Lexikon des Agrarraums

Kurt G. Baldenhofer

Zuckerrohrplantage in Australien

Weizen

Bezeichnung für eine Reihe von Pflanzenarten der Süßgräser (Poaceae) der Gattung Triticum L. bezeichnet. Als Getreide werden vor allem zwei Arten angebaut: Weichweizen (Triticum aestivum) und Hartweizen (Triticum durum). Etymologisch leitet sich das Wort Weizen vom „weißen“ (hellen) Mehl und der hellen Farbe der Weizenfrucht ab, der Gattungsname Triticum (Mahlfrucht, Dreschgetreide) vom lateinischen Partizip tritum (gerieben, gedroschen).

Die Weizen-Arten erreichen Wuchshöhen von etwa 0,5 bis 1 m. Der Halm ist rundlich. Von der Gesamterscheinung wirkt er dunkelgrün und die Ähre gedrungen. Morphologisches Unterscheidungsmerkmal sind die kurzen bewimperten Blattöhrchen, die im Gegensatz zur Gerste, den Halm nicht umschließen. Das Blatthäutchen ist mittelgroß und gezähnt. Die Früchte werden botanisch als „einsamige Schließfrüchte“ (Karyopsen) bezeichnet, das Tausendkorngewicht beträgt 40–65 Gramm. Sie sind maximal zu viert in einem Ährchen angeordnet. Die Ährchen wiederum sind zu einer Ähre zusammengefasst.

Weltweit existieren Tausende von Weizensorten, die jeweils unterschiedliche Ansprüche an Klima und Boden haben.

Verwendung

Weizen ist nach Reis das zweitwichtigste Grundnahrungsmittel der Welt. 4,5 Milliarden Menschen decken ein Fünftel ihres Kalorienbedarfs mit Nahrungsmitteln aus Weizen. Weichweizen wird als Brot oder Brei, Chapati oder Spaghetti verwertet, nicht zu vergessen seine Verarbeitung zu Malz für Weizenbier. Hartweizen wird besonders gerne zur Herstellung von Teigwaren, Couscous und Bulgur verwendet. Weizen ist Rohstoff für Stärke und Kleie (Ballaststoffe). Weizen wird auch als Futtermittel genutzt. Als nachwachsender Rohstoff liefert Weizen Stärke für verschiedene industrielle Produkte, z.B. in der Papierindustrie. Als Energiepflanze wird er eingesetzt zur Biokraftstoff- und Wärmeerzeugung.

Gegenüber Reis und Mais hat Weizen einen entscheidenden Vorteil: Er ist backfähig. Aus ihm kann man Brotlaibe und nicht nur Fladenbrot backen. Diese Eigenschaft beruht auf dem Klebereiweiß, dem Gluten, über das alle Weizenverwandten verfügen. Dazu zählen Dinkel, Einkorn, Emmer und Kamut.

Anbau

Flächenmäßig ist Weizen heute weltweit, in Europa und in Deutschland das bedeutendste Getreide. 2014 belief sich die Anbaufläche für Weizen weltweit auf 220 Millionen Hektar.

Weizen wird in Gebieten mit beschränkter Feuchtigkeit während der Anbausaison (USA, Australien, GUS, Naher Osten, Nordafrika), aber auch in Gebieten mit ausreichenden Niederschlägen (Westeuropa) angebaut. In Asien (Indien, Pakistan, China) wird Weizen häufig großflächig bewässert.

Grundsätzlich wird Weizen nach Anbauzeit (Winter- bzw. Sommergetreide), Glutengehalt (Weich- bzw. Hartweizen) und Kornfarbe (rot, weiß, bernsteinfarben) unterschieden. Weichweizen (Triticum aestivim) ist die wichtigste Weizenart und wird als Winter- oder Sommergetreide angebaut. Hartweizen (Triticum durum), der ca. 10 % der weltweiten Erntemenge ausmacht, wird i. d. R. als Sommergetreide angebaut.

Rund 3,2 Mio. Hektar (entspricht 27 % der Ackerfläche) werden in Deutschland mit Weizensorten bestellt. Der Selbstversorgungsgrad betrug 134 % (2013). Deutschland ist nach Frankreich der größte europäische Weizenproduzent mit einer Ernte von rund 27 Mio. t Weizen im Jahr 2014.

Der durchschnittliche Ertrag lag 2014 weltweit bei 33,0 dt/ha, während in Deutschland ca. 86 dt/ha geerntet wurden. Spitzenwerte liegen bei 120 dt/ha. Diese sind, nach Mais, die zweithöchsten Kornerträge aller Getreidearten. Es werden durchschnittlich 2 dt/ha Saatgut ausgebracht.

Hartweizen ist besonders für die Herstellung von Teigwaren (Hartweizengrieß) geeignet – wird aber in Deutschland so gut wie nicht angebaut (2009: 62.000 t, dies entspricht lediglich 0,2 % der gesamten Weizenproduktion).

Weizen wird in Deutschland hauptsächlich als Wintergetreide angebaut und als Futter- und Brotweizen verwendet. In Süddeutschland wächst auch Hartweizen, der speziell für die Nudelherstellung (u.a. Spaghetti) verwendet wird.

Wie viel Getreide benötigt man für ein Brot?

Für ein 1000 g-Weizenbrot muss ein Landwirt etwa 850 g Weizenkörner vom Acker ernten. Dies entspricht einer Zahl von etwa 17.000 Weizenkörnern. Bei einem Durchschnittsertrag von rund 800 g beziehungsweise 16.000 Weizenkörnern je Quadratmeter muss der Landwirt also etwas mehr als einen Quadratmeter Weizen ernten – genau genommen 1,06 Quadratmeter – um die Menge an Weizenkörnern für ein 1.000 g-Weizenbrot zu erhalten. Um 800 g bzw. 16.000 Weizenkörner von einem Quadratmeter Acker ernten zu können, hat der Landwirt im zurückliegenden Herbst etwa 400 Körner auf dieser Fläche ausgesät. Nach etwa acht bis neun Monaten Wachstumszeit mit ausreichend Regen und Sonne sowie guter Pflege kann der Landwirt im Sommer das 40-fache der Aussaatmenge vom Feld ernten.

Quelle: BZL

Herkunft

Der heutige Saatweizen ging aus der Kreuzung mehrerer Getreide- und Wildgrasarten hervor. Die ersten angebauten Weizenarten waren Einkorn (Triticum monococcum) und Emmer (Triticum dicoccum). Ihr Herkunftsgebiet ist der Vordere Orient (Fruchtbarer Halbmond).

Die ältesten Nacktweizenfunde stammen aus der Zeit zwischen 7800 und 5200 v. Chr. Damit ist Weizen nach der Gerste die zweitälteste Getreideart. Mit seiner Ausbreitung nach Nordafrika und Europa gewann der Weizen grundlegende Bedeutung.

Die ältesten Funde von Nacktweizen in Europa stammen aus dem westmediterranen Raum dem Siedlungsbereich der Cardial- oder Impressokultur.Im Endneolithikum war der Nacktweizen nach zwischenzeitlicher Ausbreitung über Mitteleuropa auf eine Region beiderseits des Oberrheins und der Schweiz reduziert. Doch lange blieb der Anbau hinter dem der Getreidearten Einkorn, Emmer und Gerste zurück. Erst durch das Weißbrot, das ab dem 11. Jahrhundert in Mode kam, etablierte sich der Weizen.

Weizen

Weizen

Heute wird Weizen auf einer größeren Landfläche angebaut, als jede andere Marktfrucht, und er bleibt weiterhin das wichtigste Speisegetreide für die menschliche Ernährung.
4,5 Milliarden Menschen decken ein Fünftel ihres Kalorienbedarfs mit Nahrungsmitteln aus Weizen – als Brot oder Brei, Chapati oder Spagetti.

Die FAO schätzt, dass sich der Weizenbedarf in den Entwicklungsländern bis 2050 um 60 Prozent erhöhen wird.

Quelle: FAO

Diverses

Weizen wird weltweit an Warenterminbörsen gehandelt, unter anderem an der Chicago Board of Trade (CBoT), der Kansas City Board of Trade (KCBOT), der Eurex (Zürich) und der MATIF (Paris).

In den vergangenen Jahren steht der Weizenanbau verstärkt Problemen durch teils multiresistente Unkräuter (z. B. Ackerfuchsschwanz) und Pilzen (neue Varianten des Schwarzrosts) gegenüber.

Seit 2011 gibt es die Internationale Weizeninitiative als Zusammenschluss von inzwischen 16 Staaten. Sie beschäftigt sich u.a. mit Möglichkeiten, das Ertragspotenzial zu erhöhen und zu stabilisieren aber auch damit, die Weizenproduktion nachhaltiger zu gestalten und krankheitsresistentere Sorten zu schaffen.

Weitere Informationen:

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