Lexikon des Agrarraums

Kurt G. Baldenhofer

Zuckerrohrplantage in Australien

Kohlendioxid

CO2 gilt als das wichtigste anthropogene Treibhausgas, das schätzungsweise zu 50 % zum anthropogenen Treibhauseffekt beiträgt. Die bedeutendsten anthropogenen Quellen für CO2 sind die Verbrennung fossiler Brennstoffe (seit Mitte dieses Jahrhunderts dominierend) sowie die großflächige Vernichtung von Wäldern. Der CO2-Gehalt der Atmosphäre ist seit Beginn der Industrialisierung (ca. 1800) von 280 auf 360 ppm, d.h. um rund ein Viertel angestiegen. Ein Anstieg auf 550 ppm bis zum Jahr 2050 und auf ca. 700 ppm bis 2100 gilt bei unverminderter CO2-Freisetzung als gewiss.

Der auf den Landmassen, in Meeren und Atmosphäre vorkommende Kohlenstoff wird ständig ausgetauscht, wobei sich deren Reservoire hinsichtlich Größe, Komplexität und Verfügbarkeit sowie ihrer chemischen Zusammensetzung unterscheiden. Der Austausch der einzelnen Komponenten verläuft allerdings auf sehr unterschiedlichen Zeitskalen (Sekunden bis Jahrmillionen).

Der Anstieg der atmosphärischen CO2-Konzentration wurde vor 1850 nahezu ausschließlich durch die Umwandlung von Waldflächen in landwirtschaftliche oder anderweitig genutzte Flächen hervorgerufen. Die gegenwärtig wichtigsten Quellen sind Landnutzungsänderungen (Abholzung von Primärwäldern und Umwidmung der Flächen für Landwirtschaft, Industrie und Besiedlung) und die Verbrennung fossiler Brennstoffe. Die Ausweitung der landwirtschaftlichen Nutzflächen erfolgte zunächst vor allem in Europa, den USA und Teilen Ostasiens. Innerhalb der letzten 100 Jahre sind vor allem die Tropen betroffen, wohingegen während der vergangenen Jahrzehnte die Waldflächen in den meisten Industrieländern wieder zunahmen.

Lange Messreihen ergeben ein zuverlässiges Maß für den globalen Anstieg der Kohlendioxid-Konzentration. Dank ihrer Genauigkeit ermöglichen sie es, den Effekt der Verbrennung fossiler Brennstoffe von natürlichen Konzentrations-Schwankungen zu unterscheiden. Auf dieser Grundlage kann die langfristige Veränderung des Kohlendioxid-Vorrats in der Atmosphäre mit Klimamodellen genauer analysiert werden. Während in den 1950er-Jahren der jährliche Anstieg auf Mauna Loa im Mittel noch bei 0,55 ppm Kohlendioxid lag, stieg der Welttrend in den vergangenen 15 Jahren im Mittel auf 2,18 ppm/Jahr, in Mauna Loa auf 2,25 ppm/Jahr. Gegenüber den 1950er-Jahren wurde damit der globale Kohlendioxid-Anstieg annähernd vervierfacht.

Kohlendioxid-Konzentration in der Atmosphäre (Monatsmittelwerte)
Kohlendioxid-Konzentration in der Atmosphäre (Monatsmittel)

Die weltweite CO2-Konzentration lag im Jahr 2022 bei 417.07 µmol/mol (auch ppm) CO2 (NOAA 2022). Hinzu kommen Konzentrationen weiterer THG, die ebenfalls zum weltweiten ⁠Klimawandel⁠ beitragen.

Die Auswertung von Messungen der atmosphärischen CO2-Konzentration für das Jahr 2015 an den Messstationen des Umweltbundesamtes Schauinsland (Südschwarzwald) und auf der Zugspitze hat gezeigt, dass in diesem Jahr die Konzentration an beiden Stationen im Jahresdurchschnitt erstmals über 400 µmol/mol lag. Zum Vergleich: Die CO2-Konzentration aus vorindustrieller Zeit lag bei etwa 280 µmol/mol.

Quelle: Umweltbundesamt / NOAA Global Monitoring Division and Scripps Institution of Oceanography / World Meteorological Organization

Hinsichtlich der Senken bestehen noch Unsicherheiten, insbesondere gibt es Hinweise auf noch nicht identifizierte Senken. Gesichert scheint aber die Rolle der Ozeane als wichtigster Senke. In der Biosphäre werden durch die Photosynthese große Kohlenstoffmengen im Bereich von 120 Milliarden Tonnen Kohlenstoff jährlich aus der Atmosphäre aufgenommen, in Glukose und andere organische Verbindungen umgewandelt und von Pflanzen, Tieren und Zersetzern wieder zu CO2 in die Atmosphäre veratmet. Im Gleichgewicht (bei gleichbleibender Vegetation) sind beide Mengen gleich groß, so daß im Mittel keine Veränderung des CO2-Gehaltes der Atmosphäre eintritt.

Die jährlich emittierte CO2-Menge von ca. 6 Milliarden Tonnen Kohlenstoff aus fossilen Quellen mag gegenüber den biologisch umgesetzten Mengen klein erscheinen, sie ist es jedoch, die zusammen mit der großflächigen Zerstörung der Wälder, eine Veränderung des atmosphärischen CO2-Gehaltes bewirkt, gewissermaßen den Überlauf des Reservoirs darstellt.

Während etwa 80 % der oberirdischen Vegetation in Wäldern festgelegt ist, entfallen auf die agrarisch genutzten Flächen nur 0,8 % des Gesamtbiomassevorrates der Erde. Der an 100 % fehlende Rest besteht aus der nicht verholzten natürlichen Vegetation (z.B. Savannen).
Die in der Landwirtschaft durch Pflanzen aufgenommenen und über Tiere bzw. Produktverwertung abgegebenen CO2-Mengen kompensieren einander weitgehend. So kann die Landwirtschaft wegen der kurzen Speicherungszeiträume für CO2 nur indirekt zur Minderung der Emission von CO2 aus fossilen Quellen beitragen.

Als landwirtschaftliche Quellen für CO2-Emissionen, die zum zusätzlichen Treibhauseffekt beitragen, können nur auf fossilen Energieträgern beruhende Energieanwendungen und Vorleistungen sowie Freisetzungen aus Kohlenstoffdepots (Humus, Torf) bei Boden- und Landnutzungsänderungen (Waldrodung) betrachtet werden.

So hat die Landwirtschaft in Deutschland im Vergleich zu anderen Verursachergruppen eine untergeordnete Bedeutung bei den CO2-Emissionen, die sich auf 2 - 4 % der deutschen CO2-Emissionen belaufen. Im Durchschnitt der Haupterwerbsbetriebe werden 1,4 t CO2/ha freigesetzt, Betriebe des ökologischen Landbaus emittieren im Schnitt nur 0,54 t CO2.

Gesamtemissionen an CO2 aus der holländischen Landwirtschaft und deren anteilige Herkunft aus den verschiedenen Produktionsbereichen
Gesamtemissionen an CO2 aus der holländischen Landwirtschaft und deren anteilige Herkunft aus den verschiedenen Produktionsbereichen

1 Energie für externe Vorleistungen
2 Energieeinsatz im Betrieb selbst
3 vorwiegend bei kultivierten Moorböden

Quelle: Sauerbeck 1994

Einige landwirtschaftliche Optionen für die Minderung von CO2-Emissionen (vgl. Treibhauseffekt):

Forstwirtschaft kann direkt und indirekt zur Entschärfung des CO2-Problems eingesetzt werden. Durch die Produktion von langlebiger Biomasse wird Kohlenstoff sowohl in den Bäumen wie auch nach deren Fällung im gewonnenen Nutzholz teilweise über längere Zeit festgelegt. Durch die Verbrennung von Schwachholz kann fossile Energie substituiert werden.

Durch ein Mehrangebot an CO2 in der Umgebungsluft wird für die meisten C3-Pflanzenarten (die Mehrheit aller Wild- und Kulturpflanzenarten) eine Stimulation der Photosyntheseleistung und daraus resultierend eine Förderung der Biomasseproduktion angenommen. Allerdings geht man davon aus, dass der Ertragszuwachs oberhalb von ca. 700 ppm CO2-Konzentration deutlich abflacht.
Modellrechnungen führen zu dem Schluß, daß bei einer CO2-Konzentration von 550 ppm und Temperatur- und Niederschlagsverhältnissen, die dem pliozänen Klimaoptimum entsprechen, die Produktivität von C3-Pflanzen (u.a. Weizen, Gerste, Hafer und Reis) um 30 - 65 % steigen kann. C4-Pflanzen wie Mais profitieren vom CO2-Anstieg indirekt vor allem unter wachstumslimitierender Trockenheit.

Nach einem paläoanalogen Szenarium werden die mittleren Breiten Eurasiens und Nordamerikas und die Weizengürtel von Australien und Argentinien die produktivsten Regionen werden bzw. bleiben. Die Übertragbarkeit von Versuchen unter Gewächshausbedingungen auf Freilandstandorte und auch die Langzeitwirkung einer erhöhten CO2-Konzentration sind noch sehr unsicher. Zudem belegen manche Studien, daß in erster Linie die vegetative Pflanzenmasse und nicht unbedingt auch der - ökonomisch viel wichtigere - Frucht- bzw. Samenertrag. Auch kann die Ertragsbildung erheblich gestört werden, wenn die Entwicklungsgeschwindigkeit der Pflanze steigt und die Abreife früher einsetzt. Nachgewiesen ist ferner eine nicht unbeträchtliche Veränderung der Gewebestruktur und der stofflichen Zusammensetzung der Pflanzen, vor allem durch die Zunahme der Kohlenhydrate zu Lasten der stickstoffhaltigen Eiweißverbindungen.

Der CO2-Effekt darf grundsätzlich nicht isoliert, sondern nur im Zusammenspiel mit der Gunst oder Ungunst aller übrigen Wachstumsfaktoren betrachtet werden.

Die Konsequenzen für die landwirtschaftliche Produktion beinhalten demnach viele offene Fragen, z.B. zu folgenden Aspekten:

(s. a. Klimaszenario (Westeuropa) und Landwirtschaft)

Weitere Informationen:

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