Lexikon des Agrarraums

Kurt G. Baldenhofer

Zuckerrohrplantage in Australien

Multifunktionalität der Landwirtschaft

In Koppelproduktion mit der landwirtschaftlichen Produktion verbundene positive und negative externe Effekte. Dazu gehören beispielsweise: Gestalten und Erhalten von Kulturlandschaften und natürlichen Lebensräumen, Bereithalten von Ausgleichsräumen und Prägen sozialen Lebens im ländlichen Raum durch die Landwirtschaft, Umweltbelastungen durch intensive landwirtschaftliche Produktion.

Multifunktionalität umschreibt allg. die Tatsache, dass ein wirtschaftliches Handeln vielfältige Güter und Dienstleistungen sowie andere positive und negative Wirkungen als Koppelprodukte hervorbringt, wobei  diese Güter und Dienstleistungen in der Regel nicht marktfähig sind.  In der Agrarpolitik wird das Konzept der Multifunktionalität bes. in Industrieländern hinsichtlich der Rechtfertigung von zukünftigen Subventionszahlungen an die Landwirtschaft aufgrund ihrer Koppelproduktion öffentlicher Güter im Bereich der Umwelt einschließlich der Landschaftsgestaltung, der Beschäftigung in ländlichen Regionen, der Ernährungssicherung sowie des Tierschutzes diskutiert und zunehmend umgesetzt. In der EU erfolgt dies u.a. durch das sogenannte Greening.

Multifunktionalität steht für eine Agrikultur, die Lebensmittel für die Verbraucher, Existenzgrundlage und Einkommen für die Erzeuger und eine Vielzahl von öffentlichen und privaten Gütern für die Bürger und ihre Umwelt samt funktionierendem Ökosystem bereitstellt.

Corporate Social Responsibility“ (CSR)

Für den Ansatz, freiwillige Mehrleistungen zugunsten gesellschaftlicher Belange zu erbringen, hat sich in der Managementliteratur der Begriff „Corporate Social Responsibility“ (CSR – gesellschaftliche Unternehmensverantwortung) etabliert.

Bei der Entwicklung von CSR sollen weiterhin die Unternehmen selbst federführend sein und so die nötige Flexibilität erhalten, damit sie innovativ sein und ein auf ihr Umfeld abgestimmtes Konzept entwickeln können. Voraussetzung ist die Einhaltung der geltenden Rechtsvor- schriften und der geltenden Tarifverträge zwischen Sozialpartnern. Der Staat soll zusätzlich unterstützend wirken und nötigen falls ergänzende Vorschriften einsetzen, etwa um Marktanreize zu schaffen oder um Transparenz zu fördern. Dies geschieht beispielsweise durch die neue EU-Richtlinie zur Unternehmens-Nachhaltigkeitsberichterstattung (Corporate Sustainability Reporting Directive, CSRD). Hier wird ab 2024 die Rechenschaftspflicht sukzessive auf bilanzrechtlich große Unternehmen sowie kapitalmarkt-orientierte KMU ausgeweitet.

CSR dient ausdrücklich nicht dazu, durch einzelbetriebliches Handeln notwendige staatliche Gestaltung und Anforderungen – etwa hinsichtlich Klimaschutz- und Nachhaltigkeitszielen – auszuhebeln oder gar zu ersetzen. Vielmehr ist CSR als eine ergänzende Möglichkeit für Landwirtinnen und Landwirte zu verstehen, um eigeninitiativ und individuell über gesetzliche und brancheninterne Verpflichtungen hinaus gesellschaftlichen Erwartungen zu begegnen.

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