Lexikon des Agrarraums

Kurt G. Baldenhofer

Zuckerrohrplantage in Australien

Roggen

Getreideart (Secale cereale) aus der Familie der Süßgräser (Poaceae). Der Roggen besitzt 65 bis 200 Zentimeter lange Halme und 5 bis 20 Zentimeter lange, vierkantige, zur Blütezeit leicht überhängende Ähren aus einzelnen, meist zweiblütigen Ährchen mit schmalen Hüllspelzen und langbegrannten Deckspelzen. Die Tausendkornmasse (Masse von 1000 Körnern) beträgt bei Roggen 28 bis 50 Gramm.

Herkunft und Ansprüche

Die Heimat des Roggens liegt vermutlich im Kaukasusgebiet. Von dort ist es als Unkraut des Weizens über Kleinasien nach Europa gelangt. Seit 4000 v. Chr. wird er systematisch angebaut. Ab 500 n. Chr. fand er nach Mitteleuropa.

Da Roggen sehr winterhart ist (bis - 25 °C) und aus sandigen Böden mit geringer Fruchtbarkeit wachsen kann, wird er in Regionen angebaut, die für andere Getreidearten nicht geeignet sind (Keimungsminimum bei 1–2 °C, Blüte schon bei 12 °C). Allerdings verträgt Roggen keine Staunässe. Solche Bedingungen findet man vor allem in nördlichen Gebiete mit gemäßigtem Klima zu, aber auch in semiariden Gebieten in der Nähe von Wüsten oder in größeren Höhen.

Heute ist er in Deutschland vor allem in Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern und Niedersachsen zu finden. In diesen Bundesländern gibt es viele sandige Böden mit schlechter Wasserversorgung. Hier kann der Roggen seine Stärke ausspielen: Dank seines tiefenreichenden und verzweigten Wurzelnetzes bringt Roggen selbst in trockenen Jahren im Vergleich zu anderen Kulturen sichere Erträge. Roggen hat aufgrund des gut ausgebildeten Wurzelsystems das beste Nährstoffaneignungsvermögen aller Getreidearten.

Verwendung

Roggen wird nur teilweise als Brotgetreide angebaut. Die Körner sind kleberarm, aber pentosenreich. Das Mehl ist dunkler als das des Weizens. Da es Feuchtigkeit relativ lange hält, wird Roggenmehl mit Sauerteig zur Vorratshaltung gebacken. Roggen dient außerdem der Herstellung von Branntwein (Wodka, Korn, in Kanada und Südkorea auch Rye-Whisky) und Bier, sowie als Kaffeeersatz.

Als Futtermittel werden das Korn oder die grün geerntete Roggenpflanze verwendet. Grünroggen ist das erste Grünfutter in Rinderbetrieben im Frühling. Allerdings enthält Roggen einen hohen Anteil an schwer verdaulichen Nicht-Stärke-Polysacchariden.

Roggenkorn ist ebenfalls ein nachwachsender Rohstoff zur Herstellung von Bioethanol, Biogas, Werk- und Dämmstoffen und Stoffen für die chemische Industrie.

In Deutschland stieg Roggen im 12. und 13. Jahrhundert zum Hauptbrotgetreide auf. In der Dreifelderwirtschaft war er ein Fruchtfolgeglied neben Gerste oder Weizen und Brache. Bis zum Zweiten Weltkrieg übertraf seine Anbaufläche noch die des Weizens. Mittlerweile bauen Deutschlands Landwirte aber sechsmal so viel Weizen wie Roggen an. Im Mittel der letzten Jahre schwankten die Erntemengen zwischen drei und vier Millionen Tonnen. Davon werden nur rund 0,75 Millionen Tonnen zu Mehl vermahlen. Etwa die Hälfte der Ernte geht hingegen ins Tierfutter, die übrige Menge überwiegend in die Bioethanol-Produktion. In den Raffinerien werden den Treibstoff-Sorten „Super“ fünf Prozent und „Super E10-Benzin“ zehn Prozent beigemischt.

Anbau

Roggen ist überwiegend als Wintergetreide im Anbau. Im Herbst ausgesät, benötigt er den Kältereiz im Winter, um im Frühjahr schossen und Ähren mit Körnern bilden zu können. Typisch für Roggen ist der hohe Anteil von Hybridsorten. Die Züchterfirmen kreuzen zu diesem Zweck ganz gezielt Inzuchtlinien miteinander. Die daraus hervorgehenden Pflanzen sind leistungs- und widerstandsfähiger als ihre Eltern. Der Effekt hält aber nur eine Generation an.

In Deutschland wuchs 2016 auf rund 0,58 Millionen Hektar Roggen (Weizen: 3,22 Mio. Hektar). Die Durchschnittserträge lagen von 2014 bis 2016 bei 57,8 Dezitonnen pro Hektar (Weizen: 81,3 Dezitonnen). Aus einem Hektar Grünroggen (11,2 Tonnen Trockenmasse) werden ungefähr 2877 Kubikmeter Methan (Silomais: 17,8 Tonnen Trockenmasse, 5038 Kubikmeter. Etwa 3,4 Prozent der deutschen Getreideernte wurde 2015 zu Bioethanol verarbeitet.

Im Weltgetreidehandel spielt Roggen kaum eine Rolle und erfolgt fast nur zwischen Ländern, die eine Roggentradition haben. Hauptproduzenten waren 2017 Deutschland, Polen, Russland und VR China.

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