000 Jahren wurde die Pflanze in Mittel- und Südamerika angebaut. Bei den Azteken und Inkas war Amaranth neben Mais und Bohnen das Hauptnahrungsmittel.

Heute ist Amaranth neben Mexiko und den Andenländern auch bei Bergstämmen in Indien, Pakistan und Nepal sowie in Westafrika verbreitet. Sogar in Kalifornien und im Süden der USA haben einige Farmer die Pflanze erfolgreich kultiviert. In Indonesien werden vor allem die Blätter als spinatähnliches Gemüse geschätzt.

Merkmale und Eigenschaften

Die Gattung Amaranthus mit ihren 60 bis 98 Arten bietet eine große genetische Vielfalt und ein reiches Potential an regional angepassten Sorten. Wegen ihrer Fähigkeit, den Boden gut zu durchwurzeln und zu regenerieren, ist sie für den ökologischen Anbau besonders geeignet. Amaranth braucht zur Keimung der Samen genügend Feuchtigkeit, die meisten Arten vertragen jedoch keinen Frost. Unter acht Grad stellen die Pflanzen ihr Wachstum ein, unter vier Grad werden sie geschädigt. Obwohl Amaranth oft in warmen Tälern am besten gedeiht, ist sein Anbau auch im peruanischen Hochland auf bis zu 3500 Metern noch möglich. Durch züchterische Maßnahmen wurden aus den dunkelsamigen Wildgewächsen mit der Zeit hellsamige Kulturpflanzen, die deutlich milder schmecken als die Urfomen.

Je nach Nährstoff- und Wasserangebot erreicht der rasch wachsende Amaranth eine Höhe von einem halben bis zu drei Metern, besitzt eine kräftige Pfahlwurzel mit vielen Verästelungen, einen markigen Stängel und große, elliptisch-ovale oder lanzettenförmige Blätter. Augenfällig sind besonders die bis zu 90 Zentimeter langen Blütenstände, die von Grün über Gelb und leuchtendes Orange bis hin zu Tiefrot in diversen Farbschattierungen auftreten. Nach der Befruchtung tragen sie winzige, linsenförmige Samen mit kaum mehr als einem Millimeter Durchmesser. Tausend solcher Körnchen, die noch kleiner sind als Senfkörner, wiegen nur knapp ein Gramm. Meist werden sie nach einer Reifezeit von vier bis fünf Monaten von Hand geerntet und an der Sonne getrocknet.

Nutzung

Genutzt werden vor allem die feinkörnigen, an Hirse erinnernden Samen des Garten-Fuchsschwanzes (Amaranthus caudatus), in der Andenregion bis heute unter dem Namen Kiwicha bekannt. Die Azteken nannten ihn huautli. Für die Ernährung der armen Bevölkerung, die nur geringwertige Böden bearbeiten können, ist Amaranth von erheblicher Bedeutung. In Asien und Afrika werden einige Arten auch als Gemüsepflanzen genutzt.

Man findet die eiweiß- und lecithinreichen Körner bei uns vor allem als Zutat in Müslis, Brot, Keksen, Nudeln und Riegeln. Der „Inkaweizen“ verfügt über einen feinen nussigen Geschmack und lässt sich sowohl pikant als auch süß zubereiten.

Weitere Informationen:

Amelioration

Siehe Melioration

American Farm Bureau Federation (AFBF)

Die American Farm Bureau Federation (AFBF), inoffiziell auch American Farm Bureau (AFB) oder einfach Farm Bureau genannt, ist eine in den Vereinigten Staaten ansässige, steuerbefreite 501(c) Landwirtschaftsorganisation und Lobbygruppe. Das Farm Bureau hat seinen Hauptsitz in Washington, D.C., und verfügt über Niederlassungen in allen 50 Bundesstaaten und Puerto Rico. Jede Zweigstelle ist ein Farm Bureau (auf Staats- oder Bezirksebene), und die Mutterorganisation wird oft auch einfach Farm Bureau genannt.

Die 1919 gegründete AFBF ist eine der größten Lobbygruppen der Agrarindustrie; im Jahr 2021 gab die AFBF 2.530.000 Dollar für Lobbyarbeit aus. Im Allgemeinen hat sie versucht, die Gesetzgebung so zu gestalten, dass größere landwirtschaftliche Betriebe mehr davon profitieren als kleinere. Sie setzt sich auch für politische Maßnahmen ein, die ihren gewinnorientierten Aktivitäten zugute kommen, wie z. B. Bundessubventionen für die Ernteversicherungen, die von den ihr angeschlossenen Unternehmen verkauft werden. Bis 2019 leugnete sie, dass der Klimawandel real ist.

Die AFBF selbst verkauft keine Versicherungen, aber bis auf eine Handvoll ihrer gemeinnützigen staatlichen Mitgliedsorganisationen sind ihr gewinnorientierte Versicherungsunternehmen angeschlossen. Der Großteil der AFBF-Einnahmen stammt aus den Beiträgen ihrer fast 5,9 Millionen Mitglieder, von denen die meisten keine Landwirte, sondern Versicherungskunden sind, die die Beiträge als Bedingung für ihre Verträge zahlen.

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Ammenkuhhaltung

Form der Mutterkuhhaltung, bei der die Kuh zusätzlich zu ihren eigenen auch fremde Kälber aufzieht. Die Kühe werden dabei nicht gemolken, ihre Milch nur für die Kälber verbraucht.

Im Mai 2016 wurden in Deutschland 685.000 Ammen- und Mutterkühe gezählt. Damit ist der Bestand an Ammen- und Mutterkühen wie bereits im Vorjahr weiter leicht angestiegen (gegenüber 2015 + 0,4 Prozent). Dagegen ist die Zahl der Ammen- und Mutterkuhhalter weiter leicht rückläufig (gegenüber 2015 – 0,6 Prozent). Die insgesamt 52.300 Ammen- und Mutterkuhhalter hielten zuletzt im Durchschnitt 14 Ammen- und Mutterkühe. Der Schwerpunkt der Ammen- und Mutterkuhhaltung liegt in Ostdeutschland, wo 40 Prozent aller deutschen Ammen- und Mutterkühe gehalten werden.

Ammoniak

NH3, ein Gas, das bei der Zersetzung von eiweißhaltigen Stoffen entsteht. Die Ammoniak-Emissionen stammen im Wesentlichen aus der Tierhaltung und weiteren Quellen in der Landwirtschaft (um die 95 % Anteil an den Gesamtemissionen).

Von 1990 bis 2018 sanken die Ammoniak-Emissionen aus der Landwirtschaft um gut 16 Prozent. Die Emissionsreduktionen in den ersten Jahren unmittelbar nach der Wiedervereinigung lassen sich auf den strukturellen Umbau in den neuen Bundesländern zurückführen. Seit der Berichterstattung 2016 werden auch Ammoniak-Emissionen aus Lagerung und Ausbringung von Gärresten nachwachsender Rohstoffe (NAWARO) der Biogasproduktion berücksichtigt, deren Zunahme auf den Ausbau der Anlagen zurückzuführen ist. Zusätzlich werden Emissionen aus der Klärschlammausbringung betrachtet.

Ammoniak-Emissionen nach Quellkategorien
Ammoniak-Emissionen nach Quellkategorien

Quelle: UBA

Ammoniak (NH3) entsteht vornehmlich durch Tierhaltung und in geringerem Maße durch die Düngemittelverwendung sowie Lagerung und Ausbringung von Gärresten der Biogasproduktion in der Landwirtschaft. Die wichtigste NH3-Emissionsquelle aus der Tierhaltung ist Wirtschaftsdünger (Gülle, Mist, Jauche). Wirtschaftsdünger enthält in der Regel hohe Anteile an Ammoniumstickstoff NH4+-N), der insbesondere im Kontakt mit der Atmosphäre schnell in gasförmiges Ammoniak umgewandelt werden kann. Dieses entweicht so in die Luft und geht damit den Pflanzen als Nährstoff verloren.

Erhöhte Ammoniakgehalte in der Stallluft entstehen durch Freisetzung aus dem über den Harn ausgeschiedenen Harnstoff während Lagerung der Gülle im Stall. Erhöhte Harnstoffgehalte führen zu Funktionsminderungen der Lunge und damit zu Leistungseinbußen bei den Tieren. Sie können auf insgesamt zu hohe Eiweißgehalte in den Futtermischungen bzw. eine unausgewogene Versorgung mit essentiellen
Aminosäuren bei monogastrischen Tieren hindeuten.

In Silagen entsteht Ammoniak beim Abbau von Eiweiß vorwiegend durch Clostridien bei nicht optimalem Gärverlauf. Die Höhe des Ammoniak-N am Gesamt-N einer Silage dient als Beurteilungskriterium für den Gärverlauf. Bei Anteilen von mehr als 10 % ist mit einer Beeinträchtigung der Futteraufnahme zu rechnen, da beim Abbau als Nebenprodukt Buttersäure anfällt.

Von geringerer Bedeutung sind industrielle Prozesse (Herstellung von Ammoniak und stickstoffhaltigen Düngemitteln sowie von kalziniertem Soda), Feuerungsprozesse, Anlagen zur Rauchgasentstickung sowie Katalysatoren in Kraftfahrzeugen.

Im Multikomponentenprotokoll (1999) zur UNECE-Luftreinhaltekonvention, das die jährlichen Emissionen durch Einführung nationaler Höchstmengen begrenzt, hat sich Deutschland verpflichtet, die Ammoniak-Emissionen zu vermindern. Ab dem Jahr 2010 dürfen 550 Tausend Tonnen (Tsd. t) Ammoniak nicht mehr überschritten werden.

Weiterhin hat Deutschland im Zuge der Novellierung des Protokolls (2012) eine Reduktion der Ammoniak-Emissionen bis 2020 um 5 % gegenüber dem Wert von 2005 zugesagt.

Die auf EU-Ebene gültige Richtlinie über nationale Emissionshöchstmengen (NEC-Richtlinie 2016/2284) sieht zusätzlich eine Minderung um 29 % in 2030 gegenüber 2005 vor. 

Emissionen stickstoffhaltiger Treibhausgase und Ammoniak aus landwirtschaftlich genutzten Böden
Emissionen stickstoffhaltiger Treibhausgase und Ammoniak aus landwirtschaftlich genutzten Böden

Quelle: UBA

Maßnahmen zur Minderung von Ammoniak-Emissionen in der Landwirtschaft:

Schadwirkungen

Über den Atmosphärentransport von Ammoniak und der dabei erfolgenden Reaktion mit anderen anorganischen Stoffen, wie Schwefel- und Salpetersäure entstehen Ammoniumsulfat und Nitratsalze. Hieraus wiederum entstehen Feinstaubpartikel. Zwar können die Feinstaubemissionen von motorisierten Fahrzeugen entscheidend zur lokalen Luftbelastung in Ballungszentren beitragen, der meiste Feinstaub (PM2,5) entsteht aber erst durch chemische Prozesse in der Atmosphäre während des Windtransports. Daher könnte die Konzentration der Feinstaubteilchen in der Atmosphäre deutlich sinken, wenn Ammoniakemissionen in der Landwirtschaft vermieden würden.

Feinstaubpartikel mit einem Durchmesser von weniger als 2,5 Mikrometern (PM2,5) sind laut der Weltgesundheitsorganisation (WHO) besonders gesundheitsschädlich, weil die Partikel tief in die Lunge eindringen und Herz-Kreislauf- und Atemwegserkrankungen verursachen können. Wären die landwirtschaftlichen Emissionen um 50 Prozent niedriger, könnten demnach pro Jahr weltweit 250.000 Todesfälle, die auf Luftverschmutzung zurückzuführen sind, vermieden werden. (MPIC 2017)

Die Stickstoff-Depositionen haben neben der eutrophierenden auch eine bodenversauernde Wirkung. Ammoniakgase aus der Tierhaltung, vor allem aus der Güllewirtschaft, werden für Waldschäden mitverantwortlich gemacht.

Weitere Informationen:

Ammonifikation

Auch Ammonifizierung; Teilprozess des Stickstoffkreislaufs und des Abbaus organischer Stoffe in Ökosystemen. Hierbei wird der Stickstoff aus stickstoffhaltigen organischen Stoffen durch mikrobielle Prozesse in Form von Ammoniak (NH3) freigesetzt. Viele Destruenten (Bakterien, Archaeen und Pilze) sind in der Lage, Ammoniak aus organischen Stickstoffverbindungen abzuspalten Aus Ammoniak, das in Wasser gelöst ist, entstehen Ammoniumionen. Da dabei Hydroxidionen entstehen, ist die entstehende Lösung alkalisch. Das Mengenverhältnis von Ammoniak zu Ammonium-Ionen ist vom pH-Wert abhängig:

NH3 + H2O ⇄ NH4+ + OH-

Ammonifikation bewirkt so eine Alkalisierung des Milieus. Die Ammonifikation ist ein wichtiger Schritt bei der Mineralisation des Stickstoffs im Boden und Wasser.

Ananas

Die Ananas (Ananas comosus oder Ananas sativus), engl. pineapple, fr. ananas, ist eine Pflanzenart aus der Familie der Bromeliengewächse (Bromeliaceae). Sie ist ursprünglich in Amerika heimisch und wird heute weltweit in den tropischen Gebieten als Obstpflanze angebaut. Sie bildet fleischige Fruchtstände, die frisch verzehrt oder zu Konserven und Saft verarbeitet werden. Das Wort Ananas entstammt der Bezeichnung naná ‚Frucht‘ in der Guaraní-Sprache. Das lateinische Art-Epitheton comosus ‚schopfig‘ spielt auf den Blattschopf am oberen Ende des Fruchtstandes an.

Wildformen der Gattung Ananas sind in den Subtropen Südamerikas verbreitet. Die Stammform der Ananas comosus ist nicht bekannt. Nach der Entdeckung Amerikas durch Kolumbus Ende des 15. Jahrhunderts wurde die Ananas durch die Seefahrt verbreitet.

Merkmale

Die Ananas ist ein krautiger, mehrjähriger Bodenbewohner (die Familie der Bromeliaceae zählt viele Baumbewohner, Epiphyten) mit immergrüner Blattrosette. Die Wuchshöhe beträgt etwas mehr als ein Meter, die Wurzeln reichen bis in eine Tiefe von 4,5 Metern. Wildformen werden bis zu dreißig Jahre alt.

Die Ananas ist eine Sammelfrucht, das heißt die Frucht besteht aus vielen miteinander verwachsenen Einzelfrüchten. Die Einzelfrüchte sind samenlose Beeren, die an den vielen in einer Ähre stehenden Einzelblüten ohne Befruchtung entstehen. Die für Beeren typischen ins Fruchtfleisch eingebetteten Samen sind bei den Kultursorten nicht vorhanden. Sie würden den Genuss erheblich beeinflussen, da eine Frucht rund 2.000 bis 3.000 kleine raue und harte Samen enthalten könnte. Die einzelnen Beerenfrüchte entstehen aus den 100 bis 200 Einzelblüten eines zapfenförmigen Blütenstandes, die – miteinander verwachsen –, nach der Blüte zur bekannten Frucht heranreifen. Am oberen Ende des Blütenstandes bilden laubartige Hochblätter einen sogenannten Schopf, der bei der Ernte an der Frucht verbleibt. Der Blütenstand selbst befindet sich auf einem etwa 30 Zentimeter langen Blütenstandschaft, der sich aus der Mitte einer Blattrosette in die Höhe schiebt.

Die Ananasfrucht reift nach der Ernte nicht nach.

Das Aroma setzt sich aus über 200 flüchtigen Stoffen zusammen. Aber auch in Bezug auf Inhaltsstoffe ist die kalorienarme Ananas schwer zu überbieten. Sie enthält viele Vitamine, insbesondere Vitamin C, sowie Mineralstoffe, Enzyme und Spurenelemente wie Kalzium, Kalium, Magnesium, Eisen, Phosphor und Zink. Das in frischen Ananas enthaltene Enzym Bromelin fördert die Verdauung und wirkt entzündungshemmend.

Ansprüche

Die klimatisch günstigsten Anbaugebiete liegen in den Tropen zwischen 25° nördlicher wie südlicher Breite. In Südafrika und Australien wird die Ananaspflanze noch bis 34° südlicher Breite gepflanzt. In Europa werden Ananas seit Mitte des 19. Jahrhunderts auf den Azoren (São Miguel, z. B. in Fajã de Baixo) bei 37°N angebaut. In Äquatornähe werden die Plantagen auf bis zu 1500 m Seehöhe angelegt, in höheren Breiten nur mehr bis 500 m. Das Temperaturoptimum liegt zwischen 24 °C und 30 °C, unterhalb von 20 °C reduziert sich das Wachstum deutlich. Während der Fruchtreife können bereits Temperaturen unter 21 °C zu physiologischen Störungen führen, die sich in braunen Flecken in der Frucht äußern. An Niederschlägen sind mindestens 800 bis 900 mm pro Jahr erforderlich, das Optimum liegt zwischen 1000 mm und 1500 mm. Die Ansprüche der Ananas an den Boden sind eher gering. Sehr wichtig ist lediglich eine gute Wasserführung, da bereits kurze Perioden mit Staunässe die Pflanzen irreversibel schädigen. Am geeignetsten sind sandige Böden und Lehme. Bei pH-Werten über 5,5 können Calciumchlorosen an der Pflanze entstehen.

Anbau

Der Anbauzyklus dauert selten länger als vier Jahre. Nach dem Pflanzen beträgt die Zeit bis zur ersten Ernte in den Äquatorregionen 14 bis 16 Monate, in kühleren Gebieten 18 bis 20 Monate. Die zweite und dritte Ernte erfolgt dann in kürzeren Intervallen, jedoch sinkt der Ertrag im Vergleich zur ersten Ernte kontinuierlich. Die zweite Ernte erbringt in kühleren Gebieten 60 bis 100 Prozent der ersten Ernte, in warmfeuchten Gebieten nur 40 Prozent. Die Bestandesdichten liegen bei Pflanzen für den Frischverbrauch bei 60.000 bis 70.000 Pflanzen pro Hektar, für Konservenfrüchte bei 40.000 bis 50.000. Die Ananas wird nicht nur in Monokultur angebaut. In Zwischenkulturen wird sie zusammen mit Pflanzen mit kurzem Wachstumszyklus angebaut, wie Erdnuss, Reis, Augenbohne (Gründünger) und Gemüse. Allerdings sind Nahrungskulturen aufgrund der Residualwirkung von Herbiziden nicht unbedingt geeignet. Als Unterkultur wird die Ananas unter Ölpalmen, Dattelpalmen, Zitrus-Arten, Avocado und Mango angepflanzt.

Wirtschaftliche Bedeutung

Weltweit gibt es über 100 verschiedene Ananassorten, von denen allerdings nur wenige im Handel zu finden sind. Besonders beliebt als Frischware sind die süßen Sorten, die weniger Säure und gleichzeitig 3- bis 4-mal mehr Vitamin C enthalten als andere. Ananasfrüchte sind bei uns das ganze Jahr über erhältlich, meist importiert aus Costa Rica, dem weltweit größten Exporteur. Die bei uns ebenfalls beliebten kleinen und besonders aromatischen „Baby-Ananas“ stammen unter anderem aus Südafrika. Der Anbau der in Südamerika beheimateten Ananaspflanze findet heute in den gesamten Tropen statt, teilweise auch in den Subtropen.

Laut FAO wurden 2017 weltweit rund 27,4 Millionen Tonnen Ananasfrüchte produziert, wobei Costa Rica (3.056.445 t), die Philippinen (2.671.711 t) und Brasilien (2.253.897 t) die drei größten Produzenten sind. Die USA mit ihrem Hauptanbaugebiet Hawaii, einst weltführend im Ananasanbau, liegen mit 154.457 Tonnen an Platz 28.

Die ananasverarbeitende Industrie in wichtigen Lieferländern wird stark von zwei multinationalen Unternehmen mit Sitz in den USA beeinflusst: Dole und Del Monte. Unabhängige Verarbeiter aus Entwicklungsländern müssen in Preis und Qualität mit den großen Akteuren konkurrieren.

In Deutschland ist die Ananas nach Bananen und Zitrusfrüchten das am häufigsten gegessene exotische Obst

Verwendung

In Süd- und Mittelamerika, von Brasilien bis Mexiko, wurde sie schon vor ihrer Nutzung durch Europäer als Nahrungs- und Heilmittel genutzt.

Nur ein Teil der Gesamternte wird als Frischware exportiert. Die Ananas reift nach der Ernte nicht nach, sie zählt zu den nichtklimakterischen Früchten. Rund 70 Prozent der Welternte werden in den Herkunftsländern als Frischfrüchte verzehrt. Der Welthandel mit Frischfrüchten umfasste 2003 rund 670.000 Tonnen. Laut einem Spiegel-Artikel führt der massenhafte Anbau der in Deutschland am meisten verkauften Ananassorte MD-2 in Costa Rica zu Stechfliegenplagen und Herbizidverseuchung (Bromacil).

Der Abfall, der bei der Konservenherstellung anfällt (der Zentralstrang und die Schale), kann als Frisch- oder Trockenfutter für Wiederkäuer und Schweine verwendet werden. Die Konservenindustrie bevorzugt Früchte von 1,8–2,0 kg Gewicht. Die Gesamtproduktion von Konserven erreichte Anfang der 1980er Jahre knapp eine Million Tonnen. 1992 betrug der Weltexport an Konserven eine Million Tonnen bei einem Wert von rund 600 Millionen US-Dollar.

Die Früchte können auch zu Konfitüre, Marmelade, Saft, Wein und Alkohol verarbeitet werden. Eine größere Rolle spielt dabei aber nur die Saftherstellung. Im Jahr 2016 belief sich der Welthandel mit Ananassaft (nicht fermentiert) auf insgesamt 1,09 Milliarden US-Dollar. Die größten Exporteure von Ananassaft waren im Jahr 2016 Costa Rica mit 22% oder 237 Millionen USD der weltweiten Exporte und Thailand mit 19% oder 209 Millionen USD. Gleichzeitig waren die größten Importeure von Ananassaft im Jahr 2016 die Niederlande mit einem Anteil von 20% oder 220 Millionen US-Dollar an den weltweiten Importen und die Vereinigten Staaten mit einem Anteil von 17% oder 183 Millionen US-Dollar. Im Jahr 2016 importierte die EU 376.000 Tonnen Ananassaft.

Das Bromelain wurde früher aus dem Fruchtsaft gewonnen, heute aus den Stämmen der abgeernteten Pflanzen. Es wird ähnlich wie Papain aus Papaya dazu verwendet, Fleisch zarter zu machen. Bromelain wird zu Gelatine zugegeben, um deren Konsistenz weicher zu machen. Früher wurde es auch zum Stabilisieren von Latexfarben und beim Ledergerben eingesetzt. Als Therapie wird es zur Verdauungshilfe und als entzündungshemmendes Mittel eingesetzt. In vorklinischen und pharmakologischen Studien zeigte Bromelain wundheilende und antimetastasische Wirkungen. Die in rohen Ananas enthaltenen Enzyme verhindern (ebenso wie bei rohen Kiwifrüchten oder rohen Papayas) das Erstarren von Tortengelatine, ein unerwünschter Effekt, wenn beispielsweise ein Obstkuchen, der rohe Ananasstücke enthält, mit einem festen Tortengelatinebelag überzogen werden soll. Das Weichbleiben des Übergusses tritt nicht bei der Verwendung von Ananas aus Konservendosen auf, diese werden pasteurisiert, wobei die eiweißabbauenden Enzyme deaktiviert werden.

Auf den Philippinen werden Fasern der Blätter der Ananaspflanze zu Textilfasern, genannt Piña, verarbeitet, aus denen z. B. Barong Tagalog und andere formelle philippinische Kleidung gefertigt wird, und die auch in andere Weltregionen exportiert werden. Zentrum der Piña-Textilindustrie ist die Stadt Kalibo.

Anbaubeschränkung

Instrument der staatlichen Agrarpreisstützung durch Reduzierung des Angebots, häufig verbunden mit der Zahlung von Prämien als Ausgleich für die Einkommensverluste.

Anbaudiversifizierung (EU)

Nach Artikel 43 und 44 der VO (EU) Nr. 1307/2013 eine Landbewirtschaftungsmethode als Teil des Greening.

Die Anbaudiversifizierung schreibt Mindestanforderungen bezüglich Anzahl und maximal zulässiger Anteile einzelner landwirtschaftlicher Kulturen am gesamten Ackerland des Betriebes vor:

Anbaufläche

Die tatsächlich für die Bewirtschaftung zur Verfügung stehende Fläche eines Betriebes, also abzüglich aller bebauten Flächen, Wege, Hecken, usw.

In der deutschen Agrarstatistik ist das Ackerland untergliedert nach angebauten Fruchtarten. Die Anbaufläche landwirtschaftlicher Betriebe wird nach der Fläche folgender Feldfrüchte unterschieden: Getreide, Hülsenfrüchte, Hackfrüchte, Gemüse, Erdbeeren, und andere Gartengewächse (Feldgemüse und Gartengewächse), Handelsgewächse, Futterpflanzen (Anbau auf dem Ackerland) sowie Gründüngung, Schwarzbrache und vorübergehend stillgelegte Ackerflächen.

Anbaufläche bedeutender Ackerkulturen in Deutschland
Anbaufläche bedeutender Ackerkulturen in Deutschland

Quelle: BLE

Weitere Informationen:

Anbaugrenzen

Eine bestimmte Nutzungsweise ist an ein bestimmtes Areal gebunden, dessen Grenzen aus dem Zusammenspiel von natürlichen und ökonomischen Faktoren gesetzt werden. Verschlechtert sich das ökologische Standortangebot für eine Pflanze in horizontaler oder vertikaler Richtung, so erreicht sie ihre biologische Grenze. Es handelt sich dabei um eine absolute Grenze, die nicht zu verändern ist, es sei denn, dass sich entweder das Standortangebot (Klimaänderung, Bewässerung) oder die genetischen Standortanforderungen der Pflanze ändern, etwa durch züchterische Maßnahmen.

Innerhalb der biologischen Grenze befindet sich die Rentabilitätsgrenze, sie ist eine Funktion aus Aufwand und Ertrag und damit starken Schwankungen unterworfen, sie ist also eine relative Grenze. Sie wandert zur biologischen Grenze, wenn sich der Aufwand verringern lässt - etwa durch Fortschritte der Agrartechnologie -, sie zieht sich zurück, wenn der Aufwand steigt, etwa bei Lohnsteigerungen. Ähnliche Wirkungen haben staatliche Subventionen oder Preisveränderungen. So führte während der Weltwirtschaftskrise der 30er Jahre ein Verfall der Weizenpreise zu einem Rückzug der Weizen-Frontier an der Trockengrenze der USA und Australiens. Die Subventionierung von Betrieben auf marginalen Standorten hält vor allem in wohlhabenden Staaten wie Finnland und der Schweiz deren eher ökonomisch und politisch bedingten Anbaugrenzen relativ stabil, wobei der Erhalt der Kulturlandschaft für touristische Zwecke und regionalplanerische Ziele entscheidende Motive sind.

Die effektive Grenze umreißt schließlich das tatsächliche Anbaugebiet. In der Regel liegt sie diesseits der Rentabilitätsgrenze. In der Realität des inhomogenen geographischen Raumes ist die effektive Grenze schwer zu erfassen, ihre Darstellung unterliegt subjektiven Einflüssen - je nachdem, welches Mindestmaß an Anbaufläche man als Untergrenze nimmt. Die drei, bei globaler Betrachtung erkennbaren Anbaugrenzen Trockengrenze, Polargrenze und Höhengrenze sind als Grenzsäume ausgebildet, in denen sich drei qualitativ unterschiedliche effektive Grenzen bündeln:

Die drei klimatisch bestimmten Anbaugrenzen Trockengrenze, Polargrenze und Höhengrenze sind weitgehend identisch mit den Siedlungsgrenzen des Menschen, trennen also die Ökumene von der Anökumene.

Die effektive Grenze durchläuft aus historischer Sicht Expansions- und Kontraktionsphasen. Diese Oszillation erklärt sich meist aus einem komplexen Wirkungsgefüge der o.g. Einflussfaktoren, zu denen noch folgende Faktoren hinzutreten können:

In Europa folgten seit dem Mittelalter Phasen der Ausweitung und auch der Schrumpfung landwirtschaftlich genutzter Flächen aufeinander. So wurden zur Steigerung der Nahrungsmittelerzeugung entlang der Feuchtgrenzen und Meeresgrenzen neue Agrarflächen gewonnen. Hierzu gehören die Entwässerung von Feuchtgebieten (z.B. Moorkultivierung in Norddeutschland, Bonifikation in Italien) und die Neulandgewinnung an Küsten (z.B. Polder in den Niederlanden, Umwandlung von Mangroven an tropischen Küsten). Aktuell vollziehen sich dynamische Prozesse sowohl der spontanen als auch staatlich gelenkten Agrarkolonisation vor allem an den Rändern und auch innerhalb tropischer Regenwälder ab. Dabei ist die Erschließung solcher Gebiete mit starken ökologischen Problemen und sozialen Konflikten verbunden.

Anbaurisiko

Unternehmerisches Wagnis beim Anbau von Kulturpflanzen. Risiken ergeben sich aus den einer Veränderung unterliegenden ökologischen Rahmenbedingungen des Pflanzenbaus. Das Anbaurisiko wird auch teilweise durch ein Marktrisiko bedingt.

Anbausystem

Vieldeutiger Begriff zur Beschreibung landwirtschaftlicher Produktions- oder Bewirtschaftungssysteme, die sich unterscheiden können z.B. nach Fruchtfolgen, Produktionsziel, Faktoreinsatz (z.B. chem. Pflanzenschutzmittel), Einsatz von Gentechnik, Intensität, Bodenbearbeitung, Größe, Form und Lage der Felder (z. B. Terrassenkulturen), Bewässerung, biologische oder konventionelle Landwirtschaft, innovativen Konzepten, wie z.B. vertikale Landwirtschaft u. w.

Die große Vielzahl an Anbausystemen ermöglicht es dem Menschen, in fast jedem Winkel der Erde Nutzpflanzen anzubauen.

Weitere Informationen:

Anbautradition

1. Das Festhalten an einer althergebrachten und möglicherweise überkommenen Wirtschaftsweise.

2. Das traditionell bedingte Vorhandensein von Kenntnissen über den Anbau bestimmter Kulturen, zuzüglich der Existenz wichtigster materieller Quellen bezüglich des zum Anbau notwendigen Geräts sowie erster Absatzbeziehungen. Diese Situation erlaubt eine flexible Anpassung an steigende Nachfragen. Anbautradition ist in diesem Sinne kein bewahrendes sondern ein dynamisches Element.

Anbauverhältnis

Es drückt die unterschiedliche Nutzung des Ackerlandes eines Betriebes, eines Dorfes oder eines sonstwie begrenzten Raumes in Prozentzahlen aus.

Anbindehaltung

Haltungsform für Nutztiere, bei der die Tiere in einem Stall an einem Platz fixiert sind. Diese Haltungsform ist in Europa noch bei Rindern gebräuchlich. Früher wurden auch Pferde angebunden eingestallt und Sauen sowie Kleinvieh wie Schafe und Ziegen so gehalten. Zu unterscheiden ist die ganzjährige Anbindehaltung von der winterlichen Anbindehaltung mit Weidegang im Sommer, Letzteres eine häufig geübte Praxis vor allem in Bayern, Baden-Württemberg und Österreich.

Die Haltung von Pferden in Anbindestallungen ist in vielen Ländern verboten, und die Anbindehaltung von Schweinen seit einer EU-Richtlinie 1997 nur noch durch Ausnahmeregelungen zulässig. Für Rinder gibt es außer im Ökobereich keine entsprechende Regelung auf EU-Ebene. In der ökologischen Tierhaltung sind Anbindeställe seit Ende 2013 verboten. Ausnahmeregelungen gelten für Kleinbetriebe.

Kühe sind in der Anbindehaltung zumindest während der Stallhaltungsperiode, d. h. im Winter fixiert. Jedes Tier steht auf einem eigenen Platz/Stand längsseitig parallel zueinander und kann nicht durch den Stall laufen. An diesem Stand stehen bzw. liegen die Kühe also den ganzen Tag, werden hier gefüttert und gemolken, wozu eine Rohrmelkanlage benötigt wird.

Rinder in einem Stall mit Anbindehaltung

Die Anbindehaltung von Rindern wird in Deutschland heftig diskutiert. Der Bundesrat hat sich für ein Verbot der ganzjährigen Anbindehaltung ausgesprochen. Der Grund: Wegen der dauerhaften Fixierung sind die Tiere in ihrem Normalverhalten stark eingeschränkt. Die Anbindehaltung stellt deshalb kein tiergerechtes Haltungsverfahren dar.

Quelle: Thünen

Die Anbindehaltung von Rindern wird von der Gesellschaft kritisch gesehen, und sie stellt gemäß dem Stand der wissenschaftlichen Beurteilung kein tiergerechtes Haltungsverfahren dar, da es das Tierverhalten stark einschränkt. Als besonders problematisch gilt die ganzjährige Anbindehaltung, bei der die Tiere das gesamte Jahr über im Anbindestand stehen und keinen Zugang zur Weide oder einem Auslauf haben. In einer Studie des Thünen-Instituts sind die Positionen verschiedener Interessengruppen zusammengetragen (S. 6 ff).

Es gibt keine bundesweiten Daten zum Umfang der ganzjährigen Anbindehaltung von Rindern in Deutschland. Lediglich für das Jahr 2010 liegen Daten zu Haltungsverfahren und Weidegang vor, mit denen sich die ganzjährige Anbindehaltung abschätzen lässt. Aufgrund des Strukturwandels würde sich die Zahl der ganzjährigen Anbindehaltungen von den für das Jahr 2010 ermittelten Werten (31.500 Betriebe, 650.000 Kühe) bis zum Jahr 2027 auf 13.500 Betriebe mit rund 270.000 Milchkühen reduzieren. Diese Betriebe wären von einem Verbot betroffen. In der Struktur sind sie vergleichsweise klein, auf die Milchviehhaltung spezialisiert und verfügen oftmals über andere Einkommen neben der Landwirtschaft.

Betriebe mit ganzjähriger Anbindehaltung haben verschiedene Möglichkeiten, ihr Haltungsverfahren tiergerechter zu gestalten:

Die Umsetzbarkeit dieser Maßnahmen hängt in einem hohen Maße von den standortspezifischen Bedingungen und betrieblichen Bedingungen ab.

Dementsprechend variieren die Kosten je Kuhplatz für diese Maßnahmen. Bei einer Berechnung der Kostenänderungen in Cent/kg Milch wurden Kostenerhöhungen eines Ausstiegs aus der ganzjährigen Anbindehaltung von 0,26 bis 13,42 ct/kg Milch für die betroffenen Betriebe ermittelt. Bei einem durchschnittlichen Auszahlungspreis der Molkereien von 27,2 ct/kg Milch im Jahr 2016 und 36,6 ct/kg im Jahr 2017 kann ein Verbot der ganzjährigen Anbindehaltung für die betroffenen Betriebe somit erhebliche Auswirkungen auf die Rentabilität haben. 

Um die negativen Auswirkungen eines Verbots der ganzjährigen Anbindehaltung auf die Wirtschaftlichkeit der Betriebe zu reduzieren, können verschiedene Fördermaßnahmen eingesetzt werden. Insbesondere das Agrarinvestitionsförderungsprogramm (AFP), tierbezogene Weideprämien sowie Beratungsmaßnahmen kommen hierfür in Frage. Die öffentlichen Mittel für eine flankierende Förderung innerhalb des Übergangszeitraums von 10 Jahren wurden auf insgesamt 222 bzw. 287 Mio. Euro geschätzt Diese Ausgaben ließen sich grundsätzlich mit den im Rahmen der zweiten Säule der EU-Agrarpolitik zur Verfügung stehenden Mittel finanzieren.

Es ist zu erwarten, dass ein Verbot der ganzjährigen Anbindehaltung auch mit einer flankierenden Förderung zu einer Beschleunigung des Strukturwandels führt. Ein sozialverträgliches Verbot der ganzjährigen Anbindehaltung setzt voraus, dass eine ausreichende Übergangszeit zur Anpassung der Betriebe gewährt wird, das Verbot mit attraktiven Fördermaßnahmen flankiert wird und ggf. Härtefallregeln für auslaufende Betriebe angewendet werden. (Thünen-Studie)

Weitere Informationen:

Aneignungswirtschaft

Bodennutzungssystem einer niederen Kulturstufe, deren Mitglieder sich beispielsweise durch das Sammeln von Wildgetreide, den Fischfang und die Jagd versorg(t)en. Bei stärkerem Bevölkerungsdruck kam es im Verlauf der Agrargeschichte häufig zu primitiven Formen des Ackerbaus und der Viehhaltung.

(s. a. Ausbeutungswirtschaft)

Anerbenrecht

Vom BGB-Erbrecht abweichendes Sondererbrecht für landwirtschaftlichen Grundbesitz. Der Hof geht geschlossen auf einen Erben über, den sogenannten Anerben, meistens der Älte­ste (Majorat), seltener der Jüngste (Minorat). Es kommt also nicht wie im allgemeinen Erbrecht zu einer Teilung unter sämtlichen Hoferben (fränkische oder Realteilung). Hinter dem Anerbenrecht steht die wirtschaftliche und politische Zielsetzung, einmal die Höfe ungeteilt zu erhalten und damit deren ökonomische Leistungsfähigkeit zu stärken, und zum anderen, die dauerhafte Bewirtschaftung der Höfe in der Generationsfolge der Bauern zu sichern. Diese übergeordneten Zielvorgaben führen zu einer Bevorzugung des Anerben, während die Ansprüche der Miterben begrenzt bleiben. In der Regel erfolgt die sogenannte "Abfindung" der Geschwister durch den Anerben nicht auf der Basis des Verkaufswertes des Hofes, sondern eines erheblich geringeren Wertansatzes, um eine unangemessene Belastung und Verschuldung des Hofes zu verhindern. Indessen können solche finanziellen Lasten auch die Leistungsfähigkeit eines Betriebes beeinträchtigen, wenn die Abfindungen - wie in manchen Regionen üblich - höher und damit auch gerechter waren und sind. Die Abfindungen können in Form von Barabfindungen oder wie in neuerer Zeit als von der Erbmasse abgetrenntes Bau- oder Gartengrundstück erfolgen.
Die Geschlossenheit der Güter, auch im Hinblick auf teilweisen Verkauf, war bis zur Bauernbefreiung durch die auf ihnen ruhenden Lasten bedingt, womit jegliche Mobilität des Grundbesitzes unterbunden war. In verschiedenen Teilen Deutschlands hat sich das Anerbenrecht erhalten, es ist in Gebieten mit Realteilung in nationalsozialistischer Zeit im Rahmen der Erbhofgesetzgebung sogar wieder eingeführt worden.
Das Anerbenrecht hat eine erhebliche agrar- und sozialgeographische Bedeutung:

Nichterbende oder weichende Erben waren billige Arbeitskräfte, und die Höfe blieben durch die Erhaltung ihrer Besitzgröße auch im Rahmen der Ackernahrung. Die Beständigkeit in der Fruchtfolge und die rationelle Ausnutzung der auf eine Besitzgröße ausgerichteten Hofeinrichtung und Maschinenausstattung blieb gesichert. Heute sind diese Vorteile infolge Rückgangs der Kinderzahl, der Barauszahlung und allgemeinen Mangels an ländlichen Hilfskräften nicht mehr in jedem Falle erhalten, das Anerbenrecht hat aber durch die Erhaltung bestimmter Betriebsgrößen zur räumlichen Differenzierung der Agrarlandschaft besonders beigetragen. In sozialer Hinsicht führte die Existenz der Höfe über die Erbgänge hinweg zu einem festen Schichtaufbau der landwirtschaftlichen Bevölkerung, die Mobilität zwischen den Schichten war gering. Insgesamt bedeutete die Vorrangstellung des Hoferben eine ständige soziale Ungerechtigkeit innerhalb der jeweils nachrückenden Generation. Die nicht erbenden Geschwister blieben früher häufig als ledige und "sozial sterilisierte" Arbeitskräfte auf dem Hof, die übrigen waren gezwungen, abzuwandern. Dennoch wuchs die Bevölkerung in den ländlichen Siedlungen an, mit den Köttern, Seldnern usw., nach der Bauernbefreiung mit den Tagelöhnern, Wanderarbeitern o.ä. etablierte sich eine neue Schicht im Dorf.

Die ländlichen Unterschichten in den Anerbengebieten Mitteleuropas
(ohne Gesinde)
Die ländlichen Unterschichten in den Anerbengebieten Mitteleuropas (ohne Gesinde)

Quelle: Becker 1998 nach Grees, H.: Ländliche Unterschichten und ländliche Siedlungen Mitteleuropas, 1976, leicht verändert

Hauptverbreitungsgebiete des Anerbenrechts in Europa waren und sind: Nordische Länder, Britische Inseln, NW-Deutschland, Niederlande, (Alt-)Bayern.

(s. a. Erbrecht)

Anger

Runde, ovale, dreieckige oder rechteckige Straßenerweiterung mit regelhaft-linearer Abgrenzung zu den Hofreiten. Auf ihm können sich ein Teich, Gärten, die Kirche oder kommunale Bauten befinden. Häufig erfolgte eine spätere Bebauung mit Wohn- und Wirtschaftsgebäuden. I.d.R. besitzt der Anger zwei Zugänge, die in ihrer Anordnung zueinander korrespondieren.

Angerdorf

Planmäßig angelegtes, (mittel-)großes Platzdorf, dessen Gehöfte in lockerem bis mäßig dichtem, selten dichtem Abstand den gemeinschaftlich genutzten Anger umschließen. Charakteristisch für ihre Gestalt ist die längsgestreckte, meist lanzett-förmige Freifläche, z.T. mit Teich (Anger), der die Längsachse für die Doppelreihe der Gehöfte bildet.

Angerdörfer sind typisch für Ortsanlagen im Rahmen der deutschen Ostkolonisation. Die englische Entsprechung ist das green village.

Vielfach wird der Begriff Angerdorf verwendet für alle Formen von Platzdörfern, die nicht nur in allen Teilen Europas auftreten, sondern auch in anderen Räumen der Erde z.B. in Indonesien, Melanesien und Polynesien.

Animal feeding operation (AFO)

Bezeichnung für große, nicht-aquatische Mastbetriebe in den USA. Die Definition für den Begriff wurde von der amerikanischen Environmental Protection Agency (EPA) geprägt und in bundesstaatlichen Richtlinien (Code of Federal Regulations, CFR, Federal Register, V. 68 No. 1, page 7265) niedergelegt. Danach wird ein Betrieb als "Animal feeding operation" bezeichnet, wenn folgende Bedingungen erfüllt sind:

Die Definition des Begriffs wurde von der EPA als regulierende Definition entwickelt um diese bodenunabhängige, geschlossene Haltungsform von Fleischrindern, Milchkühen, Pferden, Schweinen, Schafen, Geflügel und weiteren Nutztieren von weidebasierten Haltungsformen mit dem Ziel abzugrenzen, das Clean Water Act umzusetzen. Die Einstufung als AFO betrifft alle Betriebsgrößen und ist der erste Schritt bei der Einstufung eines Betriebs als Concentrated Animal Feeding Operation (CAFO), eine Bezeichnung für Intensivmastbetriebe. CAFOs müssen bestimmte wasserrechtliche Genehmigungen nach dem National Pollutant Discharge Elimination System (NPDES) einholen, unabhängig von ihrer Größe. Das NPDES regelt den Schadstoffeintrag von Punktquellen wie den CAFOs in US-Gewässer.

In AFOs konzentrieren sich auf relativ kleinem Raum eine große Zahl an Nutztieren, Futtermittel, Dung und Urin, tote Tiere und die für Mastbetriebe typischen Arbeitsabläufe. Futter wird zugeliefert, die Tiere nehmen es nicht auf Weideland zu sich.

2017 gab es ca. 450.000 AFOs in den Vereinigten Staaten. (USDA)

Weitere Informationen:

Anökumene

Die nicht dauerhaft bewohnbaren und vegetationsfreien Teile der festen Erdoberfläche (Gipfelregionen der Hochgebirge, Kälte- und Trockenwüsten). Dazu gehören etwas mehr als 10 Prozent der Landoberfläche der Erde.

(s. a. Ökumene)

Anspänner

Vollerwerbslandwirt; eine regionale und historische Variante des Begriffs Hofbauer.

Anthropogene Böden

Auch Kultosole oder Kulturböden; Klasse von terrestrischen Böden, deren Merkmale entscheidend durch menschliche Tätigkeit geprägt sind, z.B. durch Ackerbau, Waldbau, Gartenbau, Freizeitgestaltung. Sie umfassen fünf Bodentypen: Kolluvisol, Plaggenesch, Hortisol, Rigosol und Tiefumbruchboden (Treposol). Böden, deren Profile durch die übliche land- und forstwirtschaftliche Nutzung umgeformt werden, zählen nicht zu dieser Klasse.

Antibiotika

Von Organismen gebildete niedermolekulare Stoffe, die bei anderen Organismen das Zellwachstum und die Zellvermehrung blockieren, indem biochemische Prozesse gestört werden.

Antibiotika werden nicht nur in der Humanmedizin sondern auch In der Nutztierhaltung zur Behandlung von bakteriellen Erkrankungen verwendet. Allerdings haben Antibiotika in der Viehhaltung auch als Futtermittelzusatzstoffe mit wachstumsfördernder Wirkung Bedeutung erlangt, da sie Infektionen der Masttiere bekämpfen bzw. nicht erst aufkommen lassen und damit auch eine Leistungssteigerung bewirken, eine vor allem in China noch immer geübte Praxis. Der in 34 Ländern erlaubte Einsatz von Antibiotika als Wachstumsbeschleuniger ist EU-weit und damit auch in Deutschland seit 2006 verboten, nachdem sie bereits 1995 in Dänemark, seit 1997 in Vorarlberg und 1999 in der Schweiz aufgrund einzelstaatlicher Selbstbeschränkungen nicht mehr eingesetzt werden dürfen.

Prophylaktische Therapie ist verboten, erlaubt ist dagegen die Metaphylaxe. Um die ganze Tiergruppe zu behandeln, müssen wenigstens einzelne Individuen Krankheitssymptome aufweisen.

Anders als im Humanbereich, wo Medikamente nur über Apotheken verkauft werden dürfen, dürfen Veterinärmediziner*innen Arzneimittel direkt beim Hersteller beziehen und an die Halter der zu behandelten Tiere direkt weiterverkaufen. Für viele Tierärzte ist dies eine zusätzliche, wichtige Einnahmequelle.

Ein großer Teil der Wirkstoffe (circa 60 bis 80 Prozent) wird von den Tieren unverändert wieder ausgeschieden. Diese Arzneimittelwirkstoffe können mit der Ausbringung von Wirtschaftsdüngern oder bei der Weidehaltung auf die landwirtschaftlichen Flächen gelangen.

Mengen

Weltweit werden jährlich derzeit (2017) 131.000 Tonnen Antibiotika bei Tieren eingesetzt, die als Speisen auf den Tisch kommen – etwa doppelt so viel wie bei den Menschen selbst. Diese Menge wird sich bei fortschreitendem Trend bis zum Jahr 2030 weltweit um 53 Prozent erhöhen. Rund zwei Drittel der global steigenden Mengen an Antibiotika gehen auf das schiere Wachstum der Fleisch- und Milchproduktion und rund ein Drittel auf die zunehmende Industrialisierung der Haltungssysteme zurück.

Von 2011 bis 2016 hat sich in Deutschland die jährliche Abgabemenge von Antibiotika an Tierärztinnen und Tierärzte mehr als halbiert. Wurden 2011 noch 1.706 Tonnen an Veterinäre abgegeben, waren es 2016 nur noch 742 Tonnen. Allerdings ist die Menge der abgegebenen Antibiotika aus der Wirkstoffklasse der Fluorchinolone im selben Zeitraum um 13 Prozent gestiegen. Diese Antibiotikaklasse ist für die Therapie beim Menschen von besonderer Bedeutung.

Gesetzliche Regelungen

Im April 2014 trat mit der 16. Novellierung des Arzneimittelgesetzes auch das Antibiotikaminimierungskonzept in Kraft. Betriebe ab einer gewissen Größe, die Rinder, Schweine, Hühner oder Puten mästen, müssen halbjährlich ihren Antibiotikaverbrauch an die zuständige Länderbehörde melden. Die Daten werden in einer Datenbank gesammelt. In halbjährlichem Rhythmus werden die entsprechenden bundesweiten Kennzahlen veröffentlicht, die mit den betriebsindividuellen Zahlen verglichen werden. Gehören die Tierhalterin oder der Tierhalter zu den 25 Prozent der Betriebe, die am meisten Antibiotika verbrauchen, müssen sie mit der Hoftierärztin oder dem Hoftierarzt einen schriftlichen Reduktionsplan erstellen.

Die deutsche Verordnung über tierärztliche Hausapotheken wurde neu gefasst (28.02.2018), sie enthält unter anderem folgende Regelungen:

Die Überwachung der Einhaltung der einschlägigen Vorschriften ist grundsätzlich Aufgabe der Länderbehörden. Die Bundesländer sind dafür zuständig, Tierarztpraxen und Tierhaltungsbetriebe risikoorientiert zu kontrollieren.

Folgen

Ein unsachgemäßer bzw. ständiger Einsatz kann zur Bildung von resistenten Bakterienstämmen führen, die z. B. beim Verzehr von Rohfleischprodukten auf Menschen übertragen werden können. Bei einer eventuell nötigen Antibiotika-Behandlung eines Menschen bleibt das eingesetzte Mittel dann möglicherweise ohne Wirkung. Mehrfach resistente Magen-Darm-Bakterien haben z.B. in Nordeuropa wie auch in Deutschland beträchtlich zugenommen. Diese Entwicklung verläuft parallel zum Einsatz von Antibiotika in der Tiermast.

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat an Landwirte und die Lebensmittelindustrie appelliert, keine Antibiotika an gesunde Tiere zu verabreichen. Am 7. November legte die WHO neue Richtlinien vor, die auf die Bewahrung der Wirksamkeit von für die Humanmedizin wichtigen Antibiotika abzielen. Der in vielen Ländern immer noch praktizierte Einsatz von Antibiotika in der Landwirtschaft zur Wachstumsförderung oder Krankheitsprävention trage zur wachsenden Bedrohung durch antibiotikaresistente Keime bei.

Im deutschen Obstbau kommt seit 1994 zur Bekämpfung des Feuerbranderregers das Antibiotikum Streptomycin zum Einsatz, welches in der Medizin zur Behandlung von Tuberkulose verwendet wird, und das für rasche Mutations- und Resistenzbildung bekannt ist. Das Mittel wurde zudem im Honig nachgewiesen.

Ökologische vs. konventionelle Landwirtschaft

In den Jahren 2014 und 2016 wurde die Resistenz von Zoonoseerregern und kommensalen Keimen aus konventionellen und ökologisch wirtschaftenden Milchviehbetrieben (Proben von Tankmilch, 2014) und Masthähnchenbetrieben (Kotproben, 2016) verglichen. In beiden Jahren zeigte sich, dass die Resistenzraten in E. coli aus den ökologisch wirtschaftenden Herden deutlich niedriger waren als in den konventionellen Beständen. Allerdings bestanden auch zwischen den Produktionsbereichen erhebliche Unterschiede. E. coli aus Tankmilchproben wiesen signifikant geringere Resistenzraten auf als E. coli aus Masthähnchenherden. (BMEL)

Was sind Reserveantibiotika?

Die meisten heute eingesetzten Antibiotika wurden in den 1980- und 1990er Jahren zugelassen. Es werden aber auch neue antibiotische Wirkstoffe entwickelt, gegen die Bakterien noch nicht resistent sind. Diese neueren Antibiotika werden gerne bei Infektionen eingesetzt, die von resistenten Bakterien verursacht werden. Sie werden deshalb auch Reserveantibiotika genannt. Um Resistenzen zu vermeiden, sollen sie bei der normalen Therapie von Infektionskrankheiten nicht genutzt werden. Zurzeit wird an einer Liste von Reserveantibiotika gearbeitet, die nur für den Menschen und nicht für Tiere vorgesehen sind.

Weitere Informationen:

Antibiotikaresistenz

Von einer Antibiotikaresistenz spricht man, wenn Bakterien eine Unempfindlichkeit gegenüber Antibiotika entwickelt haben. Sie werden dann von den Medikamenten nicht mehr abgetötet. Bakterien haben vielfältige Mechanismen entwickelt, um unempfindlich (resistent) gegenüber Antibiotika zu werden. Infektionen durch resistente Bakterien sind schwieriger zu therapieren, siekönnen dadurch länger dauern und schwerer verlaufen.

Antibiotika werden zur Bekämpfung bakterieller Infektionen auch in der Nutztierhaltung eingesetzt. Die Erreger solcher Infektionen können auf unterschiedlichen Wegen in einen Tierbestand gelangen. Durch das enge Zusammenleben vieler Tiere können sich eingetragene Infektionserreger im Bestand rasch ausbreiten und zu erheblichen Verlusten führen. Tierärzte setzen Antibiotika bei landwirtschaftlichen Nutztieren ein, um die Tiere von solchen Infektionen zu heilen und vor den Folgen der Infektion (Krankheit, Leiden, Tod) zu schützen. Bei Tieren in Gruppenhaltung werden häufig alle Tiere behandelt, um eine Ausbreitung der Infektion von kranken Tieren hin zu noch gesunden Tieren in der Gruppe zu verhindern.

Antibiotika sind das wichtigste Instrument zur Behandlung von bakteriellen Infektionskrankheiten. Jedoch nehmen auch in Deutschland die Fälle von Antibiotika-Resistenzen zu. Dadurch können Medikamente bei erkrankten Menschen oder erkrankten Tieren ihre Wirkung verlieren.

Antioxidantien

Antioxidantien sind organische Verbindungen, die unerwünschte Oxidationsprozesse (z.B. Ranzigwerden, Verharzen) hemmen oder verhindern. Antioxidantien werden in Futtermitteln eingesetzt.

Anwand

An der Schmalseite einer Ackerparzelle quer bearbeiteter Streifen, wenn sich mit Schlepper oder Zugtieren das angrenzende Gelände zum Wenden nicht befahren bzw. betreten läßt.

(s. a. Ackerberg)

Apfel

Frucht des Apfelbaums; Apfelbäume gehören zur Gattung der Kernobstgewächse (Pyrinae) aus der Familie der Rosengewächse (Rosaceae).

Die Gattung umfasst etwa 42 bis 55 Arten laubwerfender Bäume und Sträucher aus Wäldern und Dickichten der nördlichen gemäßigten Zone in Europa, Asien und Nordamerika, aus denen auch eine große Anzahl an oft schwer unterscheidbaren Hybriden hervorgegangen ist. Nach Schätzungen soll es heute weltweit 20- 30.000 Apfelsorten geben.

Merkmale

Der traditionelle Kulturapfel ist ein sommergrüner Baum, der im Freistand eine etwa 8 bis 15 Meter hohe, weit ausladende Baumkrone ausbildet. Er wird bis zu hundert Jahre alt.

Tatsächlich ist diese Wuchsform selten zu beobachten, da die einzelnen Sorten in Verbindung mit ihren Unterlagen eine davon oft stark abweichende Wuchshöhe zeigen (als Extremfälle der Hochstamm und der Spindelbusch), die darüber hinaus durch den Schnitt nicht zur Ausprägung kommt.

Die wechselständig angeordneten Laubblätter sind oval, rund bis eiförmig oder elliptisch, meist gesägt, selten ganzrandig und manchmal gelappt.

Die Apfelfrucht stellt botanisch eine Sonderform der so genannten Sammelbalgfrucht dar. Der Apfel ist eine Scheinfrucht, denn das Fruchtfleisch wird aus dem Blütenboden gebildet. In diese ist die eigentliche Frucht, das Kerngehäuse mit den Apfelkernen, eingebettet.

Der Apfel ist selbststeril und vermehrt sich somit nur über Fremdbefruchtung, wobei die Blüten über Insekten (Bienen) bestäubt werden. Im Anbau von Kulturarten werden die verschiedenen Sorten über Klonen und Pfropfen vermehrt.

Abgesehen von der Quitte blüht der Apfelbaum als letzter der mitteleuropäischen Obstbäume.

Das Aroma eines Apfels wird stark geprägt durch das Verhältnis von Zucker zu Säure. Aber auch die Verträglichkeit und Eignung für bestimmte Zwecke hängen vom Gehalt an diesen Inhaltsstoffen ab. Zu den säurereichsten Sorten zählt 'Boskoop' (11 %), am anderen Ende der Skala stehen 'Gala' und 'Delbarestivale' (4 %).

Viele Apfelsorten bilden übrigens natürlicherweise eine Wachsschicht, die je nach Sorte unterschiedlich stark ausfällt. Beispielsweise bilden Granny Smith und Jonagold eine dicke Wachsschicht, die sich fettig anfühlt. Sie schützt vor dem Austrocknen und erhöht die Haltbarkeit. In Deutschland ist das künstliche Wachsen von Äpfeln nicht erlaubt, in anderen europäischen Staaten allerdings schon. Dies muss dann mit dem Hinweis "gewachst" gekennzeichnet werden. Da zum Wachsen vor allem natürliche Wachse wie Bienenwachs zum Einsatz kommen, können gewachste Äpfel auch mit Schale gegessen werden.

Ansprüche

Die Kultur gelingt am besten in mäßig nährstoffreichem, feuchtem, aber wasserdurchlässigem, d.h. gut durchlüftetem Boden. Der optimale pH-Wert liegt bei 5,5 bis 6,5. Apfelbäume bevorzugen sonnige, warme Lagen, vorzugsweise luftig. Äpfel sind frosthart. Die Keimlinge (aus den Kernen = Samen) eines Apfels sind nie sortenrein. Für die Erhaltung und Zucht von Apfelsorten eignen sich daher nur die unterschiedlichen Techniken der vegetativen Vermehrung.

Herkunft

Eine Wildart, die als Ausgangsform für die Kulturart Malus domestica gilt, ist der hauptsächlich in Europa verbreitete Holzapfel (Malus sylvestris). Als eine weitere gilt die im asiatischen Raum vorkommende Wildart Malus sieversii. Der Holzapfel ist von Mitteleuropa bis Asien verbreitet. Sein Ursprungsgebiet ist vermutlich Asien. Noch heute kommt der Wildapfel an den Gebirgshängen oberhalb von Alma Ata – der "Stadt des Apfels" – in Kasachstan vor. Genetisch betrachtet ist der heutige Kulturapfel jedoch ein Hybridkomplex, da mehrere Arten an der Entstehung beteiligt waren.

Die Kultivierung des Garten-Apfelbaums wird nachweislich seit dem Neolithikum (Jungsteinzeit) betrieben. Über das antike Griechenland kam der Apfel zu den Römern, durch sie kam er etwa im Jahre 100 v. Chr. nach Frankreich und Deutschland. Ab diesem Zeitpunkt gewann der Anbau an Bedeutung. Die intensivste Züchtungstätigkeit fand im 19. Jahrhundert statt.

Bedeutung

Äpfel werden sowohl als Nahrungsmittel im Obstbau als auch zur Zierde angepflanzt. Außerdem wird ihnen eine Wirkung als Heilmittel zugeschrieben. Als die Frucht schlechthin symbolisieren Apfel und Apfelbaum die Themenbereiche Sexualität, Fruchtbarkeit und Leben, Erkenntnis und Entscheidung sowie Reichtum.

Der Apfel ist das bedeutendste Fruchtobst der gemäßigten Breiten. Durch Domestikation und Kreuzung zahlreicher Arten der gemäßigten und subtropischen Breiten sind die heutigen Sorten entstanden. Die weltweit mit Abstand bekannteste und wirtschaftlich sehr bedeutende Art ist der Kulturapfel oder Gartenapfel (Malus domestica). Genetischen Anteil am Gartenapfel (Malus domestica) haben unter anderem verschiedene Unterarten von Holz-Apfelbaum oder Wald-Apfelbaum (Malus sylvestris, Europa und Westasien), Splitt-Apfelbaum oder Doucin-Apfelbaum (Malus mitis), Johannis-Apfelbaum oder Paradies-Apfelbaum (Malus pumila, Europa und Ostasien), vom Pflaumenblättrigen Apfelbaum (Malus prunifolia) und Korallen-Apfelbaum (Malus floribunda, Japan).

Im späten Mittelalter erließen Adel und Stadtväter Gesetze zur Förderung und zum Schutz der Obstbäume. Bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts vergrößerte sich das Sortiment enorm, insbesondere durch zahlreiche Findlinge und Zufallssämlinge. Die Sortenzahl stieg sprunghaft an. In Deutschland waren bereits Mitte des 19. Jahrhunderts etwa 2.000 Apfelsorten bekannt. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts lieferte der Deutsche Pomologenverein Sortenempfehlungen für den beginnenden Erwerbsobstbau und empfahl die Vernichtung "unwerter Sorten". Damit schränkte sich die Sortenvielfalt langsam wieder ein. Insbesondere nach dem 2. Weltkrieg stand die rationelle Produktion von Tafelobst im Vordergrund. Die Folge war, dass sich das Spektrum der Obstarten weiter reduzierte, nur leistungsstarke Sorten konnten wirtschaftlich bestehen. Ab 1950 wurden sogar Abholzungsprämien für Obstbäume gezahlt, woraufhin der Bestand an Streuobstwiesen deutlich zurückging und sich die Sortenauswahl auf wenige Standardsorten einschränkte. Heute sind nur gut sechzig Sorten im Handel.

Apfel-Anbau in Niederstammform

Apfel- und Birnbäume in heutigen Obstplantagen sind in der Regel nicht höher als 3 Meter und sehr schmal. Doch das war nicht immer so: Bis in die 50er Jahre des letzten Jahrhunderts fand man im erwerbsmäßigen Obstanbau noch großkronige und hochstämmige Apfelbäume. Unter den weit ausladenden Kronen wurde damals Ackerbau und Viehhaltung betrieben. Seit den 1950er Jahren erkannte man jedoch, dass diese Anbauform wegen des hohen Arbeitsaufwands für Ernte und Pflege immer unwirtschaftlicher wurde. Dank intensiver Züchtungsarbeit wurden von da ab die Apfelbäume immer kleiner, kompakter und ertragreicher. Auf einer Fläche, auf der in den 1950er Jahren noch ein Baum stand, stehen heute etwa 10 bis 20.

Im heutigen Erwerbsapfelanbau findet man meist nur noch so genannte Niederstammformen – auch Büsche oder Buschbäume genannt –, bei denen die "Baumkrone" (Kronentragende Äste) schon in einer Höhe von etwa 40 bis 60 Zentimetern beginnt. Das heutige Bild von Kernobstplantagen ist also durch schmale, heckenartige Fruchtwände geprägt. Kleine rundkronige Niederstammbäume – auch Superspindel oder Schlanke Spindel genannt – stehen so dicht nebeneinander, dass sie schon nach wenigen Jahren eine lockere Hecke bilden. Das Baumgerüst besteht dabei nur noch aus dem Stamm. Die Seitenachsen sind Fruchtriebe oder Fruchtäste, sodass die Früchte sehr nah am Stamm wachsen. Die Wuchshöhe der Bäume wird begrenzt, damit alle Früchte ohne Leiter von Hand erreicht werden können.

Um die Wuchshöhe von Apfel- und Birnbäumen einzuschränken, werden sogenannte Edelsorten mit schwach wachsende Unterlagen „verbunden“, das heißt diese Verwachsen miteinander. Der Fachmann spricht von Veredelung. Die Unterlage bildet dabei den Wurzelteil. Aus dem darauf veredelten Zweig- oder Knospenstück der Edelsorte wächst die Baumkrone mit den Blättern, Blüten und Früchten. Die veredelten Jungbäume erhöhen zwar die Kosten für die Neuanlage einer Apfelplantage, die Arbeitskosten für Ernte und Pflege werden durch diese Baumform jedoch enorm reduziert, da alle Früchte ohne Leiter von Hand erreicht werden können.

Quelle: BZL

Wirtschaftliche Bedeutung

Weltweit wird die Zahl der Apfelsorten auf 20-30.000 geschätzt. In Deutschland wachsen viele hundert verschiedene Apfelsorten, aber nur knapp 70 davon werden überhaupt für den Erwerbsbau genutzt, von denen wiederum nur etwa 30 Sorten eine Marktbedeutung haben. Der Einzelhandel bietet durchschnittlich 4-5 Apfelsorten an. Die beliebtesten Sorten in Deutschland sind 'Elstar', 'Braeburn', die 'Gala'-Gruppe und die 'Jonagold'-Gruppe. Obst-Großhändler führen in der Regel 8-10 Sorten. In Deutschland ist der Apfel die wichtigste Baumobstart. Mehr als 24 Kilogramm isst hierzulande jeder davon.

Von den 2022 in Deutschland geernteten Äpfeln wurden mehr als 71 Prozent als Tafeläpfel verkauft, weitere 26 Prozent wurden als Verwertungs- oder Industrieobst - etwa zur Produktion von Fruchtsaft - verwendet.

Der Apfel ist der Deutschen liebtes Obst. Mehr als 24 Kilogramm isst hierzulande jeder davon. Die Hauptanbaugebiete der heimischen Erzeugung sind: Bodenseeregion, Altes Land, Borthen, Rheinland, Werder.

Räumlich konzentrierte sich der Baumobstanbau auf wenige Regionen in Baden-Württemberg, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz und Sachsen. Die Anbaufläche von Äpfeln lag bei rund 32.000 ha, dies sind über zwei Drittel der Baumobstanbaufläche (70 %). Rund 87 % der Äpfel zählen zu den Tafelobstsorten und 13 % zu den Wirtschaftsobstsorten.

Die Hauptapfelsorte im deutschen Anbau ist 'Elstar' mit 24,1 Prozent der Tafelapfelanbaufläche (Stand 2022). Dahinter kommen mit Abstand die Sorten 'Gala' (9,6 %), 'Braeburn' (9,3 %), 'Jonagold' (5,8 %) und 'Jonagored' (4,2 %).

Regionale Erzeugerbetriebe bieten auch sogenannte Lokalsorten an wie den 'Brettacher' aus Baden-Württemberg. Außerdem existieren zahlreiche Neuzüchtungen, und auch alte historische Apfelsorten wie der 'Finkenwerder Herbstprinz' werden in geringem Umfang wieder gewerblich angebaut.

Die ehemals große Sortenvielfalt hat sich im heutigen Intensivanbau weiter stark reduziert. Jeder Gartenbesitzer und Verbraucher kann zum Erhalt der Sortenvielfalt beitragen – unter anderem durch das Anpflanzen alter, an die Standortverhältnissse angepasster Apfelsorten im eigenen Garten, durch die Pflege von Streuobstwiesen oder den Kauf von regionalen und seltenen Sorten. .

Äpfel stehen an vierter Stelle der weltweiten Produktionsrangliste für Obstsorten – nach Zitrusfrüchten, Bananen und Trauben. Im Jahr 2018 wurden laut FAO weltweit etwa 86,1 Millionen t Äpfel geerntet. Die 20 größten Produzenten ernteten zusammen 73,5 % der Welternte. Das wichtigste Erzeugerland für Äpfel ist China mit 39.233.400 (2018), gefolgt von den USA mit 4.652.500 t.

Die größten europäischen Produzenten waren Polen (3.999.523 t), Italien (2.414.921 t) und Russland (1.859.400 t). Zum Vergleich: In Deutschland wurden im selben Jahr 1.198.517 t, in Österreich 387.954 t und in der Schweiz 222.431 t geerntet.

Die Deutschen sind die größten Apfelesser in Europa: In keinem anderen EU-Land werden so viele Äpfel verzehrt. Dabei produziert Deutschland nur etwa die Hälfte seiner Äpfel selbst, der Rest wird importiert.

Anbaufläche und Erntemenge von Äpfeln in Deutschland
Anbaufläche und Erntemenge von Äpfeln in Deutschland

Quelle: BZL 2017

Die EU-Vermarktungsnorm ordnet Früchte nach Qualität, Form und Größe in folgende drei Klassen ein: Klasse Extra, Klasse I und Klasse II. Ferner schreiben die EU-Vermarktungsnormen auch eine bestimmte Kennzeichnung von Äpfeln vor. (siehe BZfE)

Je nach Vermarktungsform und Verwendungszweck werden unterschiedliche Sorten angebaut. Beim Verkauf ab Hof und auf Wochenmärkten sind vorwiegend aromatische, handliche Früchte gefragt. Der Großhandel legt mehr Wert auf Transportfestigkeit und leichtes Handhaben im Verkauf, deshalb sind hier nur wenige Sorten gefragt und nicht immer steht bei der Auswahl der Geschmack im Vordergrund.

Tafeläpfel werden heute immer noch von Hand geerntet. Für die industrielle Verarbeitung können jedoch auch Rüttler mit Auffangschirmen eingesetzt werden.

Je nach Sorte und Reifegrad werden die Äpfel nach der Ernte direkt verkauft oder eingelagert im CA-Lager ("Controlled Atmosphere") oder ULO-Lager ("Ultra Low Oxygen"). In diesen gasdichten Kühllagern werden neben Temperatur und Luftfeuchte auch der Sauerstoff- und Kohlendioxid-Gehalt auf einem konstanten Wert und in einem bestimmten Verhältnis zueinander gehalten. Im ULO-Lager ist der Sauerstoffgehalt sogar so niedrig, dass die biologische Reifeaktivität gerade noch aufrecht gehalten wird und die Reifung der Früchte extrem verlangsamt ist.

Nutzung

Bereits die Kelten und Germanen verarbeiteten die wohl kleinen und harten Früchte des einheimischen Apfels. Sie verkochten das Obst zu Mus und gewannen Most daraus. Den Saft vergor man zusammen mit Honig zu Met.

Der Nektar des Apfels ist mit 9 bis 87 Prozent Zuckergehalt und einem Zuckerwert von bis zu 1,37 mg Zucker je Blüte pro Tag für die Bienen eine wichtige Tracht bei der Honigerzeugung. Der Kulturapfel hat im Obstbau überragende Bedeutung. Das liegt daran, dass er von allen heimischen Obstarten am vielfältigsten verwendbar ist. Es gibt vom Apfel daher die weitaus meisten Zuchtformen; er gilt in unseren Breiten als das „Obst“ schlechthin. Als Tafelobst ist der Apfel die Hauptobstart für den Frischgenuss. Seltener sind sogenante Zieräpfel.

Die nicht als Tafelobst verwendeten Äpfel werden zu verschiedenen Produkten verarbeitet:

Lagerung und Klimabilanz von Äpfeln

Je nach Sorte und Reifegrad werden die Äpfel nach der Ernte direkt verkauft oder in gasdichten Kühllagern eingelagert. Die Kombination aus niedrigen Temperaturen (0-4 Grad Celsius), niedrigem Sauerstoffgehalt, hohem Kohlendioxidgehalt und konstant hoher Luftfeuchtigkeit verlangsamt den natürlichen Alterungsprozess und hält die Äpfel für Monate frisch.

In den Monaten September bis März wird das Angebot an deutschen Äpfeln vor allem aus Italien, den Niederlanden, Frankreich, Polen, Belgien, Österreich, Spanien und Tschechien ergänzt. Im Frühjahr und in den Sommermonaten liefern Chile, Neuseeland, Südafrika und Argentinien Ware. Doch Importe aus Übersee benötigen viel Energie für den Transport hierher. Deutsche Äpfel hingegen werden im Kühllager aufbewahrt. Auch das ist energieaufwändig.

Wie eine Studie des Instituts für Energie- und Umweltforschung Heidelberg (ifeu) aus dem Jahr 2020 zeigen konnte, haben deutsche Äpfel, die im Herbst geerntet, aber erst im April verkauft werden trotzdem gegenüber solchen aus Neuseeland die Nase vorn: Sie erzeugen laut ifeu nur halb so viel CO2 wie die importierten Äpfel.

Entscheidend für die Klimabilanz beim Apfelkauf ist aber nicht nur der Weg des Apfels in den Laden, sondern auch der des Käufers oder der Käuferin. Denn wer mit dem Auto zum Supermarkt fährt, verursacht schon auf kurzen Strecken schnell eine größere Menge CO2 als das dort gekaufte Kilo Importäpfel. (BLE 2023)

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Apfelanbau

Apfelanbau in Deutschland

Räumlich konzentriert sich der Baumobstanbau auf wenige Regionen in Baden-Württemberg, Niedersachsen, Sachsen und Nordrhein-Westfalen. Die Anbaufläche von Äpfeln liegt bei rund 34.000 Hektar, dies sind 69 Prozent der Baumobstanbaufläche. Die Hauptapfelsorten im deutschen Anbau sind 'Elstar' mit 17,5 Prozent und die Jonagoldgruppe (wichtigste 'Jonagold') mit 11,4 Prozent der Apfelanbaufläche. Die Sorten 'Braeburn' (6,8 Prozent), 'Gala' (5,6 Prozent), Boskoop (2,8 Prozent), Pinova (2,0 Prozent) sowie 'Idared', 'Golden Delicious' und 'Holsteiner Cox' mit jeweils gut 1 Prozent  der Anbaufläche folgen auf den weiteren Plätzen.

Erscheinungsbild

Der erwerbsmäßige Obstanbau hat sich seit den 1970er Jahren stark verändert. Prägten bis dahin großkronige, hochstämmige und damit arbeitsintensive Apfelbäume die Anlagen, findet der Anbau heute ausschließlich auf kleinkronigen Spindeln statt, ob konventionell oder ökologisch. Auf derselben Fläche stehen dadurch heute 10- bis 20-mal so viele Bäume. Ihre Wuchshöhe ist so eingeschränkt, dass alle Früchte ohne Leiter von Hand erreicht werden können.

Wer sich gegen internationale Anbieter behaupten möchte, muss hohe Qualität zu günstigen Preisen anbieten. Aus diesem Grund gibt es im Erwerbsanbau praktisch nur noch Niederstammkulturen, in denen viele Pflegearbeiten maschinell erfolgen können.

Auch der Pflanzenschutz ist in den maximal 2,5 bis 3 Meter hohen Apfelanlagen einfacher geworden: Spritzmittel können dort, wo sie sortenabhängig unentbehrlich sind, sehr gezielt eingesetzt werden.

Niederstämme werden in schmalen, heckenartigen Fruchtwänden gezogen. Kleine rundkronige Bäume stehen so dicht in der Reihe, dass sie nach wenigen Jahren eine lockere Wand bilden (Superspindel, Schlanke Spindel ). Das Baumgerüst besteht nur noch aus dem Stamm. Alle Seitenachsen sind Fruchtriebe oder Fruchtäste, sodass die Früchte sehr nah am Stamm wachsen. Typisch für die modernen Dichtpflanzungen ist nicht allein die größere Zahl von Bäumen je Hektar. Wesentlicher ist, dass damit eine höhere Intensitätsstufe der Obstproduktion erreicht wird. Schon nach kurzer Standzeit werden hohe und regelmäßige Erträge in bester Fruchtqualität erzeugt, die Arbeitsproduktivität steigt und die Kosten je Dezitonne Obst sinken.

Bei großflächigem Einsatz von Hagelschutznetzen kann das Landschaftsbild nachteilig verändert werden. Einen negativen Einfluss auf das Landschaftsbild haben insbesondere rote bzw. weiße Netzfarben. Seit Jahren dominieren allerdings in der Praxis die schwarzen Netze. Schwarze Netze integrieren sich gut in das Landschaftsbild, das Grün der Kulturen schimmert leicht durch, sie fallen weit weniger auf als andersfarbige Netze.

Der weit überwiegende Teil der Besucher und Gäste z. B. am Bodensee akzeptiert den Hagelschutz durch Hagelschutznetze als notwendige Maßnahme zum Schutz der Obstkulturen und sieht den Erholungswert nicht beeinträchtigt. Auch in anderen vom Tourismus geprägten Regionen, z. B. in Südtirol und in vielen französischen Obstbauregionen, werden die Obstanlagen nahezu flächendeckend mit Hagelschutznetzen überbaut, ohne erkennbaren negativen Einfluss auf den Tourismus und die Erholungsfunktionen.

Anbaumethoden

Beim Apfelanbau werden im Wesentlichen drei Anbaumethoden unterschieden: die konventionelle, die integrierte/kontrolliert-integrierte und die ökologische Bewirtschaftung. Darüber hinaus werden viele Äpfel auf Streuobstwiesen und städtischen Flächen angebaut.

Beim konventionellen Anbau handelt es sich in der Regel um Apfelpflanzungen. Diese werden häufig als Niederstammanlagen bezeichnet, da die Bäume meist nicht höher als drei Meter werden. Die Äste, an denen die Früchte wachsen, gehen direkt vom Stamm aus. Die Bäume sind zwar in der Anschaffung kostenintensiv, vereinfachen jedoch die Pflege und die Ernte. Die Baumdichte pro Fläche ist vergleichsweise hoch, die Variation an unterschiedlichen Obstsorten pro Anlage eher gering.

In zumeist monokulturell geprägten Anlagen werden den Böden einseitig Nährstoffe entzogen, was eine Düngung erforderlich macht. Monokulturen sind überdies anfälliger für Schädlingsbefall als Mischkulturen und werden deshalb meist mit Pflanzenschutzmitteln behandelt. Auch ist der konventionelle Anbau in Deutschland durch eine relativ starke Mechanisierung gekennzeichnet (z. B. Baumschnitt, Bodenpflege, Düngung, Pflanzenschutz).

Der integrierte Pflanzenbau (IP) verbindet die ökonomischen Aspekte des konventionellen Anbaus mit den Elementen des ökologischen Landbaus. Im Rahmen des integrierten Anbaus wird ein verminderter Einsatz von Pflanzenschutz- und Düngemitteln angestrebt. Ziel ist es, den Ressourceneinsatz zu minimieren und zugleich dazu beizutragen, die Gefahren, die von Rückständen der eingesetzten Mittel ausgehen, zu reduzieren. Der Anbau gentechnisch veränderter Sorten ist verboten.

Der kontrolliert-integrierte Anbau ist eine erweiterte Variante des Integrierten Pflanzenbaus. Charakteristisch für diese Anbaumethode ist eine intensivere Überwachung der Apfelerzeugung, um die Risiken und Auswirkungen auf Mensch und Umwelt weiter zu minimieren. Im Fokus steht eine signifikante Reduktion des Einsatzes chemisch-synthetischer Pflanzenschutzmittel im Gegensatz zum konventionellen Anbau. Ein generelles Verbot solcher Mittel liegt nicht vor.

Der ökologische Landbau setzt auf eine umweltschonende Produktion. Bio-Äpfel werden zum Teil auf Streuobstwiesen und auf älteren Apfelplantagen mit Hochstämmen erzeugt. Heute erfolgt die ökologische Apfelerzeugung insbesondere im Rahmen von monokulturell geprägten Niederstammanlagen, die mit bis zu 2.000 Bäumen pro Hektar bepflanzt sind. Ältere und robustere Apfelsorten sollen bevorzugt verwendet werden, weil sie weniger anfällig sind. Auf chemisch-synthetische Pflanzenschutzmittel und mineralische Dünger wird weitgehend verzichtet und mehr auf natürliche Mittel (z. B. Einsatz von Nützlingen) sowie mechanische Maßnahmen (z. B. Hacken zur Freihaltung des Baumstreifens) gesetzt. Die Mittel, die zur Bekämpfung von Schaderregern und Schädlingen eingesetzt werden, sind limitiert. Gedüngt wird auf organischer Basis. Der Einsatz von gentechnisch veränderten Organismen ist nicht gestattet.

Die Streuobstwiese (Streuobst/Stadtobst) ist eine traditionelle Form des Obstbaus, deren Verbreitung mit der zunehmenden Durchdringung der intensiven Landwirtschaft stark zurückgegangen ist und seit geraumer Zeit wieder mehr in den Blickpunkt rückt. Auf Streuobstwiesen sind zumeist hochstämmige Obstbäume unterschiedlicher Sorten vorzufinden. Streuobstwiesen zeichnen sich durch eine geringe Baumdichte mit 60 bis 120 Bäumen pro Hektar aus. Die verwendeten Obstsorten erweisen sich gegenüber Krankheiten und Schädlingen als besonders robust. Dementsprechend kommen kaum synthetische Mittel zum Einsatz. Für die Bewirtschaftung werden seit den Neunzigerjahren Ernte- und Schüttelmaschinen verwendet. (Wuppertal Institut)

Ernte

Geerntet werden Tafeläpfel auch heute noch von Hand. Für die industrielle Verarbeitung (Industrieäpfel z. B. für die Mosterzeugung) können jedoch auch Rüttler mit Auffangschirmen eingesetzt werden. Die Äpfel sollen so sorgsam wie möglich behandelt und angefasst werden. Wichtig ist unter anderem, dass sie durch Heben und Drehen von den Trieben gelöst werden und vorsichtig aus den Pflückgefäßen in die Transportbehälter gerollt werden.

Auch die Empfindlichkeit der Früchte in Abhängigkeit vom Reifegrad und der Sorte spielt eine Rolle. Sind die Früchte zu reif, kann bereits der Fingerdruck beim Pflücken oder das Ausleeren des Pflückbehälters in die Großkiste zu Druckstellen mit Verbräunungen führen. Auch wenn die Früchte nur leicht verletzt werden, mindert dies die Qualität und die Früchte leiden beim nachfolgenden Sortieren, Verpacken und Transportieren.

Lagerung und Klimabilanz von Äpfeln

Je nach Sorte und Reifegrad werden die Äpfel nach der Ernte direkt verkauft oder in gasdichten Kühllagern eingelagert. Die Kombination aus niedrigen Temperaturen (0-4 Grad Celsius), niedrigem Sauerstoffgehalt, hohem Kohlendioxidgehalt und konstant hoher Luftfeuchtigkeit verlangsamt den natürlichen Alterungsprozess und hält die Äpfel für Monate frisch.

Etwa fünf Prozent der in Deutschland verzehrten Äpfel stammt aus Ländern der südlichen Hemisphäre. Dort reifen die Äpfel im März und April, also genau zu der Zeit, wenn europäische Lageräpfel knapp werden. Doch Importe aus Übersee benötigen viel Energie. Deutsche Äpfel hingegen werden im Kühllager aufbewahrt. Auch das ist energieaufwändig.

Ein neuseeländischer Apfel verbraucht rund 30 Prozent mehr fossile Energie als ein heimisch angebauter Apfel der gleichen Sorte. Das ergab die Berechnung einer CO2-Bilanz von Äpfeln an der Universität Bonn. Verglichen wurde die deutsche Apfelproduktion mit allen Inlandstransporten und halbjähriger Lagerung mit der Produktion in Neuseeland mit Verschiffung bis hin zur Vermarktung.

Entscheidend für die Klimabilanz beim Apfelkauf ist aber nicht nur der Weg des Apfels in den Laden, sondern auch der des Käufers oder der Käuferin. Denn wer mit dem Auto zum Supermarkt fährt, verursacht schon auf kurzen Strecken schnell eine größere Menge CO2 als das dort gekaufte Kilo Importäpfel. (BZfE)

Anbauregionen global

Die wirtschaftlich bedeutendsten Apfelanbaugebiete Europas sind die Normandie und die Poebene. Im gesamten Mittelmeerraum wird für den Export angebaut, klassische Obsterwerbsanbaugebiete in Mitteleuropa sind:

Von der Südhalbkugel – vor allem aus Neuseeland, Chile und Argentinien – werden Äpfel in großen Mengen importiert und decken großteils die Apfelnachfrage im Frühling und Sommer der Nordhalbkugel.

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Aphizide

Spezielle Insektizide gegen Blattläuse bei Kultur- und Zierpflanzen.

Aquakultur

Die Vermehrung und Aufzucht von im Wasser vorkommenden Organismen in einer kontrollierten oder besonders ausgewählten Umgebung mit dem Ziel der Herstellung von Nahrungsmitteln und Industrierohstoffen sowie der Aufstockung natürlicher Bestände. Dabei handelt es sich um Fische, Crustaceen, Mollusken und Wasserpflanzen einschließlich der Algen. Aquakultur wird weltweit in Süß-, Brack- und Meerwasser betrieben. Moderne Aquakultur ist stark industrialisiert und hat einen hohen Kapitalbedarf. Die Ursprünge der Aquakultur werden in der Teichwirtschaft gesehen, die beispielsweise bei den Römern nachgewiesen ist.

Das Statistische Bundesamt definiert Aquakultur als die kontrollierte Aufzucht von Wasserlebewesen wie Fischen, Krebstieren, Weichtieren und Algen. Traditionell ist die Aquakultur in Deutschland geprägt durch klassische Karpfenteichwirtschaften und Forellenzuchten. Dabei sind die bedeutendsten Fischarten die "Regenbogenforelle" und der "Gemeine Karpfen".

Erzeugung der bedeutendsten Fischarten in Aquakulturen in Deutschland im Jahr 2018
Erzeugung der bedeutendsten Fischarten in Aquakulturen in Deutschland im Jahr 2018

Quelle: Stat. Bundesamt / BZL

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Aquaponik

Wortkombination aus Aquakultur und Hydroponik; Verfahren, das Techniken der Aufzucht von Fischen in Aquakultur und der Kultivierung von Nutzpflanzen in Hydrokultur verbindet. Es handelt sich dabei um einen geschlossenen, der Natur nachempfundenen Wasser- und Nährstoffkreislauf, welcher in seinen Abläufen über Parameter wie Feuchtigkeit, Sauerstoff und Temperatur durch Computersteuerung automatisch überwacht wird.

Dies ermöglicht die Nährstoffumwandlung und ‐wiedernutzung durch Pflanzen – in der Regel Gemüse – die mit den gefilterten Fischabwässern versorgt werden. Als Filtermedium wird oftmals Ton verwendet. Das gereinigte Wasser wird anschließend wieder den Fischen zugeführt. Pro Kilogramm im System erzeugten Fischs können mit den Nährstoffen aus dem anfallenden Abwasser bis zu sieben Kilogramm Gemüse erzeugt werden.

Die anfallenden Ausscheidungen der Tiere gelangen in einen Filter, der nach festen, gröberen und feinen Partikeln sortiert. Nur die feinen Fischkot-Partikel bleiben im Wasserkreislauf und bei deren Zersetzung wird das für Fische giftige Ammoniak (NH3 / NH4+) frei. Daher befinden sich in dem nächsten Filter Bakterien, die das Ammoniak durch Oxidation zu Nitrit (NO2-) verstoffwechseln. Eine weitere Bakterienkultur wandelt das Nitrit in Nitrat (NO3-) um. Statt in Erde sind die Pflanzen in anorganischem Substrat wie Blähton, Kies und Mineralwolle kultiviert. Über die Wasserzufuhr wird das zuvor bakteriell erzeugte Nitrat von den Pflanzenwurzeln absorbiert und als Nährstoff verwertet. Anschließend gelangt das gereinigte Wasser zurück in den Fischtank, wo der Kreislauf von neuem beginnt.

Die Ressource Wasser befindet sich im Kreislauf und bedarf nur einer minimalen prozentualen Ergänzung pro Tag. Heizenergie, Wasser und Nährstoffe wird bei beiden Kulturen kaskadisch eingesetzt. Dabei bietet es sich an, umweltfreundliche Technologien wie Photovoltaik, Energiespeicher, Niedrigenergie‐Pumpen oder Luftkollektoren einzusetzen. Bei Aquaponik handelt es sich um ein abgeschlossenes System, welches vor negativen Umwelteinflüssen geschützt ist. Als Standorte für die kombinierten Produktionssysteme bieten sich wegen des geringen Platzanspruchs gebäudeintegrierte Freiflächen an. Dabei kann es sich beispielsweise um Dächer von Einkaufszentren oder sonstigen gewerblichen Gebäuden handeln. Aufgrund des unkonventionellen, innovativen Konzepts wird das System zunehmend mit alternativen Unternehmensformen und Freizeitgestaltungen verknüpft wie Praxisbeispiele zeigen. Auch innovative Betreibermodelle (z. B. Bewirtschaftung durch berufstätige Familien, die zusätzlich nach Bedarf jemanden zur Pflege einstellen) bieten sich an. Das System ist sowohl für den Frischverkauf als auch für die Gastronomie geeignet. (ZALF 2013)

In der folgenden Abbildung wird die Hydroponik, also die erdfreie Kultivierung von Nutzpflanzen in einem Gewächshaus, mit der Aquakultur, also der kontrollierten Aufzucht von Speisefischen in Fischtanks, gekoppelt. Bei diesem Projekt wurde am Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB) eine Anlage entwickelt, die Tomaten und Tilapien, eine afrikanische Buntbarschart, in einem Gewächshaus gemeinsam produziert. Tomaten und Buntbarsche passen deshalb so gut zusammen, weil beide hohe sommerliche Temperaturen mögen.

Das Prinzip der Aquaponik ist nicht neu und in den Grundzügen simpel. Das Fischabwasser düngt die Pflanzen, die durch ihre Nährstoffaufnahme parallel die Wasserqualität verbessern. Die Aquaponiksysteme unterscheiden sich jedoch stark in ihrer technischen Reife, Ausstattung und Effizienz.

Die Produktion kann an jedem beliebigen Standort betrieben werden, an dem es Platz für ein größeres Gewächshaus gibt. Das ermöglicht eine kundennahe Versorgung mit frischem Fisch und erntefrischen Tomaten und passt gut zum Trend des Urban Farming.

Aquaponik-Anlage
Aquaponik-Anlage

Quelle: GenomXpressScholae

Die Begrifflichkeiten rund um 'Aquaponik' sind nicht endgültig gefestigt. Es werden besipielsweise folgende Unterscheidungen vorgeschlagen:

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Aquifer

Gesteinskörper, der geeignet ist, Grundwasser aufzunehmen, weiterzuleiten und abzugeben. Voraussetzungen hierfür sind ausreichende Porosität und Permeabilität des Gesteins. Aquifere werden auch als Grundwasserleiter bezeichnet.

Aralsee-Syndrom

Das Aralsee-Syndrom steht für Bodendegradationen, die bei großmaßstäbigen Wasserbau- und Landwirtschaftsprojekten durch zentralistische Planung und Großtechnik entstehen. Bei derartigen Projekten werden die ökologischen Potentiale der Region missachtet und dadurch die Lebensgrundlagen für Menschen, Tiere und Pflanzen zerstört. Der Begriff ist Teil einer Klassifikation von Syndromen der Bodendegradation.
Der Aralsee war einmal der viertgrößte Süßwassersee der Erde, abflusslos, gespeist durch zwei Flüsse (Syr Darya, Amu Darya), in einer Region mit wüstenähnlichem Klima. In einer ehemals fruchtbaren, wald- und artenreichen Region wurde Fischfang und Landwirtschaft betrieben. Ab den 1930er-Jahren wurde den beiden Flüssen, die ihn speisen, immer mehr Wasser entzogen und auf die neu angelegten Baumwollplantagen umgeleitet. Das führte zum Desaster. Ab den 60er Jahren-begann der See zu schrumpfen und irgendwann blieben nur noch zwei Restflächen übrig. 2014 umfassten die beiden zusammen nur noch ein Zehntel der einstigen Größe. 

Seit den 1960er Jahren bis 1997 sank der Wasserspiegel um 18 Meter von 53 Meter auf 35 Meter, und die Fläche des Sees ging um 44,3 Prozent auf 29.630 Quadratkilometer zurück. Das Wasservolumen reduzierte sich um 90 Prozent, gleichzeitig vervierfachte sich der Salzgehalt.

Durch die Umleitung großer Wassermengen erreicht heute insbesondere den südlichen Teil kaum noch Wasser. Alleine der vom Amudarja abzweigende Karakumkanal führt einen erheblichen Teil des Wassers ab, das zu früheren Zeiten von Süden in den Aralsee floss. Auch der früher wasserärmere Syrdarja bringt kaum noch Wasser zum Aralsee, liefert heute jedoch sogar noch mehr Wasser als der durch die Anrainerstaaten oft vollständig ausgetrocknete Amudarja.

1987 war der Wasserspiegel des Aralsees so weit gesunken, dass er sich in zwei Gewässer teilte: einen nördlichen See in Kasachstan und einen viel größeren südlichen im usbekischen Karakalpakistan. Der südliche See verlandete 2002 so stark, dass aus ihm noch mal zwei wurden, ein östlicher und ein westlicher See. Im Juli 2014 war der östliche See völlig ausgetrocknet.

Der kasachische Teil scheint mittlerweile gerettet. Die Kasachen errichteten 2005 einen 13 Kilometer langen Staudamm. Seit der Fertigstellung haben sich der dadurch entstandene separate See und sein Fischbestand schneller erholt als erwartet. So rettete der Damm zwar einen Teil des Aralsees, zugleich schnitt er den Rest endgültig von einer der wichtigsten Wasserquellen ab.

Die umliegenden, landwirtschaftlich genutzten Flächen sind durch hohe Pestizid- und Düngemittelgaben verseucht und versalzen.
Andere dem Syndrom zuzuordnende Problemkomplexe sind große Staudammprojekte bzw. Eindeichungen, die Bodendegradationen aufgrund der Eingriffe in den Wasserhaushalt bzw. der Ausdehnung der Bewässerungslandschaft zur Folge haben. Regionen mit solchen Problemen sind China (50 % der großen Staudämme der Welt), Indien, Indonesien, die Arabischen Emirate, Libyen und Nordostbrasilien.

Bekannte Großprojekte sind:

Merkmale und Auswirkungen des Syndroms:

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Arbeiterbauer

Bezeichnung für einen Landwirt, der nur (noch) einen kleineren Teil seiner erwerbsmäßigen Tätigkeit in der Landwirtschaft zubrachte, bzw. dessen landwirtschaftliche Arbeit zu einem grossen Teil von Familienangehörigen verrichtet wurde. Sein Hauptberuf lag im sekundären Sektor. Die Arbeiterbauernschicht bestand von der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts bis über die Mitte des 20. Jahrhunderts und war ein bestimmendes Element der Sozialstruktur zahlreicher Dörfer besonders in Baden, Württemberg, dem Saarland (dort auch als Bergmannsbauer), in Oberschlesien und kleineren Regionen des Rheinlandes, Bayerns und Mittel- und Norddeutschlands.

Arbeitsgemeinschaft bäuerlicher Landwirtschaft (AbL)

In der 1980 gegründeten Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft e. V. (AbL) sind mehrheitlich kleine und mittlere landwirtschaftliche Betriebe der bäuerlichen Landwirtschaft mit konventioneller, wie auch ökologischer Wirtschaftsweise, aber auch Verbraucher zusammengeschlossen. Sie setzen sich für eine zukunftsfähige sozial- und umweltverträgliche Landwirtschaft ein. Die AbL ist in allen Bundesländern außer Berlin und Hamburg vertreten. Einige Landesverbände decken zwei bzw. drei Bundesländer ab.

Als wesentliches Ziel gibt die AbL an, „die soziale Frage in der Landwirtschaft in das Bewusstsein zu rücken, um zu vermeiden, dass einseitig ökonomisch oder ökologisch begründete Sichtweisen die handelnden Menschen ausblenden und damit die sozialen Auswirkungen unberücksichtigt bleiben. Ein zweiter Schwerpunkt der Arbeit der AbL liegt darin, Projekte im Bereich der Qualitätserzeugung und der regionalen Vermarktung landwirtschaftlicher Erzeugnisse zu initiieren und beratend zu begleiten.“ Die AbL versteht sich selbst als Opposition zum Deutschen Bauernverband als Einheitsverband landwirtschaftlicher Interessenvertretung; die AbL sieht den Bauernverband als zu einseitige Interessenvertretung landwirtschaftlicher Großbetriebe und der Agrarindustrie an, denen die AbL die massiven Emissionen aus der Landwirtschaft zuschreibt. Die bäuerliche Landwirtschaft hingegen, schützt nach Ansicht der AbL das Klima durch lokale Nahrungsmittelerzeugung und Vermarktung, geschlossene Hofkreisläufe und agrarökologische Anbaumethoden.

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Arbeitskraft-Einheit

Bei statistischen Erhebungen und betriebswirtschaftlichen Berechnungen werden die Arbeitskräfte in der Landwirtschaft vielfach zur besseren Vergleichbarkeit auf Arbeitskraft-Einheiten (AK) umgerechnet. Diese gelten als Maßstab der Beschäftigung im Agrarsektor. Dabei wird die Arbeitsleistung einer mit betrieblichen Arbeiten vollbeschäftigten Arbeitskraft im Alter von 16 bis unter 65 Jahren mit 1,0 AK, im Alter von 15 Jahren mit 0,5 AK und im Alter ab 65 Jahren mit maximal 0,3 AK bewertet. Der Betriebsinhaber selbst und die 65 Jahre und älteren ständig familienfremden Arbeitskräfte erhalten keinen altersabhängigen Abzug. Teilbeschäftigungen im Betrieb werden mit den entsprechenden Bruchwerten berücksichtigt. 1 AK je Person kann im Betrieb nicht überschritten werden.

Arbeitskräfte

Die Arbeitskräfte in der Landwirtschaft setzen sich aus Familienarbeitskräfte (nicht entlohnt und entlohnt) und familienfremden (Lohn-)Arbeitskräften zusammen, die regelmäßig oder auch nicht regelmäßig im Betrieb arbeiten und mindestens 15 Jahre alt sind.
Die Umrechnung auf Arbeitskraft-Einheiten (AK) wird in der allgemeinen (deutschen) Statistik anhand der im Betrieb tatsächlich geleisteten Arbeitswochen und der durchschnittlichen wöchentlichen Arbeitsstunden vorgenommen, wobei Daten für einen Berichtszeitraum von vier Wochen - i.d.R. der Monat April - erhoben werden.
Der Anteil der in der Land-, Forstwirtschaft und Fischerei erwerbstätigen Personen an der gesamten Erwerbsbevölkerung ist im früheren Bundesgebiet seit Jahrzehnten rückläufig. Im Jahr 1950 waren noch 24,6 Prozent der Beschäftigten in der Bundesrepublik Deutschland in der Land- und Forstwirtschaft, sowie der Fischerei tätig (Primärer Sektor). In Gesamtdeutschland sind von 1991 bis 1997 rd. 550.000 Personen (-29 %) überwiegend wiedervereinigungsbedingt aus der Landwirtschaft ausgeschieden. 1997 waren rd. 1,33 Mio. Personen haupt- oder nebenberuflich in landwirtschaftlichen Betrieben tätig.

Während im früheren Bundesgebiet hauptsächlich Familienarbeitskräfte - und diese meist nur mit einem Teil ihrer gesamten Arbeitszeit - in der Landwirtschaft tätig sind, werden in den neuen Ländern überwiegend familienfremde Arbeitskräfte hauptberuflich in der Landwirtschaft beschäftigt.

Anteil der Erwerbstätigen in der Land- und Forstwirtschaft sowie der Fischerei an der gesamten deutschen Erwerbsbevölkerung (z. T. gerundet)
1950 1955 1960 1965 1970 1975 1980 1985 1990 1995 2000 2005 2010 2015 2020
25 % 18,5 % 14 % 11 % 8 % 7 % 5 % 4 % 3,5 % 2,3 % 1,9 % 1,7 % 1,6 % 1,5 % 1,3 %

Quelle: Statista 2021

Von den 1,021 Millionen Arbeitskräften in der deutschen Landwirtschaft waren nach zuletzt für 2013 verfügbaren Angaben rund 505.600 Familienarbeitskräfte (50 Prozent aller Arbeitskräfte). Hinzu kommen 200.700 ständig angestellte Arbeitskräfte und rund 314.300 Saisonarbeitskräfte.

Arbeitskräftebesatz

Der durchschnittliche Bestand an Vollarbeitskräften bezogen auf die landwirtschaftliche Nutzfläche (LN), bzw. die landwirtschaftlich genutzte Fläche (LF), ergibt den Arbeitskräftebesatz, der in der Regel in Arbeitskrafteinheiten je 100 ha LN bzw. LF ausgedrückt wird.

Arbeitsteilung

Der Begriff beschreibt die Spezialisierung in landwirtschaftlichen Betrieben und die Spezialisierung auf bestimmte Tätigkeiten. Aus den früheren Gemischtbetrieben mit vielen Kulturpflanzen und Nutztierarten haben sich immer mehr Spezialbetriebe entwickelt, z.B. Milchvieh- oder Schweinemastbetriebe, die auch spezifische Arbeiten erfordern. Dennoch haben in den Familienbetrieben der Betriebsleiter und seine Frau viele Funktionen wahrzunehmen: vom Gerätefahren bis zu Mechanikeraufgaben, von kaufmännischen Tätigkeiten bis zur Tierpflege, vom Biologen bis zum Meteorologen. Die Arbeitsteilung hat zu einer deutlichen Steigerung der Arbeitsproduktivität auf den Höfen geführt, dementsprechend sind auch alle Investitionen darauf ausgerichtet.

Arborizid

Biozid zur Bekämpfung von Gehölzen.

Archäophyten

Alteinwanderer-Pflanzenarten, die seit dem Neolithikum bis zum Jahr 1500 (z. T. wird das Jahr 1492 – Entdeckung Amerikas – zur Abgrenzung genutzt) in eine geographisch definierte Region eingeschleppt oder eingeführt wurden (z.B. im Zuge des Ackerbaus).

Arhrour-Brunnen

In Nordafrika verbreiteter traditioneller Zugbrunnen. Über dem Brunnenschacht ist in einem gekreuzten Balkensystem eine Rolle angebracht, über die ein Ledereimer in die Tiefe gelassen wird. Ein zweites Seil, das über eine am Brunnenrand installierte Rolle läuft, ist so in der Länge gebunden, daß er beim Fördern des Ledereimers dessen unteres, ebenfalls offenes Ende abknickt. Erreicht der Eimer diese Rolle, so ändert sich die vertikale in die horizontale Zugrichtung, was die Öffnung des Behälters bewirkt. Das Wasser ergießt sich in ein kleines Bassin und gelangt über kleine Kanäle auf die zu bewässernden Beete.

(s. a. Bewässerung, Bewässerungswirtschaft)

Ariditätsindex

Nach Empfehlung von UNEP (United Nations Environment Programme) wird die klimatische Trockenheit durch einen Ariditätsindex AI definiert. Er wird durch die Bildung des Quotienten mit dem Wert des jährlichen Niederschlags zum Wert der jährlichen potenziellen Evapotranspiration ermittelt wird. Für die Klimazonen der Trockengebiete ist dieser dimensionslose Index kleiner-gleich 0,65.

Geographische Verteilung der Trockengebiete, abgegrenzt auf der Grundlage des Ariditätsindex (AI)
Geographische Verteilung der Trockengebiete, abgegrenzt auf der Grundlage des Ariditätsindex (AI)

Die Klassifizierung des AI:
Humid AI > 0,65, Trocken sub-humid 0,50 < AI ≤ 0,65, Semi-arid 0,20 < AI ≤ 0,50, Arid 0,05 < AI ≤ 0,20, Hyper-arid AI < 0,05. Daten: TerraClimate Niederschlag und potentielle Evapotranspiration (1980–2015) 

Quelle: IPCC

Arrondierung

Zusammenlegung von Grundbesitz. Arrondierung kann auf privater Basis oder im Rahmen eines amtlich durchgeführten Flurbereinigungsverfahrens erfolgen. Eine Total-Arrondierung bedeutet, daß alle früher verstreut gelegenen Grundstücke eines landwirtschaftlichen Betriebes zu einer Einheit zusammengefaßt werden. Eine Aussiedlung ist dabei nicht zwingend erforderlich.

(s. a. Flurbereinigung)

Artenrückgang

Prozess des unwiederbringlichen Verlustes einzelner Arten von Organismen vor allem durch menschliches Wirken.

Die Schätzungen der globalen Artenzahl reichen von 5 bis über 50 Millionen, wobei erst 1,7 Mio. Arten beschrieben sind. Die Schätzungen des Artenverlustes innerhalb der nächsten 50 Jahre (vom Beginn der 90er Jahre an) liegen je nach angewandter Methode zwischen 10 und 50 % der Gesamtartenzahl. Daraus errechnet sich eine Spannweite des Artenverlustes zwischen 3 - 130 Arten pro Tag, welches gegenüber der natürlichen Hintergrundrate eine Beschleunigung um den Faktor 1.000 bis 10.000 bedeutet. Diese Größenordnung ist nur mit dem Artensterben am Ende der Kreidezeit vor 65 Mio. Jahren vergleichbar.

Auch auf der Ebene der Populationen und Gene schwindet die Artenvielfalt (Biodiversität). Dieser Trend betrifft nicht nur Wildarten, sondern auch die in Land- und Forstwirtschaft genutzten Arten. Problematisch ist die Verdrängung der ursprünglichen Vielzahl traditionell angebauter Sorten durch wenige Hochleistungssorten ("Generosion"). Weltweit liefern heute rd. 30 Pflanzenarten etwa 90 % der aus Pflanzen gewonnenen Nahrungsenergie, die drei wichtigsten (Weizen, Reis, Mais) allein über 50 %. In Mitteleuropa sind von 1903 bis 1983 insgesamt 97 Prozent der damals bekannten Gemüsesorten nicht mehr im Angebot und vermutlich verlorengegangen. Von den 7.098 im 19. Jahrhundert gehandelten Sorten sind 6.121 (86 %) verschwunden. Von den ca. 10.000 Weizensorten, die 1949 in China angebaut wurden, sind noch rd. 1.000 in Kultur. In Mexiko sind von fast 2.000 Maissorten, die 1930 genutzt wurden, heute noch 20 % im Anbau.

Dem Verzicht auf bestimmte Kulturpflanzenarten (z.B. Lein und verschiedene Leguminosen) folgte das Verschwinden der entsprechenden Ackerbegleitflora und -fauna. Mit der Vergrößerung der Schläge und dem gleichzeitigen Umbruch der Ackerrandstreifen verloren viele Nützlingsarten ihre Lebensräume.

Artenschutz

Darunter versteht man den durch verschiedene, v.a. behördliche Maßnahmen angestrebten Schutz von seltenen und vom Aussterben bedrohten Tier- und Pfanzenarten in der freien Natur, aber auch die Sicherung des Gesamtbestandes an wildlebenden Organismen. Da viele freilebende Arten nur in einer artgerechten, vielfältig strukturierten Umwelt leben können, muß es das Ziel sein, funktionsfähige Ökosysteme und eine hohe Artenvielfalt durch Sicherung genügend großer Biotope mit einem arttypisch gesteuerten Genpotential zu gewährleisten und ggf. auch die Wiederansiedlung einzelner lokal ausgestorbener Arten in Betracht zu ziehen. Artenschutz hilft so die Evolution der Arten sichern.

(s. a. Agrargeschichte, Biodiversität, Artenrückgang)

Artenvielfalt

Die Artenvielfalt ist ein Teilaspekt der biologischen Vielfalt (Biodiversität). Diese umfasst neben der Vielfalt der Arten auch die genetische Vielfalt und die Vielfalt der Ökosysteme. Artenvielfalt wird häufig synonym zu Biodiversität verwendet; Artenvielfalt ist die anschaulichste Form der Biodiversität.

Die heutige biologische Vielfalt hat sich allmählich im Laufe der Erdgeschichte entwickelt. Sie hat zu artenreichen und hochkomplexen Ökosystemen auf dem Festland und in den Weltmeeren geführt. Sterben Arten aus, gibt es Verschiebungen oder auch Ausfälle in den Funktionen innerhalb des jeweiligen Systems. Vielfach ist es nicht möglich, für eine bestimmte Art vorherzusehen, ob ihr Verschwinden große oder kleine Veränderungen bewirken würde. Ein möglichst umfassender Schutz der gesamten Artenvielfalt ist daher ein Gebot im Sinne einer Vorsorgemaßnahme für die intakte und lebenswerte Umwelt. Er ist zugleich eine Verpflichtung gegenüber unseren eigenen Nachfolgegenerationen.

Umgangssprachlich versteht man unter Artenvielfalt meist vereinfacht die Gesamtzahl an Arten, die in einem Gebiet vorkommen. Doch auch die relative Zahl ist von Bedeutung und wird mathematisch erfasst: Wenn in einer Region gerade eine Art außerordentlich häufig ist, die Mehrzahl der übrigen Arten aber nur noch vereinzelt vorkommen, bezeichnet man die Artenvielfalt als kleiner, als wenn alle Arten in etwa gleicher Häufigkeit auftreten. Artenvielfalt ist demzufolge eine statistische Größe, die sich aus der Informationstheorie ableitet und die relative Häufigkeit der Arten berücksichtigt, also die Wahrscheinlichkeit des Antreffens einer bestimmten Art.

Eine jüngere Untersuchung deutet stark darauf hin, dass eine große Zahl von Arten nötig ist, um die Dienstleistungen der Natur und gute Erträge aufrecht zu erhalten. Somit genüge es nicht, auf einige wenige Arten als Bestäuber oder Schädlingsbekämpfer zu vertrauen. Die Studien fanden an fast 1500 Standorten weltweit statt – von Maisäckern in den USA über Rapsfelder in Südschweden, Kaffeeplantagen in Indien und Mangoplantagen in Südafrika bis hin zu Weizenfeldern im Alpenraum. (Dainese et al. 2019)

Zahl der Arten in Deutschland

Vom Gebiet der Bundesrepublik Deutschland sind 4.105 höhere Pflanzenarten (Gefäßpflanzen) bekannt. Nach einer Abschätzung von Völkl und Blick 2004 sind 44.787 vielzellige Tierarten dokumentiert. Davon sind 38.370 Arthropodenarten, unter denen die Insekten mit 33.305 Arten den größten Teil stellen. Aus Deutschland sind insgesamt nur 706 Wirbeltierarten belegt. Im internationalen Vergleich gilt die Flora und Fauna Deutschlands als sehr gut bekannt. Trotzdem werden auch in Deutschland nach wie vor jedes Jahr Arten neu gefunden oder sogar neu beschrieben.

Allerdings nimmt die Artenvielfalt in Deutschland besonders in den ackerbaulich intensiv genutzten Regionen wie z. B. Nordwestdeutschland im Zuge der Intensivierung der Landwirtschaft stark ab. Dies wird besonders an den Vögeln der Feldflur wie Rebhuhn, Feldlerche und Grauammer deutlich.

(s. a. Agrargeschichte, Biodiversität, Artenrückgang)

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Arzneipflanzen

Pflanzen, die in einem oder mehreren ihrer Organe Substanzen enthalten, die für therapeutische Zwecke verwendet werden oder die Vorstufen für pharmazeutisch-chemische Halbsynthesen darstellen.

Assimilation

Fähigkeit der Grünpflanze, mit Hilfe der Sonnenenergie aus energiearmen anorganischen Verbindungen (Kohlendioxid und Wasser) energiereiche organische Verbindungen aufzubauen (Photosynthese); dabei erfolgt die Bildung von Eiweiß, Fett, Stärke, Zellulose u.a.

Assoziierung

Auf vertraglicher Basis beruhendes Abkommen, das Drittländern das Recht einräumt, sich an einer Handels-, Zoll- oder Wirtschaftsunion zu beteiligen, ohne selbst (Voll-)Mitglied zu sein. Derartige Verträge bestehen von Seiten der EU mit der Türkei, Zypern, Malta, den 69 AKP-Staaten, Polen, der Tschechischen Republik, der Slowakischen Republik, Ungarn, Bulgarien, und Rumänien (Agrarsektor hierbei weitgehend ausgeklammert). Kooperationsverträge bestehen ferner mit den Maghreb-Ländern (Algerien, Tunesien, Marokko), den Mashrek-Ländern (Ägypten, Jordanien, Syrien, Libanon) und Israel.

Asten

Im Zusammenhang mit der Almwirtschaft genutzte, tiefer als die Almen gelegene Flächen, auf die das Vieh zur Vor- und Nachweide aufgetrieben wird. Auf diesen Flächen wird zusätzlich Heu gewonnen, meistens auch dort verfüttert oder zum Heimbetrieb geliefert. Aus Arbeitsmangel kann die Beweidung auch während des Sommers erfolgen und dadurch die Mahd entfallen.

Atmosphäre

Bezeichnung für die überwiegend gasförmige Hülle, von der die Erde sowie andere Himmelskörper umgeben sind, und die durch die Schwerkraft (Gravitation) dieser Körper festgehalten wird.

Zusammensetzung und Aufbau der Erdatmosphäre

Die Erdatmosphäre setzt sich überwiegend (ca. 78 Prozent) aus Stickstoff (N2), zu 20 Prozent aus Sauerstoff (O2) und zu weniger als 1 Prozent aus Edelgasen wie zum Beispiel Argon (Ar) zusammen. Hinzu kommen Aerosole, also feste und flüssige Schwebeteilchen in einer gasförmigen Hülle, sowie Spurengase. Zu letzteren zählen Wasserdampf, Kohlenstoffdioxid (CO2), Methan (CH4), Ozon (O3), Fluorchlorkohlenwasserstoffe (FCKW), Schwefeldioxid (SO2) und Stickstoffverbindungen.

Aufbau der Atmosphäre

Aufbau der Atmosphäre

Als Erdatmosphäre bezeichnet man die Gashülle unseres Planeten. Die Bezeichnung „Sphäre“ ist griechischen Ursprungs und lässt sich mit „Hülle“ oder „Ball“ übersetzen. Die Erdatmosphäre setzt sich aus mehreren Sphären zusammen, die sich unter anderem in Dichte, Druck und Temperatur grundlegend voneinander unterscheiden.

In der bodennahen Troposphäre, die rund drei Viertel der Luftmasse und fast den gesamten Wasserdampf enthält, laufen alle wetterrelevanten Phänomene wie Wind und Wolkenbildung ab.

Quelle: Gerstel

Die Zusammensetzung der Atmosphäre - ihre Gase und Partikel - spielt eine entscheidende Rolle bei der Verknüpfung von menschlichem Wohlergehen mit regionalen und globalen Veränderungen, weil die Atmosphäre alle wichtigen Komponenten des Systems Erde miteinander verbindet. Die Atmosphäre interagiert mit den Ozeanen, dem Land, den terrestrischen und marinen Pflanzen und Tieren sowie den Eisregionen.

Wegen dieser Verknüpfungen befördert die Atmosphäre Veränderung. Emissionen von natürlichen Quellen und menschlichen Aktivitäten treten an der Erdoberfläche in die Atmosphäre ein und werden in andere geographische Regionen und oft in größere Höhen transportiert. Einige Emissionen erfahren chemische Umwandlungen oder werden wieder entfernt oder sie interagieren mit der Feuchtigkeit bei der Wolkenbildung und beim Niederschlag. Einige natürliche Ereignisse und menschliche Aktivitäten, die die Zusammensetzung der Atmosphäre verändern, bewirken auch eine Veränderung des irdischen Strahlungsgleichgewichts. Nachfolgende Auswirkungen auf Änderungen in der atmosphärischen Zusammensetzung schaffen vielfältige Umwelteffekte, die sowohl die menschliche Gesundheit wie auch natürliche Systeme beeinflussen können.

Die Feststellung von Trends in der atmosphärischen Zusammensetzung gehören zu den ersten Vorboten von globalen Veränderungen.

Ein Hauptmerkmal der Atmosphäre besteht darin, dass sie als Langzeitreservoir für bestimmte Spurengase dient, die globale Veränderungen verursachen können. Die lange Verweildauer einiger Gase, wie z.B. Kohlendioxid (>100 Jahre) oder Perfluorkohlenwasserstoff (>1000 Jahre) lassen den Schluss zu, dass die damit verbundenen globalen Veränderungen über Dekaden, Jahrhunderte, sogar Jahrtausende andauern können und dabei die ganze Erde betreffen können.

Vertikale Gliederung der Atmosphäre
Troposphäre und Tropopause

Die Troposphäre reicht an den Polen bis ca. 7 km Höhe und am Äquator bis ca. 17 km. In ihr spielen sich alle wetterrelevanten Phänomene ab wie z.B. die Wolkenbildung. Die obere Grenze der Troposphäre bildet die Tropopause. Die Lage der Tropopause ist stark von der geographischen Breite und der Jahreszeit abhängig.

Die Troposphäre enthält 80 Prozent der Masse der gesamten Atmosphäre. In der untersten Schicht der Troposphäre, der 1,0-2,5 Kilometer mächtigen planetarischen Grenzschicht, bewirkt der Einfluss der Erdoberfläche starke Veränderungen der meteorologischen Parameter wie Temperatur, Wind und Feuchtigkeit.

Die Erdoberfläche wird durch Absorption kurzwelliger solarer Strahlung erwärmt. Die Wärme geht von der Bodenheizfläche in die mit ihr in Berührung stehende Luft über. Der Weitertransport in höhere Schichten erfolgt durch Turbulenz und Konvektion. Insgesamt kommt es so zu einer Durchmischung in der Troposphäre und es stellt sich eine Temperaturabnahme mit zunehmender Höhe ein. Dieser Lufttemperaturgradient beträgt im Mittel etwa minus 6,5 Kelvin pro Kilometer Höhenzunahme, so dass an der Tropopause Temperaturen um minus 50 Grad Celsius (an den Polen) und um minus 80 Grad Celsius (am Äquator) erreicht werden.

In der Troposphäre herrschen ständig auf- und absteigende Luftströme vor, was durch das Wort "trope" (Kehre, Wende) gekennzeichnet wird. Diese Vertikalbewegungen können die Luft vom Erdboden bis zur Tropopause durchmischen und der Wasserdampf kann kondensieren oder verdunsten. Dies führt im Zusammenhang mit der Tatsache, dass die Troposphäre fast den gesamten Wasserdampf der Erdatmosphäre enthält, zu den verschiedenen Wettervorgängen.

Die damit einhergehende Wolken- und Niederschlagsbildung bewirkt auch eine Reinigung der Troposphäre von gelösten Gasen und Feststoffen. Letztere sind allerdings als Kondensationskerne unverzichtbar bei der Wolkenbildung. Der Austausch zur nächsthöheren Luftschicht, der Stratosphäre ist nur gering, da von dort aus die Temperatur mit steigender Höhe wieder zunimmt.

Stratosphäre und Stratopause Die Stratosphäre bildet von der Erde aus gesehen die nächsthöhere Schicht der Atmosphäre. In der Stratosphäre nimmt die Temperatur im Mittel mit steigender Höhe langsam ab, wobei es aber lokal durch die Aufheizung durch Sonneneinstrahlung zu einem Temperaturanstieg kommen kann. In der Erdstratosphäre ist dieser Anstieg ab etwa 20 Kilometer erheblich. Verursacht wird dieser umgekehrte Temperaturverlauf hauptsächlich durch das in der Stratosphäre befindliche Ozon, das UV-Strahlung aus dem Sonnenlicht absorbiert und dabei elektromagnetische Strahlung in Wärme umwandelt. Am stärksten ist die Aufheizung im Bereich der Ozonschicht, dort steigt die Temperatur von ca. -60 °C bis auf knapp unter 0 °C an. Die Stratopause bildet die atmosphärische Grenzschicht zwischen Stratosphäre und Mesosphäre. Sie befindet sich in etwa 50 km Höhe.
Mesosphäre und Mesopause

Die Mesosphäre bildet die mittlere der fünf Hauptschichten der Erdatmosphäre. Zur Erde hin grenzt sie in einer Höhe von ca. 50 km an die Stratopause und in Gegenrichtung in 80 km Höhe an die Mesopause, die ihrerseits die Grenze zur Thermosphäre bildet. Die Luft ist dort bereits sehr ausgedünnt, Ozon ist kaum noch vorhanden.

Das Temperaturspektrum reicht von 0 °C an der Stratopause bis zu -90 Grad an der Mesopause. Stürzen Meteore sowie kleine Gesteins- und Staubteile auf die Erde, verglühen sie in der Regel in der Mesosphäre und sind dort zum Beispiel als Sternschnuppen zu sehen. Im oberen Bereich der Mesosphäre bilden sich meist über den Polarkappen, sogenannte "Leuchtende Nachtwolken". Bläulich-silbern schimmernd  sind sie auch in unseren Breitengeraden in Europa zu sehen. Vermutlich handelt es sich um Ansammlungen von Eisteilchen, die jedoch nicht mit dem Nord- oder Polarlicht verwechselt werden sollten.

Thermosphäre Die Thermosphäre bildet die zweitäußerste Schicht der Erdatmosphäre. Sie beginnt in einer Höhe von etwa 80 km und endet in ca. 800 km an der Thermopause. Diese bildet wiederum die Grenze zur Exosphäre, der äußersten Schicht der Atmosphäre. Das Temperaturspektrum reicht von 300 °C nachts bis 1.700 °C am Tag. Mitten in der Thermosphäre befindet sich die Internationale Raumstation (ISS) in einer Höhe von 400 Kilometern von der Erde entfernt. Viele Satelliten wie zum Beispiel die Erdbeobachtungssatelliten aus dem Copernicus-Programm bewegen sich an der äußeren Grenze zur Exosphäre in einer Höhe von ca. 780 km.
Exosphäre Die Exosphäre bildet die fünfte und damit äußerste Schicht der Erdatmosphäre. Die meisten in ihr enthaltenen Teilchen sind weitgehend ionisiert.
Sie stellt den fließenden Übergang zum interplanetaren Raum dar. Sie grenzt mit ihren unteren Bereichen bei etwa 700 Kilometer Höhe an die Thermosphäre. Je nach Defininition kann die Grenze auch bereits bei 400 Kilometern beginnen. Ihre äußere Grenze liegt bei etwa 10.000 Kilometern. Sie ist allerdings nicht exakt zu bestimmen, da hier die Gasmoleküle der Atmosphäre das Graviationsfeld der Erde bereits verlassen können. Sind die Gasteilchen allerdings ionisiert (elektrisch geladen), müssen sie sich entlang der Feldlinien des Erdmagnetfeldes innerhalb der Magnetosphäre bewegen und können somit dem Einfluss der Erde nicht entkommen.

Funktionen der Atmosphäre

Die Atmosphäre hat eine Reihe lebenswichtiger Funktionen, indem sie

Atmosphäre und Landwirtschaft

Die Atmosphäre ist Teil der natürlichen Umwelt, die landwirtschaftliche Aktivitäten ermöglicht. Dabei stehen Landwirtschaft und Atmosphäre in einem ständigen Austausch, z.B. von Gasen, und sie beeinflussen sich gegenseitig.
Im Fokus aktueller Diskussion steht der Klimawandel mit seinen Auswirkungen auf die Landwirtschaft und umgekehrt mit den Auswirkungen der Landwirtschaft auf den Klimawandel. (s. a. Umweltwirkungen)

Wechselwirkungen Landwirtschaft - Atmosphäre (Auswahl)
Landwirtschaft - Positivwirkungen
  • gezielte Bodenbewirtschaftung zum Humusaufbau
  • Verkohlung von Biomasse (Pflanzenkohle)
  • Bindung von Kohlendioxid durch geeignete Bioenergie-Konzepte
  • Ersatz fossiler Energieträger durch feste, flüssige oder gasförmige Brennstoffe aus Biomasse
  • Verstärkter Einsatz von Agro-Photovoltaik
  • Schaffung einer permanenten Pflanzenbedeckung von Äckern zur Vermeidung von Humusverlusten
Landwirtschaft - Negativwirkungen
  • Emissionen der Treibhausgase  Methan (CH4) und Lachgas (N2O) und seiner Vorläufersubstanzen (Stickoxide, NOx und Stickstoff, N2)
  • in Deutschland verantwortlich für 95 % des Luftschadstoffs Ammoniak 
  • Ammoniak entweicht durch die Zersetzung von Gülle und durch die Düngung von Nutzpflanzen in die Atmosphäre und reagiert dort mit anderen anorganischen Stoffen, wie Schwefel- und Salpetersäure zu Ammoniumsulfat und Nitratsalzen. Hieraus wiederum entstehen sekundäre Feinstaubpartikel.
  • erhöhte Kohlendioxid (CO2)-Freisetzung infolge von Landnutzung und Landnutzungsänderungen (Umbruch von Grünland- und Niedermoorstandorten, Rodungen zu Weide- und Ackernutzungen, z.B. in Südamerika) sowie der CO2-Freisetzung durch die Anwendung von Harnstoffdünger und der Kalkung von Böden 
Atmosphäre - Positivwirkungen
  • Lieferant von Wärme, Feuchtigkeit, Kohlenstoffdioxid, Stickstoff
  • Schutz vor UV-Strahlung
  • durch Klimawandel verlängerte Vegetationsperioden (Anbau neuer Pflanzenarten möglich, mehrere Ernten im Gemüsebau)
Atmosphäre - Negativwirkungen
  • Schäden durch Spätfröste bei früher einsetzende Vergetationsperioden
  • verstärkte Hitzeperioden, Dürren und Starkniederschläge als Folge des Klimawandels
  • verringerte Verfügbarkeit und Qualität von Süßwasserressourcen
  • Die Zunahme von Hitzetagen bedeutet deutlich mehr Stress für die Kulturpflanzen: Die Kornzahl- und -qualität von Getreide nimmt ab, Obst und Weinreben sind anfälliger für Sonnenbrand, Möhren werden bei Hitze bitterer. 
  • Veränderungen der Temperaturen und der Vegetationsperioden können sich auch auf die Wucherung und die Ausbreitung von bestimmten Arten, wie Insekten, invasivem Unkraut oder Krankheiten auswirken, die sich wiederum alle auf den Ernteertrag auswirken.
  • Mildere Winter führen dazu, dass sich pflanzenschädigenden Pilze, Viren und Insekten stärker ausbreiten.

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atmosphärische Deposition

Die Ablagerung von natürlichen und anthropogenen Stoffen aus der Atmosphäre auf die Erdoberfläche. Auf dem Wege von ihrer Quelle bis zur Deposition können Stoffe unter dem Einfluss von UV-Strahlung chemisch umgewandelt werden. Werden die Stoffe mit den Niederschlägen (Regen, Schnee, Nebel, Tau) gelöst oder partikulär ausgewaschen, spricht man von nasser Deposition. Die direkte Ablagerung von Stäuben und die Adsorption von gasförmigen Substanzen bezeichnet man als trockene Deposition. Von großem Interesse sind naturgemäß Luftschadstoffe. Die wichtigsten sind CO, SO2, NOx, Kohlenwasserstoffe, Staub, Fluor.
Im Hinblick auf die Auswirkung auf den Boden kommt den Säurebildnern SO2 und NOx besondere Bedeutung  zu; sie werden beim Transport in der Atmosphäre oxidiert und in Säuren umgewandelt, senken den pH-Wert der Niederschläge (saurer Regen) und bringen beträchtliche Mengen Protonen in die Ökosysteme ein.
Neben den erwähnten Schadstoffen belastet zunehmend Ammoniak die Atmosphäre, welcher größtenteils aus der Landwirtschaft stammt. In der Atmosphäre wird NH3 zu (NH4)2SO4 umgesetzt, was zur Neutralisation der Niederschläge führen kann. Die im Boden einsetzende Nitrifikation bewirkt jedoch einen Versauerungsschub.

Die Belastung des Bodens durch atmosphärische Depositionen wirkt sich an Waldstandorten, in Naturwiesen und Mooren bedeutend stärker aus als auf landwirtschaftlich genutzten Flächen. In der Landwirtschaft können die Folgen der atmosphärischen Deposition durch gezielte Düngung gedämpft werden.

(s. a. Umweltwirkungen)

Atrazin

Atrazin ist ein Vertreter der 1,3,5-Triazine, chemische Summenformel C8H14CIN5. Die Atrazin-enthaltenden Handelsprodukte wurden (bzw. werden im Ausland noch) als Herbizide verwendet (Handelsnamen z.B. Gesaprim, Primatol A). Atrazin kommt nicht natürlicherweise vor.

Da Atrazin und sein Hauptabbauprodukt Desethylatrazin auch ins Grundwasser gelangen und damit dann auch im Trinkwasser nachgewiesen werden können, ist die Anwendung von Atrazin seit 1. März 1991 in Deutschlandund seit 1995 in Österreich verboten. Es ist jedoch trotzdem noch immer in der Umwelt weit verbreitet; nach dem Elbhochwasser 2002 beispielsweise wurde es ausgeschwemmt und konnte später vor Helgoland vermehrt nachgewiesen werden, so in Miesmuscheln und den Lebern von Flundern.

Atrazin war und ist weltweit noch eines der am meisten verwendeten Herbizide, wobei es v.a. als selektives Bodenherbizid im Maisbau verwendet wird.

Aubergine

Die Aubergine (Solanum melongena) oder Eierpflanze ist eine subtropische Pflanzenart, die zur Gattung Nachtschatten (Solanum) innerhalb der Familie der Nachtschattengewächse (Solanaceae) gehört. Die Frucht selbst wird ebenfalls als Aubergine, als Eierfrucht (wegen ihrer Form) oder als Melanzani (korrekt italienisch: Melanzana) bezeichnet.

Wuchsform: Die einjährige krautige Pflanze hat einen buschartig Wuchs. In tropischen Regionen wachsen die Pflanzen als mehrjährige Sträucher. Auberginen werden 0,5 bis zwei Meter groß.

Früchte: Die länglichen bis kugelförmigen Beeren haben weiße, grüne, gelbe oder violette Schalen und enthalten viele kleine Samen. Die Fruchtgröße reicht von wenigen Millimeter bis mehreren Dezimetern.

Vermehrung: Bei Auberginenpflanzen findet meist Selbstbefruchtung statt, aber auch Fremdbefruchtung durch Wind und Insekten. In einem Blütenstand können alle Blüten zwittrig sein; es kommt auch vor, dass nur die unterste Blüte zwittrig ist, während alle anderen männlich sind.

Herkunft: Die Heimat der Aubergine ist nicht gesichert. Vermutlich stammt sie aus den subtropischen Regionen Indiens. Wildarten kommen in den Tropen Asiens und in Ostafrika vor.

Geschichte: Erste Kultivierungen fanden vermutlich in vorchristlicher Zeit in China und Indien statt. Von da aus gelangte die Aubergine im 13. Jahrhundert durch die Araber nach Spanien und rund hundert Jahre später nach Italien. In Europa wurden Auberginen zunächst wegen ihrer attraktiven Blüten und kleinen weißen Früchte, die an Eier erinnerten, als Zierpflanzen angebaut. Erst seit der Nachkriegszeit werden Auberginen mit großen lila Früchten in Mitteleuropa als Gemüse angebaut.

Anbau: Heute wird sie in einer Vielzahl von Sorten besonders in Asien und dem Mittelmeerraum kultiviert und liefert mit ihren Früchten ein weltweit geschätztes, schmackhaftes Gemüse, das vor allem gekocht oder gebraten verzehrt wird. In Europa und Nordamerika werden vorwiegend Sorten angebaut, die länglich-ovale, 12 bis 25 cm lange und 6 bis 9 cm dicke Früchte mit dunkelvioletter Schale haben. In Indien und anderen Ländern Asiens werden Sorten angebaut, deren Früchte bis zu 1 kg wiegen können. Die Fruchtschale kann von weiß über gelb und grün bis zu purpurrot oder dunkelviolett reichen. Einige Sorten haben Früchte mit graduierter Farbe oder Streifen. In China finden sich gewöhnlich längliche, dünne Früchte, die in ihrer Form an Gurken erinnern.

Wirtschaftliche Bedeutung: 2019 betrug die Welternte 55.197.878 Tonnen. Das Land mit der größten Auberginenproduktion der Welt war China, das 64,4 % der weltweiten Ernte produzierte, gefolgt von Indien (12.680.000 t) und Ägypten (1.180.240 t). Die zehn größten Produktionsländer brachten zusammen etwa 95,3 % der Welternte ein. Der größte Exporteur war 2019 Spanien (160.076 t), gefolgt von Iran (116.764 t) und Mexiko (74.574 t).

Aue

Oft auch Flussaue, Talaue; einem Fließgewässer benachbarter Bereich, der unter natürlichen Umständen bei Hochwasser überflutet wird. Die Aue erfüllt somit die Funktion eines erweiterten Gerinnebettes bei Hochwasser. Auen sind i.d.R. schwach reliefiert, aber mit typischen Oberflächenformen ausgestattet, die durch fluviale Sedimentation und fluviale Erosion (Wechsel zwischen niederer und hoher Wasserführung) geschaffen werden. Man findet in der Flussaue fluviale Sedimente, wie Sande und Kiese, aber vorwiegend Auenlehme, die zur Bildung der typischen Auenböden wie Vega oder Tschernitza geführt haben. Viele Flussauen der Nordhalbkugel sind Produkte des Holozäns und wurden durch die Schmelzwasser der vergangenen Kaltzeiten (des aktuellen Eiszeitalters) aus der Niederterrasse herauspräpariert. Auen stehen als Teil der Flusslandschaft in permanentem Austausch mit dem Fluss selbst und seinem Einzugsgebiet.

Durch den Wechsel von Überflutung und Trockenfallen sind Auen sehr dynamische Lebensräume mit unterschiedlichsten Standortbedingungen, die mosaikartig untereinander verzahnt sind. Auenökosysteme beherbergen eine große Vielfalt von Pflanzen und Tieren auf engstem Raum.

Die Zusammensetzung der natürlichen Auenvegetation hängt von der Beschaffenheit des betreffenden Flussabschnittes ab (Flusstyp, Auenböden, geologischer Untergrund). Unter natürlichen Bedingungen wäre für Mitteleuropa eine feuchtigkeitstolerante Auenwald- und Sumpfvegetation charakteristisch mit einer typischen Standortdifferenzierung in die flussnahe, gehölzfreie Aue und Weichholzaue, sowie die flussferne Hartholzaue.

Die natürliche Auenwaldvegetation wurde bereits in vorgeschichtlicher Zeit vom Menschen verändert bzw. entfernt. Auen wurden besonders in den vergangenen Jahrhunderten stark verändert und der menschlichen Nutzung angepasst. Die Flussaue ist heute ein außerordentlich wichtiger und vielfältig genutzter Raum für den Menschen und seine Tätigkeiten. Daher erklärt sich auch die Häufigkeit von alten Ortsnamen mit Wortendung auf -au. Die Flussaue gilt als guter Siedlungsraum, da er eben und dadurch für die Erschließung und Bebauung besonders gut geeignet ist. Nach der Rodung des Auwaldes wurde die Aue meist nur als Weide genutzt, da der Boden für die ackerbauliche Nutzung zu feucht war.

Die modernen Nutzungsansprüche haben die Auenlandschaften durch Anforderungen wie Hochwasserschutz, Schiffbarkeit, öffentliche und private Wasserentnahme, landwirtschaftliche Nutzung, Bedarf an Siedlungsflächen, Verkehrswegebau und Wasserkraftnutzung noch einmal stark überprägt. Daraus resultieren kulturwasserbauliche Maßnahmen linienhaften Charakters (Flussbegradigungen, -verlegungen, Bau von Deichen, Dämmen, Kanälen, Staustufen, Wehren, Flussbettbetonierungen, -verrohrungen, Sohlenpflasterungen, Hochwasserrückhaltebecken) sowie großflächige Eingriffe aufgrund der landwirtschaftlichen Intensivierung (Entwässerung, Flurbereinigung, Eindeichung). Aufgrund dieser umfangreichen Veränderungen können auch die verbliebenen Auenwaldrelikte, Feuchtgebiete und unbefestigten Flussabschnitte heute allenfalls als naturnah, aber nicht als natürlich gelten. Die Folgen stehen in Abhängigkeit zu den durchgeführten Eingriffen und können sich z.T. summieren. So wird z.B. durch Bodenversiegelung im Einzugsgebiet via Kanalisation der Zwischenspeicher Boden umgangen und in kurzer Zeit anfallende hohe Niederschlagsmengen werden direkt in die Flüsse geleitet. Diese unnatürliche Erhöhung der Abflussmenge führt auf Dauer zur Tiefenerosion im eigenen Gerinnebett, wobei auch der mit dem Flusswasserspiegel korrespondierende Grundwasserspiegel abgesenkt wird. Begradigungen verlagern das Hochwasserproblem in flussabwärts liegende unbefestigte Flussabschnitte, fehlende Überflutungsflächen verschärfen die Hochwassersituation. Ferner kann der Nährstoffeintrag aus flussnahen landwirtschaftlichen Flächen zur Eutrophierung der Aue beitragen. In strömungsarmen und im Sommer unbeschatteten Gewässern tritt Sauerstoffverarmung ein. Die bauliche Trennung bzw. Entfernung der Lebensräume Gewässer, Ufer und Aue bedingen einen Rückgang der Artenvielfalt bei Pflanzen- und Tiergemeinschaften. Zwar prägt weiterhin das bautechnische Ingenieurswesen die Konzepte zum Hochwasserschutz, jedoch werden künstlich festgelegte Flussläufe weder den heutigen Anforderungen der Hochwassersicherheit noch den Zielvorstellungen des Naturschutzes gerecht. Unter dem Schlagwort "Renaturierung" entwickelt sich derzeit ein neues Leitbild einer naturnäheren Gewässermorphologie, das weg von der Konservierung eines statischen Zustandes der Aue, deren Veränderlichkeit akzeptiert und verstärkt die Eigenentwicklung der Gewässer zulässt.

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Auffrieren

Das Auffrieren des Bodens ist ein mit Volumenzunahme verbundenes Gefrieren von wasserhaltigem Boden. Der Boden friert um so stärker auf, je wasserhaltiger er ist. Die damit verbundenen Bewegungen vermögen die Pflanzenwurzeln zu zerreißen. Als positiver Effekt bewirkt die mit dem Auffrieren verbundene Frostsprengung eine die Gefügebildung fördernde Zerkleinerung von Bodenklumpen (Frostgare).

Auflaufen

In der Landwirtschaft das Keimen der Kulturpflanzen, z.B. bei Getreide, wenn die jungen Pflanzen mit ihren ersten Blättern sichtbar sind.

Aufstockung

1. Die Vergrößerung kleiner landwirtschaftlicher Betriebe durch Zukauf oder Pacht, um ihre Existenzfähigkeit zu sichern. Diese äußere Aufstockung wird meist mit Flächen auslaufender Betriebe vorgenommen, die unterhalb der Aufstockungsschwelle liegen. Die Aufstockungsschwelle ist eine Betriebsgröße, die für den Bewirtschafter eine gerade noch ausreichende Existenz darstellt. Ohne Aufstockung wären sie gezwungen, künftig einen außeragrarischen Zuerwerb zu suchen.

2. Innerbetriebliche oder innere Aufstockung beispielsweise durch den Übergang zu einer intensiveren Bodennutzung und/oder durch eine Ausweitung der Tierhaltung, meist verbunden mit dem Einsatz zugekaufter Futtermittel. Ziel ist es ebenfalls, die Rentabilität zu verbessern.

Auftragsboden

Anthropogener Boden, der durch Aufbringen von organischem oder mineralischem Material in ihren Eigenschaften verbessert wurde, und bei dem das aufgetragene Material im Wesentlichen an der Oberfläche verblieben ist.

(s. a. Plaggenesch, Kultosol)

Aujeszkysche Krankheit

Auch Pseudowut; eine anzeigepflichtige Tierseuche, die durch ein Virus der Herpes-Gruppe verursacht wird. Neben Schweinen als den Haupträgern des Virus erkranken Ratten, Hunde, Katzen, Rinder, Schafe, Ziegen, Nerze und Füchse. Menschen scheinen auf natürlichem Infektionsweg nicht gefährdet.

Ausbeutungswirtschaft

Charakterisierende Bezeichnung für frühe Formen des Ackerbaus, bei denen Aspekte der Bodenfruchtbarkeit unberücksichtigt blieben.

Ausfuhrabgaben

Abgaben, insbesondere Zölle, die bei der Ausfuhr bestimmter Waren - zumeist Marktordnungswaren in Drittländer - aufgrund von Rechtsakten des Rates der Europäischen Union oder der Europäischen Kommission erhoben werden. Ausfuhrabgaben sind für die heute seltenen Fälle vorgesehen, in denen das Preisniveau auf dem Weltmarkt höher ist als in der EU und ein Abfließen von Waren, die für die Versorgung der Mitgliedsstaaten benötigt werden, verhindert werden soll.

Ausfuhrerstattung

Ausgleich der Differenz zwischen dem hohen EU-Verkaufspreis für Agrarerzeugnisse und dem niedrigeren Weltmarktpreis, der den Landwirten beim Export in Drittstaaten gewährt wird. Ausfuhrerstattungen sind variable Subventionen, die den Bauern einerseits Mindestpreise garantieren, es andererseits ermöglichen, Agrarüberschüsse der Europäische Union auf dem Weltmarkt abzusetzen. Insofern stellen Exporterstattungen Beseitigungskosten für Überschüsse dar.

Ausfuhrerstattungen sind das Gegenstück zu Abschöpfungen bei der Einfuhr von Agrarprodukten in die EU.

Rechtliche Grundlagen für die Gewährung von Ausfuhrerstattungen für landwirtschaftliche Erzeugnisse sind die Verordnung über eine gemeinsame Marktorganisation VO (EU) Nr. 1308/2013 und die Handelsregelung für aus landwirtschaftlichen Erzeugnissen hergestellte Waren VO (EU) Nr. 510/2014. Darin sind auch Besonderheiten zur Ausfuhrerstattung für landwirtschaftliche Erzeugnisse geregelt.

Weitere Informationen:

Ausgangsgestein

Mineralisches (anorganisches) Ausgangsmaterial der Bodenbildung (syn. "Muttergestein"), von dem sich die festen anorganischen Bodenbestandteile ableiten.

Ausgedinghaus

Wohngebäude einer Hofanlage, das dem Altenteiler im Rahmen eines Hofüberlassungsvertrags auf Lebenszeit zur Verfügung steht.

ausgeräumte Landschaft

Kulturlandschaft, in der gliedernde, ökologisch und hinsichtlich ihrer Wohlfahrtswirkungen (Ökosystemleistungen) wichtige Strukturelemente zum Zwecke einer intensiveren Landnutzung völlig vernichtet (ausgeräumt) sind oder in einen unnatürlichen Zustand versetzt wurden. Die Eingriffe erfolgen durch konventionelle, z.T. industriemäßig betriebene Landwirtschaft, Meliorationen, Verkehrswege- und sonstigen Infrastrukturbau sowie Flurbereinigungen. Betroffen von der Ausräumung sind folgende Landschaftselemente:

Der Verlust an Kleinstrukturiertheit und unterschiedlichen Lebensräumen führt zu einem Rückgang an Biodiversität und gewöhnlich zu einem Attraktivitätsverlust, der besonders in Ebenen markant ist.

(s. a. Umweltwirkungen)

Ausgleichszahlung

Im Gefolge der Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik an die Landwirte erfolgende Zahlungen als Ausgleich für Einkommenverluste im Gefolge der Senkung der Stützungspreise (z.B. Interventionspreis) bzw. wegen besonderer Belastungen der Landwirtschaft. Bei pflanzlichen Produkten können Ausgleichszahlungen für die gesamte mit Getreide, Ölsaaten, Eiweißpflanzen und Öllein bestellte Fläche oder Teile davon beantragt werden. Bei tierischen Produkten werden solche Preisausgleichszahlungen in Form von (erhöhten) Rinderprämien geleistet. Daneben können für stillgelegte Flächen unter Beachtung bestimmter Auflagen Flächenstillegungsprämien beantragt werden. Mit der Ausgleichszulage in benachteiligten Gebieten (Berggebiete, benachteiligte Agrarzonen) und der Förderung umweltgerechter landwirtschaftlicher Produktionsverfahren bestehen noch zwei weitere Typen von Ausgleichszahlungen.

Ausgleichszulage

Die Ausgleichszulage für benachteiligte Gebiete ist eine Subvention landwirtschaftlicher Unternehmer in benachteiligten Gebieten zur Sicherung der landwirtschaftlichen Erwerbstätigkeit und zum Ausgleich ständiger natürlicher und wirtschaftlicher Nachteile. In Deutschland gelten 50,6 %, in Österreich 68,6 % der LF als benachteiligte Gebiete.

Benachteiligte Gebiete sind Grenzertragsstandorte, auf denen aufgrund von erschwerten natürlichen Produktionsbedingungen die Tendenz zur Aufgabe der Landwirtschaft höher ist als in nicht benachteiligten Gebieten. Die erschwerten Produktionsbedingungen werden durch Höhenlage, Hangneigung, klimatische Voraussetzungen, Erreichbarkeit, aber auch durch eine geringe Bodenqualität verursacht. Neben den schlechten Produktionsbedingungen sind die benachteiligten Gebiete auch durch eine geringe Bevölkerungsdichte gekennzeichnet.

In Deutschland werden 50 % der landwirtschaftlichen Nutzflächen als benachteilige Gebiete ausgewiesen. Genauere Abgrenzungskriterien regelt die Richtlinie (EWG) 465/1986 der EU.

Ziel der Förderung ist es, in .den abgegrenzten benachteiligten Gebieten (Berggebiete, Benachteiligte Agrarzonen und Kleine Gebiete) die dauerhafte Nutzung landwirtschaftlicher Flächen zu sichern und somit zur Erhaltung der Landschaft sowie zur Erhaltung und Förderung von nachhaltigen Bewirtschaftungsmaßnahmen beizutragen.

In einem Gemeinschaftsverzeichnis sind alle Gemeinden oder Gemeindeteile, welche auf Kommissions- und Ratsbeschluss in das benachteiligte Gebiet aufzunehmen sind, namentlich aufgelistet. Diese Maßnahme wurde aus dem Bergbauernprogramm der EWG entwickelt.

In Baden-Württemberg beispielsweise entfallen knapp zwei Drittel der landwirtschaftlich genutzten Fläche (915.800 ha) auf abgegrenzte benachteiligte Gebiete, die sich insbesondere auf die Mittelgebirgslagen von Schwarzwald, Schwäbischer Alb und Allgäu konzentrieren. Die erschwerten Produktionsbedingungen in diesen Gebieten sind naturbedingt und werden verursacht durch Höhenlage, Hangneigung, klimatische Bedingungen und geringe Bodenqualität. Rund 102.000 ha LF sind den Berggebieten zugeordnet.

Ausrichtungs- und Garantiefonds für die Landwirtschaft

Siehe Europäischer Ausrichtungs- und Garantiefonds für die Landwirtschaft (EAGFL)

Aussaat

Bezeichnung für das Ausbringen von Saatgut (z.B. Getreide, Raps, Mais) mithilfe spezieller Agrartechnik. Man unterscheidet zwischen Winteraussaat im Herbst (z.B. Winterweizen oder -roggen) und Frühjahrsaussaat (z.B. Hafer oder Zuckerrüben).

Durchgesetzt hat sich in der praktischen Landwirtschaft die Saat-Kombination die mehrere Arbeitsgänge wie Eggen, Saatablage, Walzen, gleichzeitig maschinell erledigt. Häufig wird das Saatgut einer speziellen Vorbehandlung (Beizen) unterzogen um z.B. Fäulnis oder Schädlingsfraß zu unterbinden.

Saatzeitpunkte:

Für Aussaat in Reihen wird heute meist die Drillmaschine verwendet. Saatkörner gelangen aus einem Saatkasten durch ein Rohr zu einer Säschare die die einzelnen Körner in gleichem Abstand und gleicher Tiefe in einer Rinne im Saatbett ablegt. Die Drillmaschine hat ihren Namen wegen der drehenden (Drill) Zuführung der Körner zur Säschare. Bei der Mulchsaat soll durch Säen in Mulch Erosion durch vorherige Bodenbearbeitung wie Pflügen verhindert werden. Mit Einzelkornsämaschinen werden vor allem Rüben gesät.

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Außer-Haus-Markt

Verpflegungsdienstleistung, die außerhalb des eigenen Privathaushalts zubereitet wurde; dabei kann der Ort des Konsums mit dem der Zubereitung identisch sein.

Im Gegensatz zum Lebensmittelhandel ist der Außer-Haus-Markt vergleichsweise parzelliert. Es gibt einige wenige internationale Anbieter (Franchisesysteme) im Bereich der Fast-Food-Gastronomie, einige größere Unternehmen im Feld der Großküchen und Tiefkühllieferdienste sowie eine Vielzahl von Klein- und Kleinstbetrieben in der Gastronomie ohne Markenbindung und bei Fast-Food. Im Bereich der Liefergastronomie spielen Onlinemarktplätze wie Lieferando eine zunehmende Rolle. Dazu kommen regionale Besonderheiten und Verzehrgewohnheiten, die häufig eine kleinteilige Betrachtung notwendig machen. Der Außer-Haus-Markt wächst durch den steigenden Grad an Individualität und Mobilität in der Gesellschaft.

Außer-Haus-Markt Konsum/ Umsatzentwicklung 2014 bis 2015

Ausgaben in Mrd. € (Veränderung im Vergleich zu 2014 in Klammern)

Der private Außer-Haus-Konsum gewinnt in Deutschland zunehmend an Bedeutung. Immer mehr Menschen nutzen das vielfältige gastronomische Angebot und verzichten zugunsten von regelmäßigen Besuchen in Restaurants, Kantinen und Imbissen auf das Essen am heimischen Küchentisch. Bereits heute ist der Außer-Haus-Markt nach dem Lebensmitteleinzelhandel der zweitwichtigste Absatzkanal für die Ernährungsindustrie.

Quelle: BVE nach CRESTonline Deutschland

Der Außer-Haus-Markt ist nach dem Lebensmitteleinzelhandel der zweitwichtigste Absatzkanal für die deutsche Ernährungsindustrie. 2018 wurde beim Außer-Haus-Markt ein Umsatz von 80,6 Milliarden Euro erzielt (ohne Verpflegung im Gesundheitssektor). Gegenüber dem Vorjahr sind das 2,8 Prozent mehr.

Der Außer-Haus-Markt umfasst vier Bereiche (Umsätze für 2017 in Klammer):

Aussiedlung

Verlegung eines landwirtschaftlichen Betriebes oder nur seines Wirtschaftsteiles (Teilaussiedlung) aus geschlossener, in der Regel beengter Ortslage in die freie Feldmark oder an den Ortsrand. Die neue Hofstelle (Aussiedlerhof) liegt dort auf arrondiertem (zusammengelegtem) Besitz. Zur ökonomischeren Versorgung mit technischer Infrastruktur werden häufig Hofgruppen gebildet. Zwischen 1956 und 1965 wurden in der damaligen Bundesrepublik über 16.000 Aussiedlungen staatlicherseits gefördert, viele davon in Verbindung mit einer Aufstockung des Betriebes. Die Aussiedlung zählt zu den klassischen Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur und erfolgt gewöhnlich im Rahmen der Flurbereinigung.

Seit 1973 ist wegen des hohen Kostenaufwands eine staatliche Förderung nur dann möglich wenn erhebliches öffentliches Interesse daran besteht.

Kritik zielte auf die Zersiedlungswirkung, die unzeitgemäße soziale Isolation der Aussiedlerfamilien und die hohe finanzielle Förderung einzelner Familien.

Austauscher

Tonminerale, Huminstoffe und pedogene Oxide und Hydroxide sind in der Lage, sogenannte "Nährionen", vor allem Kationen, reversibel zu binden (in den meisten Böden überwiegen Ionen mit negativer Ladung). Da diese Form der Bindung (Sorption) nur locker ist, sind die Kationen leicht verwertbar. Mineralische "Nährstoffe" werden somit sorptiv gespeichert. Die Menge der austauschbaren Kationen und Anionen wird in mval (Millival) pro 100 g trockenem Boden angegeben (Kationenaustauschkapazität). Der Austausch erfolgt gegen H+ und HCO3 der Pflanzenwurzel über die freie Bodenlösung oder bei unmittelbarem Kontakt von Zellwandoberflächen und Austauscher in der Zone des gebundenen Wassers.

Austauschkapazität

Bezeichnung für die Fähigkeit des Bodens, Ionen in austauschbarer Form über negative oder positive Überschussladungen einiger seiner Bestandteile zu adsorbieren.

Die Austauschkapazität ist an Menge und Art der Tonminerale und des Humus gekoppelt.

Weitere Informationen:

Auswaschung des Bodens

Erscheinung der humiden Klimate. Sie wird veranlasst durch die Schwerkraft, erfasst wasserlösliche oder im Wasser suspendierte Stoffe, und geschieht mit dem durch das Bodenprofil perkolierenden Sickerwasser. Die Auswaschung ist abhängig von Niederschlag, Infiltration, Wasserleitfähigkeit und von der Löslichkeit der Stoffe, sie schließt z. B. an Prozesse der Verwitterung, Bodenversauerung und Mineralisierung an, ist Voraussetzung für die Prozesse der Entkalkung, Tonverlagerung, Podsolierung, Desilifizierung und Entsalzung. Die Auswaschung betrifft z.T. nur einzelne Horizonte, z.T. das gesamte Bodenprofil.

Bei landwirtschaftlicher Nutzung bezieht sich der Begriff auch auf das Versickern oder Abfließen von Pflanzennährstoffen oder Pflanzenschutzmitteln aus den Bodenschichten, die Pflanzen zur Verfügung stehen, in das Grundwasser oder in offene Gewässer. Aus ökologischen und ökonomischen Gründen ist die Auswaschungsgefahr in der landwirtschaftlichen Praxis auf ein Minimum zu reduzieren.

Auswinterung

1. Bezeichnung für Schäden an im Freien überwinternder Kulturpflanzen. Sie entstehen unter folgenden Bedingungen:

2. Imkerlicher Fachbegriff für den Eingriff nach der Winterruhe, bei dem das Bienenvolk kontrolliert und weitere Eingriffe geplant werden.

Autobahnbauer

Siehe Neueinrichter

autochthon

Von griech. bodenständig, eigenständig; vom jeweiligen Betrachtungs- oder Fundort stammend, bodenständig (z.B. Gesteine, Böden in den Geowissenschaften, Tier- und Pflanzenarten im Naturschutz oder Gehölzindividuen in der Forstwirtschaft); im Naturschutz oft missverständlich als Synonym für "einheimisch" gebraucht; besser: "gebietseigen". Gegensatz: allochthon.

Automatisierung in der Landwirtschaft

Automatisierung in der Landwirtschaft umfasst den Einsatz von Maschinen und Geräten in der Landwirtschaft zur Verbesserung der Diagnose, der Entscheidungsfindung oder der Ausführung, um die mühsame Arbeit in der Landwirtschaft zu erleichtern und/oder die Zeitplanung und möglicherweise auch die Präzision der landwirtschaftlichen Arbeiten zu verbessern. Die Automatisierung der Landwirtschaft umfasst auch Technologien für die Präzisionslandwirtschaft (precision farming). Beispiele für Maschinen und Geräte, die in der landwirtschaftlichen Automatisierung eingesetzt werden, sind:

Automatisierte Geräte sind in diesem Kontext Systeme, bei denen einige (teilautomatisierte) oder alle (vollautomatisierte) Funktionen, eine bestimmte Tätigkeit oder ein bestimmtes Verhalten einer Maschine oder eines Maschinensystems so automatisiert wurden, dass sie ohne menschliches Eingreifen funktionieren.

Zentrale Botschaften der FAO zur Automatisierung in der Landwirtschaft

  1. Die Automatisierung der Landwirtschaft kann eine wichtige Rolle bei der Verwirklichung der Ziele für nachhaltige Entwicklung (SDGs) spielen, nicht zuletzt bei SDG 1 (keine Armut) und SDG 2 (kein Hunger) und den Zielen in Bezug auf ökologische Nachhaltigkeit und Klimawandel, indem sie die Widerstandsfähigkeit stärkt, die Produktivität und die Ressourceneffizienz erhöht und die Lebensmittelqualität und -sicherheit verbessert.
  2. Die Automatisierung der Landwirtschaft kann Ungleichheiten vertiefen, wenn sie für Kleinerzeuger und andere Randgruppen wie Jugendliche und Frauen unzugänglich bleibt. Bestimmte Technologien - große motorisierte Maschinen - können sich auch negativ auf die Umwelt auswirken, da sie beispielsweise zu Monokulturen und Bodenerosion beitragen.
  3. Vor der digitalen Revolution war die motorisierte Mechanisierung (z. B. Traktoren) der Schlüssel zur weltweiten Umgestaltung der Landwirtschaft. Allerdings gab es große Unterschiede bei der Einführung zwischen und innerhalb von Ländern, wobei die Einführung in den meisten afrikanischen Ländern südlich der Sahara besonders begrenzt war.
  4. Wenn sie auf die lokalen Bedürfnisse zugeschnitten ist und durch digitale Werkzeuge unterstützt wird, hat die motorisierte Mechanisierung immer noch das Potenzial, die landwirtschaftliche Produktivität zu verbessern, was zu einer Verringerung der Armut und einer verbesserten Ernährungssicherheit führt, mit positiven Spillover-Effekten auf die Wirtschaft insgesamt.
  5. Der Einsatz digitaler Automatisierungstechnologien nimmt zu, allerdings hauptsächlich in Ländern mit hohem Einkommen. Einige Technologien befinden sich noch in der Prototyp-Phase, während bei anderen eine begrenzte ländliche Infrastruktur - wie Konnektivität und Elektrizität - ihre Verbreitung behindert, insbesondere in Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen.
  6. Investitionen in die grundlegende Infrastruktur und die Verbesserung des Zugangs zu ländlichen Dienstleistungen (z. B. Finanzen, Versicherungen, Bildung) sind der Schlüssel, um den Zugang zu diesen Technologien zu gewährleisten, insbesondere für marginalisierte Gruppen wie landwirtschaftliche Kleinerzeuger und Frauen.
  7. Digitale Automatisierungstechnologien haben ein großes Potenzial für mehr Effizienz, Produktivität, Nachhaltigkeit und Widerstandsfähigkeit. Dennoch sind integrative Investitionen erforderlich - unter Einbeziehung von Erzeugern, Herstellern und Dienstleistern, mit besonderem Augenmerk auf Frauen und Jugendliche -, um Technologien weiterzuentwickeln und auf die Bedürfnisse der Endnutzer zuzuschneiden.
  8. Die Auswirkungen der Automatisierung der Landwirtschaft auf die Beschäftigung sind je nach Kontext unterschiedlich. Bei steigenden Löhnen und Arbeitskräftemangel kann die Automatisierung sowohl den Arbeitgebern als auch den Arbeitnehmern in der Landwirtschaft und im Lebensmittelsektor im weiteren Sinne zugute kommen und Möglichkeiten für qualifizierte junge Arbeitnehmer schaffen.
  9. Wo ländliche Arbeitskräfte im Überfluss vorhanden sind und die Löhne niedrig sind, kann die Automatisierung der Landwirtschaft zu Arbeitslosigkeit führen. Dies kann der Fall sein, wenn Subventionen die Automatisierung künstlich verbilligen oder plötzliche technologische Durchbrüche die Automatisierungskosten sehr schnell sinken lassen.
  10. In Gegenden, in denen es viele Arbeitskräfte gibt, sollten die politischen Entscheidungsträger es vermeiden, die Automatisierung zu subventionieren, sondern sich vielmehr darauf konzentrieren, ein günstiges Umfeld für ihre Einführung zu schaffen - insbesondere für landwirtschaftliche Kleinerzeuger, Frauen und Jugendliche - und gleichzeitig den am wenigsten qualifizierten Arbeitnehmern, die während des Übergangs eher ihren Arbeitsplatz verlieren werden, sozialen Schutz zu bieten.
  11. Die Schaffung eines förderlichen Umfelds erfordert vielfältige, aufeinander abgestimmte Maßnahmen, u. a. in den Bereichen Gesetzgebung und Regulierung, Infrastruktur, institutionelle Regelungen, Bildung und Ausbildung, Forschung und Entwicklung sowie Unterstützung privater Innovationsprozesse.
  12. Investitionen und andere politische Maßnahmen zur Förderung einer verantwortungsvollen Automatisierung in der Landwirtschaft sollten auf kontextspezifischen Bedingungen beruhen, wie z. B. dem Stand der Netzanbindung, den Herausforderungen in Bezug auf Wissen und Fähigkeiten, der Angemessenheit der Infrastruktur und der Ungleichheit beim Zugang. (FAO, SOFA 2022)

Die Evolution von Mechanisierung und Automatisierung

Die heutige Automatisierung der Landwirtschaft steht am Ende einer langen Entwicklung der Mechanisierung in der Geschichte der Landwirtschaft. Die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) definiert Mechanisierung als den Einsatz aller Arten von Maschinen und Geräten, von einfachen und grundlegenden Handwerkzeugen bis hin zu anspruchsvolleren und motorisierten Maschinen, bei landwirtschaftlichen Arbeiten. Bei der Mechanisierung wird also nur der ausführende Teil der landwirtschaftlichen Arbeit automatisiert, und der Grad der Automatisierung nimmt zu, je weiter man von einfachen Handwerkzeugen zu motorisierten Maschinen kommt.

Der Durchführung einer landwirtschaftlichen Tätigkeit gehen immer zwei Phasen voraus: Diagnose (diagnosis) und Entscheidungsfindung (decision making). Die folgende Abbildung zeigt die drei Phasen als einen zyklischen Prozess mit ständiger Rückkopplung zwischen ihnen.

Drei-Phasen-Zyklus eines automatisierten Systems
Drei-Phasen-Zyklus eines automatisierten Systems

Quelle: FAO 2022

Die Durchführung jeder landwirtschaftlichen Maßnahme - von der Ernte über die Krankheitsbekämpfung bis hin zur Bewässerung - beginnt in der Regel mit einer Diagnose des jeweiligen Sachverhalts, um festzustellen, ob und welche Maßnahmen erforderlich sind. Zur Veranschaulichung: Vor der Bewässerung müssen die Erzeuger wissen, ob die Pflanzen Wasser benötigen. In ähnlicher Weise müssen die Viehzüchter den Gesundheitszustand der Tiere kennen, bevor sie Antibiotika verschreiben. Eine Diagnose kann auf der Grundlage der Erfahrung der Erzeuger erstellt werden, sie kann aber auch durch Sensoren, die von den Erzeugern überwacht werden, automatisiert werden. Sobald eine Diagnose gestellt ist, entscheiden die Erzeuger, was wann getan werden muss (z. B. wie viel Bewässerung oder Antibiotika erforderlich sind). Die Entscheidungen können dann von den landwirtschaftlichen Erzeugern auf der Grundlage ihrer Erfahrung und ihres Wissens getroffen werden, oder sie können durch Steuerungen automatisiert werden, die Signale auf der Grundlage der von den Sensoren in der Diagnosephase erhaltenen Informationen senden. In der dritten und letzten Phase, der Ausführung (performing) können die Landwirte die landwirtschaftlichen Arbeiten entweder direkt mit Handgeräten oder Tieren durchführen oder verschiedene Maschinen bedienen.

Mit den fortschrittlichsten Automatisierungstechnologien können die drei Phasen vollständig automatisiert werden. Ein Beispiel dafür sind Obsternte-Roboter. Diese Roboter führen alle drei Phasen nacheinander und automatisch aus, während die Landwirte lediglich die Sensoren überwachen und die Geräte warten. Jede Technologie, die mindestens eine der drei Phasen automatisiert, kann als Automatisierungstechnologie eingestuft werden.

In einigen Fällen kann die Durchführungsphase auch die Erfassung von Daten beinhalten (z. B. die Erstellung von Ertragskarten während der Ernte), die dann in die Diagnosephase einfließen, daher die zyklische Darstellung in obiger Abbildung.

Mit dem Aufkommen digitaler Technologien und automatisierter Geräte wie Sensoren und Roboter, die sich auf maschinelles Lernen und KI stützen, wird die Automatisierung von Diagnose und Entscheidungsfindung möglich. Motorisierte Maschinen werden zunehmend durch neue digitale Geräte ergänzt oder sogar ersetzt, die die Diagnose und Entscheidungsfindung automatisieren. So kann beispielsweise ein herkömmlicher Traktor in ein automatisiertes Fahrzeug umgewandelt werden, das in der Lage ist, ein Feld selbstständig zu säen. Während also die Mechanisierung harte und sich wiederholende Arbeiten erleichtert und reduziert und den Arbeitskräftemangel behebt, sorgen digitale Automatisierungstechnologien für eine weitere Produktivitätssteigerung, indem sie eine präzisere Durchführung landwirtschaftlicher Arbeiten und eine effizientere Nutzung von Ressourcen und Betriebsmitteln ermöglichen. Infolgedessen kann die digitale Automatisierung zu mehr ökologischer Nachhaltigkeit und größerer Widerstandsfähigkeit gegenüber Klimaschocks und -stress führen. Die möglichen Auswirkungen auf die Arbeitskräfte müssen jedoch sorgfältig geprüft werden.

Die folgende Abbildung stellt diese technologische Entwicklung dar und veranschaulicht die Entwicklung der landwirtschaftlichen Technologien - mit Beispielen für jede einzelne - von denjenigen, die ausschließlich die physische Durchführung von Vorgängen unterstützen, bis hin zu denjenigen, die Diagnose und Entscheidungsfindung unterstützen.

Evolution of agricultural automation
Evolution of agricultural automation

Quelle: FAO 2022

Die Abbildung ist eine Vereinfachung der historischen Realität der Entwicklung von Automatisierungstechnologien; es kann zu Überschneidungen und Grauzonen zwischen den Kategorien kommen. Dennoch hilft sie, die landwirtschaftliche Automatisierung zu definieren. Das Konzept der landwirtschaftlichen Automatisierung wird auf die drei blau schattierten Felder angewandt. Auf dieser Grundlage schlägt die FAO in ihrem Bericht eine Definition der Automatisierung in der Landwirtschaft vor:

"der Einsatz von Maschinen und Geräten in der Landwirtschaft zur Verbesserung der Diagnose, der Entscheidungsfindung oder der Ausführung, zur Verringerung der mühsamen Arbeit in der Landwirtschaft und/oder zur Verbesserung der Pünktlichkeit und möglicherweise der Präzision der landwirtschaftlichen Arbeiten."

Nach dieser Definition umfasst die Automatisierung in der Landwirtschaft auch die Präzisionslandwirtschaft, d.h. eine Managementstrategie, die Daten sammelt, verarbeitet und analysiert, um Managemententscheidungen zu verbessern.

Die technologische Entwicklung lässt sich anhand der folgenden Technologiekategorien zusammenfassen:

autonome Landmaschinen

Landmaschinen, die sich selbstständig in einer Kultur bewegen und beispielsweise auf dem Acker und mithilfe von Kameras und Sensoren Unkräuter und Schädlinge beseitigen. Aktuelle Schätzungen gehen davon aus, dass der Markt für landwirtschaftliche Robotik von 750 Millionen Euro in 2014 auf bis zu 15 Milliarden Euro im Jahr 2020 wachsen wird. Auch für den ökologischen Landbau werden sich daraus neue Möglichkeiten ergeben.

Einsatzmöglichkeiten sieht man beispielsweise auch für Sonderkulturen (Apfelpflücken, Reben zurückschneiden). Auch zum Hüten und Treiben von Rindern auf der Weide werden geeignete Roboter entwickelt.

Weitere Informationen:

Avizid

Biozid gegen Schadvögel (z.B. Webervögel in Afrika).

Avocado

Die Avocado (Persea americana Mill., auch Persea gratissima C.F.Gaertn.) ist eine Pflanzenart aus der Familie der Lorbeergewächse (Lauraceae). Die Frucht ist aus botanischer Sicht eine Beere und hat historisch viele andere, heute seltene Bezeichnungen wie etwa Avocadobirne, Alligatorbirne oder Butterfrucht erhalten.

Herkunft und Anbaugebiete

Der Baum hat seinen Ursprung im feuchtwarmen tropischen Regenwald Mexikos und Zentralamerikas. Er wird heute in über 400 Kultursorten weltweit in den Tropen sowie in Südafrika, Israel, Kalifornien, Chile, Peru, Australien, Neuseeland und Südspanien (Málaga und an der Küste von Granada) angebaut. Im Mittelmeerraum wird die Avocado erst seit Anfang des 20. Jahrhunderts kultiviert.

Eigenschaften

Avocados gelten als Superfood. Sie sind reich an ungesättigten Fettsäuren sowie Kalium und sollen angeblich sogar vor Herzinfarkt und Krebs schützen. Der Avocado-Hype hält sich seit Jahren.

Auswirkungen des Avocado-Anbaus und -Konsums

Exportschlager aus Kenia:
Avocados mit besserer Ökobilanz

Jetzt stößt auch Kenia in Ostafrika mit dem Avocado-Anbau dazu - aber als positives Vorbild in Sachen Umwelt und kleinbäuerliche Landwirtschaft. Nur drei Autostunden entfernt von Kenias Hauptstadt Nairobi sind die Bedingungen für die wärmeliebende und durstige grüne Frucht bereits ideal. Hier im zentralen Hochland Kenias regnet es viel, und der Boden ist fruchtbar. Die wertvollen Früchte wachsen hier beinahe wie von allein, ohne Chemie und ohne künstliche Bewässerung. Der Regen reicht für eine Ernte im Jahr.
Über 90 Prozent der Avocados aus Kenia werden von Kleinbauern erzeugt. Die Bäume wachsen auf Grundstücken, auf denen die Bauern ihr Vieh frei herumlaufen lassen und sonst nichts anbauen, also etwa so wie in Deutschland Obstbäume auf einer Streuobstwiese. Die Bauern setzen überhaupt keine Chemikalien ein. Der Anbau ist rein biologisch.

„Die kenianischen Bauern beherrschen diese Technologie nicht. Aber ich bin sicher, dass sich das ändern wird, wenn viele ausländische Unternehmen auf den Markt drängen. Wir wissen, dass die Produktion stark zunehmen wird.“ (Peter Kamau, Forschungsinstitut icipe in Nairobi).
Nach der Ernte werden die Avocados direkt am Flughafen von Nairobi sortiert, verpackt und dann auf den Weg Richtung Europa geschickt.
Allerdings geht Kamau davon aus, dass in Kenia Avocados auch in Zukunft nicht in Plantagen gezogen werden. Er glaubt, dass die Böden trotz des großen Wasserverbrauchs der Avocado-Bäume nicht veröden werden, weil es im Hochland von Kenia ausreichend feucht sei.
„Ich erwarte sogar Vorteile bei unserem Bemühen um Wiederaufforstung. Wir haben viele Bäume gefällt, aber niemand wird einen Avocadobaum fällen, weil die Geld bringen.“
Sicher ist: Immer mehr Kleinbauern in Kenia satteln um. Statt Kaffee oder Tee anzubauen, pflanzen sie Avocadobäume. Farmer Simon Kimani hofft, dass er sich sein Leben so leichter macht.
„Kaffee macht viel Arbeit, meint er. Mit Avocados ist es einfacher. Du hast mehr Geld und weniger Mühe.“
Der Transport mit dem Flugzeug ist der Schwachpunkt in der Ökobilanz der Avocados aus Kenia. Dafür ist als Plus auf der Habenseite die Wiederaufforstung bisher baumloser Flächen mit Avocados zu verbuchen.

Quellen: br.de / deutschlandfunk.de

Wirtschaftliche Bedeutung

Im Jahr 2018 wurden laut FAO weltweit rund 6,4 Millionen t Avocados geerntet. Die zehn größten Produzenten ernteten zusammen 77,7 % der Welternte. Die Hauptproduzenten sind Mexiko mit 2.184.663 Tonnen, gefolgt von Dominikanischer Republik (644.306 t), Peru (504.517 t) und Indonesien (410.094 t).

Im Jahr 2017 waren die größten Importeure von Avocados die USA mit 900.198 Tonnen, die Niederlande mit 267.197 t und Frankreich mit 145.996 t. Deutschland lag auf Platz 8 (145.996 t), die Schweiz auf Platz 22 (14.694 t) und Österreich auf Platz 27 (8.294 t).

Die größten Exporteure waren zur gleichen Zeit: Mexiko (896.557 t), Peru (247.363 t) und die Niederlande (243.810 t).

Weitere Informationen: