Ecofarming
Konzept der kleinbäuerlichen Landbewirtschaftung in den wechselfeuchten und immerfeuchten Tropen, das durch Rückbesinnung auf gelungene traditionelle Agrarkulturen unter weitgehendem Verzicht auf zugekaufte Hilfsmittel die Bodenproduktivität durch standortangepaßte, umweltschonende Bewirtschaftungsmethoden zu steigern und langfristig zu erhalten sucht. Das Ecofarming orientiert sich am Mangel in Entwicklungsländern und ist als Alternative zur Technologie der Grünen Revolution entwickelt worden.
Aus vielen tropischen Gebieten liegen Untersuchungen über standortgerechte Wirtschaftsformen vor. Die vielgestaltige naturräumliche Gliederung verbietet es aber, die Ergebnisse zu verallgemeinern und auf andersgeartete Räume zu übertragen. Bereits die autochthonen Intensivsysteme haben eine nachhaltige Erhaltung der Bodenfruchtbarkeit bei Besiedelungsdichten häufig bis zu dreihundert, in einigen Fällen bis fünfhundert Menschen pro km² geleistet. In diesen Beispielen ist es der lokalen Bevölkerung gelungen, durch einen ökologisch sinnvollen Methodenwandel den Schritt vom Wanderfeldbau zur permanenten Landnutzung zu vollziehen. Dabei ergeben sich erstaunliche methodische Ähnlichkeiten trotz klimatischer und ethnischer Vielfalt:
- Permanente Agroforstwirtschaft: Bäume und Büsche sind in großer Zahl in den Feldbau integriert. Sie haben stabilisierende und produktive Aufgaben.
- Organische Methoden: Stets werden pflanzliche und tierische Abfälle als Dünger verwendet (Kompost, Mulchen, Gründüngung).
- Mischkulturen: Die Feldkulturen werden meist in komplizierten, z.T. mehrstöckigen (multistorey) Mischungen angepflanzt.
- Intensivbrachen: Kurze, ein bis zwei Jahre dauernde Buschbrachen stehen in Rotation zu den Mischkulturen.
- Naßreiskultur: Ihr natürliches Vorbild ist die periodisch überschwemmte Flußaue. Ihr global-ökologischer Wert ist fragwürdig wegen der Entstehung von klimarelevanten Spurengasen (Methan).
Egger (1989) empfiehlt, daß jedes Ecofarming-Konzept an diesen Methoden ansetzen und von ihnen das grundsätzliche "Ecodesign" ableiten solle. Eine notwendige standortbezogene Entwicklung in den Tropen stellt den ökologischen Landbau in Kontrast zur Grünen Revolution mit ihrem Technologietransfer aus den Industrieländern. Sinnvoll ist die langsame Methodenentwicklung im Dialog mit lokalen Partnern. Moderne technische Hilfsmittel sollen nur moderat zur Stützung des gewünschten Agrarökosystems eingesetzt werden.
Ziele und Merkmale der tropischen Ökolandwirtschaft:
- Stabilität als Produktionssicherheit für die Bauern. Dabei geht es zunächst um die nachhaltige Sicherung der ökologischen Grundfunktionen (Bodenerhaltung, Wasserhaushalt, Sicherung von Humus und mineralischen Nährstoffen) und damit um eine langfristig verläßliche Produktion.
- Vielfalt als ökologische Lebensvielfalt im bewirtschafteten Gebiet, wie auch als daraus folgende Produktvielfalt.
- Standortgerechtigkeit als Merkmal der Kulturlandschaft, die möglichst viele, dem Standort entsprechende Elemente aufnimmt.
- Sozialverträglichkeit, d.h. den Zielen der Bauern entsprechend; sie wird abgedeckt durch die Produktionssicherheit und die durch die Produktvielfalt gewährleistete Unabhängigkeit.
- Ausbau innerbetrieblicher Nährstoffkreisläufe
- ständige Bodenbedeckung durch Kulturvegetation, Mulch- oder Bodendecker zur Erhaltung bzw. Steigerung von Bodenhumusgehalt und -feuchtigkeit sowie zum Schutz des Bodens vor Auswaschung und Verunkrautung
- verbesserte Fruchtfolgen, z.B. durch Einschaltung von humus-(boden-)schonenden, anspruchslosen Feldfrüchten wie Cassava, Bergreis, Süßkartoffel und Kuherbsen sowie durch Einbindung von N-bindenden Leguminosen wie Erdnüsse und Sojabohnen in den Rotationszyklus
- Anbau ohne tiefgründige Bodenbearbeitung (minimum tillage)
- Mischanbau von Kulturpflanzen mit unterschiedlichen Nährstoff- und Lichtansprüchen
- Rotationen verschiedener Nutzungen, evtl. im Wechsel mit kurzdauernder Buschbrache
- biologischer oder "integrierter" biologisch-chemischer Pflanzenschutz
- Einsatz von Kunstdünger nur so weit, wie zur Bodenfruchtbarkeitserhaltung unbedingt erforderlich
- in Tsetse-freien Gebieten Integration von Großviehhaltung in das Betriebssystem (Mistgewinnung)
- Maßnahmen zum Schutz gegen Bodenerosion (Konturanbau, Hecken, Terrassierung)
- Einbeziehung von Bäumen und Büschen in die Bodennutzung (Lieferung von Nahrungsmitteln, Rohstoffen und Viehfutter, Bereitstellung von organischem Material für Kompostierung und Mulchen, Schutz des Bodens vor Überhitzung und Auswaschung, Erzeugung von Brenn- und Bauholz, Aufschließung von Nährstoffen in tieferen Bodenschichten).
Standortgerechte Nutzungsformen für die Ungunsträume der immerfeuchten Tropen sind bislang erst unzureichend erprobt. Hier muß die Bodennutzung der natürlichen Vegetation (Tropischer Regenwald) möglichst nahekommen, wenn eine langfristige Ertragssicherung auf den nährstoffarmen Böden erreicht werden soll. Agroforstwirtschaftssysteme kommen dieser Forderung entgegen. Überzeugende Realisationen sind bislang aber weniger aus dem Tieflands-Regenwald bekannt, sondern vielmehr aus Bergwäldern Ostafrikas oder Kameruns. Ein Durchbruch des Eco-Farming-Konzeptes ist bislang nicht erfolgt. Insbesondere ist eine frustrierende Phase des Durchhaltens zu überbrücken, da die Wirkungen des ökologischen Anbaus auf die bäuerlichen Einkommen erst mittelfristig eintreten.