Lexikon des Agrarraums

Kurt G. Baldenhofer

Zuckerrohrplantage in Australien

Ranching

Moderne Form einer extensiven, stationär und kommerziell betriebenen Weidewirtschaft in natürlich entstandenen Offenlandschaften, die von europäischen Siedlern in Amerika (Vermischung der traditionellen anglo-amerikanischen und spanisch-mexikanischen Rinderhaltungsformen in Texas und Louisiana) und Australien entwickelt und von dort in einige Gebiete der Alten Welt (z. B. südliches Afrika) übertragen wurde. Spanische Siedler brachten zu Beginn der Kolonialzeit Rinder und Pferde in die argentinische und uruguayische Pampa und die Gebirgsketten Mexikos, und die Herden dieser Tiere verbreiteten sich rasch in den heutigen Südwesten der Vereinigten Staaten.

Allerdings werden die Wurzeln des Ranching im sommertrockenen Iberien angenommen, wo im Zuge der Reconquista menschenleere, semi-aride Räume durch große Herden von Merinoschafen und Rindern unter Aufsicht berittener Hirten genutzt wurden. Dieses Agrarsystem fand mit der spanisch-portugiesischen Eroberung im 16. Jh. Eingang in die menschenleeren Grasländer Amerikas, die Pampas, den Chaco, die Sertãos Brasiliens, die Llanos von Venezuela, die Trockengebiete des nördlichen Mexikos, Kaliforniens und von Texas.

Demnach ist Ranching vor allem in den gemäßigten- und subtropischen Kurzgrassteppen Nordamerikas, Südamerikas, Südafrikas, Australiens und Neuseelands verbreitet.

Die Bezeichnung ist abgeleitet von dem Begriff „Ranch“, der im Englischen den Sitz und das Wohnhaus eines Viehzüchters bezeichnet. In Australien und Neuseeland spricht man von „Cattle- oder Sheep-Station“ und in Südamerika von Estancia oder Fazenda.

Ähnlich wie der Nomadismus ist das Ranching unter dem Druck feldbaulicher Interessen immer mehr in Gebiete jenseits der agronomischen Trockengrenze abgedrängt worden. Ranches treten vor allem in den Trockensteppen der mittleren Breiten und der Subtropen sowie den semiariden Savannen auf. Im Gegensatz zum Nomadismus ist das Ranching mit seinen hochspezialisierten Großbetrieben rentabilitäts- und marktorientiert. Die Betriebe waren zeitweise (Beginn des 20. Jh.) sogar vorwiegend auf den Weltmarkt ausgerichtet. Heute ist die weltwirtschaftliche Verflechtung des Ranching deutlich geringer, was u.a. auf den starken Bevölkerungsanstieg und die Verstädterung in den südamerikanischen Ländern sowie den Agrarprotektionismus der Industrieländer zurückzuführen ist.

Auf einer Ranch wird zumeist Rinderproduktion, in sehr trockenen Gebieten auch Schafproduktion betrieben (zum Beispiel Karakulschafe in Namibia). Aufgrund der besseren Anpassung an die ökologischen Gegebenheiten kommt heute teilweise auch Wildtierhaltung vor (zum Beispiel Bison oder Guanako). Die Herden werden von mehr oder weniger halb-sesshaften Viehhirten (je nach Land Cowboys, Stockmen, Vaqueros, Gauchos u. a.) betreut.In den meisten Fällen wird Fleisch und Leder produziert. Zusätzliche Landwirtschaft ist selten.

Ranching ist die hauptsächliche Landnutzungsform in Gebieten, die für den Ackerbau zu trocken sind: wie semiaride Trockensavannen und Steppen jenseits der agronomischen Trockengrenzen. Durch die Niederschlagsarmut ist diese Form der Landwirtschaft an sehr große Flächen gebunden. Die Mindestgröße einer US-amerikanischen Ranch beträgt 500 ha. In den Great Plains und den intramontanen Becken der Rocky Mountains werden über 100.000 ha erreicht, in Patagonien bis zu 200.000 ha, wobei die größten Flächen in den trockensten Regionen liegen. In geringerem Maße ist Ranching in semihumidem bis humidem Grünland wie der Pampa Humeda im südlichen und den Llanos im nördlichen Südamerika sowie in einigen Regionen der Prärie-Staaten der USA verbreitet. Hier findet jedoch zunehmend eine Verdrängung durch die Schaffung neuer Ackerflächen statt.

Typische Merkmale des Ranching (Schultz 2008):

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