Lexikon des Agrarraums

Kurt G. Baldenhofer

Zuckerrohrplantage in Australien

Nährstoff

Nährstoffe im weiteren Sinne sind lebensnotwendige Nährsalze für autotrophe Pflanzen und als solche ein Wachstumsfaktor. Jede Kulturpflanze hat eine ererbte Veranlagung, bestimmte Erträge, Nährwerte und Qualitäten zu bilden. Dieses Vermögen kann nur bei günstigem Wirken aller Wachstumsfaktoren voll ausgeschöpft werden. Den Faktor Nährstoff bezieht die Pflanze hauptsächlich aus Bodenvorräten mineralischer und organischer Art sowie aus mineralischen und organischen Düngern. Die Nährstoffe müssen in Ionenform aufgenommen werden, was i.d.R. über die Wurzeln aus der Bodenlösung erfolgt.

Man unterscheidet die Makronährstoffe (Kationen: K+, Ca2+, Mg2+, NH4+, und Anionen: NO3-, PO43-, SO42-) und die Mikronährstoffe (Kationen: Fe2+, Mn2+, Zn2+ , Cu2+ und Anionen: MoO42- , H2BO3-, Cl-). Gemeinsam stellen sie die essentiellen, d.h. lebensnotwendigen Elemente dar. Sie dienen entweder als Bausteine der organischen Substanz oder werden für bestimmte physiologische Prozesse benötigt. Weitere Elemente wie z. B. Natrium (Na), Selen (Se), Kobalt (Co) und Nickel (Ni) sind zumindest für manche Pflanzenarten als Spurenelemente von Bedeutung.

Wenn alle essentiellen Nährstoffe in der benötigten Menge pflanzenverfügbar sind, entwickelt sich die Pflanze normal. Sobald sie jedoch mit einem dieser Element unterversorgt ist, kommt es zu Mangelerscheinungen und Wachstumseinbrüchen. (Gesetz des Minimums)

Fasst man den Begriff noch weiter, so ist auch das Wasser sowie das atmosphärische CO2 dazuzurechnen, aus dem im Prozess der Photosynthese Zucker entsteht, der seinerseits eine der Grundsubstanzen des organischen Lebens darstellt. Mit 0,035 % ist dieses Gas jedoch nicht in optimaler Konzentration in der Luft enthalten. Vergrößert sich der CO2-Anteil am Gasgemisch Luft, so nimmt das Wachstum der meisten Pflanzen zu.
Im engeren Sinn versteht man in der Landwirtschaft unter Nährstoff oft nur die Elemente N und P (bzw. ihre Verbindungen), da sie in den meisten Ökosystemen die wachstumsbegrenzenden Elemente darstellen und da eine Zufuhr zu erhöhtem Pflanzenwachstum führt.

Wichtige Nährstoffe und ihre Rolle im System Boden - Pflanze
Nährstoff Vorrat, Aufnahme und Bedeutung

Stickstoff

Wasserlöslich, bewegt sich im Bodenprofil mit dem Sickerwasser (Auswaschungsgefahr). In den Pflanzen wird N zum Aufbau der Aminosäuren und der Proteine benötigt. Bei Mangel vergilben die Pflanzen und stellen ihr Wachstum ein.

Phosphor Am Boden stark gebunden, eine Verlustgefahr besteht nicht, außer durch Erosion und bei extrem hohen Versorgungsstufen (z. B. Südoldenburg). P ist Bestandteil der Zellkernproteine. P-Mangel zeigt sich oft an einer Rotverfärbung der Stengel und Blätter und an mangelndem Wuchs und Blühen.
Kali An den Tonmineralen adsorbiert. Kalkreiche und stark saure Böden sind oft kaliarm, weil Ca2+ und H+ das Kali leicht austauschen. Aride und semiaride Böden enthalten meist viel Kali. Die Pflanze benötigt Kali beim Aufbau der Stützgewebe und der Zellwände und zur Regulierung des Zelldrucks. Bei Mangel zeigen sich braune Blattränder und Nekrosen.
Magnesium An den Bodenteilchen mäßig stark adsorbiert. In stark sauren und kalireichen Böden kann Mangel eintreten. Mg wird im Chlorophyllmolekül eingebaut. Bei Mangel sind die Blätter fleckig aufgehellt.
Silizium Stets im Boden vorhanden, seine Löslichkeit ist schwach. Die Pflanze benötigt es zum Aufbau ihrer Stützgewebe. Ob Mangel ertragslimitierend wirken kann, ist unsicher.
Schwefel Mäßig löslich und im Boden adsorbiert. Aminosäuren, wie Cystin und Cystein, enthalten Schwefel. Kohlarten zeigen einen besonders hohen Bedarf.
Kalzium Stets im Boden vorhanden, bei stark saurer Reaktion kann seine Konzentration zu gering sein. Die Pflanze benötigt Kalzium beim Aufbau der Zellwände. Leguminosen haben einen besonders großen Bedarf.
Wasser Durch die Wurzeln in großen Mengen dem Boden entzogen. Der Wasserstoff ist Bestandteil aller organischer Verbindungen, OH-Gruppen sind in vielen organischen Molekülen eingebaut. Der Großteil des Wassers dient jedoch in molekularar Form der Quellung der Gewebe und als Bestandteil der kolloiden Zellinhalte sowie als Transportmittel im Saftstrom, der im Pflanzenkörper zirkuliert.
Folgende Elemente werden in sehr geringen Mengen benötigt. Das Angebot im Boden genügt fast immer.
Nährstoff Vorrat, Aufnahme und Bedeutung
Bor Nach der Verwitterung borhaltiger Mineralien (z. B. Turmalin) am Boden adsorbiert. Trockene alkalische Böden enthalten nur wenig zugängliches Bor, andererseits treten zuweilen auch Überschüsse auf. Viel Bor benötigen Rüben, Spinat, Sellerie, Äpfel; bei Mangel entsteht Herzfäule, Trockenfäule, Absterben der Zentraltriebe.
Natrium In geringen Mengen verbreitet und am Boden schwach adsorbiert. In der Pflanze hält es den Quellungszustand der kolloidalen Systeme aufrecht. Es kann teilweise durch Kali vertreten werden. Für Herbivoren ist der Na-Gehalt des Futters wichtig.
Mangan Im Boden als Hydroxid oft zusammen mit Eisen gebunden, oder als Kation adsorbiert bzw. in komplexer Bindung mit Huminen. In alkalischen Humusböden tritt oft Mangel, in sauren Oxidböden Überschuss auf. Im Enzymstoffwechsel der Pflanzen spielt es eine wichtige Rolle bei der Atmung und beim Proteinaufbau. Mangel äußert sich in nekrotischen Blattflecken und fehlendem Wuchs.
Eisen Im Boden stark verbreitet, besonders als Fe3+-Oxid. Bei alkalischer Reaktion und hohem Redoxpotential kann seine Zugänglichkeit für die Pflanzen zu gering werden. Fe-Mangel zeigt sich an chlorotischen Blättern (Gelbwerden).
Kobalt Kommt im Boden in nur geringen Mengen vor, sein Verhalten ist ähnlich wie das des Mangans. Dem Kobalt kommt eine besondere Rolle zu bei enzymatischen Vorgängen während der N-Fixierung und Eiweißbildung.
Kupfer In alkalischen und stark humosen Böden fest gebunden, bei saurer Reaktion des Milieus kann es schädlich wirken. Auch Kupfer spielt bei den enzymatischen Vorgängen in der Pflanze eine wichtige Rolle.
Zink In Alkaliböden stark gebunden, weshalb dort Mangel an diesem Element auftreten kann. Dieser äußert sich mit Blattvergilbung und gelben Flecken zwischen den Blattrippen, besonders bei Pfirsich, Zitrus, Mais. Klärschlamm enthält oft giftig wirkende Zinkkonzentrationen.
Molybdän In sauren Humusböden stark gebunden, in alkalischen Böden jedoch leichter zugänglich. Auch Molybdän steuert die N-Fixierung und den Proteinaufbau, wie das Kobalt. Molybdän-Mangel zeigt sich in Blattverkrümmung und Blattflecken besonders bei Blumenkohl und Zitruspflanzen. Molybdän im Klärschlämm kann giftig wirken.
Selen Kommt nur in kleinen Mengen im Boden vor, oft zusammen mit den Sulfaten. Seine Bedeutung für die Pflanzen ist wenig bekannt. Für Herbivoren ist der Se-Gehalt des Futters wichtig, da sonst eine Degenerierung der Muskelzellen eintritt. Zu hohe Se-Gehalte sind toxisch.

Quelle: nach Frei u. Peyer 1990; geringfügig verändert

Unter natürlichen Bedingungen stehen Nährstoffe im Boden den Pflanzen mit unterschiedlicher Mobilität zur Verfügung. Nur ca. 2 % der Nährstoffe sind in der Bodenlösung oder an Austauschern (Tonminerale, Humus) mobil verfügbar. Etwa 98 % liegen als Reservenährstoffe in Mineralien oder Humus fest und sind nur allmählich durch Verwitterung und Humusabbau verfügbar. Die Mobilisierungsrate beträgt in gemäßigten Regionen etwa 0,1 % der Reserve pro Jahr, in tropischen Zonen 0,4 %.

Die Nährstoffaufnahme der Pflanzen vollzieht sich über die nur wenige mm langen und etwa 10 mm dicken Saug- und Haarwurzeln. Diese nehmen Wasser und die darin gelösten Nährstoffe aus dem Boden auf. Ein möglichst großes Wurzelsystem ist notwendig, um die ausreichende Ernährung der Pflanzen zu sichern. Die Beziehungen zwischen dem Boden und den Haarwurzeln spielen sich in einem sehr kleinen Radius ab. Der Kontakt zwischen der Haarwurzel und der Wasserhülle der Bodenteilchen wird durch von der Haarwurzel erzeugte Schleimstoffe ermöglicht. Diese Verbindung ist für den Austausch von Stoffen zwischen Boden und Wurzel nötig. Der osmotische Zelldruck (bis etwa 15 bar) erzeugt ein Wassertensionsgefälle zum feuchten Boden. Das Kapillarwasser in der nächsten Umgebung der Haarwurzel fließt nun auf diese zu und tritt in die Zelle ein. Ein Diffusionsgefälle für jedes Nährelement sorgt für eine selektive Ionenaufnahme. Die Aufnahme von zu großen Mineralstoffmengen oder von Giften bleibt jedoch möglich.

Die Nährstoffeffizienz setzt die in Agrarprodukten enthaltenen Nährstoffmengen ins Verhältnis zu den zur Produktion dieser Erzeugnisse notwendigen Nährstoffmengen. Für die gesamte Landwirtschaft hat man zu Beginn der neunziger Jahre eine N-Effizienz von rund 30 % und eine P-Effizienz von rund 50 % ermittelt. Somit werden während des Produktionsprozesses ca. 70 % der eingesetzten N-Mengen sowie die Hälfte der eingesetzten P-Mengen nicht in den Produkten festgelegt. Die geringe Nährstoffeffizienz ist verantwortlich für die Nährstoffausträge aus der Landwirtschaft. Vor allem das zeitlich und mengenmäßig nicht an den Bedarf der Pflanzen angepaßte Düngen (vorwiegend mit Wirtschaftsdüngern) führt zu den suboptimalen Nährstoffeffizienzen.

(s. a. Dünger, Düngung)

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