Lexikon des Agrarraums

Kurt G. Baldenhofer

Zuckerrohrplantage in Australien

Artenvielfalt

Die Artenvielfalt ist ein Teilaspekt der biologischen Vielfalt (Biodiversität). Diese umfasst neben der Vielfalt der Arten auch die genetische Vielfalt und die Vielfalt der Ökosysteme. Artenvielfalt wird häufig synonym zu Biodiversität verwendet; Artenvielfalt ist die anschaulichste Form der Biodiversität.

Die heutige biologische Vielfalt hat sich allmählich im Laufe der Erdgeschichte entwickelt. Sie hat zu artenreichen und hochkomplexen Ökosystemen auf dem Festland und in den Weltmeeren geführt. Sterben Arten aus, gibt es Verschiebungen oder auch Ausfälle in den Funktionen innerhalb des jeweiligen Systems. Vielfach ist es nicht möglich, für eine bestimmte Art vorherzusehen, ob ihr Verschwinden große oder kleine Veränderungen bewirken würde. Ein möglichst umfassender Schutz der gesamten Artenvielfalt ist daher ein Gebot im Sinne einer Vorsorgemaßnahme für die intakte und lebenswerte Umwelt. Er ist zugleich eine Verpflichtung gegenüber unseren eigenen Nachfolgegenerationen.

Umgangssprachlich versteht man unter Artenvielfalt meist vereinfacht die Gesamtzahl an Arten, die in einem Gebiet vorkommen. Doch auch die relative Zahl ist von Bedeutung und wird mathematisch erfasst: Wenn in einer Region gerade eine Art außerordentlich häufig ist, die Mehrzahl der übrigen Arten aber nur noch vereinzelt vorkommen, bezeichnet man die Artenvielfalt als kleiner, als wenn alle Arten in etwa gleicher Häufigkeit auftreten. Artenvielfalt ist demzufolge eine statistische Größe, die sich aus der Informationstheorie ableitet und die relative Häufigkeit der Arten berücksichtigt, also die Wahrscheinlichkeit des Antreffens einer bestimmten Art.

Eine jüngere Untersuchung deutet stark darauf hin, dass eine große Zahl von Arten nötig ist, um die Dienstleistungen der Natur und gute Erträge aufrecht zu erhalten. Somit genüge es nicht, auf einige wenige Arten als Bestäuber oder Schädlingsbekämpfer zu vertrauen. Die Studien fanden an fast 1500 Standorten weltweit statt – von Maisäckern in den USA über Rapsfelder in Südschweden, Kaffeeplantagen in Indien und Mangoplantagen in Südafrika bis hin zu Weizenfeldern im Alpenraum. (Dainese et al. 2019)

Zahl der Arten in Deutschland

Vom Gebiet der Bundesrepublik Deutschland sind 4.105 höhere Pflanzenarten (Gefäßpflanzen) bekannt. Nach einer Abschätzung von Völkl und Blick 2004 sind 44.787 vielzellige Tierarten dokumentiert. Davon sind 38.370 Arthropodenarten, unter denen die Insekten mit 33.305 Arten den größten Teil stellen. Aus Deutschland sind insgesamt nur 706 Wirbeltierarten belegt. Im internationalen Vergleich gilt die Flora und Fauna Deutschlands als sehr gut bekannt. Trotzdem werden auch in Deutschland nach wie vor jedes Jahr Arten neu gefunden oder sogar neu beschrieben.

Allerdings nimmt die Artenvielfalt in Deutschland besonders in den ackerbaulich intensiv genutzten Regionen wie z. B. Nordwestdeutschland im Zuge der Intensivierung der Landwirtschaft stark ab. Dies wird besonders an den Vögeln der Feldflur wie Rebhuhn, Feldlerche und Grauammer deutlich.

(s. a. Agrargeschichte, Biodiversität, Artenrückgang)

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