Lexikon des Agrarraums

Kurt G. Baldenhofer

Zuckerrohrplantage in Australien

Bodenbelastungen

Die hohe Besiedlungs- und Industriedichte z.B. in der Bundesrepublik Deutschland ist mit einer intensiven Beanspruchung des Bodens verbunden. Der Boden wird heute punktuell und flächenhaft, u.a. durch ehemalige Deponien und aufgegebene Produktionsanlagen (Altlasten), durch Luftschadstoffe und durch intensive Landwirtschaftsnutzung belastet und in seiner multifunktionalen Nutzbarkeit beeinträchtigt. Die Sanierung von zerstörten Bodenflächen und der vorbeugende Schutz des Bodens sind daher wichtige Aufgabenbereiche der Politik.

Wichtige Schadstoffgruppen sind Schwermetalle und Arsen, persistente organische Stoffe, Säurebildner, Rückstände von schwer abbaubaren Pflanzenschutzmitteln, Arzneimittel und Radionuklide (s. Tab.). Nährstoffe wirken dann schädlich, wenn die dem Boden zugeführte Menge den Bedarf der Nutzpflanzen übersteigt.

Wichtige bodenrelevante Stoffe und Stoffgruppen
Stoffgruppe (Stoffe)
Wirkungen

Anorganische Stoffe z. B. Schwermetalle

  • Blei (Pb)
  • Cadmium (Cd)
  • Quecksilber (Hg)
Schwermetalle werden im Boden gebunden und angereichert und sind ab einer bestimmten Konzentration toxisch für das Bodenleben und das Pflanzenwachstum. Über den Transfer in die Nahrungs- und Futterpflanzen und den Austrag in das Grundwasser besteht eine Gefahr für die menschliche Gesundheit.

Organische Stoffe z. B.
(POP: Persistent Organic Pollutants)

  • Chlorpestizide (DDT, HCH, Aldrin u.a.)
  • Dioxine / Furane (PCDD/F)
  • Polychlorierte Biphenyle (PCB)
  • Polychlorierte aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK)

Langlebige organische Stoffe, die schwer abbaubar, meist stark toxisch oder krebserregend für Organismen sind. Sie reichern sich im Gewebe von Mensch und Tier an.

Es handelt sich in der Regel um organische, synthetisch hergestellte Chemikalien, von denen - heute in der BRD überwiegend nicht mehr zugelassene - persistente Verbindungen (zum Beispiel Dichlordiphenyltrichlorethan (DDT) oder 2,4,5-T) sich im Boden anreichern konnten.

 

Säurebildner z. B.

  • Stickoxide (NOX)
  • Stickstoffverbindungen (NH4)
  • Schwefelverbindungen (SO2)

Versauerung der Böden („Saurer Regen”), vor allem durch Schwefelverbindungen (SO2) aus der Kohleverbrennung und Stickstoffverbindungen (NOx) aus Straßenverkehr und landwirtschaftlichen Massentierhaltungen.

Niedrige pH-Werte erhöhen insbesondere die Löslichkeit und damit die Austragsgefährdung von Schwermetallen ins Grundwasser. Auch kommt es verstärkt zur Auswaschung von Nährstoffen. Bei extremen Verhältnissen können darüber hinaus irreversible Veränderungen oder Zerstörungen von Tonmineralen auftreten.

Nährstoffe z. B.

  • Stickstoffverbindungen (NO3, NH4)
  • Phosphate (PO3)
  • Sulfate (SO4)
Eutrophierung der Still- und Fließgewässer mit der Folge von Sauerstoffmangel und Verlust des Lebensraumes für Flora und Fauna. Austrag von Stickstoff in Form von Nitrat und Nitrit in das Grundwasser und Verschlechterung der Rohwasserqualität für die Trinkwassergewinnung.

Radionukleide z. B.

  • Cäsium (Cs-137)
  • Strontium (Sr-90)
Einträge von Cäsium-137 und Strontium-90 in Folge des Reaktorunfalls von Tschernobyl, Anreicherung im Boden und Schädigung der Bodenorganismen, durch Transfer in die Nahrungskette Gefahr für die menschliche Gesundheit.

Arzneimittel z. B.

  • Blutfettsenker
  • Hormonpräparate
  • Antibiotika
Stoffe, die vom Menschen ausgeschieden werden und über Wasser und Klärschlamm wieder auf den Boden gelangen können. In der Tiermast vor allem Antibiotika und Ausbringung mit der Gülle auf den Boden oder menschliche Aufnahme über tierische Nahrungsmittel.

Quelle: UBA 2015 (mod.)

Während Altlasten eher punktuelle Bodenbelastungen darstellen, können flächenhafte Bodenbelastungen durch den Lufteintrag verschiedener Nutzungsbereiche (Industrie, Verkehr, Landwirtschaft), die direkte landwirtschaftliche Nutzung und durch die Flächeninanspruchnahme für Wohnen, Industrie, Gewerbe, Verkehr und sonstige Infrastruktur verursacht werden.

Durch die Landwirtschaft können Boden- und damit auch Grundwasserbelastungen insbesondere bei nicht fachgerechter Anwendung von Dünge- und Pflanzenschutzmitteln sowie bei der Aufbringung von Siedlungsabfällen auftreten. Nährstoffüberschüsse und damit verbundene Gefahren zu hoher Nährstoffeinträge in Böden und Gewässer treten vor allem in Regionen mit einer hohen Viehdichte auf.

Die folgende Tabelle belegt für die letzten Jahre in einigen Bereichen eine Trendwende in der Nachfrage nach Agrarchemikalien.

Handelsdünger- und Pflanzenschutzmittelverbrauch in Deutschland
Handelsdünger- und Pflanzenschutzmittelverbrauch in Deutschland

Quelle: LFL/LEL

Mikroplastik in landwirtschaftlichen Böden

Mikroplastik vermischt sich relativ schnell mit dem Boden und ist dann für das bloße Auge nicht mehr sichtbar. Untersuchungen zur möglichen Gefährdung von Bodenorganismen, Pflanzen und den Menschen haben bisher gezeigt, dass die Form der Mikroplastikpartikel eine wichtige Rolle spielt: Insbesondere Fasern scheinen negative Auswirkungen auf Bodenprozesse wie die Bodenaggregation zu haben, also das Zusammenhalten von Bodenpartikeln in Aggregaten und deren Stabilität. Möglicherweise stören die Mikroplastikpartikel den Zusammenhalt der Aggregate durch das Einfügen von Sollbruchstellen. Fragmente wie Folienstücke oder Kügelchen hatten bisher unterschiedlich starke Effekte auf Bodenprozesse. In mehreren Versuchen wurde experimentell gezeigt, dass Regenwürmer in Mitleidenschaft gezogen wurden und die Aktivität der mikrobiellen Bodenlebensgemeinschaft verändert wird. Die Keimung von Samen kann negativ beeinflusst werden; das Wachstum von Pflanzen wurde in Laborversuchen sowohl positiv als auch negativ beeinflusst.

Die unterschiedlichen Versuchsergebnisse sind in erster Linie vermutlich auf die immens große Zahl an unterschiedlichen Plastikarten, deren Zusatzstoffen und Versuchsbedingungen zurückzuführen.

Momentan kann die Gefährdungssituation durch Mikroplastik nicht abschließend beantwortet werden. Die Forschung auf diesem Gebiet steht noch am Anfang, wird aktuell jedoch massiv ausgebaut.

Zu den Quellen von Mikroplastik gibt eine Arbeit des BMEL Auskunft.

Natürliche Schadstoffquellen

Natürliche Quellen für Schadstoffe in Böden sind die in den Ausgangsgesteinen der Bodenbildung enthaltenen Mineralien, aus denen die Schadstoffe durch Verwitterung freigesetzt werden. Oberflächennahe Anreicherungen von Erzmineralien und deren Verwitterung können lokal zu natürlich erhöhten Schadstoffgehalten in Böden führen. Auch Waldbrände und Vulkanausbrüche können Ursache für den Eintrag von Schadstoffen in Böden sein.

Nicht-stoffliche Bodenbelastungen

Nicht-stoffliche Bodenbelastungen sind das Überbauen, Versiegeln, Zerschneiden oder Abtragen von Flächen in der Folge verkehrlicher und siedlungswirtschaftlicher Nutzung. Die für Wohnen, Industrie und Gewerbe, Verkehr und sonstige Infrastruktur beanspruchten Flächen betragen zwar nur 11,2 % der Gesamtfläche des Bundesgebietes, können aber örtlich 70 % und mehr erreichen.
Weitere nicht-stoffliche Bodenbelastungen sind Bodenverdichtung, Bodenerosion und Humusabbau infolge standortunangepaßter landwirtschaftlicher Bodennutzung. Auch die touristische Übernutzung von ökologisch empfindlichen Landschaften (z.B. der Alpen) kann zu Erosion und Bodenverdichtung führen.

Anders als bei den Umweltmedien Wasser und Luft hat der Boden erst 1985 mit der Bodenschutzkonzeption der Bundesregierung, dem anschließenden "Bericht der Bundesregierung an den Deutschen Bundestag über Maßnahmen zum Bodenschutz" und das Bundesbodenschutzgesetz von 1998 die Bedeutung und Schutzwürdigkeit als eigenes Umweltmedium erhalten. Inzwischen wurden von der Bundesregierung Maßnahmen zum Bodenschutz in eine Reihe von Rechtsnormen integriert, u.a. in die Klärschlammverordnung von 1992, die entscheidende Verschärfungen der Standards von Klärschlämmen enthält.
Auch wenn der Boden als eigenständig zu schützendes Gut anerkannt ist, so wurden doch durch die sogenannten Beschleunigungsgesetze neue Verhältnisse geschaffen, die mit den Zielen der Bodenschutzkonzeption nicht ohne weiteres vereinbar sind.
Zwar sind Böden durch ihre Leistungen und Nutzungen Ressourcen, die dazu beitragen, das Überleben der Menschheit zu sichern und Böden sind somit im ökonomischen Sinne Güter von globaler Bedeutung. Aber noch immer stehen für die Stellung der Böden in einer umweltökonomischen Gesamtrechnung keine fertigen Konzepte zur Verfügung. Auch fehlt eine Definition des bodenökonomischen Gesamtwertes.

Weitere Informationen:

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