Lexikon des Agrarraums

Kurt G. Baldenhofer

Zuckerrohrplantage in Australien

Sorte

Gruppe von Pflanzen einer Art, die sich untereinander sehr ähnlich sind, und die man von anderen Pflanzen der gleichen Zier- oder Nutzpflanzenart unterscheiden kann. Notwendige Unterscheidungsmerkmale gegenüber anderen Sorten der gleichen Art sind: Größe, Farbe, Menge und Musterung. Das Äquivalent des Begriffs in der Tierzucht ist die Rasse.

Nach der Definition des Internationalen Codes der Nomenklatur der Kulturpflanzen (2009) ist ein Cultivar (Kulturpflanzensorte) eine Menge (assemblage) von Pflanzen, die a) wegen einer Eigenschaft oder einer Kombination mehrerer Eigenschaften selektiert wurde, b) bezüglich dieser Eigenschaften [von anderen Pflanzen] verschieden, einheitlich und stabil ist und c) diese Eigenschaften bei zweckmäßiger Vermehrung beibehält (Artikel 2.3). Dabei kommt es nicht auf eine bestimmte Entstehungs- und Vermehrungsart an (Artikel 2.4).
Viele Pflanzensorten entsprechen solchen Cultivaren. Es gibt aber auch nicht wenige Pflanzensorten, die keine Cultivare sind, insbesondere die heute ökonomisch sehr bedeutsamen Hybridsorten gehören nicht dazu.

Die Stammform unserer Kultursorten sind in der Regel andere Kultursorten, die letztlich auf ein oder (seltener) mehrere Domestizierungs-Ereignisse zurückgehen, bei der Wildpflanzen erstmals in Kultur genommen worden sind. Daraus entstehen durch - bewusste oder unbewusste - züchterische Auslese zunächst sogenannte Landsorten. Man unterscheidet in Gartenbau, Feldbau, Weinbau und Waldbau nach Kultursorte bzw. Edelsorte, Wildsorte, Wildlinge.

Kultursorten

Kultursorten sind reinerbige oder veredelte Sorten, die der Mensch in der langen Geschichte der Pflanzenzüchtung aus vorgefundenen Wildsorten kultiviert hat. In neuester Zeit aber gibt es auch gentechnisch veränderte Organismen im Sinne einer Kultursorte, die sich in der Praxis aufgrund der eingeschränkten Möglichkeiten noch immer eng an eine „natürliche“ Pflanze anlehnen. Praktisch gesehen sind alle Kultursorten vom Menschen in ihrer genetischen Ausprägung (Genotyp) verändert, wenn auch mit rein züchterischen Methoden.
Saatgut einer Kultursorte wird einer Prüfung der Merkmale unterzogen, erhält eine Sortenzulassung, wird in eine – nationale sowie EU-weite – Sortenliste eingetragen, um angebaut bzw. gehandelt werden zu dürfen und erhält dann auch Sortenschutz. Dieser Einschränkung unterliegen nicht Sorten von Zierpflanzen (Blumen, Ziergehölze).

Bei Obst und Gemüse spielt die Vielfalt der Obst- und Gemüsesorten besonders bei Apfel und Kartoffel eine große Rolle. Ebenso bei Salatsorten, weil unter dem Sammelbegriff „Salat“ verschiedene Salatpflanzen zusammengefasst werden, z. B. Gartensalat (Lactuca), Feldsalat (Valerianella) und viele andere.

Wildsorten

Wildsorten sind Sorten von in der Natur frei vorkommenden Wildpflanzen. Sie bilden die Stammform der heute kultivierten Obstsorten.
Beispiele:

Viele Probleme des modernen Obstbaus lassen sich zurückführen auf die durch die lange Zuchtgeschichte entstandene genetische Armut der modernen Zuchtsorten, etwa mangelnde Anpassungsfähigkeit an veränderte Lebensumstände oder Schädlinge. Die ursprünglichen Stammformen ausfindig zu machen, um wieder zu einer Bereicherung des Genpools zu kommen, ist Gegenstand modernster Forschung. Typische Beispiele hierfür sind die Suche nach den Wildformen von Tomate, Mais und Kartoffel in den Hochlandgebieten der Anden. Auch hier kommt erschwerend dazu, dass meist nicht bekannt ist, ob die Wildsorte nicht schon ausgestorben ist, wie auch die für viele Weltgegenden noch sehr unvollständige taxonomische Aufnahme.

Wildlinge

Wildlinge sind wieder verwilderte Formen von Kulturpflanzen, sowohl als Einzelexemplar als auch als Wildpflanze, die eine stabile Population aufbaut und dabei meist auf das robustere Erscheinungsbild der ursprünglichen Stammform zurückverfällt, aber auch eine eigene stabile Unterart ausbildet.

Beispiele:

Pfeil nach linksSorptionsträgerHausIndexSortenschutzPfeil nach rechts