Lexikon des Agrarraums

Kurt G. Baldenhofer

Zuckerrohrplantage in Australien

Wanderfeldbau

Anbauflächenwechsel in tropischen Entwicklungsländern (vornehmlich in Afrika, auch in Südamerika und SO-Asien) verbunden mit einer Verlegung der Siedlung. Die Anbaufläche wird nach kurzer Nutzung (ca. 2 Jahre) aufgegeben. Eine erneute Inkulturnahme erfolgt erst nach langer Brache. Die Verlegung der Felder führt zu einer zunehmenden Entfernung der Felder von den Wohnsiedlungen, was schließlich bei zu großen Distanzen eine Verlagerung der Siedlungen bedingt. Die Verlegung der Wohnplätze ist häufig nicht nur durch das Bodennutzungssystem bedingt, sondern kann auch andere Ursachen haben: religiöse Gründe, Zauberei, Häufung von Krankheiten, Streit mit Nachbarn, ständige Wildschäden.

Die Mobilität der Flächennutzung verhindert die Entstehung fester Wegenutzung und fester landwirtschaftlicher Infrastrukturen. Tribalistische Bodenbesitzformen sind kennzeichnend. Bei unsicherer Datenlage schätzt man, dass zu Anfang des neuen Jahrhunderts noch 37 Mio. Menschen von dieser kleinflächigen, extensiven Form des Feldbaus abhängig waren, und dass vermutlich nur mehr circa 30 % der kultivierbaren Böden in den Tropen auf diese Weise genutzt werden.

Jedenfalls ist der Wandefeldbau seit Jahrzehnten im Rückgang begriffen. Gründe hierfür sind die wachsende Bevölkerung, die Kommerzialisierung der Agrarprodukte und die verbesserte Erschließung früher schwer zugänglicher Gebiete.

In Südostasien beispielsweise ist heute der nomadisierende Wanderfeldbau nur noch rudimentär in Peripherieräumen erhalten. Er wurde schon seit Längerem von einer mehr oder weniger geregelten Landwechselwirtschaft mit permanenten Siedlungen zurückgedrängt. Hierbei werden die Felder eines Dorfe innerhalb eines bestimmten Areals im Wechsel von Anbau- und Brachejahren genutt. Gerodet wird somit vornehmlich Sekundärwald im Rhythmus von 15 bis 30 Jahren. Dieses System war bzw. ist fast stes subsistenzorientiert und nur dann praktizierbar, wenn der Bevölkerungsdruck nicht zu groß ist und ausreichend Sekundärwaldflächen für die wachsende Bevölkerung zur Verfügung stehen.

Weitere Merkmale des Wanderfeldbaus:

Bei geringen Bevölkerungsdichten und großen Landreserven stellt der Wanderfeldbau eine optimale Anpassung an die ökologischen Möglichkeiten dar. Nicht der Wanderfeldbau gilt als Hauptzerstörer der Tropenwälder, sondern vielmehr die moderne Agrarkolonisation.
Wanderfeldbau wird nicht nur in den Tropenregionen praktiziert, sondern wurde als agrarhistorischer Entwicklungsschritt auch von den meisten Landwirtschaften der Außertropen durchgemacht. Das Landwechselprinzip gilt als erster Schritt vom natürlichen Ökosystem zu landwirtschaftlichen Bodennutzung auf kleinbäuerlicher Ebene.

Die Böden, auf denen auch heute noch der Wanderfeldbau betrieben wird, weisen einige Besonderheiten auf, die für die Gebiete der Außertropen, in denen der Wanderfeldbau überwunden wurde, nicht gelten. Es sind dies Faktoren, die limitierend auf das Pflanzenwachstum wirken und nur schwer vom Menschen verändert werden können (geringe Restmineralgehalte, rascher Abbau organischer Substanz, geringe Kationenaustauschkapazität).

Die Bezeichnung Wanderfeldbau wird in der aktuellen deutschsprachigen Fachliteratur häufig durch das englische shifting cultivation ersetzt. Aber es besteht hinsichtlich der Definition der verschiedenen Formen und Übergangsstufen der Landwechselwirtschaft in der Literatur keine Einigkeit. Die Begriffe shifting cultivation, slash-and-burn agriculture und swidden agriculture (dt. Schwendbau) werden entweder synonym oder auch unterschiedlich verwendet. Der deutsche Begriff Brandrodungsfeldbau beschreibt dieses Nutzungssystem nicht genau, da der Wald nicht gerodet, sondern nur abgebrannt wird. Demgegenüber deckt der Begriff Schwendbau die verschiedenen Definitionen wohl am besten ab.

(s. a. Landwechselwirtschaft, shifting cultivation, Waldbrandwirtschaft)

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