Lexikon des Agrarraums

Kurt G. Baldenhofer

Zuckerrohrplantage in Australien

Schwein

Nutztier zur Fleischerzeugung. Als Nebenprodukt wird Haut zu Leder verarbeitet. Schweine sind schnell wachsende Allesfresser. Domestizierte Wildschweine wurden im Laufe der Jahrhunderte zu den heute üblichen Hausschweinen gezüchtet. Das frühere Landschwein, dessen Mastendgewicht sich auf 150 kg und mehr belief, ist von fettärmeren und schnellwüchsigeren Schweinen abgelöst worden. Diese „modernen“ Schweine haben vier Rippen mehr und liefern daher mehr Koteletts. Muttersauen in Ferkelerzeugerbetrieben werfen nach 3 Monaten 3 Wochen und 3 Tagen 10 bis 14 Ferkel. Die nach 3 bis 6 Wochen von der Muttersau „abgesetzten“ Ferkel werden als „Läufer“ in Gruppen großgezogen und kommen dann in Mastbetriebe.

Haltungsverfahren in Deutschland

Betrachtet man die Haupthaltungsverfahren bei Schweinen, wird deutlich; mit großem Abstand dominiert der Spaltenboden. Dabei wird unterschieden zwischen Voll-undTeilspaltenboden,in beiden Fällen werden Kot und Harn durch schmale Schlitze im Boden abgeführt. Weiterhin wird nach planbefestigtem Boden ohne Schlitze mit Einstreu und regelmäßiger Entmistung, Tiefstreu und anderen Haltungsverfahren unterschieden.

Insbesondere die Haltung auf Vollspaltenboden wird von den Betrieben bevorzugt und machte durchschnittlich etwas mehr als zwei Drittel aller Haltungsplätze aus. Im Bundesdurchschnitt lag der Anteil der Haltungsplätze auf Teil- und Vollspaltenböden insgesamt bei rund 96 Prozent. Im Verlauf der letzten zehn Jahre ist kein Trend zu einer anderen Haltungsform zu beobachten.

In den Ländern Saarland, Hessen und Rheinland-Pfalz erreichte der Anteil der Haltungsplätze auf planbefestigtem Boden, Tiefstreu und anderen Haltungsverfahren zusammen zwischen neun und 34 Prozent.

In allen Bundesländern hat der starke Rückgang der schweinehaltenden Betriebe in den letzten Jahren den Strukturwandel beschleunigt. Bei nur geringfügig kleineren Schweinezahlen verteilen sich die Tiere auf weniger Betriebe bei somit gleichzeitig gestiegenen Bestandsgrößen.

Anteile der Haltungsformen bei Schweinen in Deutschland 2020 in Prozent (ohne Stadtstaaten)
Anteile der Haltungsformen bei Schweinen in Deutschland 2020 in Prozent (ohne Stadtstaaten)

Quelle: Destatis 2021

Ferkelkastration mit Betäubung

Dies ist ein großer Fortschritt in Sachen Tierwohl und eine große Umstellung für Ferkelerzeugerinnen und -erzeuger. Denn in der Schweinezucht werden in der Regel alle männlichen Ferkel kastriert. Dies war bislang bis zum siebten Lebenstag ohne Betäubung erlaubt.

Der Grund, warum Ferkel überhaupt kastriert werden, ist: Bei einem geringen Anteil des Jungeberfleisches kann es beim Erhitzen zu einem sehr unangenehmen Geruch kommen - dem "Ebergeruch". Er sorgt dafür, dass das Fleisch nicht vermarktbar ist. Kastriert man männliche Ferkel, wachsen sie nicht zu Jungebern heran, sondern bleiben sogenannte "Börge".

Tierschützerinnen und Tierschützer kritisieren die Praxis der betäubungslosen Kastration seit langem. Der Bundestag hatte 2013 eine Änderung des Tierschutzgesetzes beschlossen, derzufolge ab 2019 die Ferkelkastration in Deutschland nur noch unter Betäubung zulässig ist. Diese Frist wurde Ende 2018 um zwei Jahre verlängert und ist jetzt endgültig ausgelaufen. (BLE 2021)

Spezialisierung

Die heutige moderne Schweinehaltung ist nicht nur durch stark gewachsene Tierzahlen, sondern auch durch eine fortschreitende Spezialisierung gekennzeichnet. Viele Betriebe spezialisieren sich auf nur eine oder zwei Produktionsrichtungen.

Bei der Schweinehaltung werden unterschieden:

Die Mast beträgt ca. 5 Monate. Mit einem Lebendgewicht von 100 bis 110 kg werden die Schweine verkauft. Die Mast erfolgt mit Getreide und Mais sowie Eiweißfutter und Mineralfutter. Die Menge und Mischung wird dem jeweiligen Entwicklungsstand der Tiere angepasst ist.

Ökologische Schweinehaltung

Die ökologische Schweinehaltung ist für Landwirtinnen und Landwirte sehr aufwändig und teuer und lohnt sich nur, wenn Verbraucherinnen und Verbraucher bereit sind, entsprechend höhere Preise zu bezahlen. Auch das Management stellt, vor allem in Bezug auf die Tiergesundheit und die Fütterung, höchste Anforderungen an Öko-Schweinehalterinnen und -halter.

Die wichtigsten Unterschiede zur konventionellen Haltung sind:

Wirtschaftliche Bedeutung

Die Hotspots der Schweinehaltung in Deutschland befanden sich 2020 in Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen. Beide Bundesländer zusammen wiesen mit 16,8 Mio. Plätzen 60 Prozent der insgesamt 27,8 Mio. Haltungsplätze in Deutschland auf. Bayern und Baden-Württemberg befanden sich mit rund 3,1 Mio. bzw. 1,7 Mio. Plätzen auf Platz drei und vier. Die größten Betriebe, mit den durchschnittlich meisten Haltungsplätzen pro Betrieb, wirtschafteten jedoch in Sachsen-Anhalt (2 616 Plätze), Mecklenburg-Vorpommern (2 404 Plätze) und Brandenburg (2 045 Plätze). Die geringste Anzahl an Haltungsplätzen findet man im Saarland mit im Durchschnitt 45 Haltungsplätzen je Betrieb. Die Verteilung der Betriebsgrößen ergibt sich im Hinblick auf historische Gegebenheiten und Verfügbarkeit von Platz. Die Anzahl der Tiere pro Betrieb stieg in den letzten 10 Jahren um 82 Prozent, insgesamt gingen die Haltungsplätze in Deutschland jedoch um rund drei Prozent zurück. Schweineställe sind, wie auch andere Bereiche der Landwirtschaft, durch einen starken technischen Wandel geprägt. Neuerungen wie z. B. digitale Lüftungs- und Fütterungsanlagen lohnen sich eher für große Einheiten, auch dadurch steigt der Trend zu größeren Betrieben.

Durchschnittliche Anzahl der Schweinehaltungsplätze pro Betrieb in Deutschland 2020
(ohne Stadtstaaten)
Durchschnittliche Anzahl der Schweinehaltungsplätze pro Betrieb in Deutschland 2020 (ohne Stadtstaaten)

Quelle: Destatis 2021

Schweinefleisch war 2016 mit einem Pro-Kopf-Verzehr von 36,2 Kilogramm das bei den Deutschen beliebteste Fleisch. In 2017 betrug der Selbstversorgungsgrad 120 %.

Weltweit wurden 2011 insgesamt 108,95 Tonnen Schweinefleisch produziert. Die größten Produzenten waren China, die USA und Deutschland.

2019 war Deutschland mit einer Produktionsmenge von 5,22 Millionen Tonnen vor Spanien (4,64 Mio. t) und Frankreich (2,20 Mio. t) der größte Schweinefleischproduzent in Europa. Der Selbstversorgungsgrad der Europäer bei Schweinefleisch lag 2020 bei 136 Prozent. Gleichzeitig kletterte der Export von europäischem Schweinefleisch – insbesondere nach China – auf den neuen Rekordwert von 6,2 Millionen Tonnen. 

Welche besondere Bedeutung Schweinefleisch speziell für die deutsche Agrarwirtschaft hat, zeigen die Exportzahlen. Deutschland ist der größte Exporteur von Schweinefleisch: 2,5 Millionen Tonnen wurden 2016 weltweit ausgeführt. Das ist gut fünf Mal so viel wie bei Rindfleisch und drei Mal so viel wie bei Geflügelfleisch.

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