Lexikon des Agrarraums

Kurt G. Baldenhofer

Zuckerrohrplantage in Australien

Nebenerwerbsbetrieb

Ein Betrieb, in dem das Einkommen des Betriebsinhabers (und ggf. seines Ehegatten) aus außerbetrieblichen Quellen höher ist als das Einkommen aus betrieblichen Quellen. Das Gegenstück ist der Haupterwerbsbetrieb. Die Typisierung in Haupt- und Nebenerwerb erfolgt nur für Betriebe in der Rechtsform eines Einzelunternehmens.

Etwa jedes zweite landwirtschaftliche Einzelunternehmen in Deutschland wird im Nebenerwerb bewirtschaftet. Zwischen den Bundesländern gibt es zum Teil erhebliche Unterschiede: Im Vergleich zu 2010 ist der Anteil der Nebenerwerbsbetriebe deutlich angestiegen. Diese Entwicklung geht einher mit der relativ stark abnehmenden Zahl Vieh haltender Betriebe.

Bedeutung der Nebenerwerbslandwirtschaft in Deutschland

Nach Ergebnissen der Landwirtschaftszählung 2020 werden mittlerweile 57 Prozent der Einzelunternehmen im Nebenerwerb und 43 Prozent im Haupterwerb geführt. 2010 lagen die Anteile noch bei jeweils 50 Prozent. In Baden-Württemberg, Hessen, Saarland und Sachsen liegt der Anteil der Einzelunternehmen im Nebenerwerb bei rund zwei Dritteln. Im Vergleich zu 2010 ist der Anteil der Nebenerwerbsbetriebe in allen Bundesländern deutlich angestiegen. Diese Entwicklung geht einher mit der relativ stark abnehmenden Zahl Vieh haltender Betriebe.

Quelle: Statistisches Bundesamt nach DBV Situationsbericht 2023

Knapp jeder zweite landwirtschaftliche Familienbetrieb in Deutschland wird im Nebenerwerb bewirtschaftet (Stand 2020). Zwischen den Bundesländern gibt es zum Teil erhebliche Unterschiede: So liegt der Anteil der Nebenerwerbsbetriebe in Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt unter 37 Prozent, während in Baden-Württemberg, Hessen und dem Saarland über 55 Prozent der Familienbetriebe im Nebenerwerb bewirtschaftet werden. Alle Nebenerwerbsbetriebe zusammen bewirtschaften rund 19 Prozent der landwirtschaftlichen Fläche in Deutschland.

Unterschiedliche Flächenausstattung

Der Nebenerwerb kann sowohl Übergangsstadium als auch stabile Form einzelbetrieblicher Entwicklungen sein. Die im Nebenerwerb geführten Familienbetriebe bewirtschaften gut 3,2 Millionen Hektar LF – das sind durchschnittlich 25 Hektar je Betrieb. Die im Haupterwerb geführten Betriebe bewirtschaften mit durchschnittlich 72 Hektar eine fast dreimal größere LF als die Nebenerwerbsbetriebe. Dabei haben die Haupterwerbsbetriebe der neuen Bundesländer eine höhere durchschnittliche Flächenausstattung als die Betriebe im früheren Bundesgebiet. Sie sind beispielsweise in Mecklenburg-Vorpommern durchschnittlich rund dreimal so groß wie im Bundesdurchschnitt (244 Hektar zu 72 Hektar).

Durchschnittliche Flächenausstattung von Haupt- und Nebenerwerbsbetrieben nach Bl (2020)

Quelle: Situationsbericht 2023

Gründe für den Nebenerwerb

Die Entwicklung der Nebenerwerbslandwirtschaft ist eng mit dem landwirtschaftlichen Strukturwandel der letzten Jahrzehnte verwoben. Viele Bauernfamilien, deren betriebliche Einkommensgrundlage zu gering ist, stehen vor der Entscheidung, mit erheblichen Kosten in neue Ställe oder eine bessere Vermarktung zu investieren, Mitarbeiter einzustellen oder Flächen zu pachten. Ohne diese Wachstumsschritte ist für viele Familien kein ausreichendes Einkommen mehr zu erwirtschaften. Um nicht komplett aus der Landwirtschaft aussteigen zu müssen, bewirtschaften sie ihre Betriebe oft im Nebenerwerb.

Viele machen dies aus Traditionsbewusstsein, Liebe zum Beruf oder um für ein inner- oder außerbetriebliches Zusatzeinkommen weiterhin landwirtschaftlich tätig sein zu können. Das reicht von der Gästebeherbergung und -bewirtung, Direktvermarktung oder der Führung von Schulklassen bis hin zur Mitarbeit im Maschinenring oder einfach nur der außerbetrieblichen Tätigkeit in einem anderen Unternehmen.

Nebenerwerb ist oft mit einer sehr hohen Arbeitsbelastung verbunden. Die nächste Generation steigt dann unter Umständen aus, weil sich ihre Erwartungen an Freizeit, Urlaub oder Fortbildung an Freunden und Bekannten aus der eigenen Altersgruppe orientieren oder weil über Jahre hinweg keine wirtschaftliche Verbesserung eingetreten ist und Vermögensverluste stattgefunden haben.

Nebenerwerb kann daher ein Zwischenstadium zu einer rechtzeitigen Betriebsaufgabe sein. Ein Automatismus ist das aber keineswegs. Es gibt durchaus auch Regionen, in denen die Fläche, die von Nebenerwerbsbetrieben bewirtschaftet wird, sogar wächst. (BLE 2021)

(s. a. Erwerbscharakter, Haupterwerbsbetrieb)

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